Drucksache - 1912/III  

 
 
Betreff: Rettet die Dahlemer Villenlandschaft! - Veränderungssperre gemäß § 14 BauGB zum Entwurf des Bebauungsplans X-B 17
Status:öffentlichAktenzeichen:1276
 Ursprungaktuell
Initiator:CDU-FraktionCDU-Fraktion
Verfasser:Hippe, Sitter-Pozin 
Drucksache-Art:AntragBeschluss
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin Vorberatung
18.05.2011 
49. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Stadtplanung und Naturschutz Empfehlung
31.05.2011 
54. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung und Naturschutz ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin Entscheidung
22.06.2011 
50. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen (Beratungsfolge beendet)   

Sachverhalt
Anlagen:
Ursprungsantrag vom 09.05.2011
Anlage B-Plan X - B 17
BE Stapl vom 31.05.2011
Beschluss vom 22.06.2011

Die BVV möge beschließen:

 

Die BVV möge beschließen:

 

Verordnung
über die Veränderungssperre X – B 17 (südlich Schorlemer Allee)
im Bezirk Steglitz-Zehlendorf, Ortsteil Dahlem

 

vom      

 

Auf Grund des § 16 Abs. 1 des Baugesetzbuchs (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. S. I 2414), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 12. April 2011 (BGBl. I S. 619), in Verbindung mit § 13 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuchs in der Fassung vom 7. November 1999 (GVBl. S. 578), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. November 2005 (GVBl. S. 692), wird verordnet:

 

§ 1

 

Für den in der Anlage ersichtlichen Planbereich des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans X – B 17 (südlich Schorlemer Allee) im Bezirk Steglitz-Zehlendorf, Ortsteil Dahlem, tritt eine Veränderungssperre gemäß § 14 des Baugesetzbuchs ein. Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB dürfen nicht durchgeführt und bauliche Anlagen nicht beseitigt werden. Erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, dürfen nicht vorgenommen werden.

 

§ 2

 

Je ein Übersichtsplan mit den Grenzen des räumlichen Geltungsbereichs der Veränderungssperre liegt zur kostenfreien Einsichtnahme beim Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin, Abteilung Bauen, Stadtplanung und Naturschutz, Bauordnungsamt - Fachbereiche Stadtplanung und Bau- und Wohnungsaufsicht -, aus.

 

§ 3

 

Auf die Vorschriften über

 

1. die Geltendmachung und die Herbeiführung der Fälligkeit etwaiger Entschädigungsansprüche für eingetretene Vermögensnachteile durch die Veränderungssperre (§ 18 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Baugesetzbuchs) und

 

2. das Erlöschen von Entschädigungsansprüchen bei nicht fristgemäßer Geltendmachung (§ 18 Abs. 3 des Baugesetzbuchs)

 

wird hingewiesen.

 

§ 4

 

Wer die Rechtswirksamkeit dieser Verordnung überprüfen lassen will, muss eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuchs innerhalb von zwei Jahren seit der Verkündung dieser Verordnung schriftlich gegenüber dem Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin geltend machen; der Sachverhalt, der die Verletzung begründen soll, ist darzulegen. Nach § 32 Abs. 2 des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuchs wird die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzes nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist unbeachtlich. Die Beschränkung des Satzes 1 gilt nicht, wenn die für die Verkündung dieser Verordnung geltenden Vorschriften verletzt worden sind.

 

§ 5

 

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.

 

Berlin, den      2011

 

Begründung:

 

Das Bebauungsplanverfahren X–B 17 geht auf das Bebauungsplanverfahren X – B 4 zurück, das mit Beschluss des damaligen Bezirksamts Zehlendorf vom 6. November 1984 eingeleitet wurde. Dieses Verfahren wurde mit Beschluss des Bezirksamts vom 23. Februar 1999 in 6 eigenständige Bebauungsplanverfahren aufgeteilt, darunter auch das Verfahren X–B 17. Zuletzt wurde mit Beschluss des Bezirksamts Steglitz-Zehlendorf vom 27. Juli 2010 der Geltungsbereich des Bebauungsplanentwurfs X – B 17 reduziert. Dieser Beschluss wurde am 1. Oktober 2010 im Amtsblatt für Berlin Nr. 40 auf Seite 1629 bekannt gemacht.

 

Ziel dieses Verfahrens ist es, dem in den Villen- und Landhausgebieten bestehenden Veränderungsdruck entgegenzuwirken. Das geltende Planungsrecht bietet ohne flankierenden Schutz durch einen Bebauungsplan keine ausreichenden Möglichkeiten, den drohenden Veränderungen in ortsbildtypischen Siedlungsbereichen Einhalt zu gebieten und den Gebietscharakter zu bewahren. Insbesondere ist zu befürchten:

 

  • Abriss von Gebietscharakter prägenden Gebäuden
  • Grundstücksteilungen
  • Neubebauung ohne Rücksicht auf stadtstrukturelle und baugestalterische Eigenheiten des Gebiets (Reihenhäuser, Kettenhäuser, Geschoßwohnungsbau)
  • Verunstaltung der ursprünglichen Bebauung durch An- und Umbauten
  • Beeinträchtigung der gebietstypischen Freiflächenstruktur durch Zunahme baulicher Nebenanlagen und Verdrängung von gärtnerisch angelegten Grünflächen.

 

Der Charakter des Gebiets beruht auf der im Grundbuch fast aller Grundstücke im Plangebiet eingetragenen Dienstbarkeit (sog. „Dahlemer Last“), die u.a. folgende Baubeschränkungen vorsieht:

 

Der Eigentümer darf nicht anders bauen als unter Beachtung folgender Vorschriften:

 

h) bewohnte Gebäude dürfen abgesehen von Dach- und Kellergeschoß (Nebengeschoßen) nicht mehr als zwei Geschoße (Hauptgeschoße) erhalten. Im Dachgeschoßrfen weder Küchen hergestellt, noch Feuerherde, abgesehen von solchen in Waschküchen, aufgestellt werden. Im Kellergeschoßrfen Räume zum dauernden Aufenthalt von Menschen nur für die Dienerschaft des Eigentümers oder Mieters eingerichtet werden.

 

j) Die Gebäude müssen einen Bauwich von mindestens 4 Metern von den seitlichen Nachbargrenzen halten. Von der der hinteren Nachbargrenze müssen sie mindestens sechs Meter entfernt bleiben. (…)“

 

Diese Rechtskonstruktion hat dafür gesorgt, dass in dem Planungsgebiet einige Reihensiedlungen und im Übrigen nur Ein- und Zweifamilienhäuser entstanden sind. Dies ist bis heute ganz überwiegend der Fall. Dadurch ist ein parkähnliches großzügiges Ensemble entstanden, wie es nur noch in sehr wenigen Gegenden Berlins vorhanden ist.

 

Anders als noch zu der Zeit, in der der Charakter der Umgebung durch eine solche Dienstbarkeit gesichert werden sollte, ist es heute nicht mehr vorrangige Aufgabe der öffentlichen Verwaltung, zivilrechtliche Dienstbarkeiten durchzusetzen. Im Baugenehmigungsverfahren ist es der Baugenehmigungsbehörde durch § 71 BauO Bln i.V.m. §§ 64, 65 BauO Bln sogar verwehrt, auf privatrechtliche Vorschriften Rücksicht zu nehmen, jedenfalls ist auf Nachfrage der Antragsteller der Umgang mit privatrechtlichen Dienstbarkeiten nicht abschließend geklärt. Dies hat zur Folge, dass das Bauaufsichtsamt verpflichtet sein kann, Bauvorhaben, die dieser Dienstbarkeit widersprechen zu genehmigen und das Bezirksamt als Berechtigte dieser Dienstbarkeit dennoch zivilrechtlich gegen das Vorhaben vorgehen könnte. Will das Bezirksamt die Rechte aus der Dienstbarkeit wahrnehmen, muss es sich gegen die selbst erteilte Baugenehmigung wenden, darin sieht das Bezirksamt zu Recht ein widersprüchliches Verhalten. Es ist deshalb so zu verfahren, dass der Geist der Dienstbarkeiten in Bauplanungsrecht transformiert wird, um die zwingend erforderliche Sicherung des Gebietscharakters vorzunehmen.

 

Zusätzlicher Sicherungsbedarf durch eine Veränderungssperre

 

An sich ist der Bebauungsplan selbst ein geeignetes Mittel, um für die Zukunft nachteilige Veränderungen zu verhindern. Allerdings wird bis zur Festsetzung des Bebauungsplans noch erhebliche Zeit vergehen. Insbesondere ist im Bebauungsplanverfahren nochmals mit Rücksicht auf die Dienstbarkeit („Dahlemer Last“) zu prüfen, ob die derzeit geplanten Festsetzungen weiter verschärft werden müssen, da der derzeitige Entwurf des Bebauungsplans Geschoßwohnungsbau zulässt. Den Zielen der Dienstbarkeit wäre nur Genüge getan, wenn das Bauplanungsrecht sichert, dass nur freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser errichtet werden dürfen. 

 

Dringender Handlungsbedarf, die Ziele der Planung durch eine Veränderungssperre zu sichern, besteht auch deshalb, weil bis zum Abschluss des Bebauungsplanverfahrens eine Reihe von Bauvorhaben verwirklicht werden sollen, die vollendete Tatsachen schaffen, insbesondere den Gebietscharakter zu verändern drohen. Es gibt in der Peter-Lenne-Str. 40 und in der Schweinfurthstr. 67 schon sehr konkrete Bauvorhaben, die Geschoßwohnungsbau vorsehen, der im Plangebiet bisher so nicht vorhanden ist, an der Peter-Lenne-Str. 40 ist dies am Randbereich des Planes zur Umgebung hin gerade noch tolerabel, im übrigen aber nicht. Es gibt mehrere Immobilien-Gesellschaften, die gezielt die Entwicklung solch zersiedelnder Projekte im Planungsgebiet anstreben.  Dadurch ergibt sich ein enormer Siedlungsdruck, der gerade auf das Plangebiet ausgeübt wird. So hat zum Beispiel ein Immobilienunternehmen R. S. am 10. Februar 2011 an alle Dahlemer Hausbesitzer eine Postwurfsendung verteilt, in der gezielt nach verkaufs- und bebauungsgeeigneten Baugrundstücken gefragt wurde. Kürzlich ist der Eigentümer des Hauses Drygalskistr. 3 verstorben, worauf sich prompt Projektentwickler gemeldet haben. Das baulich weitgehend intakte Plangebiet darf nicht Erwerbsinteressen geopfert werden.

 

Die Veränderungssperre sichert das Bebauungsplanverfahren vor der zwischenzeitlichen Schaffung vollendeter Tatsachen. Sie wird dem Bezirksamt das rechtliche Mittel an die Hand geben, um sich bei der Bearbeitung von Bauanträgen nicht in Widerspruch zur Dienstbarkeit („Dahlemer Last“) setzen zu müssen.

Die Veränderungssperre greift auch nicht unverhältnismäßig in Rechte Privater ein, denn sie verhindert nur Vorhaben, für die heute noch keine Baugenehmigung erteilt wurde, lässt also bereits entstandene Bebauungsansprüche unberührt (§ 14 Abs. 3 BauGB). Im übrigen sind im Sinne der Einheit der Rechtsordnung Vorhaben, die gegen die Dienstbarkeit verstoßen von vornherein nicht Inhalt des Eigentums der Berechtigten.

Die Veränderungssperre gilt gem. § 17 Abs. 1 BauGB grundsätzlich (sofern sie nicht verlängert wird) nur für zwei Jahre, was aber ausreichen soll und muss, die Planung geordnet und zielgerecht abzuschließen.

 

Die Gemeinden (in Berlin die Bezirke) sind gem. § 14 BauGB berechtigt, in Gebieten, in denen die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen wurde, eine Veränderungssperre zu erlassen. Diese Voraussetzung ist beim Bebauungsplan-Entwurf X – B 17 ohne weiteres gegeben.

 

Die Gemeinden (bzw. Bezirke) entscheiden nach Ermessen darüber, ob und zu welchem Zeitpunkt und für welchen Teil der Planung eine Veränderungssperre erlassen wird (Battis/Krautzberger/Löhr: BauGB, 11. Aufl. 2009, Rn 11). Dieses Ermessen übt der Bezirk Steglitz-Zehlendorf hier zugunsten der Veränderungssperre aus den dargelegten Gründen aus. Nennenswerte stadtplanerische Argumente gegen den Erlass der Veränderungssperre liegen nicht vor, da das Bezirksamt durch seinen Bebauungsplan die erstrebte städtebauliche Ordnung für sinnvoll, zweck- und rechtmäßig hält. Die Beeinträchtigung der Bebaubarkeit der Grundstücke ist von den Grundstückseigentümern aufgrund der gesetzgeberischen Entscheidung in § 14 BauGB hinzunehmen, zumal diese nur für einen vergleichsweise kurzen Zeitraum von zwei Jahren eintritt und Einzelvorhaben, die dem Geiste der Dienstbarkeit nicht zuwiderlaufen, weiter genehmigt werden können.

 

Der Inhalt der Veränderungssperre entspricht § 14 Abs. 1 BauGB.

 

 

Berlin Steglitz-Zehlendorf, den 9. Mai 2011

 

 

Für die Fraktion der CDU

 

 

Hippe  Sitter-Pozin

 

---------------------------------------------------------------------------------------------------------------

 

Der Antrag wurde am 31.05.2011 in der 54. Sitzung des Ausschusses für Stadtplanung und Naturschutz beraten und bei einer Abstimmung mit 9 Ja-Stimmen und keiner Nein-Stimme bei 4 Enthaltungen angenommen.

 

Der Bezirksverordnetenversammlung wird die Annahme des Antrags empfohlen.

 

 

Hippe

Ausschussvorsitzender

 

---------------------------------------------------------------------------------

 

Die BVV hat in ihrer 50. Sitzung am 22.06.2011 beschlossen:

 

Verordnung
über die Veränderungssperre X – B 17 (südlich Schorlemer Allee)
im Bezirk Steglitz-Zehlendorf, Ortsteil Dahlem

 

vom      

 

Auf Grund des § 16 Abs. 1 des Baugesetzbuchs (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. September 2004 (BGBl. S. I 2414), zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 12. April 2011 (BGBl. I S. 619), in Verbindung mit § 13 Abs. 1 des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuchs in der Fassung vom 7. November 1999 (GVBl. S. 578), zuletzt geändert durch Gesetz vom 3. November 2005 (GVBl. S. 692), wird verordnet:

 

§ 1

 

Für den in der Anlage ersichtlichen Planbereich des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans X – B 17 (südlich Schorlemer Allee) im Bezirk Steglitz-Zehlendorf, Ortsteil Dahlem, tritt eine Veränderungssperre gemäß § 14 des Baugesetzbuchs ein. Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB dürfen nicht durchgeführt und bauliche Anlagen nicht beseitigt werden. Erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, dürfen nicht vorgenommen werden.

 

§ 2

 

Je ein Übersichtsplan mit den Grenzen des räumlichen Geltungsbereichs der Veränderungssperre liegt zur kostenfreien Einsichtnahme beim Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin, Abteilung Bauen, Stadtplanung und Naturschutz, Bauordnungsamt - Fachbereiche Stadtplanung und Bau- und Wohnungsaufsicht -, aus.

 

§ 3

 

Auf die Vorschriften über

 

1. die Geltendmachung und die Herbeiführung der Fälligkeit etwaiger Entschädigungsansprüche für eingetretene Vermögensnachteile durch die Veränderungssperre (§ 18 Abs. 2 Satz 2 und 3 des Baugesetzbuchs) und

 

2. das Erlöschen von Entschädigungsansprüchen bei nicht fristgemäßer Geltendmachung (§ 18 Abs. 3 des Baugesetzbuchs)

 

wird hingewiesen.

 

§ 4

 

Wer die Rechtswirksamkeit dieser Verordnung überprüfen lassen will, muss eine Verletzung von Verfahrens- oder Formvorschriften des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuchs innerhalb von zwei Jahren seit der Verkündung dieser Verordnung schriftlich gegenüber dem Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin geltend machen; der Sachverhalt, der die Verletzung begründen soll, ist darzulegen. Nach § 32 Abs. 2 des Gesetzes zur Ausführung des Baugesetzbuchs wird die Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften dieses Gesetzes nach Ablauf der in Satz 1 genannten Frist unbeachtlich. Die Beschränkung des Satzes 1 gilt nicht, wenn die für die Verkündung dieser Verordnung geltenden Vorschriften verletzt worden sind.

 

§ 5

 

Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Berlin in Kraft.

 

Berlin, den      2011

 

Begründung:

 

Das Bebauungsplanverfahren X–B 17 geht auf das Bebauungsplanverfahren X – B 4 zurück, das mit Beschluss des damaligen Bezirksamts Zehlendorf vom 6. November 1984 eingeleitet wurde. Dieses Verfahren wurde mit Beschluss des Bezirksamts vom 23. Februar 1999 in 6 eigenständige Bebauungsplanverfahren aufgeteilt, darunter auch das Verfahren X–B 17. Zuletzt wurde mit Beschluss des Bezirksamts Steglitz-Zehlendorf vom 27. Juli 2010 der Geltungsbereich des Bebauungsplanentwurfs X – B 17 reduziert. Dieser Beschluss wurde am 1. Oktober 2010 im Amtsblatt für Berlin Nr. 40 auf Seite 1629 bekannt gemacht.

 

Ziel dieses Verfahrens ist es, dem in den Villen- und Landhausgebieten bestehenden Veränderungsdruck entgegenzuwirken. Das geltende Planungsrecht bietet ohne flankierenden Schutz durch einen Bebauungsplan keine ausreichenden Möglichkeiten, den drohenden Veränderungen in ortsbildtypischen Siedlungsbereichen Einhalt zu gebieten und den Gebietscharakter zu bewahren. Insbesondere ist zu befürchten:

 

  • Abriss von Gebietscharakter prägenden Gebäuden
  • Grundstücksteilungen
  • Neubebauung ohne Rücksicht auf stadtstrukturelle und baugestalterische Eigenheiten des Gebiets (Reihenhäuser, Kettenhäuser, Geschoßwohnungsbau)
  • Verunstaltung der ursprünglichen Bebauung durch An- und Umbauten
  • Beeinträchtigung der gebietstypischen Freiflächenstruktur durch Zunahme baulicher Nebenanlagen und Verdrängung von gärtnerisch angelegten Grünflächen.

 

Der Charakter des Gebiets beruht auf der im Grundbuch fast aller Grundstücke im Plangebiet eingetragenen Dienstbarkeit (sog. „Dahlemer Last“), die u.a. folgende Baubeschränkungen vorsieht:

 

Der Eigentümer darf nicht anders bauen als unter Beachtung folgender Vorschriften:

 

h) bewohnte Gebäude dürfen abgesehen von Dach- und Kellergeschoß (Nebengeschoßen) nicht mehr als zwei Geschoße (Hauptgeschoße) erhalten. Im Dachgeschoßrfen weder Küchen hergestellt, noch Feuerherde, abgesehen von solchen in Waschküchen, aufgestellt werden. Im Kellergeschoßrfen Räume zum dauernden Aufenthalt von Menschen nur für die Dienerschaft des Eigentümers oder Mieters eingerichtet werden.

 

j) Die Gebäude müssen einen Bauwich von mindestens 4 Metern von den seitlichen Nachbargrenzen halten. Von der der hinteren Nachbargrenze müssen sie mindestens sechs Meter entfernt bleiben. (…)“

 

Diese Rechtskonstruktion hat dafür gesorgt, dass in dem Planungsgebiet einige Reihensiedlungen und im Übrigen nur Ein- und Zweifamilienhäuser entstanden sind. Dies ist bis heute ganz überwiegend der Fall. Dadurch ist ein parkähnliches großzügiges Ensemble entstanden, wie es nur noch in sehr wenigen Gegenden Berlins vorhanden ist.

 

Anders als noch zu der Zeit, in der der Charakter der Umgebung durch eine solche Dienstbarkeit gesichert werden sollte, ist es heute nicht mehr vorrangige Aufgabe der öffentlichen Verwaltung, zivilrechtliche Dienstbarkeiten durchzusetzen. Im Baugenehmigungsverfahren ist es der Baugenehmigungsbehörde durch § 71 BauO Bln i.V.m. §§ 64, 65 BauO Bln sogar verwehrt, auf privatrechtliche Vorschriften Rücksicht zu nehmen, jedenfalls ist auf Nachfrage der Antragsteller der Umgang mit privatrechtlichen Dienstbarkeiten nicht abschließend geklärt. Dies hat zur Folge, dass das Bauaufsichtsamt verpflichtet sein kann, Bauvorhaben, die dieser Dienstbarkeit widersprechen zu genehmigen und das Bezirksamt als Berechtigte dieser Dienstbarkeit dennoch zivilrechtlich gegen das Vorhaben vorgehen könnte. Will das Bezirksamt die Rechte aus der Dienstbarkeit wahrnehmen, muss es sich gegen die selbst erteilte Baugenehmigung wenden, darin sieht das Bezirksamt zu Recht ein widersprüchliches Verhalten. Es ist deshalb so zu verfahren, dass der Geist der Dienstbarkeiten in Bauplanungsrecht transformiert wird, um die zwingend erforderliche Sicherung des Gebietscharakters vorzunehmen.

 

Zusätzlicher Sicherungsbedarf durch eine Veränderungssperre

 

An sich ist der Bebauungsplan selbst ein geeignetes Mittel, um für die Zukunft nachteilige Veränderungen zu verhindern. Allerdings wird bis zur Festsetzung des Bebauungsplans noch erhebliche Zeit vergehen. Insbesondere ist im Bebauungsplanverfahren nochmals mit Rücksicht auf die Dienstbarkeit („Dahlemer Last“) zu prüfen, ob die derzeit geplanten Festsetzungen weiter verschärft werden müssen, da der derzeitige Entwurf des Bebauungsplans Geschoßwohnungsbau zulässt. Den Zielen der Dienstbarkeit wäre nur Genüge getan, wenn das Bauplanungsrecht sichert, dass nur freistehende Ein- und Zweifamilienhäuser errichtet werden dürfen. 

 

Dringender Handlungsbedarf, die Ziele der Planung durch eine Veränderungssperre zu sichern, besteht auch deshalb, weil bis zum Abschluss des Bebauungsplanverfahrens eine Reihe von Bauvorhaben verwirklicht werden sollen, die vollendete Tatsachen schaffen, insbesondere den Gebietscharakter zu verändern drohen. Es gibt in der Peter-Lenne-Str. 40 und in der Schweinfurthstr. 67 schon sehr konkrete Bauvorhaben, die Geschoßwohnungsbau vorsehen, der im Plangebiet bisher so nicht vorhanden ist, an der Peter-Lenne-Str. 40 ist dies am Randbereich des Planes zur Umgebung hin gerade noch tolerabel, im übrigen aber nicht. Es gibt mehrere Immobilien-Gesellschaften, die gezielt die Entwicklung solch zersiedelnder Projekte im Planungsgebiet anstreben.  Dadurch ergibt sich ein enormer Siedlungsdruck, der gerade auf das Plangebiet ausgeübt wird. So hat zum Beispiel ein Immobilienunternehmen R. S. am 10. Februar 2011 an alle Dahlemer Hausbesitzer eine Postwurfsendung verteilt, in der gezielt nach verkaufs- und bebauungsgeeigneten Baugrundstücken gefragt wurde. Kürzlich ist der Eigentümer des Hauses Drygalskistr. 3 verstorben, worauf sich prompt Projektentwickler gemeldet haben. Das baulich weitgehend intakte Plangebiet darf nicht Erwerbsinteressen geopfert werden.

 

Die Veränderungssperre sichert das Bebauungsplanverfahren vor der zwischenzeitlichen Schaffung vollendeter Tatsachen. Sie wird dem Bezirksamt das rechtliche Mittel an die Hand geben, um sich bei der Bearbeitung von Bauanträgen nicht in Widerspruch zur Dienstbarkeit („Dahlemer Last“) setzen zu müssen.

Die Veränderungssperre greift auch nicht unverhältnismäßig in Rechte Privater ein, denn sie verhindert nur Vorhaben, für die heute noch keine Baugenehmigung erteilt wurde, lässt also bereits entstandene Bebauungsansprüche unberührt (§ 14 Abs. 3 BauGB). Im übrigen sind im Sinne der Einheit der Rechtsordnung Vorhaben, die gegen die Dienstbarkeit verstoßen von vornherein nicht Inhalt des Eigentums der Berechtigten.

Die Veränderungssperre gilt gem. § 17 Abs. 1 BauGB grundsätzlich (sofern sie nicht verlängert wird) nur für zwei Jahre, was aber ausreichen soll und muss, die Planung geordnet und zielgerecht abzuschließen.

 

Die Gemeinden (in Berlin die Bezirke) sind gem. § 14 BauGB berechtigt, in Gebieten, in denen die Aufstellung eines Bebauungsplans beschlossen wurde, eine Veränderungssperre zu erlassen. Diese Voraussetzung ist beim Bebauungsplan-Entwurf X – B 17 ohne weiteres gegeben.

 

Die Gemeinden (bzw. Bezirke) entscheiden nach Ermessen darüber, ob und zu welchem Zeitpunkt und für welchen Teil der Planung eine Veränderungssperre erlassen wird (Battis/Krautzberger/Löhr: BauGB, 11. Aufl. 2009, Rn 11). Dieses Ermessen übt der Bezirk Steglitz-Zehlendorf hier zugunsten der Veränderungssperre aus den dargelegten Gründen aus. Nennenswerte stadtplanerische Argumente gegen den Erlass der Veränderungssperre liegen nicht vor, da das Bezirksamt durch seinen Bebauungsplan die erstrebte städtebauliche Ordnung für sinnvoll, zweck- und rechtmäßig hält. Die Beeinträchtigung der Bebaubarkeit der Grundstücke ist von den Grundstückseigentümern aufgrund der gesetzgeberischen Entscheidung in § 14 BauGB hinzunehmen, zumal diese nur für einen vergleichsweise kurzen Zeitraum von zwei Jahren eintritt und Einzelvorhaben, die dem Geiste der Dienstbarkeit nicht zuwiderlaufen, weiter genehmigt werden können.

 

Der Inhalt der Veränderungssperre entspricht § 14 Abs. 1 BauGB.

 

 

Rögner-Francke

BVVorsteher

 

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