Drucksache - 0847/XX  

 
 
Betreff: Suchthilfe in Tempelhof-Schöneberg
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Frakt. SPD, GRÜNE, LINKEBezirksamt
Verfasser:Herr Schworck, OliverSchöttler, Angelika
Drucksache-Art:AntragMitteilung zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Ausschuss für Bürgerdienste und Ordnungsangelegenheiten Kenntnisnahme
24.01.2019 
16. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bürgerdienste und Ordnungsamt mit Zwischenbericht zur Kenntnis genommen   
Ausschuss für Gesundheit Kenntnisnahme
28.01.2019 
16. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Gesundheit mit Zwischenbericht zur Kenntnis genommen   
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Entscheidung
19.09.2018 
23. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen (Beratungsfolge beendet)   
Bezirksamt Erledigung

Sachverhalt
Anlagen:
Antrag
Austauschseite
Mitteilung zur Kenntnisnahme

Die BVV fasste auf ihrer Sitzung am 19.09.2018 folgenden Beschluss:

 

Die BVV empfiehlt dem Bezirksamt, sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass

 

  • es zum zeitnahen Einsatz eines Konsummobils an den bezirklichen Brennpunkten des Drogenkonsums kommt. Neben den regulären Angeboten des Konsummobils, die unter anderem die medizinisch-pflegerische Beratung und die Vermittlung zu weiterführenden Hilfen einschließt, soll zudem die Anzahl der Nutzer_innen standortgenau dokumentiert werden. Die Bedarfsermittlung dient der Prüfung, ob ein sogenannter Konsumraum an einem möglichen Hotspot notwendig wird;
  • ein Kontaktraum geschaffen wird, in dem suchtkranke Menschen medizinische, pflegerische und soziale Beratung sowie Unterstützung in ihrer Lebenssituation erhalten;
  • Spritzenabwurfbehältnisse an öffentlichen Konsumorten, wie beispielsweise am Nelly-Sachs-Park, Nollendorfplatz, U-Yorckstraße, Kurt-Hiller-Park, Apostel-Paulus-Kirche, 12-Apostel-Kirche, Bayrischer Platz und S-Bahnhof Tempelhof bzw. weiteren, vom Bezirksamt identifizierten Konsumorten aufgestellt werden.

 

Die BVV ersucht das Bezirksamt

 

  • Aufstellplätze für das Konsummobil zu ermitteln und bereitzustellen;
  • zu prüfen, ob und in welchem Umfang durch den Bezirk Stellen für die aufsuchende Drogenhilfe geschaffen werden müssen. Die Zielsetzung würde den Beziehungsaufbau beinhalten, um den Übergang in das Suchthilfesystem zu fördern. Zudem soll im Rahmen der aufsuchenden Sozialarbeit gezielt auf die Nutzung der Abwurfbehältnisse für Spritzen und anderen Konsumabfall hingewirkt werden;
  • eine Systematik und ggf. unterstützende Maßnahmen zu entwickeln, um Beschwerden von Bürger_innen, Auffundorte von Konsumutensilien im Zusammenhang mit Drogen- und Alkoholkonsum regelhaft und zeitnah der Suchthilfekoordination des Bezirks zur Kenntnis zu geben.

 

Das Bezirksamt teilt hierzu mit der Bitte um Kenntnisnahme mit:

 

Die von der BVV am 19.09.2018 gefassten Beschlüsse zur Suchthilfe in Tempelhof-Schöneberg (Drucksache 0847/XX) befinden sich bereits in der Umsetzung.

Es wird darauf hingewiesen, dass alle im Antrag aufgeführten Maßnahmen inhaltlich zusammenhängen und als bezirkliche Gesamtstrategie zur Eindämmung des Drogenkonsums und den damit zusammenhängenden Folgebelastungen im öffentlichen Raum und als Teil der gesundheitlichen Versorgung von drogenabhängigen Menschen betrachtet werden müssen.

 

Im Hinblick auf das Drogenkonsummobil wurden bereits erfolgreich Verhandlungen mit der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung geführt. Die Senatsverwaltung hat zugesagt, das Drogenkonsummobil ab Februar 2019 in Tempelhof-Schöneberg zum Einsatz zu bringen. Gegenwärtig prüft das Bezirksamt, an welchen Orten das Drogenkonsummobil aufgestellt werden könnte. Die dazu erforderlichen Standgenehmigungen werden nach Festlegung der Standorte eingeholt.

 

Ebenso wurde der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung bereits der Bedarf an einer Kontakt- und Anlaufstelle für drogenabhängige Menschen in Tempelhof-Schöneberg gemeldet und die Berücksichtigung von entsprechenden Mitteln im Haushaltsplan 2020/2021 beantragt.

Vorsorglich sind auch Mittel für einen Konsumraum, integriert in die Kontaktstelle, beantragt worden, falls der Einsatz des Drogenkonsummobils und die damit verbundene Dokumentation zeigen, dass ein Konsumraum zur gesundheitlichen Versorgung drogenabhängiger Menschen erforderlich sein sollte.

 

An den öffentlichen Konsumorten Nelly-Sachs-Park, Nollendorfplatz, U-Yorckstr., Kurt-Hiller-Park, Apostel-Paulus-Kirche, 12-Apostel-Kirche, Bayerischer Platz, S-Bahnhof Tempelhof und U-Bahnhof Alt-Tempelhof werden bis zum Jahresende 2018 Spritzenabwurfbehältnisse aufgestellt. Die Mittel für Anfertigung, Aufstellung und Kanülenentsorgungsboxen stehen zur Verfügung. Die Aufstellung erfolgt zeitnah durch das Straßen- und Grünflächenamt. Derzeit wird geprüft, inwieweit die Leerung und Wartung Bestandteil des Vertrags mit der BSR ist bzw. ob hier eine ergänzende Beauftragung erfolgen kann. Die Kosten für den Betrieb eines Spritzenabwurfbehälters durch das Bezirksamt (Material, Leerung, Lagerung und Wartung) eines Spritzenabwurfbehälters belaufen sich bei wöchentlicher Leerung auf geschätzt 700 Euro/Jahr. Als ad hoc-Maßnahme wird der Verein Drogenhilfe e. V. zweimal wöchentlich im Umfeld der o. g. Standorte Utensilien des Konsums suchen und entsorgen.

 

Der Einsatz von Spritzenabwurfbehältnissen ist nur in Kombination mit dem Einsatz von aufsuchender Drogenhilfe/Straßensozialarbeit wirksam. Aufsuchende Drogenhilfe verfolgt das Ziel, Konsument_innen in ihrer Lebenswelt zu erreichen, zu informieren und über den persönlichen Kontakt zur Inanspruchnahme der vorhandenen Angebote des Suchthilfesystems zu motivieren. Straßensozialarbeit erfüllt auch im Hinblick auf den Einsatz des Drogenkonsummobils eine wichtige Brückenfunktion. Darüber hinaus können Fachkräfte der aufsuchenden Drogenhilfe gezielt auf die Nutzung der vorhandenen Spritzenabwurfbehältnisse hinweisen.

 

In Tempelhof-Schöneberg gibt es derzeit keine Fachkräfte der aufsuchenden Drogenhilfe. Diese Lücke im Versorgungssystem muss dringend geschlossen werden, um die bezirkliche Gesamtstrategie zur Eindämmung des Drogenkonsums im öffentlichen Raum wirksam umzusetzen. Um einen umfassenden Einsatz im gesamten Bezirk zu ermöglichen, bedarf es einer Summe in Höhe von 100.000 € (50.000 € Stelle Sozialarbeit, 30.000 € Stellenanteil med. Fachpersonal/Pflege, 20.000 € Begleitung/Betreuung, Öffentlichkeitsarbeit, Material).

Der Einsatz dieser Mittel ist zunächst auf das Haushaltsjahr 2019 begrenzt, da für den Haushalt 2020/2021 die Bereitstellung von Mitteln für aufsuchende Drogenhilfe bereits bei der Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung beantragt wurde. Grundsätzlich gehören der Betrieb eines Drogenkonsummobils und eines stationären Konsumraums mit Kontaktstelle zu den Aufgaben der SenGPG. Da es sich bei dem Einsatz in Tempelhof-Schöneberg jedoch um eine nicht geplante Maßnahme handelt, konnte im Haushalt 2018/2019 der SenGPG noch keine Vorsorge getroffen werden.

 

Eine sinnvolle Ergänzung der bezirklichen Gesamtstrategie ist die Fortführung der kiezorientierten Gewalt- und Kriminalprävention, die 2018 erfolgreich von Outreach, einem Träger der Jugendhilfe, umgesetzt wurde. Ziel dieser aufsuchenden Jugendsozialarbeit ist es, die Nachbarschaften zu aktivieren, mit Jugendlichen in Kontakt zu treten, sie zu sensibilisieren und zu befähigen, sich von Gewalt, Kriminalität und Drogenszene zu distanzieren. Hier würden Kosten in Höhe von ca. 100.000 € jährlich entstehen. Für 2019 könnte eine anteilige Finanzierung letztmalig aus Mitteln der Landeskommission Berlin gegen Gewalt erfolgen. Sollten darüber hinaus keine bezirklichen Mittel zur Verfügung stehen, wird diese Aufgabe nicht weitergeführt.

 

Ein weiterer Teil der bezirklichen Gesamtstrategie zur Eindämmung des Drogenkonsums im öffentlichen Raum und zur Entlastung der Nachbarschaften ist die Entwicklung einer Systematik zur Erfassung von Konsumorten, Funden von Konsumutensilien und Anwohnerbeschwerden, um einen besseren Überblick zu haben und um schneller auf Veränderungen reagieren zu können. Die Suchthilfekoordination der Planungs- und Koordinierungsstelle Gesundheit wird ab November 2018 die Bereiche Grünfläche, Straße, Ordnungsamt, Quartiersmanagement, Outreach, BSR und Polizei regelmäßig zu ihren Erkenntnissen hierzu befragen.

 

 
 

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