Auszug - Einführung zum Gender Budgeting in Berlin und im Bezirk Referenten: Herr Rohbeck (Koordinator für Haushaltswesen bei Sen Fin und Mitglied der Projektgruppe Gender Budgeting) Herr Kopp (Bezirksbürgermeister, Leitung Personal/Finanzen im Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf)  

 
 
2. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Gleichstellung und Integration
TOP: Ö 5
Gremium: Ausschuss für Gleichstellung und Integration Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 23.01.2007 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 18:45 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: BVV-Saal
Ort: Rathaus Zehlendorf
 
Wortprotokoll

Die Ausschussvorsitzende erklärt, den Fraktionen sei ein Papier aus dem Rat der Bürgermeister zum Gender Budgeting in den Bezi

Die Ausschussvorsitzende erklärt, den Fraktionen sei ein Papier aus dem Rat der Bürgermeister zum Gender Budgeting in den Bezirken zugeleitet worden, aus dem hervorgeht, dass die sechs bisher „gegenderten“ Produkte auf 56 erweitert wurden. Um den Ausschuss über den Hintergrund und die Bedeutung dieses Gendering zu informieren, habe sie zur heutigen Sitzung Herrn Rohbeck von der Senatsfinanzverwaltung und BzBm Kopp eingeladen.

Herr Oliver Rohbeck stellt sich als Koordinator für Haushaltswesen in der Senatsverwaltung für Finanzen und als Mitglied der Projektgruppe Gender Budgeting vor, deren Vorsitzender sein Abteilungsleiter ist. Grundlage für die Arbeit der Projektgruppe sei die Verpflichtung des Senats, Gender Mainstreaming als relevantes Politikfeld in die Senatspolitik zu übernehmen. Ausgangspunkt sei die Erkenntnis, dass jedes öffentliche Geld, das ausgeben wird, eine Geschlechtswirkung hat, indem es bestehende Verhältnisse zementiert oder verschiebt. Das Ziel sei eine größere Geschlechtergerechtigkeit im täglichen Verwaltungshandeln.

Mitglieder der Arbeitsgruppe Gender Budgeting sind Vertreter aus dem Senat und drei Bezirken (Lichtenberg, Marzahn, Tempelhof-Schöneberg), jeweils ein Vertreter der Regierungskoalition und der Opposition sowie von Nicht-Regierungsorganisationen (z.B. Initiativen für Menschenrechte, Fraueninitiativen und eine Initiative für Geschlechtergerechtigkeit). Von Letzteren komme Input aus der täglichen Praxiserfahrung. Da es sich beim Gender Budgeting um Budgetfragen handelt, liege der Vorsitz bei der Senatsfinanzverwaltung. Die Arbeitsgruppe erörtere, in welchen Verwaltungsbereichen geschlechtsspezifische Daten erhoben werden sollen und leite ihre Ergebnisse in aufbereiteter Form an die Politik und Verwaltung weiter. Dies geschehe, indem die AG einer Landeskommission berichte, die ihrerseits dem Senat Bericht erstattet.

Aufgrund der Arbeitsergebnisse der AG Gender Budgeting fließen geschlechtersensitive Aspekte in die Haushaltspolitik ein. Dies könne z.B. geschehen, indem die Produkte der Verwaltung um geschlechtsspezifische Informationen angereichert werden, die über das prozentuale Verhältnis von männlichen und weiblichen Nutzern bestimmter Dienstleistungen Auskunft geben. Für die Meisterförderung der Senatsverwaltung für Wirtschaft wurde so beispielsweise untersucht, wie viele Frauen an diesem Programm partizipieren. Ziel sei es, den politischen Entscheidungsträgern Informationen an die Hand zu geben, aufgrund derer sie ihre Entscheidungen auch unter geschlechtssensitiven Gesichtspunkten treffen können, um eine größere Geschlechtergerechtigkeit zu erreichen.

Derzeit sei die Arbeitsgruppe zwar noch in der Phase der Datenerhebung. Dennoch habe ihre Arbeit bereits dazu geführt, dass im Landeshaushaltsplan Berlin wie auch in den Bezirkshaushaltsplänen genderrelevante Daten abgebildet wurden. So seien beispielsweise in den Bezirkshaushaltplänen für 2006/2007 bereits sechs Pflichtprodukte gegendert worden (vgl. S. 10 des Vorberichts des Bezirkshaushaltsplans für Steglitz-Zehlendorf für 2006/2007 im Anhang zu diesem Protokoll). Im Laufe der weiteren Arbeit der AG seien 50 weitere Produkte hinzugekommen. Der Rat der Bürgermeister habe hierzu am 15.06.2006 beschlossen, dass die Bezirke zu diesen 56 Produkten geschlechtssensitive Daten sammeln sollen, die im Vorbericht des nächsten Haushaltsplans für 2008/2009 dargestellt werden. In einem sog. Nachschaubericht an das Abgeordnetenhaus werde die Senatsfinanzverwaltung dann dazu Stellung nehmen, in wie weit dem Gedanken des Gender Budgeting in den Bezirkshaushaltsplänen bereits Rechnung getragen wurde.

BzBm Kopp weist ebenfalls auf die im Anhang zu diesem Protokoll abgebildeten sechs Produkte im Bezirkshaushalt 2006/2007 hin und berichtet, die LUVs und Serviceeinheiten seien von der Abt. Finanzen am 24.06.2006 und nochmals am 20.10.2006 gebeten worden, für den Haushalt 2008/2009 die Analysen für die vom RdB beschlossenen 56 Produkte vorzunehmen und die Ergebnisse bis zum 30.11.2006 aufzuliefern. Wegen des damit verbundenen Arbeitsaufwandes sei diese Auflieferung allerdings noch nicht von allen Bereichen erfolgt.

Beispiele für diese Erhebungen sind im Gesundheitsbereich die Krisenintervention einschl. Unterbringung (56% weiblich, 44% männlich) oder im Wirtschaftsbereich die Ausstellung von Gewerbebescheinigungen (30% Frauen, 70% Männer). Interessant sei die Vergleichsmöglichkeit, die sich bei den Produkten ergibt, die bereits im Doppelhaushalt 2006/2007 dargestellt wurden. Während manche Erhebungen anhand der Aktenlage vorgenommen werden können, müssen andere eigens durchgeführt werden. So stellen Mitarbeiter des Gartenbauamtes bei den Kontrollen, die sie regelmäßig zur Verkehrssicherheit der Kinderspielplätze durchführen, gleichzeitig fest, wie viele Mädchen und wie viele Jungen dort zu diesem Zeitpunkt spielen. Insgesamt werde es ein mehrjähriger Prozess sein, bis genügend Informationen vorliegen, die das Setzen von Schwerpunkten, aber auch Vergleiche und die Feststellung von Entwicklungen ermöglichen. Aus den Erkenntnissen ergäben sich weiterführende Fragen, z.B. was angesichts der Tatsache zu tun sei, dass die Bibliotheken zwar zu 69% von Mädchen, aber nur zu 31% von Jungen genutzt werden.

Auf die Frage der Ausschussvorsitzenden, ob aufgrund der Datenerhebungen bei Senats- und Bezirksstellen die Erstellung eines Masterplans für Berlin möglich ist, erklärt Herr Rohbeck, derzeit erhalte man von den verschiedenen Dienststellen noch sehr uneinheitliche Angaben, so dass zunächst versucht werden müsse, diese stärker zu normieren. Derzeit sei man noch in der Nutzenanalyse (Erhebung von geschlechtsspezifischen Daten zur Nutzung von Leistungsangeboten); eine Wirkungsanalyse (der Veränderungen, die Politik und Verwaltung aufgrund der Berichte der Arbeitsgruppe vorgenommen hat) werde es erst in einer späteren zweiten Stufe geben.

Auf zwei Nachfragen der Fraktion GRÜNE erklärt BzBm Kopp, der Bezirk Steglitz-Zehlendorf sei in der Arbeitsgruppe nicht vertreten, da die drei genannten Bezirke stellvertretend für alle zwölf Berliner Bezirke daran teilnehmen. Es sei nicht geplant, die derzeit in den LUVs und SEs des Bezirksamts erhobenen Daten zu den 56 Produkten dem Ausschuss einzeln aufzuliefern, zumal noch nicht alle Bereiche ihre Angaben geliefert hätten. Vielmehr bitte er darum, den in nicht allzu langer Zeit vorzulegenden Haushaltsplanentwurf abzuwarten, in dem alle 56 Produkte dargestellt sind und auch Schwerpunkte genannt werden, die die Dezernate setzen wollen. Auf eine weitere Bitte der SPD-Fraktion sagt er zu, im Bezirksamt anzusprechen, ob ein erster Zwischenstandsbericht mit Datum vom 30.03.2006 möglich ist.

Auf eine Frage der CDU-Fraktion nach dem zusätzlichen Arbeitsaufwand und den Kosten für die Erhebungen, die die einzelnen Stellen für die Analyse der 56 Produkte vornehmen, erklärt Herr Rohbeck, die Arbeitsgruppe sei bestrebt, den bürokratischen Aufwand so gering wie möglich zu halten. Viele Daten seien durchaus bereits vorhanden, wenn auch in anderem statistischen Zusammenhang, so dass sie nur neu aufbereitet werden müssten. BzBm Kopp weist in diesem Zusammenhang auf ein Schreiben des Standesamtes hin, in dem es heißt, die gewünschten Daten zum Produkt Einbürgerungen könnten nicht nach Geschlechtern getrennt geliefert werden, da die Statistik zu den Einbürgerungen nicht geschlechtsspezifisch geführt wird. Jeder einzelne Vorgang der letzten Jahre müsste einzeln gezogen und ausgewertet werden. Dies ginge in einer nicht zu rechtfertigenden Weise zu Lasten der Bearbeitung der laufenden Vorgänge. BzStR’in Otto bestätigt für ihren Bereich den großen Arbeitsaufwand, den die Produktanalyse für ihre Mitarbeiter bedeutet und fordert deshalb, die Anforderungen der Arbeitsgruppe sollten so präzise wie möglich definiert werden.

Auf die Kritik der CDU-Fraktion, dass hier personenbezogene Daten ohne Zustimmung der Betroffenen ausgewertet würden, erklärt Herr Rohbeck, der Datenschutz werde beachtet. Die Fraktion erkundigt sich des Weiteren nach den Kosten, die diese zusätzliche Datenerfassung verursacht und fragt, ob es für diese Mehrarbeit Sonderzuweisungen für die Bezirke gibt. Darüber hinaus hält sie es für wünschenswert, dass der Bezirk innerhalb der 56 Produkte Prioritäten setzt, da manche wichtiger sind und andere wegen des damit verbunden Arbeits- und Kostenaufwandes fortfallen könnten. Herr Rohbeck erklärt, bei der Datenerhebung handele es sich um einen politischen Auftrag des Abgeordnetenhauses, dem nachzukommen sei. Im übrigen seien die 56 Produkte bereits eine extreme Auswahl und Reduktion der über 400 Produkte der Bezirke und 8.000 Titel im Berliner Haushalt . Die SPD-Fraktion erklärt, die durch die Datenerhebung geschaffene Transparenz sei notwendig, um Geschlechtergerechtigkeit herzustellen.

Auf die Frage der CDU-Fraktion, ob es Mindeststandards für die Datenerfassung gibt, um eine Vergleichbarkeit der Bezirke zu erreichen, verweist BzBm Kopp auf die sog. Mentorenrunden, in denen über die Bezirksgrenzen hinweg Vorgehensweisen besprochen und eine Vereinheitlichung  bei der Erhebung und Darstellung von Daten angestrebt wird.

Auf die Frage der FDP-Fraktion nach dem Nutzen und Ziel des ganzen Arbeitsaufwandes verweist Herr Rohbeck in einem Beispiel auf den Bezirk Lichtenberg. Nachdem dort festgestellt worden sei, dass Sportstätten vor allem von Männern genutzt werden, werde dort nun der Mädchen- und Frauensport gezielt gefördert. Dies sei eine politische Entscheidung aufgrund einer transparenten Datenaufbereitung.

Auf eine entsprechende Frage von BzStR’in Otto erklärt Herr Rohbeck, Berlin sei das einzige Bundesland, in dem in der Haupt- und Bezirksverwaltung Gender Budgeting betrieben würde. Dementsprechend groß sei das Interesse, auf das das Projekt allenthalben stößt.

 
 

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