Auszug - Bericht aus dem Bezirksamt  

 
 
1. konstituierende öffentliche Sitzung des Ausschusses für Partizipation und Integration - Videokonferenz
TOP: Ö 4
Gremium: Ausschuss für Partizipation und Integration Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 06.04.2022 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 20:10 Anlass: konstituierende Sitzung
Raum: Videokonferenz
Ort:
Zusatz: Zoom-Meeting https://us06web.zoom.us/j/84532253674?pwd=TWJidGp6VjVtaTE1STJ6bWNoam5xQT09 Meeting-ID: 845 3225 3674 Kenncode: 504162
 
Wortprotokoll

BzBm‘in Schellenberg berichtet über die aktuelle Situation im Kontext des Krieges in der Ukraine und der nach Berlin und in den Bezirk geflüchteten Menschen. Das Bezirksamt hat sehr schnell auf allen Ebenen reagiert. Es gab schon am 09.03.2022 im BVV-Saal ein Vernetzungstreffen von Organisationen und ehrenamtlichen Initiativen aus den Bereichen Geflüchtetenhilfe und Integration sowie verschiedenster Bereiche des Bezirksamtes. Auf der Webseite des Bezirksamtes gibt es eine „Sonderseite Ukraine“, maßgeblich betreut durch die Ehrenamtsbeauftragte des Bezirks. Dort können neben Informationen zur Registrierung und Beantragung von Sozialleistungen auch Angebote zu Sprachcafés oder Sprachkursen der Volkshochschule sowie Austausch- und Unterstützungsangebote für Geflüchtete und Ehrenamtliche abgerufen werden. Es gibt im Bezirk verhältnismäßig wenige Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine, die durch das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) oder das Sozialamt untergebracht werden. Viele Menschen sind privat untergekommen. Frau BzBm‘in Schellenberg würdigt die Leistung der Mitarbeitenden des Sozialamts, die mit bemerkenswertem Engagement in den ersten Wochen eine sehr große Anzahl von Menschen mit Sozialleistungen versorgt haben.

 

Die BzBm’in berichtet darüber hinaus, dass ab der folgenden Woche im Rathaus Steglitz eine zentrale Anlaufstelle für aus der Ukraine geflüchtete Menschen geschaffen wird, wo Erstanträge auf Sozialleistungen entgegengenommen werden können sowie weitergehende Information und Beratung erfolgen soll. Ungeklärt sei weiterhin, ob es langfristig Leistungen analog AsylbLG durch das Sozialamt oder SGBII durch das Jobcenter geben soll. Dies ist auf Landes- und Bundesebene aktuell noch in Klärung. Seit circa 2 Wochen gibt es die Möglichkeit, beim Landesamt für Einwanderung online einen Antrag auf Ausstellung eines Aufenthaltstitels zu stellen, wobei bei Vorliegen der notwendigen Voraussetzungen automatisch eine sogenannte Fiktionsbescheinigung ausgestellt wird. Darüber hinaus können sich aus der Ukraine geflüchtete Menschen, die eine längerfristige Unterkunft im Bezirk finden konnten (mindestens 6 Monate), beim Bürgeramt in Steglitz-Zehlendorf anmelden. Es besteht für Menschen mit Aufenthaltserlaubnis oder Fiktionsbescheinigung die Möglichkeit, an kostenfreien Integrationskursen teilzunehmen. Frau BzBm‘in Schellenberg berichtet, dass einige Willkommensklassen bereits kurz vor dem Start sind. Manche Schulen haben auch bereits Kinder aus der Ukraine aufgenommen. Hier bittet die BzBm’in dringend, die vorgeschriebenen Schuleingangsuntersuchungen durch das Gesundheitsamt vorab wahrzunehmen. Das Gesundheitsamt hat in Sammelunterkünften, wie z.B. der Markusgemeinde, bereits Impfaktionen durchgeführt.

 

Herr BzStR Richter bekräftigt die gut aufgestellte Ehrenamtsstruktur und große Unterstützung von Privatpersonen im Bezirk. Große Herausforderungen der nächsten Wochen werden aus seiner Sicht sein, Integrationsangebote für die im Bezirk neu angekommenen Menschen zu schaffen, wie bspw. Sprachkurse, ergänzende Sprach- und Betreuungsangebote für Kinder etc. Aktuell ist noch nicht bekannt, wie viele Menschen privat im Bezirk untergebracht, aber noch nicht registriert sind und welcher Unterbringungsbedarf in den nächsten Wochen und Monaten hier bestehen wird. Der BzStR wirbt dafür, bereits jetzt über diese mittel- bis längerfristigen Integrations- und Unterbringungsbedarfe nachzudenken.

 

Herr BV Krone fragt nach, wie es sich mit einer Selbstverpflichtung derjenigen verhält, die Geflüchtete aufgenommen haben, eine Unterbringung für mindestens 3 Monate zuzusichern. Frau BzBm’in Schellenberg erklärt, dass Hintergrund der für die Registrierung und Meldung im Bezirk benötigte Wohnungsgeberbestätigung von mindestens 6 Monaten ist, dass die Verteilung auch von aus der Ukraine geflüchteten Menschen aufgrund des Königsteiner Schlüssels bundesweit erfolgt, um eine Überlastung einzelner Städte wie Berlin zu vermeiden. Wer jedoch eine Unterbringungsmöglichkeit von mindestens 6 Monaten in Berlin nachweisen kann, hat eine deutlich bessere Chance, direkt nach Berlin zugewiesen zu werden. Herr BzStR Richter ergänzt, dass auch die bundesweite Verteilung so sozialverträglich wie möglich gestaltet werden soll. Strukturell und organisatorisch ist es aber für Berlin nicht leistbar, alle Menschen, die in Berlin bleiben wollen, hier angemessen und menschenwürdig unterzubringen.

 

Auf die Frage von Herrn BV Döhnert bezüglich einer leerstehenden Liegenschaft in der Thielallee, die ggf. zur Unterbringung herangezogen werden könnte, antwortet BzBm’in Schellenberg, dass es sich dabei in der Tat um eine Bundesliegenschaft, also der BImA, handelt und das Bezirksamt bereits mehrfach die Senatsverwaltung und Regierende Bürgermeisterin auf das Gebäude hingewiesen hat, bisher ohne Ergebnis.

 

Frau BD Schulze bekräftigt, dass auch in ihrer Erfahrung viele Menschen in Berlin bleiben wollen, weil die Kenntnisse über andere Städte und Orte begrenzt sind. Sie wirbt daher für Aufklärungsarbeit, dass es in Berlin bereits einen überlasteten Wohnungsmarkt gibt und daher wenige Unterbringungsmöglichkeiten bestehen und stattdessen zu informieren, wohin die Menschen in Deutschland noch weiterreisen können und was sie dort erwartet.

 

Herr BV Kromm ergänzt bezüglich der zuvor angesprochenen Selbstverpflichtung von Unterkunftsgeber*innen, mindestens 6 Monate Wohnraum zu stellen, dass dies eine freiwillige Erklärung ist, die nicht mit einer Verpflichtungserklärung gemäß § 68 AufenthG zu verwechseln ist.

 

Frau BD Schattenfroh fragt bei Herrn BzStR Richter nach, ob bezirkliche Stellen aus der Ukraine geflüchteten Menschen dazu raten, einen Antrag auf Asyl zu stellen, wie ihr durch unterschiedliche Stellen berichtet wurde. Herr BzStR Richter führt aus, dass auf Grundlage der Massenzustromrichtlinie der EU ein Aufenthaltstitel nach § 24 AufenthG ausgestellt werden kann und ein Asylantrag hierzu nicht notwendig ist. Die Sozialleistungen werden jedoch analog Asylbewerberleistungsgesetz durch die Sozialämter gewährt. Aktuell wird, wie bereits zuvor von Frau BzBm’in Schellenberg ausgeführt, auf Bundesebene geklärt, ob gegebenenfalls ein Zuständigkeitswechsel zum Jobcenter stattfinden wird, wo dann Leistungen nach SGB II gewährt würden. Ein Vorteil hierbei wäre z.B., dass ein bundesweiter Datenabgleich aller Jobcenter möglich wäre und eine Mehrfachbeantragung von Leistungen an unterschiedlichen Orten ausgeschlossen würde. Ein Nachteil dagegen wäre, dass voraussichtlich alle Menschen erneut einen Antrag auf Sozialleistungen beim Jobcenter stellen müssten.

 

Herr BV Krone hakt noch einmal bei Herrn Richter nach, ob bezirkliche Stellen dazu raten, einen Asylantrag zu stellen oder ob lediglich die Sozialleistungen nach AsylblG gewährt werden und von welcher Stelle (Bezirk, Land oder Bund) eine Neuverteilung der leistungsrechtlichen Zuständigkeiten angeregt wurde. Herr BzStR Richter erklärt, dass das Bezirksamt nicht dazu aufruft, Asylanträge zu stellen, da dies für den Erhalt eines Aufenthaltstitels für Ukrainer*innen, die ab 24.02.2022 in der EU vorstellig wurden, in der Regel nicht notwendig ist, sondern ggf. sogar nachteilig. Im Rahmen der Ausstellung eines Aufenthaltstitels nach § 24 AufenthG auf Grundlage der Massenzustromrichtlinie der EU ist beispielsweise direkt ein Zugang zum Arbeitsmarkt gegeben. Die Leistungsgewährung erfolgt aktuell in Absprache mit allen Bezirks- sowie Senatsverwaltungen und der Bundesinnenverwaltung analog den Leistungen des AsylbLG, ohne dass dafür ein Asylantrag gestellt werden muss, und analog SGB XII für die Unterkunftserbringung. Eine Neuverteilung der Zuständigkeiten ist Bestandteil einer Debatte zwischen Bund und Ländern.

 

Herr BD Josue fragt nach, ob vor dem Hintergrund der dynamischen Situation, ein regelmäßiger Austausch zwischen Bezirksamt und den im Bezirk involvierten Akteuren geplant ist. Frau BzBm’in Schellenberg antwortet, dass zum Zweck der Informationsübermittlung die Sonderseite zur Ukraine im Rahmen des Webauftrittes des Bezirksamtes eingerichtet wurde, die stetig aktualisiert wird.

 

Frau BD Schattenfroh erkundigt sich nach dem Stand der geplanten Ausschreibung des neuen Bezirksbeirates für Partizipation und Integration. Frau Lichtenauer aus dem Integrationsbüro skizziert das geplante Verfahren. Das Wahlverfahren wird angelehnt an das bereits in der vorherigen Legislaturperiode umgesetzte Verfahren sowie die entsprechenden Vorgaben des Partizipations- und Integrationsgesetzes (PartIntG). Nach der Ausschusskonstituierung soll das Wahlverfahren mit dem Ausschussvorstand im Detail abgestimmt werden. Das Auswahlgremium wird aus Vertreter*innen des Ausschusses und der Bezirksbeauftragten für Partizipation und Integration bestehen und darüber entscheiden, wer im neuen Beirat vertreten sein wird. Basis hierzu wird ein öffentlicher Aufruf zur Bewerbung im April und Mai sein. Es sollen ggf. Informationsveranstaltungen für Interessierte durchgeführt werden mit Beteiligung ehemaliger Mitglieder. Im Mai wird das Integrationsbüro die eingegangenen Anträge sichten, um eine Vorauswahl anhand der festgelegten Kriterien vorzunehmen und eine Übersichtstabelle für das Auswahlgremium erstellen. Anfang Juni soll das Auswahlgremium die Liste sichten und, abhängig von den zeitlichen Kapazitäten, eventuell Bewerbungsgespräche führen. Es wird ein Ranking der Kandidat*innen und Stellvertreter*innen erstellt werden. Ziel ist die Wahl der Beiratsmitglieder durch die BVV in der letzten Sitzung vor der Sommerpause. Frau Lichtenauer berichtet außerdem, dass vom vorherigen Beirat Empfehlungen an das Bezirksamt und die BVV erarbeitet wurden, die hoffentlich in einer nächsten Sitzung vorgestellt werden können.

 

Herr BD Josue fragt, ob es eine neue Geschäftsordnung geben wird für den Beirat. Frau Lichtenauer führt aus, dass die Frage ans BVV-Büro zur abschließenden Beantwortung weitergegeben werden muss. Frau BD Schattenfroh zitiert daraufhin § 19 Abs. 5 des PartIntG, der vorsieht, dass sich der Beirat selbst eine Geschäftsordnung gibt. Auch Frau BzBm’in Schellenberg ergänzt, dass sich Beiräte typischerweise eine neue Geschäftsordnung geben oder die vorherige bestätigen. Die Grüne-Fraktion schlägt vor, den Bezirksbeirat für Partizipation und Integration als TOP für eine der nächsten Ausschusssitzungen vorzumerken.

 

Frau BzBm’in Schellenberg berichtet abschließend, dass für die Stelle der Flüchtlingskoordination im Bezirk eine Beschäftigungsposition eingerichtet wurde. Aktuell sind die Aufgabenbeschreibung und Bewertung in Arbeit und spätestens, wenn der Landeshaushalt beschlossen ist, wird dies ins Ausschreibungsverfahren gehen. Aktuell besteht vor dem Hintergrund des Zuzugs vieler Geflüchteter aus der Ukraine ein besonderer Bedarf an der Stelle der Flüchtlingskoordination.

 
 

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