Auszug - Sachstand HzE BE: Jugendamt
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In der Sitzung vom 23.06.2015 hat Frau Markl-Vieto kurz über ein Defizit im Bereich der Hilfen zur Erziehung in Höhe von über 1.000.000 € berichtet. Wie vereinbart erfolgt die ausführliche Berichterstattung mithilfe kurzer Berichte von verschiedenen Mitarbeiter_inne_n des Jugendamtes.
BE: Herr Weber – Leitung des Zentralen Service ( Haushalt und Personal) – Jug ZS L
Die beigefügte Tischvorlage „2015_09_22_PA_Produkte der HzE im JA.pdf“ stellt die Entwicklung der Daten aus der Kosten- und Leistungsrechnung der Jahre 2011 bis 2015 für die Produkte der Hilfen zur Erziehung dar. Nachdem die Ausgaben für Hilfen zur Erziehung über viele Jahre relativ stabil waren, sind die Ausgaben in diesem Jahr um 15 % angestiegen. Das Jugendamt rechnet für 2015 mit Ausgaben für Hilfen zur Erziehung in Höhe von 24 Mio. €. Nach Basiskorrektur der Senatsverwaltung für Finanzen wird ein Defizit in Höhe von 1,6 Mio. € erwartet.
BE: Herr Hoffmann – Jugendhilfeplaner des Jugendamtes – Jug Plan
Herr Hoffmann erläutert die beigefügte Tischvorlage „2015_09_22_PA_HzE Tischvorlage.pdf“, die sich auf die Ergebnisse der Tiefenprüfungen 2015 im Rahmen des Fach- und Finanzcontrollings der Hilfen zur Erziehung bezieht. Danach gibt es einen eindeutigen Zusammenhang zwischen stationären Hilfen und sozialstrukturellen Belastungen der Bezirksregionen. Bei den Eingliederungshilfen nach § 35a SGB VIII ist dies genau umgekehrt. Störungen der seelischen Gesundheit und Teilhabe sind demnach nicht sozialstrukturell erklärbar. Einen möglichen Zusammenhang liefert der Kinder- und Jugendgesundheitssurvey des Robert-Koch-Instituts, der darauf hinweist, dass bei einem Fünftel (20%) der Kinder und Jugendlichen im Alter von 3 bis 17 Jahren eine latente Gefährdung für psychische Auffälligkeiten besteht, siehe dazu auch: www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/Faktenblaetter/KiGGS_W1/kiggs_w1_fb_node.html. Der Anstieg der Eingliederungshilfen muss zudem mit Bezug auf die Ressourcen und Kapazitäten in Schule und Gesundheit gesehen werden.
BE: Herr Rosenthal – Regionalleiter der Region C des Jugendamtes – Jug 8000
Herr Rosenthal stellt exemplarisch einen anonymisierten realen Fall unter geändertem Namen vor, damit die Jugendhilfeausschussmitglieder nachvollziehen können, weshalb oft solch hohe Kosten anfallen. Der vorgestellte Fall verdeutlicht, was in vielen verschiedenen Schritten von den RSD Mitarbeiter_inne_n geleistet werden muss. Anfänglich steht häufig die Überlastung der Eltern im Vordergrund, woraufhin das Jugendamt Hilfen zur Entlastung einleitet. Wenn sich wie im vorgestellten Fall die notwendigen Hilfen aufgrund einer Verschlimmerung einer psychischen Erkrankung immer weiter vermehren und die erforderliche Intensität ständig wächst, explodieren auch die dafür eingesetzten Kosten, die das Jugendamt tragen muss. Fazit ist, dass wegen drohender oder bestehender Kindeswohlgefährdung die letzte Verantwortung immer beim Jugendamt liegt und sich andere Kosten- und Verantwortungsträger, wie z.B Krankenkasse und/oder Schule auf Kosten des Jugendamtes zurückziehen. Kinder und Jugendliche müssen, wenn es nötig oder deren Wunsch ist, in Obhut genommen werden. Bei besonders problematischen Fallverläufen wie bei dem vorgestellten Jugendlichen ist es ungeheuer schwer, eine passgenaue Hilfe zu finden. Kostenneutrale Standardeinrichtungen sind schnell überfordert und verlangen dann vom Jugendamt eine Verlegung. So muss eine neue, immer dann wegen des Betreuungsschlüssels teurere Unterbringung für das Kind oder den Jugendlichen gefunden werden. Wenn es dort auch nicht mehr geht, dreht sich das Karussel weiter und die Kostenspirale schießt durch die Decke. Gleichzeitig wird es für die RSD Mitarbeiter_innen immer schwieriger überhaupt noch eine Einrichtung zu finden. So summieren sich die Kosten, der Druck auf das Jugendamt steigt ständig an und dem jungen Menschen wird nicht wirklich gut geholfen, weil die häufigen Wechsel sich keineswegs positiv auf seine Erkrankung auswirken, sodass sich oft die Symptomatik verschärft. Hier fehlt es an besser ineinandergreifenden Verantwortlichkeiten aus mehreren Systemen. Das kostet zwar auch, verteilt sich aber auf unterschiedliche Bereiche und belastet nicht ausschließlich den HzE-Bereich des Jugendamtes. So könnte den jungen Menschen erstens besser durch die Zusammenarbeit von verschiedenen Expert_inn_en geholfen werden und das Jugendamt wäre nicht Ausfallbürge für ansonsten versagende Systeme.
BE: Herr Litta – Fachcontrolling und Vertragsmanagement – Jug FC
Im Hilfeplanverfahren geht es um die Umsetzung von Rechtsansprüchen leistungsberechtigter Eltern. Die Leistung erbringenden Träger der freien Jugendhilfe sind Partner im sozialrechtlichen Dreieck (Antragstellung/Antragsgewährung/Antragsumsetzung), um erzieherischem Mangel der Erziehungsberechtigten direkt entgegen zu wirken. Im Hilfeplanverfahren werden von den Fachkräften des Jugendamtes die Anspruchsvoraussetzungen zu Hilfegewährung geprüft. Die dafür geltenden Maßstäbe sind u.a. im Qualitätshandbuch des Jugendamtes Steglitz-Zehlendorf als Verfahrensanweisungen dokumentiert. Die Fachvorgesetzten stellen die Einhaltung dieser Vorgaben sicher. Insofern ist gewährleistet, dass die Ausgaben für die HzE im Bezirk sach- und fachgerecht sind. Steuerungsmöglichkeiten ergeben sich vor diesem Hintergrund nur bei der Ausgestaltung der Hilfe und bei der Vereinbarung der angebrachten Qualität, wobei das gesetzlich verankerte Wunsch und Wahlrecht der Anspruchsberechtigten berücksichtigt werden muss.
BE: Herr Gulitz – Fachreferatsleitung Familienförderung u. stellv. Jugendamtsleitung – Jug 2000
Auch minderjährige unbegleitete Flüchtlinge (umF), jetzt unbegleitete Minderjährige Ausländer (umA) verursachen Kosten im HzE-Bereich. Die Zuständigkeit richtet sich nach einer Quotenverteilung durch die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft. Diese Kinder und Jugendlichen werden von den Bezirken nach erfolgter Hilfeplanung in den Einrichtungen untergebracht, die ebenfalls aus den Transfermitteln HzE bezahlt werden. Die Kosten hierfür können zurzeit weder prognostiziert werden, noch sind sie irgendwie steuerbar, da die Anzahl dieser Zielgruppe ständig und ungleichmäßig ansteigt. Daher ist es unmöglich den damit verbundenen Kostenaufwuchs schon vorab in der HzE Planung zu beziffern. Die Präsenz des Jugendamtes Steglitz-Zehlendorf in den Medien zum Thema minderjährige unbegleitete Ausländer, führte zu einem unglaublich hohen Zulauf von Bürger_inne_n, die eine ehrenamtliche Vormundschaft oder Pflegschaft übernehmen möchten. Zurzeit gibt es zehn Pflegefamilien, die minderjährige unbegleitete Ausländer aufnehmen können. Durch diese Familien können die Kosten um ein Drittel reduziert werden.
BE: Herr Kunze – stellv. Regionalleitung A – Jug 6000 V
Herr Kunze berichtet zur Thematik des Umsteuerns des Jugendamtes vor dem Hintergrund des Haushaltsdefizits anhand des Beispiels § 20 SGB VIII, Hilfe in Notsituationen: Die Hilfe in Notsituationen gemäß § 20 SGB VIII sieht eine Leistung des Jugendamtes vor, wenn ein Elternteil aus gesundheitlichen oder anderen zwingenden Gründen zur Betreuung der im Haushalt lebenden Kinder ausfällt. Im Vorfeld dieser Leistung sind die Krankenkassen zuständig, die in den letzten Jahren ihre Statuten so verändert haben, dass i.d.R. bereits sechs Wochen nach Leistungsgewährung keine Leistung mehr gewährt wird -auch wenn noch eindeutig Bedarf besteht und es sich oftmals um chronische Erkrankungen handelt. Das Jugendamt wird somit an dieser Stelle wieder einmal zum Ausfallbürgen, weil andere Leistungsträger ihre Leistungen versagen. Dementsprechend stiegen die Ausgaben des Jugendamtes laut der Prognose für den § 20 SGB VIII im Februar des Jahres seit 2010 um 391% auf 287.990 €. Diesem eklatanten Anstieg wurde sofort im Rahmen des Fach- und Finanzcontrollings mithilfe eines detaillierten Maßnahmenplan wirksam begegnet, sodass die prognostizierten Ausgaben um etwa die Hälfte reduziert werden konnten (Stand August 2015).
BE: Frau Lehmann – Jugendamtsleitung – Jug L
Frau Lehmann nennt drei Beispiele für eine nicht kalkulierbare Kostenentwicklung:
Frau Lehmann zieht folgendes Fazit: Die Entscheidungen zur Optimierung der HzE im Bezirk brauchen eine Weile bis sie eine wirksame Entwicklung aufzeigen. Zusätzlich beeinflusst die prekäre Personalsituation die Hilfeplanung.
Des Weiteren erörtert sie, dass das Jugendamt Steglitz-Zehlendorf in Bezug auf die Vormundschaften für die unbegleiteten minderjährigen Ausländer, für die eine gesamtstädtische Zuständigkeit besteht, große Personalnot hat. Es ist gesetzlich geregelt, dass ein Amtsvormund 50 Mündel betreuen darf. Zurzeit gibt es aber wegen der Menge des Zulaufes von jungen Menschen dieser Zielgruppe eine gerichtliche Bestallung für deutlich mehr Vormünder – bei weiterhin steigender Tendenz. Nun wurden von der Senatsverwaltung für Finanzen drei neue Vormundschaftsstellen zugesprochen, die jetzt ausgeschrieben werden können. Alle Ausschreibungen sowohl für Sozialarbeiter_innen als auch für Vormünder und Verwaltungskräfte werden nicht unbedingt zum Erfolg führen, weil die bezirkliche Konkurrenz zurzeit sehr hoch ist, da andere Bezirke ebenfalls ausschreiben und die Marktlage auf diesem Feld insgesamt eingeschränkt ist. Nach Ablauf der Bewerbungsfrist können die Bewerbungsunterlagen gesichtet werden. Im Anschluss durchlaufen die Ausgewählten die Gremien, um die Stellen besetzten zu können. Deshalb kann nach Beendigung des Auswahlverfahrens bis zu sechs Monate dauern, bis die Stellen besetzt sind. Bereits Ende September werden voraussichtlich weitere Vormundschaftsstellen benötigt.
Frau Markl-Vieto sagt zum Abschluss des Tagesordnungspunktes, dass die aus dem Ruder geratenen gesellschaftlichen Schwierigkeiten und die Entwicklung in den Familien auch zu den hohen HzE Zahlen beitragen. Diese Probleme wird die Jugendhilfe nicht lösen können. Man kann und darf nicht alles beim Psychologischen Dienst und bei der Jugendhilfe abladen. Sie sind nicht in der Lage alle Probleme der Gesellschaft aufzufangen bzw. zu lösen. |
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