Auszug - Aktueller Stand des Verfahrens „Wettbewerb Kohlenhandlung Bruno Meyer Nachfahren“ und Beratung des weiteren Verfahrens  

 
 
23. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bildung und Kultur
TOP: Ö 3
Gremium: Ausschuss für Bildung und Kultur XIX. Wahlperiode Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 09.01.2014 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:00 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Sitzungsraum 2113
Ort: Rathaus Schöneberg
 
Beschluss

BStRin Kaddatz erläutert den aktuellen Stand des Verfahrens

BStRin Kaddatz erläutert den aktuellen Stand des Verfahrens. Sie geht insbesondere darauf ein, dass am 17.12.2013 eine Dokumentation des Siegerentwurfs durch das Bezirksamt veröffentlicht wurde, dass die Ergebnisse der historischen und bauhistorischen Gutachten mittlerweile vorliegen und die Beschlüsse der Bezirksverordnetenversammlung seitens des Bezirksamts an den Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Herrn Prof. Dr. Johannes Tuchel, und den zuständigen Kulturstaatssekretär André Schmitz verschickt wurden. Auf Nachfrage der BV Kiderlen ergänzt BStRin Kaddatz, dass bisher keine Rückmeldungen des Beratungsausschusses Kunst oder der Senatskanzlei vorlägen, die oben genannten Gutachten aber an den Beratungsausschuss Kunst übersandt werden.

 

Es folgt eine ausführliche Debatte, die sich insbesondere auf die durch das Bezirksamt veröffentlichte Broschüre zur Dokumentation konzentriert. Darin bringen die Fraktionen von Bündnis 90/Grüne und SPD durch Wortbeiträge der BV Kiderlen, Rauchfuß und Oltmann zunächst ihr Unverständnis zum Ausdruck, dass die Broschüre in der vorliegenden Form überhaupt durch das Bezirksamt freigegeben und beauftragt worden ist. Eine Darstellung des Verfahrens würde ebenso fehlen, wie die im Rahmen des Wettbewerbs erarbeiteten Stellungnahmen des AK Leber, von Katharina Kaiser, Prof. Dr. Johannes Tuchel und Gisela Wenzel von der Geschichtswerkstatt Lichtenrade. Die Broschüre stelle den Diskurs im Rahmen des Wettbewerbsverfahrens nunmehr vollständig einseitig und unausgewogen dar. BV Kiderlen bittet um Einsicht in das Protokoll des Runden Tisches sowie in das zugehörige Gästebuch binnen Wochenfrist. Die BV Oltmann und Rauchfuß bringen ihrerseits zum Ausdruck, dass sie nicht bereit sind, die Dokumentation in der vorgelegten Form zu akzeptieren und verweisen auf – aus ihrer Sicht – unverhältnismäßige Angriffe auf am Verfahren beteiligte Personen. Die Vorsitzende erklärt, dass das im Beitrag von Lou Favorite enthaltene Gleichnis mit einem Verweis auf das Kunstverständnis des Nationalsozialismus inakzeptabel und verunglimpfend sei und wenigstens durch das herausgebende Bezirksamt hätte kritisch kommentiert werden müssen. Es wird ferner nachgefragt, ob ein Wortprotokoll der Sitzungen des Runden Tisches geführt wurde, in welcher Auflage die Broschüre hergestellt wurde, welche Kosten entstanden sind und an welchen Empfänger_innenkreis die Dokumentation bisher versandt worden ist. BV Ickes lobt die vorgelegte Dokumentation ausdrücklich. Sie stelle ein sehr gutes Ergebnis eines schwierigen Auftrags an das Bezirksamt dar und liefere einen wichtigen Beitrag zum bisherigen Diskurs. Während seiner Ausführungen wird BV Ickes zunächst durch die Vorsitzende und in der Folge durch die ebenfalls anwesende Bezirksverordnetenvorsteherin Dittmeyer zur Wahrung der Sachlichkeit seines Beitrags ermahnt. BV Preußker schlägt vor, dass künftig die Gliederung und der Inhalt von Publikationen des Bezirksamts durch den jeweils zuständigen Ausschuss beraten werden könnten. Auf diesem Wege könne eine kontroverse Diskussion wie im vorliegenden Falle vermieden werden.

BStRin Kaddatz zeigt sich verwundert über die geäußerte Kritik und verweist darauf, dass die Broschüre dem Auftrag (und somit auch den Anforderungen des Beratungsausschusses Kunst) entsprechend erstellt worden sei. Der Auftrag habe in der Dokumentation des Kunstwerks bestanden. Trotzdem umfasse die Dokumentation auch die Abläufe auf dem Weg zur Juryentscheidung und stelle nicht nur den Siegerentwurf dar. Zudem sei der Beitrag von Lou Favorite, der nicht die Haltung des Bezirksamts wiedergebe, sondern die des Autors, bereits in 2012 in einer Publikation des bbk veröffentlicht worden. Sollte ein neuer Wettbewerb ausgelobt werden, müsse der Auftrag seitens der BVV klar formuliert sein und dürfe nicht im Laufe des Verfahrens verändert werden. Die Auflage der Broschüre sei sehr klein, der Kostenvoranschlag belief sich auf etwa 7.000 €. Bisher sei die Broschüre nur an das Bezirksamt, die Fraktionen der BVV und die Mitglieder des Ausschusses verteilt worden.

Es folgt eine weitere ausführliche Aussprache mit Wortbeitragen der BV Oltmann, Preußker, Hausschild, Zander, Ickes und Rauchfuß sowie der Ausschussvorsitzenden und der BStRin Kaddatz. Insbesondere weißt BV Oltmann darauf hin, dass der Auftrag an das Bezirksamt durch die BVV eindeutig gewesen (BVV-Beschluss aus 2009) und durch weitere Beschlüsse bestätigt worden sei. In ihrer Form und ihrem Inhalt entspreche die Dokumentation diesem Auftrag nicht. BV Rauchfuß verweist auf das Vorwort der BStRin Kaddatz und kritisiert, dass dieses keine kritische Kommentierung der Polemik von Herrn Favorite darstelle, sondern andeute, die Stadträtin teile die Ausführungen dieses Beitrags. Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Grüne fordern das Bezirksamt dazu auf, die Broschüre ohne ergänzende und Materialien zunächst nicht weiter in Umlauf zu bringen. Die BV Preußker und Zander entgegnen, dass das Bezirksamt die Aufgabenstellung der BVV und die Empfehlung des Beratungsausschusses Kunst umgesetzt habe. Auch sei es richtig, auf die Kritik von Seiten der Künstler_innen am Verfahren hinzuweisen, was im Vorwort der BStRin erfolge. Allerdings sei der Beitrag von Herrn Favorite überflüssig und hätte nicht Teil der Broschüre sein dürfen, erklärt BV Preußker.

Der Ausschuss verständigt sich, auch Wortbeiträge der anwesenden Gäste zuzulassen und die Vorsitzende erteilt Frau Döhl das Wort. Frau Döhl kritisiert, dass sie seitens des Bezirksamts die Rückmeldung erhalten habe, nicht an den Sitzungen des Runden Tisches teilnehmen zu dürfen, da diese nicht-öffentlich stattfinden würden. Nun verwundere sie, dass Zitate aus den Sitzungen in der Broschüre veröffentlicht wurden und eine einseitige Darstellung der Diskussion vorgenommen werde.

Abschließend erklärt die Vorsitzende, dass der Ausschuss sehr spät über die Kriterien des bezirklichen Wettbewerbs informiert worden sei und somit nicht mehr in die Formulierung der Aufgabenstellung eingreifen konnte. Auch sei seitens der Bezirksverordneten nicht das prämierte Kunstwerk selbst kritisiert, sondern nur in Frage gestellt worden, ob der Entwurf auf dem fraglichen Gelände realisiert werden solle. Es sei ferner nicht unüblich, dass Entwürfe aus Wettbewerben anschließend nicht realisiert werden.

Der Ausschuss verständigt sich darauf, die Dokumentation an den Beratungsausschuss Kunst weiter zu leiten, um die Fristen für das dortige Verfahren nicht zu versäumen. Allerdings sollen der Broschüre des Bezirksamts die oben genannten Stellungnahmen sowie eine vollständige Kopie des Gästebuches beigelegt werden.

 

Die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Grüne bitten um Beratung einer Beschlussempfehlung, die in gedruckter Fassung vorliegt und unter den Mitgliedern des Ausschusses zu Beginn der Sitzung verteilt wurde. BV Kiderlen stellt die Beschlussempfehlung mit der Drucksachen-Nr. 0952/XIX vor. Es folgt eine kurze Diskussion mit Beiträgen des BV Ickes, der Ausschussvorsitzenden und der BStRin Kaddatz. Auf Vorschlag der BV Dittmeyer wird der Text der Beschlussempfehlung dahingehend geändert, dass die Senatskanzlei von Berlin, Abteilung Kulturelle Angelegenheiten als Adressat eindeutig benannt ist.

Bei 4 Enthaltungen beschließt der Ausschuss einstimmig die folgende Beschlussempfehlung:

 

„Die Senatskanzlei wird gebeten, einen neuen Wettbewerb zur Gestaltung des Gedenkortes A. und J. Leber auszuloben

 

Die Bezirksverordnetenversammlung ersucht das Bezirksamt, den Regierenden Bürgermeister von Berlin/Senatskanzlei Abteilung für Kulturelle Angelegenheiten zu bitten, einen neuen Wettbewerb für die Gestaltung des Gedenkortes für Julius und Annedore Leber am Standort der Kohlenhandlung Bruno Meyer Nachfahren in der Torgauer Str./Gotenstraße in Schöneberg auf dem neu gestalteten Gelände des Stadtumbaus West auszuloben.

Der Wettbewerb soll die gesamtstädtische Bedeutung des Ortes und eine Einbindung in den gesamtstädtischen Gedenkkontext berücksichtigen. Dabei soll das Gebäude der Kohlenhandlung in seiner jetzigen Form erhalten bleiben. Der „Arbeitskreis Lern- und Gedenkort Annedore und Julius Leber“, der sich seit Längerem mit der Geschichte und der möglichen Gestaltung dieses Ortes beschäftigt, sollte dabei mit einbezogen werden. Ziel ist eine Aufnahme der Maßnahme durch den BAK in die Jahresplanung 2014.“

 
 

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