Auszug - Sportplatz am Tempelhofer Weg in Nelly-Neppach-Sportplatz umbenennen  

 
 
47. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Sport - Die Sitzung findet im VIDEOCALL statt. Die Zugangsdaten entnehmen Sie bitte dem INFOBLATT Videocall
TOP: Ö 5.1
Gremium: Ausschuss für Sport Beschlussart: mit Änderungen im Ausschuss beschlossen
Datum: Di, 11.05.2021 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 18:40 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Videokonferenz
Ort: Internet
2016/XX Sportplatz am Tempelhofer Weg in Nelly-Neppach-Sportplatz umbenennen
     
 
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Die Fraktion GRÜNEAusschuss für Bibliotheken, Bildung und Kultur
  Boxberg, Bertram von
Drucksache-Art:AntragBeschlussempfehlung
 
Beschluss


Zu dieser Drucksache liegt ein Änderungsantrag der antragstellenden Fraktion vor.

 

BV von Boxberg begründet den Antrag:

Nelly Neppach ist eine der ersten Tennisstars in Deutschland und eine der ersten deutschen Frauen überhaupt, die im internationalen Sport für Furore sorgt. Mit 18 Jahren gewinnt die junge Nelly Bamberger, wie sie mit Geburtsnamen heißt, ihr erstes Tennisturnier. 1925 wird sie Deutsche Tennismeisterin.

 

Nelly Neppach steht damit auf dem Höhepunkt ihrer Karriere. Mit ihrer kampfbetonten Spielweise verkörpert sie ein neues Frauenbild und ist ein gern gesehener Turniergast in ganz Europa. Anfang 1926 erhält sie eine Einladung zu den Riviera-Meisterschaften im französischen Mentone. Neppach sagt zu und ahnt zunächst wohl nicht, welch heftige politische Turbulenzen sie damit lostritt. Der Deutsche Tennis Bund (DTB) droht ihr umgehend mit dem Ausschluss vom Spielbetrieb, da sie ohne Genehmigung ins damals verhasste Nachbarland gereist sei. Als Neppach daraufhin übermittelt, sie habe niemals zuvor „einen wärmeren Empfang bekommen als von den Franzosen“, heizt sie die Wut der reaktionären Funktionäre noch einmal an.

 

Nach ihrer Rückkehr erwartet Neppach ein vorläufiges Spielverbot durch den DTB. Das Schreiben des Verbandes ist durchzogen mit antisemitischen Untertönen. So wird der Sportlerin vorgeworfen, sie habe sich mit einem „Netzwerk aus befreundeten Federn“ umgeben, dem sie ihre Popularität verdanke. Wenig später darf Neppach zwar in den Spielbetrieb zurückkehren, kann jedoch nicht mehr an ihre alte Leistungsstärke anknüpfen. Im Sommer 1926 steht sie zum letzten Mal im Einzelfinale um die Deutsche Meisterschaft. 1932 liegt sie auf Platz neun der DTB-internen Rangliste.

 

Ein Jahr später wird der in vielen Bereichen latent spürbare Antisemitismus in Deutschland offizielle Politik: Bereits im April 1933 treten unter dem Druck der neuen Machthaber die meisten jüdischen Mitglieder aus dem Verein Tennis Borussia aus. Einen Monat später erklärt sich der DTB für „judenrein“.

 

Nelly Neppach muss erkennen, dass sie in Deutschland keine Möglichkeit zur Fortsetzung ihrer Karriere hat. Sportlich isoliert und von Depressionen geplagt, nimmt sie sich in der Nacht vom 7. auf den 8. Mai 1933 das Leben.

 

Ihrem Verein zufolge war Neppach der „wohl erste echte weibliche Sportstar von internationalem Ruf in Deutschland“.

 

Zur Notwendigkeit des Antrags führt er den Anachronismus an, dass nach der erfolgten Umbenennung zum 01.03.2021 des Tempelhofer Weges im Ortsteil Schöneberg aufgrund des Beschlusses der BVV (Drs. Nr. 1206/XX in der 37. Sitzung der BVV am 20.11.2019) in Ella-Barowsky-Straße der dort befindliche Sportplatz weiterhin „Sportplatz am Tempelhofer Weg“ heißt.

 

BV Frede fragt, ob es bereits Gespräche mit den Vereinen, die diesen Platz regelmäßig nutzen dazu gab.

 

BV von Boxberg antwortet, dass es bisher Gespräche mit dem FC Internationale gab, aufgrund derer der Änderungsantrag eingebracht wurde, der nun das Bezirksamt mit einem Prüfauftrag und keinem Ersuchen um Umbenennung beauftragt, denn man möchte die Vereine stärker in die Entscheidung mit einbeziehen.

 

BV Kliem sieht den Antrag auch in geänderter Form nicht als zustimmungsfähig an, er wird sich enthalten.

 

BV Sommerfeld gibt zu bedenken, dass Nelly Neppach eine Tennisspielerin war, die bei Tennis Borussia in seinerzeit Wilmersdorf (heute Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf) aktiv war, es wäre daher ihrer Meinung nach sinnvoller, etwas in Charlottenburg-Wilmersdorf nach ihr zu benennen. Die Ehrung der Nelly Neppach an sich begrüßt sie, ebenso das im Antrag geplante Jugendprojekt zur Aufarbeitung und Sichtbarmachung der Situationen der Sportler*innen in der Zeit des Nationalsozialismus. Sie sieht jedoch in dem Auftrag an das Bezirksamt, es möge selbst solch ein Projekt ins Leben rufen eine vertane Gelegenheit, denn Initiativen aus den Vereinen würden sich mehr Gehör verschaffen können als ein von hoheitlicher Stelle initiiertes Projekt. Des Weiteren wäre es wünschenswert, wenn ein solches Jugendprojekt zu einem so wichtigen Thema nicht nur innerhalb eines Sportvereins Gehör fände, sondern auch Nichtmitgliedern und somit der breiten Öffentlichkeit bekannt würde und offen stünde.

 

BV von Boxberg betont, es sei genau aus diesem Grunde im Änderungsantrag von einem Prüfauftrag die Rede, das Bezirksamt solle lediglich die Meinungen der Vereine sammeln und dem ursprünglichen Ersuchen damit eine gute Umsetzbarkeit und Resonanz attestieren oder eben keine.

 

BV Marg fragt, wie sich diese Benennung in die geregelte Benennungspraxis des Bezirks einfüge.

 

BD McGee verweist auf den Beschluss der Drs. Nr. 0218/XIX, die dieses Thema bereits im Jahre 2012 behandelte und danach die Beteiligung von Vereinen und dem Bezirkssportbund vorschreiben, sowie, dass die BVV in der Zuständigkeit liegt dem Bezirksamt hierbei ihre Benennungswünsche mitzuteilen die es dann annehmen wird.

 

BzStR Schworck stellt die Zuständigkeit für die Umbenennung von Sportplätzen durch den mitberatenden Ausschuss für Sport, als auch für den federführenden Ausschuss für Bibliotheken, Bildung und Kultur in Frage.

 

BV Bialluch-Liu und BV von Boxberg weisen darauf hin, dass die Überweisung dieser Drucksache zur Beratung in eben diese Ausschüsse ein Beschluss des Ältestenrats und damit der BVV sei, die Zuständigkeiten seien danach geregelt.

 

Mehrheitlicher Beschluss des geänderten Antrags und Überweisung der Empfehlung in den federführenden Ausschuss für Bibliotheken, Bildung und Kultur.

 

Ja-Stimmen: 6    Nein-Stimmen: 4    Enthaltungen: 5

 

Der Ausschuss empfiehlt der BVV:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung ersucht das Bezirksamt zu prüfen, ob die Benennung des Sportplatzes Tempelhofer Weg am (ehemals) Tempelhofer Weg 62 in 10829 Berlin nach der Tennisspielerin Nelly Neppach (16. September 1891 7/8. Mai 1933) in Abstimmung mit dem auf diesem Platz ansässigen Sportverein sinnvoll und wünschenswert wäre.

 

Gleichzeitig wird das Bezirksamt ersucht, ein Projekt zu initiieren und zu befördern, dass den Mitgliedern des Vereins, insbesondere den jugendlichen Mitgliedern, die Situation von Sportler*innen, die in der Zeit des Nationalsozialismus der Verfolgung ausgesetzt waren, nahezubringen.“

 
 

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