Drucksache - 0486/XXI  

 
 
Betreff: Ein Kiezwald für Neu-Tempelhof – Aufforstung und Aufwertung des Kleinen Bäumerparks
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Frakt. SPD, CDU, GRÜNEBezirksamt
Verfasser:Frau Ellenbeck, SaskiaOltmann, Jörn
Drucksache-Art:AntragMitteilung zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Entscheidung
18.01.2023 
15. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Ordnung, Grün, Umwelt und Klimaschutz Beratung
06.02.2023 
14. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Ordnung, Grün, Umwelt und Klimaschutz mit Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Entscheidung
22.03.2023 
16. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin vertagt   
26.04.2023 
17. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
Bezirksamt Erledigung
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Kenntnisnahme
13.09.2023 
21. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin zur Kenntnis genommen (Beratungsfolge beendet)   

Sachverhalt
Anlagen:
Antrag
Beschlussempfehlung
Mitteilung zur Kenntnisnahme

Die BVV fasste auf ihrer Sitzung am 26.04.2023 folgenden Beschluss:
Die Bezirksverordnetenversammlung ersucht das Bezirksamt, den nördlichen Teil des Kleinen Bäumerparks in Neu-Tempelhof (Bäumerplan Ecke Wintgensstraße; circa 400 Quadratmeter) einer zivilgesellschaftlichen Initiative zur Nutzung zu überlassen, damit dort durch diese eine Aufforstung und Aufwertung des gegenwärtig brachliegenden Areals im Sinne eines Kiezwald- beziehungsweise „Tiny Forest“-Konzepts realisieren kann. Erforderliche Genehmigungen für Bodenvorbereitungsarbeiten und Flächenentsieglungsmaßnahmen (Entfernung bestehender Pflastersteine u.a.) sind zu prüfen und schnell zu bescheiden.

Der Bezirksverordnetenversammlung ist bis Mai 2023 zu berichten.

Das Bezirksamt teilt hierzu mit der Bitte um Kenntnisnahme mit:
 

Das Bezirksamt unterstützt die Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft, um Biodiversität und andere Ziele im öffentlichen Raum gemeinsam zu erreichen. Je nach Fläche und Umfeld müssen potentielle Maßnahmen mit den weiteren Zielen in Einklang gebracht werden. Tiny Forests bieten sich besonders auf freien, baumlosen und monotonen Flächen (z. B. Ackerflächen) an, da sie in diesem Fall die Artenvielfalt erhöhen können. In einer vorhandenen bepflanzten Grünfläche kann eine zusätzliche, überdichte Baumpflanzung zu negativen Effekten führen, da dadurch der Konkurrenzdruck zur vorhandenen Bepflanzung erhöht wird und bodendeckende Vegetationsschichten keinerlei Entwicklungsmöglichkeiten mehr erhalten. Ein hoher Konkurrenzdruck ist einer der häufigsten Gründe für das Absterben von Vegetation. Die gartendenkmalgeschützte Anlage "Bäumerplan - Heidegarten" bietet sich nicht für einen Tiny Forest an.

Das hat folgende Gründe:

1. Bei dem sogenannten "brachliegenden Areal" handelt es sich um eine ehemalige Parkplatzfläche die vor ca. 8 Jahren vom Fachbereich Grünflächen bereits entsiegelt und mit Oberboden aufgefüllt wurde. Danach erfolgte damals eine Wiesenansaat. Einige Quadratmeter Pflaster wurden bewusst als Containerstandort für das Pflegerevier belassen, um dort die Grünreste lagern und abfahren zu können (Container können nur durch ein schweres Containerfahrzeug abgeholt und aufgestellt werden).

2. Diese Wiese hat zudem eine im Zusammenspiel mit den bewaldeteren Teilen des Parkrings wichtige Biodiversitätsfunktion: denn gerade auch im Stadtgebiet werden dringend offene Flächen für die Insektenwelt benötigt, wie z. B. Trockenrasengesellschaften oder Sandflächen für Amphibien.

3. Zudem steht der gesamte Parkring Neu-Tempelhof unter Gartendenkmalschutz und soll peu à peu gartendenkmalpflegerisch wiederhergestellt werden. Jede gärtnerische Maßnahme, auch einzelne Pflanzungen, bedarf daher einer engen Abstimmung mit dem Denkmalschutz.

Die Denkmalschutzbehörden wurde ansslich des BVV Beschlusses um Stellungnahme gebeten. Die Anlage eines "Kiezwaldes" im nördlichen Teil des kleinen Bäumerparks wird aus Gründen des Denkmalschutzes als nicht genehmigungsfähig eingeschätzt. Dies wird wie folgt begründet:

"Das geplante Vorhaben befindet sich innerhalb des Gartendenkmals "Parkring Neu-Tempelhof", das dem Gesetz zum Schutz von Denkmalen in Berlin vom 24.04.1995 (DSchG Bln) unterliegt und nachrichtlich wie folgt in die Berliner Denkmalliste eingetragen ist: 09046266

Bundesring, Parkring Neu-Tempelhof, Öffentliche Grünanlage, 1911-13 von Rudolf Fischer, Bruno Möhring, Paul Jatzow; Gruppe „Mutter mit Kindern“ 1914 von Walter Kniebe; 1924-31 von Rudolf Fischer und Fritz Bräuning; Garten der Blumen- und Wasserspiele, 1952-53 von Bernhard Kynast; Heidegarten, 1961 von Cuno Cablitz (siehe Baudenkmal Bundesring) Bäumerplan Boelckestraße Loewenhardtdamm Manfred-von-Richthofenstraße Paradestraße Rumeyplan Schreiberring Werner-Voß-Damm Wintgensstraße Wolffring Wüsthoffstraße

(TEM-SCH/TEMPH-Ga)

Ein Gartendenkmal ist eine Grünanlage, eine Garten- oder Parkanlage, ein Friedhof, eine Allee oder ein sonstiges Zeugnis der Garten- und Landschaftsgestaltung, deren oder dessen Erhaltung im Interesse der Allgemeinheit liegt (vgl. § 2 Abs. 4 DSchG Bln). Zu einem Gartendenkmal gehören sein Zubehör und seine Ausstattung (z.B. Pflanzenausstattung, Raumbildung u.a.), soweit sie mit dem Gartendenkmal eine Einheit von Denkmalwert bilden.

Der Parkring Neu-Tempelhof stellt eine für Berlin bedeutende städtebauliche Einheit dar, die aus einer 1920-28 nach dem Vorbild englischer Gartenstädte errichtete Kleinhaussiedlung mit einem fast hufeisenförmigen Parkring besteht. Der mindestens 60 Meter breite Grüngürtel wurde maßgeblich vom Bezirksgartendirektor Rudolf Fischer von 1912-31 gestaltet. Der reformorientierte Gartenarchitekt gestaltete den Parkring abwechselnd in reduzierter landschaftlicher sowie streng architektonischer Formgebung und fügte Schmuck- und Spielplätze ein. 1920-28 wurde der Bebauungsplan von Fritz Bräuning umgesetzt und im Zuge dessen die Schul- und Krankenhausgruppe an Boelckestraße und Bäumerplan errichtet. Zwischen den neuen Erschließungsstraßen Wintgens-und Wüsthoffstraße entstand um 1930 zwischen Schulgebäude und Krankenhaus-Ehrenhof eine formale "Schulspielwiese", die straßenseitig Hecken und Platanen einfassten. Das 1968 mit einer Turnhalle bebaute Areal dient auch heute noch dem Schulsport. Im südlich der Wintgensstraße anschließenden Parkringsegment sind noch rahmende Gehölze und ein geschwungener Weg aus der Entstehungszeit nach 1930 bewahrt. Hier befindet sich ein 1961 angelegter Heidegarten des Gartenamtsleiters Cuno Cablitz.

Der gesamte Parkring stellt eine bewusst gestaltete und städtebaulich prägende denkmalgeschützte Parkanlage dar. Eine Aufforstung auch nur von Teilbereichen wird von den Denkmalbehörden nach gegenwärtigem Stand als sehr kritisch gesehen, da die gartenkünstlerischen Gestaltungskonzepte und landschaftsarchitektonischen Raumbildungen sowie die der Anlage eigenen Nutzungsidee und die charakteristische Pflanzenverwendung der Parkanlage durch einen derart befremdlichen Umgang sowohl in seiner Eigenart als auch seinem Erscheinungsbild wesentlich beeinträchtigt werden würden und dem Erhaltungsgedanken aufgrund der geschichtlichen, künstlerischen und städtebaulichen Bedeutung so entgegenstehen, dass die Maßnahme als nicht genehmigungsfähig eingeschätzt wird. "

Eine bessere Gestaltung und Pflege des gesamten Parkrings ist dennoch zu erwarten. Derzeit werden nach und nach die einzelnen Teilflächen des Parkrings Neu-Tempelhof umgewidmet zur Grünanlage, da einige Flächen noch als Straßenland gewidmet sind. Damit erhält der Bezirk ein höheres Budget für die Pflege und Unterhaltung der Grünflächen und kann den Bäumerplan- Heidegarten zukünftig, unter denkmal- und naturschutzfachlichen Kriterien, differenzierter anlegen und pflegen. Derzeit stehen zwischen dem Werner-Voß-Damm und der Wintgenstraße ca. 80 Bäume mit abwechselnd offenen Flächen und Sträuchern, die gute Voraussetzungen für eine Biodiversität bieten. Gleichzeitig wird das Bezirksamt den Kontakt mit der Initiative suchen und Möglichkeiten der Zusammenarbeit gemeinsam eruieren. Das Bezirksamt begrüßt es ausdrücklich und dankt für die ehrenamtliche Arbeit der Bürger*innen auch schon in der Vergangenheit, beispielsweise zur Pflege des Rosengartens.

 

 
 

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