Auszug - Erläuterungen zur Novelle des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG) Frau Susanna Brodersen - Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der gewählten Frauenvertreterinnen in den Dienststellen des Landes Berlin  

 
 
31. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Gleichstellung und Integration
TOP: Ö 4
Gremium: Ausschuss für Gleichstellung und Integration Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 24.11.2010 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 18:25 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Rathaus Zehlendorf
 
Wortprotokoll

Die Ausschussvorsitzende begrüßt die Frauenvertreterin des Bezirksamts, Frau Brodersen, die zugleich Sprecherinder Landesarbeitsgemeinschaft der Gewählten Frauenvertreterinnen in den Dienststellen des Landes Berlin (LAG) ist, und bittet sie, die Novelle

Die Ausschussvorsitzende begrüßt die Frauenvertreterin des Bezirksamts Steglitz-Zehlendorf, Frau Brodersen, die zugleich Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft der gewählten Frauenvertreterinnen in den Dienststellen des Landes Berlin (LAG) ist, und bittet sie, die Novelle des Landesgleichstellungsgesetzes (LGG) zu erläutern. Hierzu verteilt Fr V  Frau Brodersen an die Ausschussmitglieder eine von ihr vorbereitete vergleichende Übersicht des bisherigen Landesgleichstellungsgesetzes und des novellierten Gesetzestextes.

(Anmerkung zum Protokoll: Diese Übersicht ist dem Protokoll an Anlage beigefügt. Daher wird an dieser Stelle lediglich auf die einzelnen Punkte und Paragrafen verwiesen, auf die Frau Brodersen bei ihrem Vortrag besonders hinweist.)

Einleitend berichtet Fr V  Frau Brodersen, eine ohne Ausschreibung vorgenommene Vorstandbesetzung mit einem Mann, die 2008 bei der BVG stattfand, sei Anlass für eine parlamentarische Initiative gewesen, die mit dieser Gesetzesnovelle nunmehr ihren vorläufigen Abschluss findet. Am kommenden Sonnabend, dem 27.11.2010, wird das novellierte Gesetz im Gesetz- und Verordnungsblatt des Landes Berlin veröffentlicht, und bereits am darauf folgenden Tag, dem 28.11.2010, tritt es in Kraft. Die vorgenommenen Änderungen seien sehr umfangreich und zeigen, wie viel Bedarf sich hierfür im Laufe der letzten 20 Jahre, seit das LGG im Januar 1991 in Kraft trat, angesammelt hat.

§ 1 Geltungsbereich

Der neue Text ist schärfer gefasst als der alte, da er u.a. auch die Gerichte sowie solche Betriebe der Privatwirtschaft einbezieht, bei denen das Land Berlin eine Mehrheits- oder eine Minderheitsbeteiligung hält oder erwirbt.

§ 2 Grundsatz

Der neue Text ist aktiver als der bisherige formuliert.

§ 3  Gleichstellungsverpflichtung

Neben Beschäftigten mit Leitungsfunktionen werden jetzt auch ausdrücklich (normale) Vorgesetzte genannt, die ebenfalls der Gleichstellungsverpflichtung unterliegen.

§ 4  Frauenförderplan

Der Frauenförderplan ist nunmehr eindeutig als Teil der Personalentwicklungsplanung festgelegt. Seine Nichtbeachtung kann beanstandet werden. Lediglich der Stellenpool ist nicht verpflichtet, einen Frauenförderplan zu erstellen, da er keinen Einfluss darauf hat, wer zu ihm abgeordnet wird.

§ 5  Stellen- und Funktionsausschreibungen

Der Text, der sich zuvor vor allem auf „Stellen“ bezog, ist hier immer wieder um das Wort „Funktionen“ ergänzt worden, die ebenfalls als karrierefördernd zu bewerten sind. Neu aufgenommen wurden auch die Vorstands- und Geschäftsleitungspositionen.

§ 6  Auswahlverfahren

Die alte, irreführende Formulierung, zu Vorstellungsgesprächen seien ebenso viele Männer wie Frauen einzuladen, wurde korrigiert inFrauen wie Männer“’. Entsprechendes gilt nunmehr auch für Vorstands- und Geschäftsleitungspositionen. Auch wenn Dritte (sog. Headhunter) bei der Personalfindung eingeschaltet werden, ist sicherzustellen, dass diese Regelungen Beachtung finden.

§ 7 Ausbildung

Der Zugang zu Ausbildungsplätzen muss jetzt diskriminierungsfrei gestaltet sein, d.h., es dürfen keine Voraussetzungen genannt werden, die ein Geschlecht direkt oder indirekt bevorzugen.

§ 8  Einstellungen und Beförderungen

Die Quote ist jetzt auch eindeutig für die Besetzung von Vorstands- und Geschäftsleitungsfunktionen festgeschrieben.

§ 9  Fort- und Weiterbildung

Eine wichtige Neuerung besteht in der Bestimmung von Absatz 5, dass auch Teilzeitbeschäftigten (- bei denen es sich  in der Regel um Frauen handelt –) ein Freizeitausgleich zu gewähren ist, wenn ihre Fort- und Weiterbildung außerhalb ihrer vereinbarten Arbeitszeit liegt.

§ 10  Arbeitszeit und Rahmenbedingungen

Vorrangig bei einer Neubesetzung zu berücksichtigen sind nicht länger nur solche Teilzeitbeschäftigten, deren Arbeitszeit einmal unbefristet verkürzt wurde, sondern alle unbefristeten Teilzeitkräfte. Dies ist insofern von Bedeutung, als immer mehr Stellen nur teilzeit-ausgeschrieben und teilzeit-besetzt werden.

§ 11 Beurlaubung aus familären Gründen

Der Text wurde redaktionell den realen Gegebenheiten angepasst.

§ 12  Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Der Text wurde in seinen Formulierungen dem EU-Recht angepasst.

§ 13  Frauenförderung durch öffentliche Auftragsvergabe

Die Auftragsvergabe wurde um Bauleistungen erweitert, und die Schwellenwerte wurden gesenkt. Die Vergabestellen haben außerdem die Einhaltung der Bestimmungen zu überprüfen und hierzu einen Bericht zu erstellen.

§ 14  Frauenförderung bei staatlicher Leistungsgewährung

Hier wurden die Summen festgeschrieben. Außerdem wird nunmehr geschlechtsneutral von „Leistungsempfangenden“ statt „Leistungsempfängern“ gesprochen.

§ 15  Gremien

Ähnlich wird im § 15 nicht mehr von „einem Angehörigen“ des jeweiligen Geschlechts gesprochen, sondern von einer „angehörenden Person“.

§ 16  Frauenvertreterin

Bisher gab es nur einen Wahlgang für die Frauenvertreterin und ihre Stellvertreterin, d.h., beide bewarben sich für das Amt der Frauenvertreterin und die Kandidatin mit den zweitmeisten Stimmen wurde Stellvertreterin. Jetzt gibt es zwei getrennte Wahlgänge, so dass sich auch Frauen beteiligen können, die z.B. aus Zeitgründen nur das Amt einer Stellvertreterin anstreben. Neu ist auch, dass die Dienststelle eine Frauenvertreterin bis zur nächsten Wahl delegieren kann, falls sich keine Frau für dieses Amt findet. Präzisiert wurden auch die Regeln zur Freistellung der Frauenvertreterin. Weiterhin ist die Stellvertreterin für einen Tag im Monat freizustellen, damit sie die Gelegenheit hat, sich mit der Frauenvertreterin auszutauschen. Dies soll sicherstellen, dass sie auf allen Gebieten auf dem Laufenden ist, falls sie sie einmal kurzfristig vertreten bzw. ersetzen muss.

§ 17  Aufgabe und Rechte der Frauenvertreterin

Die Frauenvertreterin ist nunmehr auch an Beurteilungen zu beteiligen. Außerdem kann sie bei personellen Maßnahmen Akteneinsicht nehmen, sofern nur eine (und nicht länger beide) der folgenden Voraussetzungen erfüllt ist: 1. Auf deren Inhalt wird bei der Begründung der Maßnahme Bezug genommen; 2. Die Einwilligung der betroffenen Beschäftigten liegt vor. Dies ist insbesondere bei Beanstandungsverfahren eine Verbesserung. Der neue Abs. 4, der sich auf die Besetzung von Vorstands- und Geschäftsleitungspositionen bezieht, ist zwar noch etwas schwächlich formuliert, aber ein erster Schritt bzgl. der Teilnahme der Frauenvertreterin.

§ 18  Beanstandungen

Bemerkenswert ist, dass die Frauenvertreterin entsprechend § 18 (5) nicht das Recht hat, die Besetzung einer Vorstands- und Geschäftleitungsposition zu beanstanden.

§ 19  Berichtspflicht

Detailliertere Darstellung der Maßnahmen, für die Berichtspflicht besteht, bes. auch bei der Besetzung von Vorstands- und Geschäftsleitungspositionen.

§ 20  Gerichtliche Verfahren

Nunmehr kann die Frauenvertreterin das Verwaltungsgericht auch dann anrufen, wenn kein oder ein nicht den Vorschriften entsprechender Frauenförderplan aufgestellt wurde, was bisher bei einigen Dienststellen des Landes Berlin durchaus vorkam.

§ 21  Verwirklichung des Gleichstellungsgebots

Neu ist, dass die Bezirksämter ausschließlich zur Verwirklichung des Gleichheitsgebots Frauen- bzw. Gleichstellungsbeauftragte bestellen. Bisher mussten diese oft auch noch andere Aufgaben wahrnehmen (z.B. Integrations- oder Gender-Angelegenheiten).

§ 22  Verwaltungsvorschriften

Der neue § 22 besagt, dass es nunmehr erstmals Verwaltungsvorschriften zur Durchführung des Landesgleichstellungsgesetzes geben wird, so dass die bisher bisweilen willkürliche Auslegung des LGG beendet wird.

Im Anschluss an ihren Vortrag beantwortet Fr V  Frau Brodersen Fragen der Ausschussmitglieder. Auf Bitten der CDU-Fraktion erläutert sie den bisweilen problematischen Freizeitausgleich im Zusammenhang mit der Fortbildung von Teilzeitkräften. Auf Nachfrage der FDP-Fraktion gibt sie Hinweise zu den Gründen, weshalb die Novelle im Abgeordnetenhaus von den Fraktionen der CDU und der FDP abgelehnt wurde. Auf Nachfrage der Fraktion GRÜNE erläutert sie, dass sich die Bezugszahlen für die Freistellung einer Frauenbeauftragten auf die Gesamtzahl der Beschäftigten und nicht nur auf den Anteil der Frauen in einem Betrieb beziehen. Schließlich müsse sie sich mit allen Vorgängen befassen, um beurteilen zu können, ob Männer und Frauen gleich behandelt werden.

 
 

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