Auszug - Vorstellung ReachOut  

 
 
13. (öffentliche) Sitzung des Integrationsausschusses
TOP: Ö 4
Gremium: Integrationsausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 07.03.2013 Status: öffentlich
Zeit: 18:00 - 19:45 Anlass: ordentliche
Raum: Rathaus Treptow, Köln-Zimmer (Raum 118)
Ort: Neue Krugallee 4, 12435 Berlin

Frau Seyb freut sich, das Projekt vorstellen zu dürfen, speziell jetzt, mit Vorliegen der neuen Auswertung des Registers

Frau Seyb freut sich, das Projekt vorstellen zu dürfen, speziell jetzt, mit Vorliegen der neuen Auswertung des Registers.

ReachOut ist eine Beratungsstelle für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Berlin.

-       Sie unterstützen und beraten auch Angehörige, Freunde und Freundinnen der Opfer und ZeugInnen eines Angriffs.

-       Die Situation und die Perspektive der Opfer rassistischer, rechter und antisemitischer Gewalt stehen im Zentrum der Arbeit.

-       ReachOut bietet antirassistische, interkulturelle Bildungsprogramme an.

-       ReachOut recherchiert rechtsextreme, rassistische und antisemitische Angriffe in Berlin und veröffentlicht dazu eine Chronik.

Die Dokumentation von Propaganda erfolgt in lokalen Registern, wie z.B. beim Zentrum für Demokratie.

Die Opferberatung endet oft mit Gerichtsverfahren. Wenn der Täter unbekannt ist, zieht sich Beratung z. T. länger hin.

ReachOut ist bemüht, ganzheitlich zu arbeiten, das heißt, dass die Menschen formulieren, was notwendig ist. Z.B.: Wenn ein Student nach Angriff nicht mehr studieren kann und er dadurch seine Aufenthaltsgenehmigung verliert, bemüht sich ReachOut um alternative Ermöglichung des Bleiberechts.

ReachOut ist polizeikritisch bzgl. des Opferschutzes, thematisiert dies immer wieder, benennt Probleme.

Sie sind nicht da, um zu loben, sondern um zu kritisieren. Problembeschreibungen der Opfer.

ReachOut hat einen Bildungsreferenten, der in Schulen geht und berät, z. B. bzgl. rassistischen Mobbings.

Zentrale Themen: Beratung, Dokumentation, Bildung.

Bildung auf Zuruf. Anfragen häufig von Schülern, die Workshops organisieren.

Zur Dokumentation hat ReachOut eine Ausstellung entwickelt. Dies ist eine Wanderausstellung, die gerne in Rathäusern und Schulen aufgebaut wird, z. Z. im Rathaus Schöneberg(?).

Perspektive der Opfer: Was heißt es Opfer zu werden - dies zu vermitteln.

2012 gab es 139 Angriffe in Berlin, der Schwerpunkt lag in Neukölln.

Im Osten der Stadt gibt es eine gute Struktur mit Opferzentralen und Dokumentationsstellen - im Westen gibt es diese Strukturen nicht - in der Vergangenheit bestand der Verdacht, dass das Problem rechtsextremer Gewalt im Westen geringer sei, doch jetzt steigen die Zahlen (mehr Angriffe). Die ehemalige Behauptung Rechtsextremismus wäre ein Problem des Ostens lässt sich heute klar widerlegen. Die Angriffe verlagern sich von Jahr zu Jahr zwischen den Bezirken, es verteilt sich um.

Täter von Rassistischen Angriffe sind häufig nicht organisierte Nazis, sondern "Alltagsrassisten".

Die Zahl der Angriffe ist leicht gesunken, die Zahl der Opfer allerdings gestiegen (durchschnittliche Anzahl der Opfer bei einem Angriff ist gestiegen).

Opfer finden ReachOut typischerweise durch Mundpropaganda von Freunden und über das Internet. ReachOut wird auch aktiv bei Verdachtsfällen. Gerade die Geschichte des NSU hat gezeigt, dass dies erforderlich ist. Auch wenn die Tätermotivation unbekannt ist, benötigen die Hinterbliebenen Opferberatung. Daher bietet ReachOut auch dann Opferberatung, wenn die Tathintergründe unklar sind.

 

Herr Schmidt: Es wohnen vermehrt Nazis in Johannisthal und Schöneweide. Lässt sich das Gerücht, dass diese ihr Umfeld schonen und zum Pöbeln z.B. nach Neukölln fahren, bestätigen?

ReachOut: Dies ist nicht wahrscheinlich. Es gab einen Fall, in dem ein Täter aus Schöneweide in Neukölln pöbelte, mitbeteiligt war aber auch ein Nazi, der vom Tatort 300m entfernt wohnte. Es ist wahrscheinlicher, dass sie aktiv sind, wo sie unterwegs sind. Typischerweise liegt der Tatschwerpunkt in Wohnortnähe.

 

Herr Schmidt: In welchem Alter beginnt rassistisches Mobbing?

ReachOut: Es fängt bereits in der Grundschule an. Die Referentin ist Pädagogin und geht auch in Grundschulen.

 

Frau Królikowska: Wie viel interkulturelle Kompetenz fehlt bei Polizei?

Lokale Polizei verstörte die Opfer und Landrat musste Bürgermeister zwingen, sich mit den Opfern zu unterhalten. Polizei warnt Opfer, lieber ruhig zu sein, um die Täter nicht zu Wiederholungstaten zu provozieren, denn die Polizei könne sie nicht schützen.

ReachOut: Es finden regelmäßige Gespräche mit dem Polizeipräsidenten statt, doch dies hilft kaum, da dort das Problem nicht liegt. Die aufnehmenden Polizisten zu erreichen ist ein langwieriger Prozess. LKA und PolPräs unterstützen dies durch entsprechende Schreiben, doch werden diese wohl häufig nicht gelesen. Beim Thema "häuslicher Gewalt" hat es 30-40 Jahre gedauert, bis die Polizei gelernt hat, verlässliche Strukturen zu etablieren, angemessen mit diesem Thema umzugehen. ReachOut hatte gehofft, die Erkenntnisse durch den NSU hätten zu einem Umdenken geführt, das ist aber leider nicht der Fall. Ursache beim Thema "Opfer rassistischer Polizeigewalt" sind wohl häufig vorhandene Muster, wer Opfer und wer Täter ist.

 

Frage: Einfluss auf Bildungsmaßnahmen bei der Polizei?

ReachOut: Polizeibeamte fühlen sich zum Teil übermäßig einseitig mit antirassistischem Training belastet, wobei Jüngere häufig offener sind. Es besteht Hoffnung auf langfristige Besserung.

 

Herr Dr. Erxleben plant eine kommende Sitzung bei der Opferberatung der Polizei durchzuführen. Statistische Zahlen der Polizei und der Register klaffen weit auseinander.

ReachOut: Polizisten mit Migrationshintergrund garantieren keine antirassistische Polizei, aber es hilft.

 

Frau Fotiadou: Gibt es den typischen Täter?

ReachOut: Beobachtungen bei Gerichtsprozessen - Täter typischerweise "deutsch-deutsch". Rassismus ist in allen gesellschaftlichen Ebenen vorhanden, allerdings variieren die Ausdrucksformen.  Rechtsextreme sind heute nicht mehr äußerlich erkennbar, sondern können gebildet und "wohlerzogen" auftreten.

 

Frau Flader: zweigeteilt - Präventionsbeauftragte der Polizei müssten eigentlich in die Schulen gehen und nach rassistischem Vorfall vor Ort in den Unterricht gehen. Problem mit Gräben - CDU und bewachende Polizei wurden bei Demo gegen Nazis in Schöneweide diffamiert.

ReachOut: Es ist nicht meine Aufgabe, die Polizei zu loben. Ich erfahre von Opfern, bei denen es nicht so gut gelaufen ist, daher benennen wir die Probleme, von denen wir erfahren. Präventionsbeauftragte der Polizei gehören nicht in die Schulen. Es hilft nicht zu kriminalisieren, sondern den Bildungsauftrag der Schule ernst zu nehmen.

 

Herr Sauer: Wie läuft ein Workshop in der Schule? Erkennung von Symbolen?

ReachOut: Auch das gibt es. Es wird im Gespräch mit der Schule herausgefunden, was die Schule braucht. "Erkennung von rechtsextremen Symbolen" führt die Mobile Beratung gegen Rechts durch. Bei ReachOut typisch: vorurteilsfreier Umgang - nach Benennung eines Problems. Was ist "Rechtsextremismus und was ist Rassismus" mach Mobile Beratung, ReachOut wird nach Vorfall angefragt.

 

Herr Sauer: Warum ist das Problem bei der Polizei so groß, obwohl bei der Führung offene Türen eingerannt werden?

ReachOut: Beispiel: Gespräch mit Abschnittsleiter in Schöneberg: "Zur Identität eines Arabers gehört es, ein Messer zu tragen" Frage: Wie kommen die da drauf? - Reflektion: Erfahrungsschatz, Einsatzbefehle, Bilder => denken "Schwarzer Mann => Drogenhändler"

Ein Bekannter der Referentin ist schon achtzehn Mal kontrolliert worden. Er ist Dozent in Ruhleben und wohnt in Kreuzberg und wird dauernd kontrolliert.

 

Herr Sauer: Opferberatung gut. Sie sagen, es sei nicht ihr Job, die Polizei zu loben. Dadurch nehmen sie doch den Opfern das Vertrauen in den Rechtsstaat.

ReachOut: Sitzen wir dabei, verhalten sich die Polizisten anders, z. T. andere Generation.

Nein, alle Leute die zu uns kommen erstatten Anzeige. Wenn dies schwierig ist, empfehle ich mitunter die Internetwache. Mir ist bewusst, dass es Probleme gibt, dabei unterstützen wir.

 

Frau Królikowska: Die schlimmsten Rassisten sind Wölfe im Schafspelz.

Die Schlimmsten haben Bildung und verwirren mit Scheinheiligkeit.

Frau Kant: Ihre Position muss Opfervertretung sein, denn sie sind Opferberatung. Kritisieren ist wichtig. Es gibt positive Beispiele für vorbildliche Polizisten im Bezirk, aber die sehen sie nicht, sondern die anderen, die im Klischeedenken (Alltagsrassismus/Schubladen) verharren und es ist gut und richtig, dies zu kritisieren. Wie viel Prozent der Täter werden gefunden? Die Polizei ist nach meiner Erfahrung auf diesem Auge blind.

ReachOut: Den Prozentwert kann ich nicht sagen, Ursache ist aber in der Regel nicht Schludrigkeit der Polizei, auch wenn dies auch vorkommt. Häufig gibt es keine Täter, weil sie nicht bekannt sind. Eine Auswertung des Verlaufs findet nicht statt, ich danke für diese Anregung.

 

Frau Kant: Führen sie Opferberatung nur für Menschen mit Migrationshintergrund oder auch andere Opfer rechtsextremer Gewalt, z.B. für politische Gegner durch.

ReachOut: Wir sind offen für alle. Beispiel: Frau die keine NPD-Propaganda wollte, "alternative Jugendliche", politisch Aktive.

 

Frau Kant: In welchem Verhältnis stehen die verschiedenen Opfergruppen?

ReachOut: Die meisten Beratungen finden nach rassistisch motivierten Angriffen statt.

 

ReachOut: Es gibt Flyer - Diese können bei uns angefordert werden.


 
 

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