Auszug - Entfernung der Stalin-Inschriften am Treptower Ehrenmal  

 
 
26. (ordentliche) Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung
TOP: Ö 13.3
Gremium: BVV Treptow-Köpenick Beschlussart: überwiesen
Datum: Do, 25.03.2004 Status: öffentlich
Zeit: 16:00 - 22:05 Anlass: ordentliche
Raum: Rathaus Treptow, BVV-Saal, Raum 218/217
Ort: Neue Krugallee 4, 12435 Berlin
V/0837 Stalin-Inschriften am Sowjetischen Ehrenmal im Treptower Park
   
 
Status:öffentlichVorgang/Beschluss:484/27/04
 Ursprungaktuell
Initiator:CDUBA, PVFinWi
Verfasser:Kathrin BernikasUlbricht, Klaus
Drucksache-Art:AntragSchlussbericht in MdV
   Beitritt:FDP-Gr.

Frau Bernikas begründet den Antrag <033>: Im Zuge der Sanierung sollen die Stalin-Zitate entfernt werden, Zitate eines Diktators, unter dessen Herrschaft viele Millionen Menschen ums Leben gekommen sind

Frau Bernikas begründet den Antrag <033>: Im Zuge der Sanierung sollen die Stalin-Zitate entfernt werden, Zitate eines Diktators, unter dessen Herrschaft viele Millionen Menschen ums Leben gekommen sind. Verwundert über Pressemitteilung der PDS in diesem Zusammenhang. Gerade die PDS sollte sich an die Spitze einer solchen Bewegung setzen und an der Aufarbeitung der Vergangenheit mitwirken.

Aussprache:

Herr Wohlfeil: Die russische Botschaft wurde bereits informiert, dieses Gespräch hätte auch die einbringende Fraktion suchen müssen. Die Botschaft sieht das so, wie in der Bürgeranhörung durch Herrn Dr. Reddig dargestellt: Änderungen an der Anlage sind nur in Vereinbarung mit der russischen Förderation möglich (das ergibt sich aus dem 2+4-Vertrag, dem Vertrag über partnerschaftliche Zusammenarbeit und der Kriegsgräberfürsorge). Ein Telefonat mit einem Botschaftssekretär hat ergeben, dass die Meinung besteht, es handelt sich hierbei um ein Zeitzeugnis. Nach Überwindung des Stalinismus sind diese Zitate selbst auch eine Mahnung vor dem Stalinismus. Mit dem Antrag wird die Authentizität des Denkmals aufs Spiel gesetzt. Ansprechpartner für das Bezirksamt sind bei diesem Antrag die Bundesregierung und die russische Förderation. Vielleicht sollte der Antrag vorher in den “Ausschuss für Außenpolitik” überwiesen werden. Der zuständige Botschaftssekretär bietet den BVV-Politikern ausdrücklich das Gespräch an. Herr Igel: Das ist ja keine neue Diskussion. Der Antrag der CDU ist eine Reaktion auf eine Pressemitteilung des Bundes der stalinistisch Verfolgten. Es gab auch eine Anzeige einer durch Stalin Deportierten gegen den Bundeskanzler. Der Kern jedoch ist: Die Stalin-Zitate sind durchaus problematisch, auch deshalb, weil sie Krieg und daraus resultierendes Leid verherrlichen und die Opfer nicht berücksichtigen. In allen Reden ist nicht erwähnt worden, dass dort 5000 Kriegstote liegen. Es ist nicht ein Ort, wo dem Ruhm gehuldigt wird, sondern es ist ein Ort der Kriegstoten. Es soll in angemessener Weise der Kriegstoten gedacht werden. Daran wird in dieser Diskussion viel zu wenig erinnert. Das Niveau kann aber nicht sein, Geschichte mit dem Vorschlagshammer zu machen. Man muss sich von den propagandistischen Zitaten distanzieren, das ist durch den Redner in der Bürgeranhörung nicht passiert. Es sollte darüber diskutiert werden, an diesem Ort entsprechende Informationstafeln anzubringen, wo auf die vollständige Geschichte hingewiesen wird. Nicht nur Deutsche, auch Russen stoßen diese Stalin-Zitate ab. Verweist nochmals auf die bestehenden Verträge. Im A.f.Ku sollte die Ergänzung der Anlage diskutiert werden, daher Antrag auf Überweisung in den A.f.Ku. Die BVV ist wohl doch etwas überfordert mit Fragen derAußenpolitik. Herr Förster: Es geht um die Verantwortung für ein Denkmal, das sich im Bezirk befindet. Kernproblem ist die unklare Kompetenzzuweisung bei der Sanierung zwischen Bund und Land. Für die Denkmalpflege ist das Land zuständig, für die Kriegsgräberfürsorge der Bund. Die bauliche Unterhaltung sollte weiter beim Land liegen. Erst nach 1998/99 wurden 6 Mio. DM aus dem Hauptstadtkulturfonds für die Sanierung bereit gestellt. 1 Mio. Euro kommen heute noch für die Aufrechterhaltung der Grünflächenpflege in diesem Bereich. Bevor man aber mit den Instandhaltungsmaßnahmen begonnen hat, hätte man sich über die inhaltliche Problematik der Zitate verständigen müssen. Das Denkmal soll erhalten bleiben, aber es steht nirgendwo, dass die Zitate unkommentiert bleiben müsssen. Es fehlt auch so etwas wie Gedenkstättenpädagogik, d.h., das sinnvolle Auseinandersetzen mit Konzepten, wie man so etwas erklärt und erläutert. Bei allem Respekt vor den Opfern muss auf die menschenverachtende stalinistische Ideologie hingewiesen werden. Herr Igel hat die anhängige Klage erwähnt. Aber man sollte nicht auf die Entscheidung eines Gerichtes warten, sondern man sollte aus der Verantwortung des Bezirkes heraus handeln. Nennt die Forderungen der Oferverbände. Die Zielsetzung, sich wenigstens mit den Stalin-Zitaten auseinanderzusetzen, sollte vom A.f.Ku übernommen werden. Der Antrag ist gemessen an den Forderungen der Opferverbände mehr als maßvoll und sollte mit der Zielrichtung - es kann nicht so bleiben - entschieden werden. Herr Welters: Das Treptower Ehrenmal ist für ihn in erster Linie ein Ehrenmal, das dazu aufrufen soll: Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus, aber auch nie wieder Stalinismus! Es wird niemandem in der BVV gelingen, die PDS-Fraktion, die für Geschichtsumgang streitet, mit Stalinismus in Verbindung zu bringen. Wichtiger als Zitate zu streichen und Denkmäler zu verändern ist, in den Köpfen der Menschen Veränderungen vorzunehmen. Die BVV wäre gut beraten, zu überlegen, wie man Kriegs-oder faschistische Gefahren, Rechtsradikalismus, Rassismus und auch Stalinismus durch gemeinsames Handeln abwehren kann. Die PDS-Fraktion wirbt dafür, durch Taten geschichtliche Ergebnisse zu überwinden und nicht durch Retuschierung. Herr Retzlaff: Der Antrag fordert, wenn er unkommentiert so stehen bleibt, primitivste Bilderstürmerei heraus. Er sollte noch mal vernünftig im zuständigen Ausschuss behandelt werden. Das wäre auch über die Fraktionen hinweg tragfähig. Er selbst möchte mit Bilderstürmerei nicht in Zusammenhang gebracht werden, das gab es im ehemaligen Preußen (Berlin/Brandenburg) zur Genüge. Im Auftrage von irgendwelchen Ideologien und primitiven Begründungen sind Schlösser, Kirchen usw. zerstört und Inschriften beseitigt worden, sind Denkmäler verschwunden. Und dieser Antrag, mit dieser Formulierung, suggeriert dasselbe. Auf diese Ebene sollte man sich nicht begeben. Aber wer will, dass das Denkmal in Treptow so bleibt, so völlig unkommentiert, der will genauso wenig, dass man sich mit der Geschichte auseinander setzt. Das hilft auch kein Hinweis auf Außenpolitik, damit kann man sich schnell eines Sachverhaltes entledigen. Die Debatte über den Gegenstand “Denkmal”, das sich im Bezirk Treptow-Köpenick befindet und wie geht man damit verantwortungsvoll um, sollte im Fachausschuss sachlich geführt werden. Frau Borkenhagen: Aus der Zusammenarbeit mit Lemberg (Ukraine): bei Besuchen der Kollegen hier kam jedes Mal der Wunsch, das Treptower Ehrenmal zu besichtigen, und sie sind beeindruckt gewesen, dass die Bundesregierung Geld zur Verfügung stellt, um das Ehrenmal zu erhalten und es so zu lassen, damit man eine Geschichtsauseinandersetzung führen kann. In der Westukraine ist es so, dass alles was nach 1945 zurzeit der Sowjetherrschaft aufgebaut wurde, platt gemacht wird. Zustimmung zur Überweisung in den Ausschuss. Herr Wohlfeil: Auch die PDS-Fraktion kann sich eine Kommentierung durchaus vorstellen, aber dieser Antrag bildet nicht die Grundlage dafür. Dafür gibt es begründete Zweifel: bei ähnlichen Anträgen, wenn man sich auf eine gemeinsame Formulierung geeinigt hatte, hat die Fraktion der CDU die Anträge zurückgezogen. Das Thema der Kommentierung sollte im Ausschuss behandelt werden, er glaubt aber nicht, dass dieser Antrag dafür geeignet ist. Dem Antrag auf Überweisung sollte nicht zugestimmt werden, das Thema aber auf der Tagesordnung bleiben. Herr Scholz: Die CDU-Fraktion will nicht, dass Denkmäler mit einer monströsen Architektur und einer entsprechenden inhaltlichen Ausgestaltung dazu führen, dass sie Wallfahrtsstätten für links- oder rechtsextreme Verrückte dieses Landes werden. Im A.f.Ku sollte gemeinsam darüber diskutiert werden, wie man das Denkmal so gestalten kann, dass diese Gefahr am Ende nicht besteht.

Abstimmung Überweisung A.f.Ku: Mit Mehrheit angenommen (30:18).


 
 

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