Auszug - Gedenkkonzept Pacelliallee Berichterstatterin: Sara Nachama, Gründerin und Rektorin des Touro College Berlin
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Frau Prof. Nachama, die auch Vorstandsmitglied der Jüdischen Gemeinde zu Berlin ist, führt aus, dass Pacelli „nicht immer eindeutig Stellung bezogen hat“ über das, was sich in Nazideutschland ereignet habe. Der Zentralratsvorsitzende der Juden, Josef Schuster, sehe das derzeit laufende Seligsprechungsverfahren für Papst Pius XII. (1939-1958) „kritisch“. Demgegenüber erwähnt sie auch Stimmen aus der Wissenschaft, die Pius XII. bescheinigen, er habe Juden errettet. Der Kirchenhistoriker Hubert Wolf aus Münster habe Pius zugestanden, dass dieser damals zu politischer Neutralität verpflichtet gewesen sei. Frau Nachama zufolge handle es sich bei Pius XII. um eine komplexe Persönlichkeit. Die Auseinandersetzung mit Pius sei nicht dadurch leichter geworden, dass der Vatikan „die Archive lediglich teilweise geöffnet hat“. Generell äußert sie Bedenken gegen Versuche, Straßenumbenennungen durchzuführen. Die Auswertung der vatikanischen Archive sollten aus ihrer Sicht abgewartet werden. Denjenigen, die eine Umbenennung der Pacelliallee zugunsten von Golda Meir fordern, gibt sie zu bedenken, dass diese sich positiv über Papst Pius XII. geäußert habe. Stattdessen schlägt sie Gedenktafeln und Ausstellungen vor.
BV Frau Specht-Habbel bedankt sich für die Ausführungen von Frau Nachama. Für die CDU-Fraktion dankt BV Herr Dr. Escher für die „nachdenkliche Einschätzung“. Er möchte der Idee einer „Allee des Gedenkens“ eine „Allee des Erklärens“ hinzufügen. Eine Umbenennung der Pacelliallee lehnt er ab. Für die Linksfraktion fordert BV Herr Krause hingegen eine solche Umbenennung. Dazu regt er eine Bürgerversammlung und die Behandlung des Themas im Geschichtsunterricht an. BV Frau Dr. Lehmann-Brauns (CDU-Fraktion) dankt im Namen ihrer Fraktion. In Reaktion auf Umbenennungsforderungen gibt sie zu bedenken, dass es auch keine entsprechenden Forderungen in Bezug auf Karl Marx gebe, der sich in Briefwechseln mit Engels stellenweise antisemitisch geäußert habe. BV Frau Trenczek (SPD-Fraktion) sieht „Umbenennungsbedarf oder zumindest Diskussionsbedarf“. BV Herr Berger (Grüne-Fraktion) dankt Frau Nachama.
Als Gast ist Herr Dr. Julien Reitzenstein, Historiker und Autor, in der Videokonferenz zugeschaltet. Er äußert sich über die Debatte um die Figur Eugenio Pacelli: Dessen Verhalten zwischen 1933 und 1945 werde „kontrovers“ diskutiert. Der Vorschlag einer Umbenennung der Pacelliallee sei in erster Linie aufgrund seiner Haltung gegenüber Kriegsverbrechern und der Ermordung polnischer und deutscher Priester erfolgt. Um das zu beurteilen, bedürfe es keiner Archive. Er begrüßt die Einrichtung einer Gedenkallee und den Entwurf eines Gedenkkonzepts.
An Frau Nachama gewandt, regt Frau Specht-Habbel an, das Touro College (jüdisch-amerikanische Hochschule) könne sich wissenschaftlich mit der Frage auseinandersetzen. Frau Nachama führt aus, dass sich ihr College mit Holocaust-Studien und Toleranz beschäftige. Außer der Ludwig-Maximilians-Universität in München kenne sie keine andere Universität, die Holocaust-Studien im Lehrprogramm habe. Frau Dr. Lehmann-Brauns (CDU-Fraktion) begrüßt den Vorschlag. Dies könne in Zusammenarbeit mit der FU Berlin und der Universität Münster geschehen.
In Bezug auf die TOPs 5.6 und 5.7 erklärt Frau Specht-Habbel (FDP-Fraktion), dass durch den Vortrag von Frau Nachama „neue Aspekte“ deutlich geworden seien, die nochmals in den Fraktionen diskutiert werden sollten. Sie regt eine Vertagung an.
Herr Dr. Reitzenstein stellt klar, dass er bei Umbenennungsdebatten immer zur „Behutsamkeit“ aufgerufen habe. Er habe zu geraubten jüdischen Liegenschaften in Berlin geforscht. Insbesondere die Pacelliallee sei eine der Straßen mit dem höchsten Anteil „geraubter“ Liegenschaften gewesen. Bei der Erstellung eines Gedenkkonzepts bietet er dem Ausschuss seine Expertise an.
BV Herr Krause (Linksfraktion) sieht eine gute Gelegenheit, die Bevölkerung einzubeziehen und Veranstaltungen zur Thematik durchzuführen. |
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