Drucksache - 0796/XIX  

 
 
Betreff: Fotografierte die StaSi auch in Tempelhof und Schöneberg?
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Die Fraktion GRÜNEBezirksamt
Verfasser:Frau Kaddatz, JuttaSchöttler, Angelika
Drucksache-Art:AntragMitteilung zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Entscheidung
21.08.2013 
23. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Bildung und Kultur XIX. Wahlperiode Entscheidung
05.09.2013 
19. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bildung und Kultur ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen (Beratungsfolge beendet)   
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Entscheidung
18.09.2013 
24. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen (Beratungsfolge beendet)   
Bezirksamt Entscheidung
Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin Entscheidung
22.01.2014 
29. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Tempelhof-Schöneberg von Berlin zur Kenntnis genommen (Beratungsfolge beendet)   

Sachverhalt
Anlagen:
Antrag
Beschlussempfehlung
Mitteilung zur Kenntnisnahme

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Das Bezirksamt teilt zu der o.g. Drucksache folgendes mit:

 

Die Archive des BStU in der Berliner Zentrale und in den Regionen sorgen für die Aufbewahrung, Nutzbarmachung und Bereitstellung aller Unterlagen des Ministeriums für Staatssicherheit (1950 - 1989). Das Schriftgut besteht einerseits aus bereits zu Zeiten des Staatssicherheitsdienstes archivierten Akten, andererseits aus dem Material, mit dem die Mitarbeiter des MfS in den Diensteinheiten noch bis zur friedlichen Revolution 1989/90 arbeiteten.

Neben den schriftlichen Unterlagen gibt es in den Archiven zahlreiche audiovisuelle Datenträger, wie Fotos, Dias, Videos, Filme und Tonträger. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die inhaltliche Auswertung dieser Bestände  besondere Schwierigkeiten aufweist. Fotos, Filme und Tonträger enthalten meist keine Daten, die auf Herkunft, Ort, Zeit, dargestellte oder handelnde Personen verweisen, der Kontext zum Inhalt fehlt. Bei der Erschließung wird nach archivarischen Grundsätzen unter Berücksichtigung der technischen und inhaltlichen Besonderheiten dieser Überlieferung analog zum Schriftgut gearbeitet.

Die in der Schwartzschen Villa gezeigte Ausstellung "Geheim! Die Stasi fotografiert in Steglitz und Zehlendorf" war eine reine Fotoausstellung. Der gezeigte Bestand stammte höchstwahrscheinlich aus der Fotoabteilung des damaligen Ministeriums für Staatssicherheit.  Zu den meisten Fotos gab es in der Ausstellung keine erklärenden Akten oder Texte. Dies entsprach in gewisser Weise dem Verhältnis von Auftraggeber und Auftragnehmer: Meist führten die Fotografen die Aufträge der StaSi aus, ohne den inhaltlichen Kontext ihres Auftrages zu kennen. So  fuhren sie zum Beispiel nach West-Berlin, fotografierten die gewünschten Objekte und lieferten die Ergebnisse dem Auftraggeber ab. Zuordnung und Auswertung verblieben dann beim Auftraggeber.

 

Die Fotosammlung des MfS wird heute getrennt von den Akten aufbewahrt und kann

nur im Archiv in Lichtenberg eingesehen werden, wohingegen die dazugehörigen Akten am Standort Alexanderplatz bereitgestellt werden. Die Zugehörigkeit ist aber meist nur dann identifizierbar, wenn auf den Fotos Namen (z.B. auf Klingelschildern der überwachten Objekte) zu erkennen sind. Erst dann könnten weitere inhaltliche Recherchen nach Personen in Auftrag gegeben werden.

 

Um die Spionagetätigkeit der StaSi im Bezirk und ihre Auswirkungen auf die Menschen nachvollziehbar werden zu lassen, hat der Fachbereich Kunst, Kultur, Museen ein Ausstellungsprojekt entwickelt, das exemplarisch die Vorgehensweise der StaSi beleuchten und in den historischen Gesamtkontext einordnen will.  Aus aktuellem Anlass zweier Jahrestage –25 Jahre Mauerfall und 100 Jahre Rathaus Schöneberg, der eine überregional, der andere lokal – wurde das Thema „Im Visier der StaSi - Das Rathaus Schöneberg und seine Umgebung“ in den Mittelpunkt  gestellt.  Das Rathaus Schöneberg gehörte in der Zeit des Kalten Krieges zu den bedeutendsten politischen Gebäuden der Stadt. Als West-Berliner Regierungssitz galt es als Symbol der Freiheit. Hier wurde nicht nur unter dem Geläut der Freiheitsglocke Politik gemacht, sondern auf dem Rathausvorplatz fanden auch zahlreiche Großkundgebungen und Demonstrationen statt. Sicherlich auch aus diesem Grund gehörte Schöneberg zu den West-Berliner Bezirken mit der höchsten Dichte an Spitzeln für das Ministerium für Staatssicherheit. Die Geschichte des Bezirks mit einem Fokus auf der Geschichte der deutsch-deutschen Teilung und der Tätigkeit des Ministeriums für Staatssicherheit ist zusammenhängend bislang noch nicht erzählt worden.

Zur Umsetzung des Projektes, zu dem viel Grundlagenforschung notwendig werden wird, die aus den eigenen Haushaltsmitteln nicht zu finanzieren gewesen wären, wurde bei der  Bundesstiftung Aufarbeitung der SED Diktatur einen Förderantrag gestellt, der im Dezember 2013 positiv entschieden wurde.

Im Schöneberg Museum/Jugend Museum wird daher von November 2014 bis März 2015 eine historische Ausstellung über die Tätigkeit der Stasi im Bezirk präsentiert werden, begleitet von einem fundierten historisch-politischen Begleitprogramm für Schulen. Die Präsentation wird weit über die Aussagekraft einer rein fotografischen Dokumentation ohne Identifizierung des Entstehungskontextes hinausgehen.

Die in diesem Zusammenhang recherchierten Bestände werden im Archiv zur Geschichte von Tempelhof-Schöneberg als Gesamtkonvolut bewahrt. Die Eigentumsrechte der recherchierten Fotos und Dokumente verbleiben allerdings bei den Archiven der BstU. Jede neue Nutzung muss daher im Einzelfall dort angefragt werden.

 

 
 

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