Auszug - "Aktion Noteingang"  

 
 
5. (öfftl.) Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung
TOP: Ö 34 Beschluss:032/05/01
Gremium: BVV Treptow-Köpenick Beschlussart: ohne Änderungen in der BVV beschlossen
Datum: Mi, 24.01.2001 Status: öffentlich
Zeit: 16:00 - 21:50 Anlass: ordentliche
Raum: Robert-Bunsen-Saal der WISTA-MG
Ort: Vollmerstr. 2, 12489 Berlin
IV/070 "Aktion Noteingang"
   
 
Status:öffentlichVorgang/Beschluss:032/05/01
  Bezüglich:
IV/064
 Ursprungaktuell
Initiator:Einz.-BzVBA, PVFinWi
Verfasser:1. Brigitte Gelbke
2. Elke Werner
 
Drucksache-Art:AntragSchlussbericht in MdV

Es gibt 2 ÄA: 1 ÄA der Fraktion der SPD und der 2 Einzel-BzV

Es gibt 2 ÄA:  1 ÄA der Fraktion der SPD und der 2 Einzel-BzV

                        1 ÄA der Fraktion der CDU zu beiden Anträgen

Zur Begründung erklärt Herr Stock, dass die Möglichkeit geschaffen wird, dass öffentliche Institutionen und Geschäfte ihre Haltung demonstrieren können. Es kann aber keine 24-Stunden-Hilfe gewährleistet werden.

Herr Stahr verliest den ÄA der Fraktion der CDU “Die BVV Treptow-Köpenick von Berlin befürwortet eine Kultur des gesellschaftlichen Miteinanders, der Toleranz und der gegenseitigen Achtung Menschen verschiedener Herkunft. Sie appelliert verstärkt an die Zivilcourage der Bürger Treptow-Köpenicks, Menschen, die durch rassistische oder extremistisch motivierte Gewalt verfolgt werden, Hilfe zu leisten, bzw. geeignete Zufluchtsmöglichkeiten zu schaffen. Ein jeder ist aufgefordert, hierzu Noteingang für Verfolgte und Bedrohte zu sein.”

Herr Schmidt erklärt, dass das Ansinnen volle Unterstützung der CDU-Fraktion hat. Die Thematik Aktion Noteingang sollte jedoch Gegenstand einer Diskussion sein. Jedes Haus, jedes Geschäft und jedes Fahrzeug, überall wo Menschen sind, die Menschlichkeit und Sachverstand besitzen, müssen Noteingänge sein. Ausgehend von einem christlichen Menschenbild ist es Aufgabe jeden Bürgers, der Zeuge extremistischer oder rassistischer Gewalt wird, einzuschreiten und zu helfen und den Tätern zu zeigen, dass diese am Rand der Gesellschaft stehen.

Durch den Verfall der Werte, geistlosen Materialismus, in dem der Mensch als produzierendes oder konsumierendes Wesen betrachtet wird, ist anstelle eines gemeinsamen Wirkens für das Gemeinwohl der Ruf nach dem Staat getreten. Es ist eine andere Politik gefordert, die sich der Vermittlung von Werten und einer Kultur des Miteinander widmet. Daher sind Schilder an den Türen zu wenig. Zum einen assoziieren sie fast bürgerkriegsähnliche Zustände, zum anderen halten sie nicht, was sie versprechen; es ist nur ein symbolischer Akt. Die Bürger sind zur Zivilcourage verpflichtet, daher dieser Antrag. Was nützt ein solches Schild am Eingang Bürgeramt Grünauer Str. 1, wenn die Tür verschlossen ist, weil gerade keine Öffnungszeit des Bürgeramtes ist! Da die meisten rassistischen Übergriffe nachts stattfinden, kann mancher Noteingang zum versperrten Fluchtweg oder einer Falle werden. Falls ein solcher Beschluss gefasst wird, dann sollten die Schilder an solchen Gebäuden angebracht werden, die durch einen Pförtner auch nachts besetzt sind. Das gilt im Bezirk nur für die Rathäuser Treptow und Köpenick. Öffentliche Gebäude können von Menschen jeder Nationalität als Zufluchtsort angesehen werden - auch ohne Schild “Aktion Noteingang”.

Die Wirkung des Aufklebers: er assoziiert, dass nur an einigen wenigen Punkten Zufluchtsmöglichkeiten bestehen. Es sollte nicht befördert werden: warum ich?

Es könnte der Eindruck erweckt werden, dass generell ein rassistisches Klima herrscht, obwohl die Mehrheit der Deutschen keine Probleme mit Ausländern hat, gern mit ihnen zusammenlebt und weltoffen und tolerant ist.

Auf der Internetseite des amerikanischen Außenministeriums wird vor dem Besuch in den neuen Bundesländern gewarnt, auch vor der Aufnahme von wirtschaftlichen Beziehungen. Die Orte werden genannt, in denen diese Aufkleber verstärkt auftreten. In US-amerikanischen Zeitungen wird gewarnt, Orte zu besuchen, in denen verstärkt diese Aufkleber zu finden sind, da dort besondere rassistische Gefahr drohe.

Es darf für Treptow-Köpenick nicht die Schlussfolgerung sein, dass mit einem solchen Aufkleber ein Klima der Angst erzeugt wird. Der Änderungsantrag der Fraktion der CDU ist daher so formuliert worden und die BzV sind gebeten, diesen zu unterstützen. Gegebenenfalls sollte zur Modifizierung eine Ausschussüberweisung erfolgen.

 

Frau Werner: Der CDU-Antrag ist eigentlich ein Appell, der zu unterstützen ist. Man sollte sich innerhalb einer Klausur über Werte unterhalten. Sie ist dafür, etwas Konkretes zu tun und nicht nur allgemeine Äußerungen und Appelle zu richten. In Berlin ist der Aufkleber untersetzt mit den entsprechenden Übersetzungen. Es ist inzwischen eine deutschlandweite Aktion, die a) etwas Praktisches bewirken kann für den Notfall und  b) ein gesellschaftliches Klima schafft und signalisiert: hier nicht mit uns! Es ist traurig: Bei 3,8 % Ausländern in Treptow-Köpenick gibt es kein Ausländerproblem im Bezirk. Andererseits hat sie sich eine Sammlung kleiner Anfragen aus 1999/2000 über Rechtsextremismus herausgesucht, zahlreiche schriftliche Beantwortungen; fast in jeder wird Treptow-Köpenick “bevorzugt” behandelt (Kameradschaft, NPD-Bundeszentrale, Klima, in dem Westberliner Jugendliche sagen, dass sie dort nicht hinfahren können). Das ist Fakt, es werden nicht nur 2 Rathäuser, sondern Gewerbetreibende sein, es löst eine Diskussion aus, es gibt ein Informationsblatt und Tipps, wie man sich verhält. Zuvor muss natürlich mit den Geschäftsinhabern oder den Mitarbeitern der Verwaltung gesprochen werden oder in den JFE. Damit wird ein gesellschaftliches Signal gesetzt.

 

Herr Tesch unterstützt im Namen der PDS den ÄA von SPD und den Einzel-BzV. Der ÄA der CDU ist als eigenständiger Antrag inhaltlich in Ordnung, er ist eine Erklärung der BVV, der zuzustimmen wäre. Als ÄA zu den beiden vorliegenden Anträgen verfehlt er das Ziel.

Natürlich muss jedes Haus ein Noteingang sein, aber nur zu appellieren, reicht nicht mehr aus.

In Treptow-Köpenick ist die höchste Dichte rechtsextremer Gewalttäter in Berlin zu verzeichnen. Daher sollte nicht nur ein Appell gerichtet, sondern ein konkreter Schritt unternommen werden, der das BA in seiner Vorbildwirkung beim Wort nimmt und davon ausgehend Gespräche und Diskussionen führt, um einen Prozess der Bewusstseinsbildung anzustoßen.

 

Frau Harant erklärt, dass der Antrag kein Klima der Angst, sondern der Hilfsbereitschaft erzeugen will. Man muss sich entscheiden, ob man offensiv oder defensiv mit dem Thema Fremdenfeindlichkeit umgehen möchte. Der Einwand ist aber auch zu verstehen, dass durch die auffallenden Aufkleber der Eindruck entstehen könnte, im Bezirk wäre Fremdenfeindlichkeit vorhanden. Andererseits liegt es nahe gegenzusteuern. Die beiden Anträge umfassen eine große Spanne. Es gibt leider auch Bürger, die Täter sind. Wir wollen Hilfe leisten. Selbstverständlich ist ohnehin jeder dazu verpflichtet. Der ÄA ist ein erster Schritt, konkret zu werden. Warum sollte nicht auch ein Appell in der BVV an alle Gutwilligen gerichtet werden.

 

Abstimmung zum weitergehenden Antrag ÄA zur Drucksache 70/IV der CDU: mehrheitlich abgelehnt.

Abstimmung zum Antrag ÄA zur Drucksache 70/IV von SPD, Bündnis 90/Grüne: mehrheitlich bei mehreren Enthaltungen angenommen.

 

Es wird folgender Beschluss gefasst:

Es wird folgender Beschluss gefasst:

 

Das Bezirksamt wird ersucht, die “Aktion Noteingang” für rassistisch und rechtsradikal verfolgte Menschen für die öffentlichen Gebäude des Bezirks zu unterstützen. Beginnen könnte das Bezirksamt mit dem Bürgeramt Grünauer Str. 1. Das Bezirksamt sollte dabei die öffentlichen und freien Träger des Bezirkes um Unterstützung bitten und unter Beifügung eines Aufklebers das Ansinnen der Aktion erläutern.

 

Abstimmungsergebnis:

Abstimmungsergebnis:

 

dafür:            mehrheitlich.                 dagegen:          .                       Enthaltung:            mehrere.


  Beschluss: 24.01.2001 BVV Treptow-Köpenick ohne Änderungen in der BVV beschlossen
Mit Terminverzug am 13.05.2003 realisiert Verantwortlich:
BA, PVFinWi  
Sachbearbeiter/-in: (alle)  
Termin: 15.02.2001  
Vermerk:

Realisierung:

Realisierung:

 

11.05.01 ZB 05/01 lfd. Nr. 0247

13.05.03 SB V-18 lfd. Nr. 0941

 
 

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