Auszug - Vorstellung des neuen Einkaufszentrums in der Clayallee Schwerpunkt: Wirtschaftliche Verträglichkeit und Verkehr Referenten: Herr Dr. Huth (Investor) mit Verkehrsplaner Herr Herrmann (ZMM) Herr Brückmann (IHK) Vertreter von SenStadt  

 
 
23. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr
TOP: Ö 1
Gremium: Ausschuss für Wirtschaft und Verkehr Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 07.10.2008 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 18:45 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Rathaus Zehlendorf
 
Wortprotokoll

Anhörung zum Projekt EKZ Clayallee/Berliner Straße

Herr Dr. Huth stellt sein Konzept zur Bebauung der Grundstücke an der Clayallee/Berliner Straße zwischen Commerzbank und AOK-Gebäude vor, welches den Bezirksverordneten vor Beginn der Sitzung übergeben wurde. Diese Grundstücke haben eine Größe von etwa 11.460 qm. Inhaltlich soll es aus seiner Sicht um eine Verstärkung des Kerns von Zehlendorf gehen, da das Zentrum von Zehlendorf oft als ein Stadtteilzentrum genannt wird, welches ein großes Potenzial habe. Das neue Projekt soll nach Zehlendorf passen, daher wurde eine italienische Gassenarchitektur als Vorbild für eine volksnahe, sehr lichtdurchflutete und helle Mall gewählt. Es werden zwei Konzepte vorgestellt, eines des Architekturbüros Pechthold mit einer zweigeschossigen Grundstruktur und eines des Büros Patzschke mit einer mehrgeschossigen massiveren Struktur. Es folgen weitere Varianten in verschiedener Farbgebung und Teilung. Das Konzept sieht eine Tiefgarage mit 380 Stellplätzen im zweiten Untergeschoss vor, im ersten Untergeschoss sollen Lebensmittelhändler und ein Sportwarenhändler angesiedelt werden. Es sollen pro Ebene 20 Mietflächen entstehen, bei drei Einzelebenen demnach 60 Mietflächen. Die Anlieferung soll über die Berliner Straße und die dort geplante Parkhauseinfahrt geführt werden. Im Erdgeschoss soll eine innenliegende Mall mit vier Ein- und Ausgängen entstehen. Hier soll eine starke Konzentration auf die umliegenden Straßenzüge erfolgen, der Innenbereich soll mit der Straße kommunizieren. Dies soll durch eine Ladenöffnung zur Straße ermöglicht werden. Ein entsprechender Aufenthaltscharakter soll u.a. durch Cafés entstehen. Fahrradstellplätze sollen Radfahrer anziehen, das Flanieren auf der Straße und im Inneren soll möglich sein, ein reger Austausch zwischen Draußen und Drinnen ist das Ziel. Im ersten Obergeschoss sollen Einzelhändler, im zweiten Obergeschoss auf der linken Seite ein Elektronikfachmarkt und auf der rechten Seite Büroflächen entstehen. Im Konzept des Büros Patzschke wären im dritten und vierten Obergeschoss Wohnungen vorgesehen. Herr Dr. Huth erläutert die den Mitgliedern des Ausschusses zur Verfügung gestellten Zahlen und Quanten. Unter Berücksichtigung des bestehenden Planungsrechtes wären ca. 6.000 qm Verkaufsfläche möglich. Die projektierte Verkaufsfläche betrüge laut Hr. Dr. Huth ca. 13.000 qm. Im Resultat ergäbe sich eine zusätzliche, mögliche Verkaufsfläche von insgesamt ca. 7.000 qm und damit mehr als eine Verdoppelung der bisher möglichen Verkaufsfläche. Die Verkaufsfläche insgesamt betrüge in etwa 2/3 der Verkaufsfläche des Schlosses.

Herr Herrmann von der ZMM bejaht das Entwicklungspotenzial des Areals. Er verweist auf den Wettbewerb mit den Standorten Schloßstraße und Sterncenter und betont, dass es modernerer, größerer Verkaufsflächeneinheiten bedürfe. Auch ist ein Branchenmix von Vorteil. Herr Herrmann merkt an, dass es im Hintergrund des Geländes keine Anlaufpunkte gäbe, ebenso wenig Fußgängerverkehr, so dass die städtische Anbindung zweifelhaft erscheine. Das Areal sei zu weit weg vom Zentrum, die B1 erscheine als trennendes Moment. In diesem Kontext erwähnt er, dass die Ampelschaltung an der Kreuzung suboptimal sei. Bisher gab es 19.000 qm Verkaufsfläche, inklusive der Welle nunmehr 25.000 qm. Das Zentrenkonzept sieht für Zehlendorf-Mitte eine Entwicklung bis in das Jahr 2020 von insgesamt 24.0000 qm bis 26.000 qm vor. Eine Entwicklung wie die von Herrn Dr. Huth vorgeschlagen würde das Gefüge verändern und passe nicht ins Zentrenkonzept. Er fordert daher von der Politik, sie dürfe nicht nur reagieren sondern müsse auch Angebote machen. Er kritisiert das Fehlen von Hotels, das Fehlen von Kultur, das Fehlen der funktionellen Integration des Konzepts, insgesamt würde das Projekt nicht zu einer Aufwertung des Zentrums führen. Außerdem würden die Kfz-Stellplätze die Dominanz des Areals unterstreichen. Im Fazit müsse man die Grenzen der Verkaufsflächen beachten und diese könnten mit dem EKZ-Projekt überschritten werden.

Herr Brückmann gibt zu Protokoll, dass er nicht nur für die IHK Berlin sondern auch für den Handelsverband Berlin-Brandenburg spricht. Die Stellungnahme wurde vorher abgestimmt. Herr Brückmann verweist als informelles Planungsinstrument für eine qualitative Stadtentwicklung auf den „Stadtentwicklungsplan Zentren“ aus dem Jahr 2005, der Richtgrößen und qualitative Merkmale beschreibt, die in Berlin zur Anwendung kommen sollen. Zehlendorf-Mitte sei ein besonderes Stadtzentrum mit Entwicklungsbedarf. Die Größenordnung sei jedoch im Rahmen des „Stadtentwicklungsplans Zentren“ (STEP) bereits erreicht, daher wird das Konzept skeptisch gesehen. Ein sehr stabiles kleinteiliges Gewerbe sei in Zehlendorf vorherrschend. Bei der Planung von neuen Einkaufszentren sollen diese mit den Stadtzentren vernetzt werden, wobei sich die Einkaufszentren zur Straße hin öffnen sollten. Er merkt an, dass sich das ursprüngliche Zentrum Zehlendorf bereits durch die Welle verlagert habe. Das neue Konzept würde eine Verdoppelung der Verkaufsflächen bedeuten, insgesamt seien die Größenangaben nicht schlüssig. Eine zweite Reihe als innere Erschließung müsse zudem die städtebauliche Entwicklung des Zentrums verbessern. Negative Beispiel belegen allerdings, dass die Öffnung zur Straße oftmals nicht gelinge. Es sei kein abgeschlossenes Einkaufszentrum wünschenswert und daher ginge das Konzept nicht weit genug. Ebenfalls wäre die Verkehrserschließung eine besondere Herausforderung. Weiterhin sei die Konkurrenzsituation mit Potsdam oder anderen Zentren für Zehlendorf nicht maßgeblich, da dieser Wettbewerb durch Zehlendorf nicht gewinnbar sei, vielmehr müsse eine besondere Qualität des Angebots eine Rolle spielen. Die IHK und der Handelsverband schlagen daher eine genaue, vorherige städtebauliche Untersuchung vor. Hier sollte vor allem eine Verträglichkeitsuntersuchung im Hinblick auf die Struktur des Kerns als gewachsenes Zentrum erfolgen, da Zehlendorf eine der letzten integrierten Lagen in Berlin darstelle. Untersucht werden sollte auch, welche Auswirkungen durch dieses Projekt auf andere Grundstücke im Umfeld entstehen könnten. Das Konzept zur Flächenentwicklung würde nur unterstützt werden, wenn man nachweisen könne, dass die bisherige Struktur deutlich gestärkt werden würde. Allerdings weiche das Konzept von bisherigen Standorten in Berlin ab. Daher würde sich eine Weiterverfolgung lohnen.

Herr Stäglin weist darauf hin, dass das Areal eine Aufwertung vertragen würde, die Eckpunkte einer Entwicklung wären jedoch das Wettbewerbskonzept der „Aktiven Stadtzentren“, welches eine Gesamtschau des Areals um die Dorfaue und als Einzugsgebiet den Bereich von der Zehlendorfer Welle bis zur Mühlenstraße vorsehe. Eine Stärkung des Bereichs rund ums Rathaus als Mitte Zehlendorfs sei hierfür maßgeblich. Durch das Konzept gäbe es massive Auswirkungen auf diesen Ansatz. Auch müsse die Straßenorientierung der Geschäftstätigkeit aufrecht erhalten bleiben. Eine Verlagerung sei nicht gewollt. Er stellt ebenfalls fest, dass der Zielhorizont nach dem STEP ausgeschöpft sei, aber das bezirkliche Zentrenkonzept und die vorhandenen B-Pläne auch eine Bestandsoptimierung möglich mache, bei der ca. 6700 qm nicht ausgeschöpft seien. Es stelle sich jedoch die Frage, ob zusätzliche Flächen notwendig seien. Bei der Entwicklung müsse man andere Potenziale wie die der Areale um Kaisers oder Woolworth ebenfalls betrachten. Herr Stäglin stellt heraus, dass er ein Problem mit dem Thema Innenorientierung an dieser Ecke habe und daher eine Stärkung ohne eine zweite Reihe bevorzugen würde. In der Konsequenz werde man den Vorschlag des Herrn Brückmann aufgreifen und entsprechende Untersuchungen initiieren.

Frau Loth teilt mit, dass sie ihre Aufgabe darin sehe, die Wirtschaft in Bezug auf die Ansiedlung aber auch und vor allem im Bereich der Bestandpflege zu unterstützen. Man könne nicht ausschließen, dass der Bestand gefährdet wird. Daher gilt es zunächst zu klären, wie man einerseits das Huth-Konzept unterstützen und andererseits den Bestand stärken könne.

Frau Bonaventura als angemeldete Bürgerin der Einwohnerfragestunde möchte wissen, in welchem Rahmen das Einkaufszentrum verwirklicht wird und was mit den jetzigen Mietern passieren würde. Herr Dr. Huth erklärt daraufhin, dass es beim Schloss immer eine Lösung gab, bei der die Altmieter sich immer verbessert hätten. Außerdem hätte durch das Schloss auch der Bestand der Peripherie durch höhere Umsätze profitiert.

Herr Stäglin ergänzt, dass das Projekt ein B-Planverfahren erforderlich machen würde, welches mindestens 1,5 bis 2 Jahre erfordern würde. Es ginge hauptsächlich um eine Idee zur Entwicklung des Areals und um die Diskussion, ob diese weiterverfolgt werden solle, da es bisher keinen Bauantrag gebe.

Die Fraktion der CDU sieht seit Jahren keine Attraktivitätssteigerung im Bereich des Teltower Damms und begrüßt daher eine Stärkung durch das Konzept.

Die Fraktion der Grünen stellt die Frage in den Vordergrund, wie man den Verkehrsfluss in das Parkhaus in die Planung aufnehmen könne. Hier müsse insbesondere die  Ampelschaltung verändert werden. Es wird befürchtet, dass sich das Untergeschoß zum Stiefkind entwickeln könnte ähnlich dem des ehemaligen Forum Steglitz. Nördlich der B1 gebe es kaum Bestand, daher bestehe die Hoffnung der Aufwertung durch das Konzept. Hiervon würde auch diese Seite profitieren und die Überwindung der trennenden B1, die durch die Welle bereits begonnen hat, untermauert werden.

Herr Pechthold teilt mit, dass es bis dato keine abschließende Auswertung der Verkehrsflüsse gebe, da sich das Projekt in einem sehr frühen Stadium befinde. Angedacht sei jedoch eine Einfahrt über die Berliner Straße als Rechtsabbieger, sowie von Westen kommend über eine Linksabbiegerspur am Mittelstreifen. In Bezug auf das Untergeschoss gebe es keine Bedenken, das Tageslicht durch Atrien bzw. Rondelle einfallen würde. Es gebe daher eine architektonische Erschließung des Untergeschosses.

Herr Brückmann plädiert erneut für eine Diskussion nicht über Verkaufsflächen sondern über Qualität. Außerdem seien die Erfahrungen der Schloßstraße nicht übertragbar. Wichtig sei eine Einbindung des Dorfangers, der S-Bahn und des Bestandhandels. Es müsse ein Alleinstellungsmerkmal in Zehlendorf entstehen, daher sollte man nicht das bauen, was man überall finden könne.

Die Fraktion der FDP stellt die Belange der rückwärtigen Mieter in Vordergrund, die über die Clayallee erschlossen sind und die nicht direkt mit dem Bauvorhaben zu tun haben. Diese müssen ausreichend berücksichtigt werden. Außerdem wird die Möglichkeit der Einbindung von öffentlichen Funktionen, z.B. Ämter mit Publikumsverkehr thematisiert. Wichtig seien außerdem die Aufwertung des Zentrums und eine Anbindung an den Dorfanger als Mitte des Zentrums.

Herr Pechthold teilt mit, dass die hinteren Grundstücke weiterhin angeschlossen bleiben würden. Für den ruhenden Verkehr würden Vorkehrungen getroffen werden, man könne auch über die Bereitstellung von Stellplätzen in der Tiefgarage nachdenken, auch ein öffentlicher Zweck im Konzept wäre durchaus denkbar.

Die Fraktion der SPD stellt heraus, dass die Veranstaltung im Stadtplanungsausschuss der Meinungsbildung diene. Klar sei, dass die Attraktivität des Areals gesteigert werden müsse. Es sei wünschenswert, mögliche Verkaufsflächen erst einmal auszuschöpfen. Das Projekt könne auch dazu führen, dass der Bestand ebenfalls davon profitiert. Die Gestaltung als italienische Mall sei jedoch vielleicht nicht das Ideale für Zehlendorf. Man plädiert für interessantere Lösungen und Gestaltungen.

Die Fraktion der CDU plädiert für eine historisierende Fassade, stellt jedoch hervor, dass die innere Architektur dem Eigentümer obliegt. Der Dorfanger ist Grünfläche und es soll auch so bleiben.

Herr Stäglin stellt ebenfalls heraus, dass der Dorfanger als Grünfläche nicht zur Disposition stehe und es daher keine Bebauung geben werde, die Peripherie, der Übergang zum Rathaus aber entwicklungsfähig sei.

Die Fraktion der Grünen fragt nach der Herkunft der Zahlen über die möglichen Verkaufsflächen und über die Kaufkraft. Man fände es positiv, wenn der ruhende Verkehr in das Untergeschoß verlagert werden würde.

Herr Stäglin verweist erneut auf den STEP Zentren, der die möglichen Zahlen der Verkaufsflächen vorgibt. Weiterhin teilt er mit, dass es viele Gutachten und Untersuchungen zu diesem Thema gebe und auch über Kaufkraftentwicklungen. Diese seien bei solchen Projekten Standard.

Frau Loth ergänzt, dass die organisatorische Begleitung von Standortgemeinschaften den Zweck erfüllen solle, eben diese Erhebungen insbesondere unter den Käufern und Händlern zu machen, auch mit dem Ziel, Kunden anzulocken.

Es wird betont, dass die Kaufkraft in Zehlendorf höher sei als im gesamtstädtischen Durchschnitt, jedoch in andere Regionen abgeht, da keine Zentralität vorhanden sei. Es folgt erneut ein Plädoyer für Qualität.

Herr Stäglin stellt heraus, dass bei einem normalen Einkaufszentrum kein Mehrwert entstehe. Der Bezirk habe hierbei jedoch nur begrenzte Möglichkeiten durch die Nutzung von städtebaulichen Instrumenten wie z.B. städtebauliche Verträge oder Bebauungspläne. Er habe keine Instrumente, um bestimmte Anbieter anzulocken oder zu verbieten.

Die kommenden Arbeitsschritte sollen in der nächsten Sitzung des Ausschusses vorgestellt werden.

Die Mitglieder des Ausschusses für Wirtschaft und Verkehr werden um 18.45 verabschiedet.

 
 

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