Drucksache - 0460/XIX
Das Bezirksamt wird ersucht, sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass in den Notfallambulanzen der drei Krankenhäuser / Kliniken in Tempelhof-Schöneberg niedrigschwellige Anlaufstellen/Ambulanzen für Gewaltopfereingerichtet werden. In diesen Anlaufstellen/Ambulanzen sollen die Verletzungsfolgen rechtssicher dokumentiert und die Gewaltopfer psychotraumatologisch versorgt werden. Die Anlaufstellen/Ambulanzen für Gewaltopfer sollen öffentlich bekannt und mit den schon bestehenden Regelangeboten im Bezirk vernetzt werden.
Das Bezirksamt teilt hierzu mit der Bitte um Kenntnisnahme mit:
Das Bezirksamt hat das St. Joseph Krankenhaus sowie den Geschäftsführenden Direktor des AVK und des Wenckebach-Klinikums um eine Prüfung des Antrags gebeten.
Der Ärztliche Direktor des St. Joseph Krankenhauses gab folgende Stellungnahme ab:
„Unsere Erste Hilfe und Zentrale Notaufnahme stellt an 365 Tagen rund um die Uhr eine hoffentlich niedrigschwellige Anlaufstelle auch für Gewaltopfer dar. Dies betrifft ausdrücklich nicht nur Erwachsene, sondern natürlich auch Kinder, denen wir uns im Rahmen der Kinderschutzaktivitäten wie Sie wissen ja seit Jahren besonders verbunden fühlen. Die rechtssichere Dokumentation von Verletzungsfolgen ist bei uns durchaus auch zu gewährleisten. Wir setzen dazu den von SIGNAL e.V. entwickelten Dokumentationsbogen ein. Eine psychotraumatologische Versorgung von Gewaltopfern können wir für Kinder und Jugendliche über unsere Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie sowohl im Rahmen einer evtl. notwendig werdenden stationären Betreuung oder über die Institutsambulanz auch auf ambulanter Basis bieten. Entsprechend behandlungsbedürftige Erwachsene würden wir allerdings an andere Kliniken weiterleiten oder der ambulanten Betreuung anvertrauen.“
Vom Vivantes Regionaldirektor Region West ging für die beiden Standorte AVK / WBK folgende Antwort ein:
„Gemäß den gesetzlichen Regelungen über die Versorgung von Notfallpatienten im Land Berlin stehen die Zentralen (interdisziplinären) Notaufnahmen /Rettungsstellen der Vivantes Region West - Auguste-Viktoria-Klinikum und Wenckebach - Klinikum jederzeit Hilfe suchenden Verletzten, Erkrankten und Betroffenen ( im Rahmen der am Standort vorgehaltenen klinischen Fachdisziplinen - siehe Krankenhausplan) für die primäre Diagnostik und Therapie zur Verfügung. Somit ist eine sofortige und adäquate Notfallbehandlung auch und besonders für Gewaltopfer gesichert. Für die spezielle forensische Dokumentation , z. B. im Falle sexueller Gewalt, erfolgt eine mit der Berliner Polizei und der Berliner Feuerwehr koordinierte Weiterleitung der Betroffenen an ein entsprechend ausgerüstetes und qualifizierten Zentrum (z.B. Charité Campus RV). Des Weiteren arbeiten beiden zentralen (interdisziplinären) Notaufnahmen /Rettungsstellen bezüglich der Dokumentation von Gewaltfolgen, die, auch und besonders, ihre Ursachen und Folgen im nicht sexuellen Bereich haben, mit den Dokumenationsunterlagen des Vereins S.I.G.N.A.L.. Dazu gehören auch spezielle Fortbildungen durch den vorgenannten Verein. Die ärztlichen und pflegerischen Mitarbeiter/innen werden durch diese Fortbildungen und Teambesprechungen für das Erkennen von stattgehabter Gewalt als mögliche Ursache des " Rettungsstellenbesuches" sensibilisiert. Zusammenfassend ist festzustellen, dass in der Region West der Vivantes GmbH zur Zeit die Versorgung von Gewaltopfern sichergestellt ist und die Einrichtung von zusätzlichen Ambulanzen für Gewaltopfer nicht sinnvoll erscheint. Insbesondere gilt, dass die Grundversorgung in einer Zentralen (interdisziplinären) Notaufnahme/Rettungsstelle nach stattgehabten Gewaltanwendungen gegen Menschen, ein wesentlich niederschwelligeres Angebot darstellt, als eine spezielle, auch so gekennzeichnete " Gewaltopfer-Ambulanz " deren Besuch ja eine stattgehabte Gewaltanwendung impliziert und somit u.Umständen von persönlich bekannten Verursacher verhindert wird bzw. an der Scham des Opfers scheitert.“
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