Auszug - Missbilligung  

 
 
22. (ordentliche) Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung
TOP: Ö 14
Gremium: BVV Treptow-Köpenick Beschlussart: in der BVV abgelehnt
Datum: Do, 27.11.2003 Status: öffentlich
Zeit: 16:00 - 22:15 Anlass: ordentliche
Raum: Rathaus Treptow, BVV-Saal, Raum 218/217
Ort: Neue Krugallee 4, 12435 Berlin
V/0599 Missbilligung
   
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:3 BzV3 BzV
Verfasser:1. Stefan Förster
2. Bärbel König
3. Alexander Paatsch
 
Drucksache-Art:AntragAntrag

Herr Förster begründet den Antrag <049>: Es geht konkret um die Schulentwicklungsplanung (SEP) und um mangelnde Transparenz bei der Entscheidungsfindung

Herr Förster begründet den Antrag <049>: Es geht konkret um die Schulentwicklungsplanung (SEP) und um mangelnde Transparenz bei der Entscheidungsfindung. Bezüglich der SEP wäre es dienlich gewesen, wenn die BzV von der BzStRin ein Positionspapier erhalten hätten mit einer konkreten Vorstellung über die weitere Entwicklung der Schullandschaft, versehen mit einer Zeitschiene, um die Rahmenbedingungen genau zu kennen. Damit wäre es möglich gewesen, sich frühzeitig zu positionieren. Die BVV war viel zu wenig in den Entscheidungsprozess einbezogen. Maßgebliche Entscheidungen mussten der Zeitung entnommen werden. Eine frühzeitige Benennung der Probleme und Maßnahmen wäre richtig gewesen und die häufige Abwesenheit der BzStRin im Entscheidungszeitraum hat die Sache auch nicht leichter gemacht. Wenn man 4 Monate fehlt, hätten die BzV schriftlich informiert werden müssen. Darüber hinaus war die Wahrnehmung der bezirklichen Interessen durch die BzStRin mangelhaft. Statt für die bezirklichen Interessen zu kämpfen, habe sie sich hinter Schutzbehauptungen oder fremde Schreiben zurückgezogen, war, anstatt treibende Kraft zu sein, oft die Getriebene. Es fehlten Lust und Leidenschaft. Die Beantwortung vieler offener Fragen erfolgte oft zu mangelhaft. Weiter gab es ein Kommunikationsproblem auch gegenüber Eltern, Schülern und Lehrern. Es geht eben nicht, sich nur auf formal juristische Entscheidungen zurückzuziehen. Die BzStRin hätte in die Schulen gehen und am Entscheidungsprozess teilnehmen können. Die Schulen sind mit der Entwicklung nicht einverstanden und sagen, der SEP bleibe unter seinen Möglichkeiten. Der SEP krankt an der mangelnden Perspektive für Privatschulen und die Frage der Schnellläuferklassen ist auch schon wieder Makulatur. Die BzStRin ist durch eigene Schuld von der Offensive in die Defensive geraten. Die BVV ist zu wenig in den Entscheidungsprozess einbezogen worden, sie sollte daher eine klare Position beziehen und die verantwortliche BzStRin für dieses Verhalten missbilligen.

Aussprache:

BzStRin Frau Mendl: >> hier: Wiedergabe des vorliegenden Wortprotokolls <<

Sehr geehrter Herr Vorsteher, meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Förster, in gewisser Weise kann ich Sie ja verstehen. Der Bote, der die schlechte Nachricht überbringt, ist schon im Altertum geköpft worden. (Zwischenruf) - Dafür bedanke ich mich schon jetzt, Frau Radebold. -  Es ist in kritischen Situationen natürlich immer leichter, einen Schuldigen zu benennen als gemeinsam nach Lösungen zu suchen, und vielleicht fühlt sich der eine oder andere auch besser, wenn er dann einen Schuldigen hat. Ich würde vielleicht nicht hier aber am Rande der nächsten Begegnung, die wir haben, Herr Förster, mal über meine Erfahrungen mit Therapien mit Ihnen reden, und vielleicht können wir uns da mal austauschen. Mir geht es hier nur um die Schuldfrage. Dass es einfacher ist, die Schuldfrage zu stellen, als gemeinsam nach Lösungen zu suchen, das spüren wir gerade in Berlin im Moment recht deutlich. Und natürlich ist es auch ungleich schwerer, sich an den zahlreichen öffentlichen Diskussionen und Debatten zu beteiligen, wenn eine Partei wie die Ihre lediglich zwei Vertreter im Bezirksgremium hat, und das meine ich ganz ohne Häme. Dennoch wäre es auch Ihnen möglich gewesen, sich bei mir oder bei meiner Verwaltung zu erkundigen, wie die Debatten zum Schulentwicklungsplan mit den Betroffenen verliefen, und sie verliefen ganz anders als Sie es gerade geschildert haben. Das sicherlich streitbare Papier ist als Gemeinschaftsprodukt der Dienststelle Treptow-Köpenick, der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport, der Schulgremien (Bezirkslehrerausschuss, Bezirksschülerausschuss, Bezirkselternausschuss, Bezirksschulbeirat), der BVV und des Bezirksamtes in einer intensiven einjährigen Diskussion entstanden. Dazu schreibt die Leiterin der Dienststelle Treptow-Köpenick der Senatsverwaltung, und da wundert mich Ihre Aussage denn schon, weil ich das auch schriftlich von der Dienststellenleiterin habe: “Es wurde von der Abteilung Bildung ein verantwortliches Konzept als Reaktion auf die rückläufigen Schülerzahlen im Oberschulbereich vorgelegt, das haushaltsrechtlichen Kriterien ebenso wie einer frühzeitigen Weichenstellung für die notwendige Personalsteuerung Rechnung trägt und von der Schulaufsicht in der Außenstelle der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Sport mit Blick auf die Qualitätsentwicklung von Schulen unterstützt wird.” Vom Sommer 2002 bis zur Kenntnisnahme des Schulentwicklungsplanes in der BVV im Juni diesen Jahres gab es zahlreiche öffentliche und auch nichtöffentliche Runden zwischen dem Schulamt und den betroffenen Schulen; zwischen den betroffenen Schülern, Lehrern, Eltern allein 84 Termine, davon 25 öffentliche Veranstaltungen habe ich persönlich wahrgenommen. Ich sage noch mal: 84 Termine, dabei 25 öffentliche, und die 84 Termine waren überwiegend in den Schulen, die zur Fusion anstehen. Das mildert natürlich nicht den Umstand, dass wir in den kommenden Jahren vor allem im Oberschulbereich zu wenig Schülerinnen und Schüler in unserem Bezirk haben werden, um die notwendigen Klassenbildungen für alle jetzt arbeitenden Schulen vornehmen zu können. Da hat mir der Bildungsminister vom Land Brandenburg, Herr Steffen Reiche, in einer Veranstaltung der Bildungskommission Berlin-Brandenburg aus dem Herzen gesprochen, der da meinte: “Schülerrückgang ist ein hohes Handikap für Schulentwicklung.” Diese Worte kann ich nur dick unterstreichen und das haben wir auch oftmals diskutiert und das haben Sie mir auch oftmals bestätigt. Mit der nun durch den Schulentwicklungsplan getroffenen Entscheidung zu den Schulen in unserem Bezirk ist allerdings lediglich ein Merkpunkt gesetzt worden. Die Fusion der mitunter recht unterschiedlich arbeitenden Schulen wird das Verständnis und die Unterstützung durch uns alle benötigen, wobei mir schon klar ist, dass es vor allem die Kollegen in den Schulen sein werden, die diese bislang noch nicht erprobten Vorhaben im Interesse der künftigen Schülerinnen und Schüler bewältigen müssen. Da ist das noch nicht verabschiedete Schulreformgesetz nur eine Hürde in diesem Rahmen. Ich wünsche vor allem den Betroffenen natürlich die notwendige Toleranz im Umgang miteinander. Ich bedanke mich ausdrücklich an dieser Stelle noch mal bei denen, die die Schulentwicklungsplanung in den vergangenen Jahren befördert haben und mir und der Verwaltung dabei kritische Partner waren. Dazu zähle ich natürlich den Fachausschuss der BVV, dazu zähle ich meine Kollegen im Bezirksamt und nicht zuletzt die gesamte BVV. Ob es nun in diesem Zusammenhang hilfreich ist, die zuständige Stadträtin zu missbilligen, mögen Sie entscheiden. >> Ende des Wortprotokolls <<

Herr Tesch: Es liegt ein Antrag vor, das Verhalten der BzStRin zu missbilligen. Wenn die Vorwürfe auch nur annähernd der Wahrheit entsprächen, würden das ausreichend Gründe sein, um eine Abwahl zu beantragen. Er erwartet, dass die Begründungen auch bewiesen werden. Herr Förster hat keine einzige der Behauptungen bewiesen. Es sind Wünsche geäußert worden, wie die Debatte hätte geführt werden sollen. Dazu verweist er auf die Protokolle des A.f.Bi, dort könne man all diese Wünsche befriedigt sehen. Zwischeninformationen der BVV bei Planungsarbeiten sind unüblich. Dafür ist der Fachausschuss da. Für ein Zurückziehen auf Schutzbehauptungen gibt es keinen Beweis, es stünde jedenfalls nicht so hier im Raum, wenn sie das getan hätte. Beim Aufnehmen von Privatschulen in den SEP muss man sich schon an das Gesetz halten, Privatschulen unterliegen nicht dem Planungsrecht des BA. Es gab einen BA-Beschluss zur SEP, der wurde im Frühsommer von der BVV zur Kenntnis genommen. In der Debatte sind die Probleme benannt worden. Wenn sich die BVV nicht zu einer Ablehnung hat durchringen können, frage er sich, ob die Anschuldigung “gravierende Fehlentwicklung” auch nur annähernd gerechtfertigt ist? Zum Agieren, zur mangelnden Transparenz und Kommunikation ist zu sagen: gerade weil die Alternativen benannt wurden und alle Standortentscheidungen offen und breit debattiert wurden, gab es ja den Zoff. Der SEP ist als Rahmen für einen offenen Prozess zu begreifen. Da ist eine detaillierte Umsetzung wenig hilfreich, um einen Prozess zu gestalten, und es ist überhaupt kein Makel, nicht konkreter geworden zu sein. Von dem Missbilligungsantrag bleibt nicht viel mehr übrig als die bloße Arroganz der Antragsteller gegenüber einem Arbeits- und Diskussionsprozess der letzten Jahre. Die PDS-Fraktion sieht daher keinen Grund, eine Missbilligung auszusprechen. Frau Werner: Erinnert an die Fusion 2001 - eine der Ursachen, dass die SEP zu spät gestartet und vorgelegt wurde. Die beiden Bezirke mussten aber erst einmal zusammenfinden. Das hat aber nicht eine einzelne Stadträtin zu verantworten. Das Gravierende war, dass man erstmals schmerzliche Entscheidungen zu treffen hatte und es nicht eine Fortsetzung des Bisherigen war. Die Schülerzahlen sind zurückgegangen, und nahezu jeder fühlt sich bei dem Thema fachberufen. Nicht jede Entscheidung kann dabei gefallen. Es geht aber hier um ganz andere Vorwürfe, die sie so nicht teilen kann. Fehlende Kommunikation war es nicht, die sie persönlich immer zu Nachfragen ermutigt hat. Auch habe die BzStRin bei harschen Diskussionen “vor Ort” nicht gefehlt. Die Gremien waren auch beteiligt. Was ihr fehlt, aber nicht Gegenstand einer Missbilligung sein kann, ist nur ein Merkpunkt, nämlich weiter in der Diskussion zu bleiben bei dem, was es an Problemen bei der Fusion usw. gibt. Auch wenn die BzStRin nicht direkt dazu aufgerufen ist, sollte sie sich ständig dazu aufgefordert fühlen zu berichten, besonders im A.f.Bi. Bü/Gr wird einer Missbilligung nicht zustimmen. Herr Scholz: Zur Situation nicht nur im Bezirk, sondern im Land Berlin: Es existiert ein Schulsystem, das der wirtschaftlichen Entwicklung überhaupt nicht mehr standhalten kann. Daran ändert auch das neue Schulgesetz nichts. Man sollte froh sein, wenn die einseitige Schullandschaft zukünftig durch ein paar Farbpunkte ergänzt werde. Da wären die Visionen der BzStRin schon von Interesse. Wie will sie dafür sorgen, dass sich auch gegen Widerstände des Senats hier ein vielfältiges Schulsystem entwickelt, auch aufgrund zahlreicher Zuzüge im Bezirk? Die BzStRin wird sich daran messen lassen müssen, wie sie sich künftig nicht nur im Rahmen ihrer Zuständigkeit aktiv dafür einsetzt, dass leerstehende Schulgebäude neu belebt werden und freie Schulträger Möglichkeiten erhalten, im Bezirk tätig zu werden. Der Bezirk sollte dabei vielleicht eine Vorreiterrolle im Land Berlin übernehmen. BzStRin Frau Mendl: In die bezirkliche SEP kann zwar die Existenz von privaten Schulen aufgenommen werden, aber geplant werden solche Schulen nicht für Freie Träger. Es kann aber versichert werden, dass Freie Träger aktiv unterstützt werden. Drei Träger haben bisher Bedarf angemeldet, mit einer Elterninitiative wurde bereits ein Mietvertrag abgeschlossen. Natürlich liege ihre Verantwortung in erster Linie bei den staatlichen Schulen aufgrund der Schulpflicht. Wenn die privaten Gymnasien hier arbeiten, dann werden noch weniger Schüler für die staatlichen Schulen vorhanden sein. Dann muss der SEP, der Prozesscharakter trägt, wieder neu betrachtet und Konsequenzen gezogen werden. Aber es werden nicht die Schulen des Landes Berlin aus den Gebäuden hinausgeschickt, um privaten Schulen Plätze anzubieten. Herr Retzlaff: Die Missbilligung ist nicht sein Thema, sie ändert am Sachverhalt herzlich wenig. Aber es geht nicht um einen Boten, der geköpft werden soll, sondern es geht um ein Mitglied eines Verursacher-Kollegiums. Die BzStRin sollte mal darüber nachdenken, ob sie einem BVV-Mitglied so öffentlich eine Therapie anbietet. Was ihn traurig macht ist, dass herzlos und mit wenig Engagement Gesamtschulen in diesem Bezirk zukünftig schlechter gestellt werden sollen. Den Vorwurf macht er bewusst jemandem, der mehr aus dem linken Spektrum kommt. Man bekommt auf konkrete Fragen patzige Antworten (trotz Fristverlängerung). Bestimmte Dinge sind nicht untersucht, Anträge bis heute nicht bearbeitet worden. Die BzStRin hat mehrfach den Eindruck erweckt, sie hätte etwas geklärt (Europaschule, Erhalt Unesco-Projekt-Status), aber nichts ist passiert. Wenn so eine Arbeitsweise einreisst, dann verliert der Bezirk wertvolle Dinge und andere Bezirke warten nur darauf. Die BzStRin sollte sich auch nicht auf ein Gesetz beziehen, das noch gar nicht beschlossen ist. Es müsste ihr ein Herzensbedürfnis sein, den Fusionsprozess zu moderieren. Herr Tesch: Gibt Herrn Retzlaff in vielen Dingen Recht, es ist nur schade, dass dieser Sachverstand nicht im A.f.Bi verwendet werden kann. Die Vorschläge sind zu unterstützen und auch im Ausschuss schon begonnen worden zu diskutieren.

Es erfolgt die geheime Abstimmung über die Missbilligung.

 

Pause von 19.55 - 20.15 Uhr.

 

Ergebnis der Abstimmung: <054> Abgegebene Stimmen: 50, Gültige Stimmen: 50

Mit 19 Ja-Stimmen, 24 Nein-Stimmen und 7 Enthaltungen ist der Antrag abgelehnt.

 

Es wird folgender Beschluss gefasst:

Es wird folgender Beschluss gefasst:

 

Ablehnung des Antrages

Abstimmungsergebnis:

Abstimmungsergebnis:

 

dafür:               19.                   dagegen:         24.                   Enthaltung:     7.


 
 

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