Auszug - Situation aus Sicht der Bezirksbehindertenbeauftragten in Bezug auf das BHTG, Frau Eileen Moritz  

 
 
14. öffentliche Sitzung des Gesundheitsausschusses
TOP: Ö 3
Gremium: Gesundheitsausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 25.10.2018 Status: öffentlich
Zeit: 17:30 - 19:20 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Rathaus Zehlendorf
 
Wortprotokoll

TOP 3 und TOP 4 werden zusammen aufgerufen und behandelt.

 

Frau Moritz berichtet den Ausschussmitgliedern von der aktuellen Situation aus Sicht der Bezirksbehindertenbeauftragten und Frau Nowka über neue Erkenntnisse zu den aktuellen Entwicklungen im Bereich des BTHG (siehe Anlage 1, Anlage 2 und 3).

Das Bundesteilhabegesetz (BHTG) wurde am 23.12.2016 verabschiedet, erste Änderungen traten 2017 in Kraft, so z.B. Regelungen zur Grenze des Vermögens (€ 25.000). Im Jahr 2018 trat der 1. Teil mit der Koordinierung der Leistung der Rehabilitationsträger in Kraft. Anfang 2020 soll der 2. Teil in Kraft treten, mit dem Auslaufen der Übergangsregelungen, dem Wegfall der Rechtsgrundlagen im SGB XII für die Eingliederungshilfe und dann die vollständige Gültigkeit des SGB IX. Im Jahr 2023: Nach einer Evaluation erfolgt nochmals die Definition des leistungsberechtigten Personenkreises. Inhaltlich soll das Bundesteilhabegesetz eine grundlegende Veränderung der Denkweise umsetzen, und zwar die Abkehr von einem pauschalen Hilfs- und Versorgungsmodell hin zu einer passenden, personenzentrierten Unterstützung, welche die Betroffenen befähigt, selbstbestimmt an der Gesellschaft teilzunehmen. Die Leistungen zur Rehabilitation und Teilhabe sollen mit Blick auf die UN-Behindertenrechtskonventionen konsequent und personenzentriert ausgerichtet werden, nicht nur als ein gut aufgebautes Leistungssystem. Stichworte dazu sind die Personenzentrierung, eine ganzheitliche Perspektive und die Orientierung ausschließlich am persönlichen Bedarf, also die „Verwirklichung von Menschenrechten durch gleichberechtigte Teilhabe am politischen, gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Leben“. Daraus folgt die Aufhebung der bisherigen Trennung im ambulanten und stationären Bereich. Die Bedarfsermittlung, gemeinsam mit den Betroffenen, wird noch deutlicher gesetzlich verankert. Das Ziel ist, die Einrichtung eines passenden Hilfepaketes. Die Organisation soll im gewohnten oder gewünschten Lebensumfeld erfolgen. Dazu wird Folgendes neu geregelt:

-          Die Gesamtplanung und Koordination der Reha-Träger wird verbindlich gesetzlich geregelt.

-          Es reicht zukünftig, nur einen Antrag zu stellen, um das gesamte Verfahren der Bedarfsermittlung in Gang zu setzen. Die früher üblichen einzelnen Anträge bei den jeweiligen verschiedenen Reha-Trägern sollen entfallen, koordiniert wird die Maßnahme durch den „leistenden Träger“.

-          Auch wird die Definition der Behinderung seit 01.01.2018 anders gefasst. Früher war diese an der Erkrankung orientiert, jetzt wird sie als eine Teilhabestörung verstanden, die aus einer Wechselwirkung zwischen einer Gesundheitsstörung und dem gesellschaftlichen Kontext entsteht. Die Beschreibung soll ICF-orientiert erfolgen, der internationalen Klassifikation der Funktionsbeeinträchtigungen.

Durch das Herauslösen der Eingliederungshilfe aus dem Sozialgesetzbuch XII in das Sozialgesetzbuch IX ist eine Umstrukturierung der Sozialämter hin zu Ämtern für Eingliederungshilfe erforderlich. Das Sozialgesetzbuch IX wird damit zu einem Leistungsgesetz. Es gibt mehrere Wortbeiträge und Nachfragen der Ausschussmitglieder.

 

Das Amt stimmt ausdrücklich der Einschätzung von Herrn BV Matz (SPD-Fraktion) zu: „In der Umsetzung des Bundesgesetzes schaffen wir wahrscheinlich jetzt neue Verwaltungsstrukturen, die auf die nächsten Jahrzehnte das Bild der Entscheidung über diese Leistung prägen werden und nirgendwo im BTHG steht drin, ob das in einem Stadtstaat wie Berlin in zwölf Teilhabeämtern oder in vier oder in einem gemacht werden muss. Grundsätzlich ist alles drei möglich. Jetzt haben wir hier die Situation, wo ein Papier auf dem Tisch liegt, in dem vier Teilhabeämter vorgeschlagen werden. Ursprünglich inklusive Jugend.“ Der Bereich Jugend ist schließlich herausgenommen worden. Es gibt da einen Widerspruch zwischen dem Wunsch zu zentralisieren und aus Gründen der Vereinheitlichung es in vier Ämtern aufzuteilen, und den von den Fallzahlen her kleineren Bereich Jugend auf jeden der zwölf Bezirke einzeln zu verteilen. Wenn die Überzeugung vorherrscht, es wäre besser in jedem Bezirk so eine Struktur zu haben, dann wäre es logisch, es auch im Bereich der Erwachsenen so zu regeln und keinen gegenläufigen Trend zu entwickeln. Nachvollziehbar ist es, eine zu starke Unterschiedlichkeit innerhalb der Bezirke von Berlin zu verhindern, damit es z.B. bei einem Umzug innerhalb von Berlin nicht zu unterschiedlichen Leistungen kommt. Dafür würde es aber reichen die Instrumente, die in den Papieren (Anlage 1 3) erwähnt werden, anzuwenden, z.B.: Zielvereinbarungen abzuschließen und eine zentrale Steuerung innerhalb Berlins zu verwirklichen. Das kann man dann aber auch in zwölf Teilhabeämtern tun.

 

Frau BV Dr. Lehmann-Brauns bringt ihr Missfallen zum Ausdruck, dass die Vertreter des Gesundheitsbereichs nicht ausreichend an den Beratungen beteiligt wurden.

 
 

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