Auszug - Vorstellung des Projektes SARAZENU (Sanierung des Gebäudekomplexes Rathaus Berlin-Zehlendorf)  

 
 
19. öffentliche Sitzung des Umweltausschusses
TOP: Ö 2
Gremium: Umweltausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Mi, 04.03.2009 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 18:35 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Rathaus Zehlendorf
 
Wortprotokoll
Abstimmungsergebnis

Der Stadtrat stellt als Gäste des Ausschusses Dr

Der Stadtrat stellt als Gäste des Ausschusses Dr. Matthias Teller vom Büro fhochx sowie den Architekten Herrn Frank Augustin vor und erläutert das Projekt Sarazenu (Sanierung des Rathauses Zehlendorf auf CO2-Neutralität). Er berichtet, das Amt habe sich in einem Workshop, der von Dr. Teller und Herrn Augustin im Auftrag der GASAG durchgeführt wurde, bei einem Modellprojekt mit den Möglichkeiten der energetischen Sanierung befasst. Hieraus habe sich anschließend das Projekt Sarazenu ergeben. Derzeit werde von der Abt. Umwelt noch die Projektmittelakquise betrieben; die Umsetzung des Projekts werde anschließend von der Bauabteilung vorgenommen.

Der Stadtrat bittet Dr. Teller und Herrn Augustin, das Projekt in einer Power Point Präsentation vorzustellen. (Anmerkung zum Protokoll: Die einzelnen Blätter dieser Präsentation sind diesem Protokoll als Anhang 1 beigefügt. Daher werden hier nur Hinweise zu den einzelnen Blättern gegeben; zu den Details: siehe dort.)

Blatt 1:

Dr. Teller erklärt einleitend, die Herausforderung dieses Projektes Sarazenu bestehe darin, im Sinne des Klimaschutzes bis zum Jahre 2015 ca. 80 Prozent der Heizenergie des Rathauses Zehlendorf einzusparen. Eine Überprüfung der Gebäudestruktur habe ergeben, dass die Bausubstanz wie auch die technische Infrastruktur in diesem Sinne stark innovations- und sanierungsbedürftig ist. Nach Beendigung des Projekts werde das Rathaus in Bezug auf die Heizenergie CO2-neutral sein und keine fossile Energie mehr verbrauchen, d.h., es leistet dann keinen Beitrag mehr zur globalen Erwärmung.

Blatt 2

Durch eine gut isolierte Gebäudehülle in Zusammenhang mit einer Abluftwärmerückgewinnung kann erreicht werden, dass das Rathaus nur noch einen Energiebedarf von 17 Watt pro Quadratmeter hat, und diese können mittlerweise durchaus auch ohne fossile Energie generiert werden. Als Wärmequellen dienen hierzu die im Haus befindlichen Menschen (60 W) und Computer (150 W), die in Summe etwa 4,6 W/m2 erzeugen. Weitere 7 W/m2 werden im Jahresmittel durch Sonnenkollektoren erzeugt. Überschüssige Solarenergie wird in einen unter dem Rathausparkplatz befindlichen Wasserspeicher geschickt, der in der Heizperiode über einen Zeitraum von 1800 Stunden Energie von 4,5 W/m2 liefert. Weiterhin nimmt eine Gaswärmepumpe (WP) aus dem Erdreich oder der Umgebungsluft Umweltwärme auf und liefert 1 bis 8 W/m2. Da die GASAG zudem zugesichert hat, dass sie ab 2010 für die Wärmepumpe Biogas zur Verfügung stellen kann, wird auch hier kein Kohlendioxyd mehr erzeugt.

Die Kosten des Projekts belaufen sich auf ca. 12 Mio Euro, die u.a. über das Förderprogramm Klimaschutzinitiative des Bundesumweltministeriums sowie das Umweltentlastungsprogramm des Landes Berlin finanziert werden sollen. Insgesamt bestehen für 80 Prozent der benötigten Mittel gute Aussichten, diese über die genannten Förderprogramme zu erhalten. Die Antragstellung stehe allerdings noch aus.

Blatt 3

Exemplarisch für das gesamte Rathaus erläutert Herr Augustin in einem Rechenbeispiel für den Bauteil B die Energiebilanz des Gebäudes in einer typischen Januar-Woche. Anhand der dargestellten Grafik stellt er dar, dass die Heizenergie größtenteils wieder über die Gebäudehülle verloren geht, da keines der Rathausgebäude eine Wärmedämmung besitzt. Während die Neubauten der Bauteile B bis E ein „riesiges Potential“ für eine Verbesserung der Wärmedämmung bieten, müssen im Bauteil A Belange des Denkmalschutzes berücksichtigt werden. Herr Augustin erläutert die Möglichkeiten, die es gibt, um den Denkmalschutz mit der energetischen Sanierung des Altbaus zu verbinden.

Blatt 4 und Blatt 5

Anhand zweier weiterer Folien erläutert Dr. Teller im Einzelnen die vorgesehenen Maßnahmen (siehe Anhang, Blatt 4 und 5). Er erklärt, bei den Bauteilen B bis E werde man Passivhausstandard erreichen; beim Altbau sei dieses aufgrund der Denkmalschutzauflagen nicht erreichbar.

Blatt 6

Dr. Teller erklärt, aufgrund der auf Folie 6 genannten Besonderheiten des Projekts sei dieses in seiner Modernität ein Leuchtturmprojekt in Berlin, von dem das Signal ausgehen werde, dass die genannten energetischen Ziele erreichbar sind. Da es sich dabei um die Modernisierung des Rathauses handelt, erwarte man von dem Projekt zudem eine große Öffentlichkeitswirkung.

Da man aufgrund aller bisherigen Erfahrungen von weiterhin steigenden Energiepreisen ausgehen könne, werde sich die Investition bei einem Preisanstieg von 6,5 Prozent in ca. 20 Jahren amortisiert haben. Begonnen werden solle das Projekt noch 2009; sein Ende sei derzeit noch nicht benennbar.

Blatt 7

Anhand der Folie „Neue Hüllen“ erläutert Herr Augustin im Einzelnen, wie die jetzige Fassade gegen eine neue ausgetauscht werden soll. In dieser Bauphase seien die dahinter gelegenen Räume nicht nutzbar. Durch ein intelligentes Handling solle vermieden werden, dass die Gebäude völlig leergezogen werden müssen.

Blatt 8

Dr. Teller erläutert den augenblicklichen Arbeitsstand anhand der Folie 8 (siehe dort) und erklärt abschließend, er erwarte, dass man nach der Sondierung der Fördermöglichkeiten in Kürze in die konkrete Antragsphase einsteigen kann. Er lädt die Mitglieder des Ausschusses ein, ihm jederzeit weitere Wünsche und Vorschläge zu dem Projekt vorzutragen.

Ergänzend zu dem Vortrag berichtet der Stadtrat, da die Fördergelder erst noch beantragt und vergeben werden müssen, seien noch keine Architektenaufträge vergeben worden. Nach EU-Vergaberecht müsse ein Auswahlverfahren durchgeführt werden. Zu den genannten Kosten von 12 Mio Euro für die energetische Sanierung des Rathauses kommen Kosten für den denkmalbedingten Mehraufwand sowie Umzugskosten und Übergangslösungen während der Bauarbeiten. Zusätzlich gewünschte weitere Maßnahmen, wie z.B. die Toilettensanierung, müssten vom Bezirk ebenfalls extra finanziert werden. Im Übrigen gehe er davon aus, dass es in diesem Jahr lediglich Planungs- und Ausschreibungs-, aber noch keine Bautätigkeiten im Rathaus geben wird.

Die Fraktion GRÜNE fragt, a) wann man bei steigenden Baukosten mit einer Amortisierung rechnet, b) ob unabhängig von den Gesamtkosten in jedem Falle Fördergelder in Höhe von 80 Prozent bereit gestellt werden, c) wo die Solarzellen angebracht werden sollen, und d) ob neben der CO2-Einsparung auch an Stromgewinnung gedacht werde.
 Um L  Dr. Ruck erklärt zu a), dass sich die Baukosten schwer prognostizieren lassen. In den letzten Jahrzehnten sei im Rathaus aufgrund fehlender Mittel aber kaum energetisch saniert worden. Daher sei das Projekt in jedem Fall eine sinnvolle Maßnahme. Dies sehen auch die Fördergeber so, die bei ihrer Bewertung vor allem die Energieeffizienz der Maßnahmen betrachten. Der Stadtrat weist zu b) darauf hin, dass die 80 Prozent einen festen Betrag bezogen auf die angenommenen 12 Mio Gesamtkosten darstellen. Diese Fördergelder seien zudem noch zu beantragen und von den Fördergebern zu bewilligen. Auf Nachfrage der CDU-Fraktion erklärt der Stadtrat, wenn die Kostensteigerung in einem gewissen Rahmen bleibt, könnte evt. eine Einigung mit dem Fördermittelgeber auf eine Nachbewilligung erzielt werden. BzStR’in Otto erklärt, sie gehe davon aus, dass die Gelder bewilligt werden, wenn nunmehr das Signal kommt, dass die Anträge gestellt werden können. Dr. Teller erläutert zu c), die Solarzellen seien auf den Flachdächern (Bauteil E: Absorberdach) und evtl. der Südfront des Bauteils D eingeplant. Zu d) erklärt er, die Möglichkeit eines Blockheizkraftwerkes sei erwogen, aber wegen dessen Überdimensioniertheit verworfen worden; zudem stünde es in Konkurrenz zur Solarwärme.

Angesichts der Tatsache, so erklärt die FDP-Fraktion, dass das Rathaus nicht seinen gesamten Strombedarf selber deckt, sondern Elektrizität von außerhalb bezieht, könne nicht ausgeschlossen werden, dass bei der Stromerzeugung Kohlendioxyd entstanden ist. Daher werde das Rathaus möglicherweise doch nicht vollkommen CO2-frei betrieben. Daher sollte zumindest im Rahmen des Möglichen eigener Strom produziert werden.

Die CDU-Fraktion weist darauf hin, dass auf Folie 2 von der jetzigen Zahl der Mitarbeiter als Wärmequellen ausgegangen wird und fragt, welche Auswirkung dies auf die Berechnung habe, wenn sich deren Zahl weiterhin verringert. Weiterhin vermutet sie, dass es größere Schwierigkeiten geben wird, das Rathaus bei laufendem Betrieb umzubauen. Dr. Teller erklärt, man sei bei der Berechnung von sehr vorsichtigen Werten ausgegangen, d.h., selbst wenn sich die Zahl der Mitarbeiter und Computer verringern sollte, werde die notwendige Wärmeleistung erreicht. Für die gebäude- bzw. frontweise geplante Sanierung sei eine „superkluge Logistik“ erforderlich, um sie bei laufendem Betrieb durchführen zu können.

Auf eine entsprechende Frage der CDU-Fraktion erklärt Dr. Teller, die fehlenden 20 Prozent an Fördermitteln könnten nicht durch KfW-Kredite ausglichen werden, da dies eine nicht erwünschte Neuverschuldung des Landes Berlin darstellen würde.

Auf eine entsprechende Frage der Fraktion GRÜNE erklärt Dr. Teller, man plane einen Wasser-Wärmespeicher. Ein thermo-chemischer Zeolith-Wärmespeicher erscheine ihm zwar vorteilhafter; hiervon gebe es allerdings erst ein relativ kleines Pilotprojekt. Auch Latentwärmespeichermaterialien erscheinen in der vorgesehenen Größenordnung als zu risikoreich, da man damit absolutes Neuland beschreiten würde.

Die SPD-Fraktion zeigt sich verwundert, dass der veranschlagte Betrag von 12 Mio Euro nicht als Investitionsmaßnahme in den Bezirkshaushaltsplänen erscheint, zumal in einem solchen Fall über die I-Planung die Elektro- und Wasserleitungen als Teil der Baumaßnahmen mit erneuert werden könnten. Sie kritisiert, dass den heute präsentierten Materialien nur wenig Konkretes hinsichtlich der Umsetzung und somit der tatsächlich entstehenden Kosten zu entnehmen sei. Im Übrigen gehe sie davon aus, dass durch die geplante energetische Sanierung des Rathauses weit höhere Kosten als die genannten 12 Mio Euro entstehen werden; diesen Betrag halte sie für „vollkommen illusorisch“. Auch die CDU-Fraktion zeigt sich verwundert, dass Kosten, die durch den Denkmalschutz entstehen, nicht bei der Ermittlung der Gesamtkosten einbezogen wurden. Der Stadtrat bestätigt, dass die Kosten, die durch den Denkmalschutz entstehen, noch nicht im Detail hätten ermittelt werden können; dies werde nunmehr geschehen. Die FDP-Fraktion befürchtet sehr hohe Kosten, die durch den Umbau bei laufendem Betrieb entstehen, zumal das Rathaus Zehlendorf nach der Aufgabe des Steglitzer Bürohochhauses bis an die Kapazitätsgrenze belegt ist.

Herr Augustin erklärt, die bisherige Kostenberechnung habe bereits sehr viel Substanz, und der Kostenrahmen müssten eingehalten werden können; nunmehr würde jedoch eine sehr genaue und nachvollziehbare Kostenermittlung für die verschiednen Gewerke vorgenommen. Der Stadtrat weist auf den Bericht des Bürgermeisters im Haushaltsausschuss hin, dem entsprechend eine Prüfung des Finanzservice ergeben habe, dass es sich nicht um eine investive, sondern um eine Maßnahme der baulichen Unterhaltung handele. Ein entsprechender Vermerk solle dem Haushaltsausschuss zur Verfügung gestellt werden. Aufgrund fehlender Mittel könne diese Maßnahme allerdings nicht im Rahmen der baulichen Unterhaltung realisiert werden. Die SPD-Fraktion wirft die Frage auf, ob die Finanzierung eines Projektes von über 12 Mio Euro über die laufende Unterhaltung nicht einen „massiven Verstoß gegen die Landeshaushaltsordnung“ darstellt.

Die FDP-Fraktion erklärt, das Projekt würde unbezahlbar, wenn, wie von der SPD-Fraktion ins Gespräch gebracht, gleichzeitig auch die Elektro- und Wasserleitungen erneuert würden.

Auf eine entsprechende Frage der CDU-Fraktion erklärt Dr. Teller, der derzeitige Energiebedarf belaufe sich auf 142 W/m2.

Auf entsprechende Fragen der Fraktion GRÜNE erklärt Dr. Teller, der 1.800 m3 große Wärmespeicher (30 x 30 x 2 m), der unter dem Parkplatz versenkt werden soll, werde durchaus die errechnete Energie liefern bzw. bei Nutzung einer Wärmepumpe noch mehr. Er verweist auf ein entsprechendes Referenzprojekt in München. PCM-Speicher seien in dieser Größenordnung nicht möglich. Eine Erdsonde wie beim Reichstag sei nicht geplant, da man hier im Sommer Wärme in das Erdreich hineinpumpen müsste. Für die von der Fraktion GRÜNE genannten Vakuumisolationspaneele gebe es zwar ein Referenzprojekt in Süddeutschland, doch sei dies eine komplizierte und sehr teure neuartige Technologie. Daher bevorzuge er andere Maßnahmen, mit denen das gleiche Ergebnis erzielt werden könne.

Auf eine Frage der FDP-Fraktion antwortet Dr. Teller, bei der Ermittlung der Amortisation sei man von den Energiepreisen des Jahres 2007 ausgegangen. Bei der angenommenen 6,5-prozentigen Steigerung der Energiepreise werde das Rathaus nach Abschluss der Amortisation eine jährliche Energieeinsparung von 880.000 Euro haben.

Die Lebenserwartung des sanierten Rathauses, so erklärt Dr. Teller abschließend, gehe weit über de Amortisationszeitraum hinaus.

Die SPD-Fraktion kritisiert, dass den Fraktionen bei diesem großen Projekt nur sehr wenig schriftliche Informationen und Unterlagen vorliegen. Der Stadtrat sagt zu, dem Protokoll der heutigen Sitzung den Power-Point-Vortrag sowie die Unterlagen, die bereits im Umweltausschuss verteilt wurden, beizufügen (Anhang 1 und 2).

Abstimmungsergebnis:

Abstimmungsergebnis:

 

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Anhang 1 Präsentation Sarazenu im Bauausschuss (1063 KB)    
Anlage 2 2 Anhang 2 - Präsentation Sarazenu im Umweltausschuss (118 KB)    
 
 

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