Auszug - Vorstellung der interkulturellen Bibliotheksarbeit durch Frau Schmidt  

 
 
Presseöffentliche Sitzung des Integrationssausschusses
TOP: Ö 3
Gremium: Integrationsausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Mo, 28.01.2013 Status: öffentlich
Zeit: 16:38 - 17:55 Anlass: ord. (presseöffentlichen)
 
Wortprotokoll

 

Einleitend führt Frau Schmidt - Fachbereichsleiterin Bibliotheken - u. a. aus, dass die Stadtbibliothek Spandau im 3. Jahr interkulturelle Bibliotheksarbeit bietet. Dem Ziel der Stadtbibliothek, allen Bevölkerungsschichten Buchgruppen anzubieten, stand bisher kein adäquater Bestand gegenüber. So gab es z: B. keine türkischsprachige Zeitung. Da die finanziellen Möglichkeiten eingeschränkt sind, war es nur mit Mitteln des Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) im Rahmen des Projektes "Bibliotheken im Stadtteil" möglich, Bestände für Migrantinnen und Migranten in Spandau aufzubauen. Die Ko-Finanzierung 2011-2013 erfolgte aus dem Etat der Bezirksbibliothek.

25 % der Spandauerinnen und Spandauer haben einen Migrationshintergrund. Zunächst liegt der Schwerpunkt in der Anschaffung von Beständen für die stärksten Bevölkerungsgruppen:

1. Türkei                                          türkisch

2. ehemalige Sowjetunion              russisch

3. Polen                                          polnisch

4. arabische Länder                            arabisch

Ziel ist es, sich auf verändernde Bevölkerungszusammensetzung einzustellen und für alle Bevölkerungsschichten ein Angebot aufzubauen. In anderen Sprachen gibt es derzeit nur einzelne Angebote.

Mehrsprachigkeit ist ein Potential, so dass eine Grundlage die Förderung der Zweisprachigkeit ist. Deutsch ist eine Schlüsselqualifikation. Medien zum Spracherwerb wurden für Deutsch, aber auch andere Sprachen angeschafft.

Der Gesamtetat 2011-2013 setzt sich wie folgt zusammen:

165.000,00 Sachkosten ESF

165.000,00 Sachkosten und Personalmittel Bezirk

Es ist ein laufendes Projekt einer Anschubfinanzierung, das Aufnahme in die laufende Bestandsarbeit findet. So wurde der Flyer zum neuen Projekt "Familienzeit" selbstverständlich mehrsprachig - hier: türkisch/russisch - erstellt.

Das Ziel ist die Anschaffung eines Grundstocks an Medien in den Bereichen:

?             Ratgeber

?             Leichte Lektüre in deutscher Sprache

?             Zweisprachige Bücher

?             Medien aus den Herkunftsländern

Die Medien - sofern sie nicht nach Sachgebieten zugeordnet wurden - befinden sich in der "Bibliothek der Kulturen" im Turmzimmer des 3. OG.

Die Werbung erfolgt durch Veranstaltungen insbesondere für Kinder und Jugendliche. Träger ist das Literaturhaus LesArt. Es besteht darüber hinaus eine enge Zusammenarbeit mit Vereinen von/für Menschen mit Migrationshintergrund, Gemeinwesenvereinen und Quartiersmanagement.

Für die Umsetzung wurde auf andere Bibliotheken geschaut und die Anregungen von Bibliotheksbesuchern und Besucherinnen aufgegriffen. Aktuell besteht ein dringender Bedarf nach einer arabischen Wunschliste.

Alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nahmen an einer mehrtägigen Schulung teil, die über den Landesbeauftragten für Migration und Integration unterstützt und finanziert wurde. Derzeit gibt es noch keine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit entsprechenden Sprachkenntnissen, dies soll sich durch geeignete Auszubildende mit Migrationshintergrund hoffentlich ändern.

Die zweisprachigen Bücher werden sehr gut ausgeliehen

Frau Rhein - Leiterin der Kinder- und Jugendbibliothek - weist darauf hin, dass das Interesse der Vereine von/für Menschen mit Migrationshintergrund an den Ausstellungen und Führungen größer sein könnte.

 

Die Nachfrage des Bezv. Kessling wird von Frau Schmidt dahingehend beantwortet, dass Spandau keine Vorreiterrolle innehat, das Angebot aber auch nicht in jedem Bezirk besteht. Vorreiter waren Mitte, Neukölln, Friedrichshain-Kreuzberg und Lichtenberg. An deren Erfahrungen konnte sich die Bibliothek orientieren. In den Bezirken hapert es an Personal und Geld, so dass die Bezirke, die nicht so große Bevölkerungsanteile haben, zunächst andere Schwerpunkte setzen.

Im vorletzten Jahr wurde ein bezirksübergreifender Facharbeitskreis Interkulturelle Bibliotheksarbeit eingerichtet, da der Bedarf unübersehbar ist. Vor kurzem wurde ein Fachtag durchgeführt.

Frau Rhein ergänzt, dass es so ein großes Projekt mit Veranstaltungen sowie Schulungen des Personals eine ziemlich große, einmalige Leistung für die Bibliothek darstellt.

 

Zur Nachfrage der Bezv. Höhne erläutert Frau Schmidt, dass die Auswahl der Medien entsprechend der Bevölkerung erfolgt. So hat Lichtenberg einen Bestand an vietnamesischen Medien aufgebaut. Die Menge der Medien, die beschafft werden können, ist nicht sehr groß. Die Bestände decken nicht mal den Bedarf im Bezirk. So ist die Ausleihe über den EDV-Verbund zwar möglich, es gibt unter den Bezirken aber keine Bestandsabsprachen.

 

Bezv. Öner stellt bedauernd fest, dass dieses Projekt nicht früher anfangen konnte, als Bibliotheken noch die Brücke ins Ausland waren. Heute ist dies das Internet.

 

Zur Nachfrage des Bezv. Hehn führt Frau Mühlhoff - Leiterin der Bezirkszentralbibliothek - aus, dass sich der derzeitige Bestand von rd. 4.500 Medieneinheiten zwei Mal im Jahr umsetzt. Bei einem jungen Bestand ist dies zufriedenstellend. Die Zahlen waren 2011 und 2012 konstant.

Frau Schmidt ergänzt, dass dies den Zielgrößen entspricht. Die Ausleihzahlen für den Sachbuschbestand könnten aber größer sein.

 

Zur Frage des Bgd. Krylik erklärt Frau Schmidt, dass die Auswahl schwer ist und kein Anspruch auf Vollständigkeit besteht. Sie erfolgt durch die Kollegen und Kolleginnen, die sich auch mit den deutschen Büchern befassen. Kriterien sind:

?             Buchbestand in deutscher Sprache => Beschaffung Original

?             Reise

?             Spracherwerb

?             Kooperationen mit Buchhandlungen: Erstellung von Vorschlagslisten

?             Zentrale Einkaufsbereitstellung von Medien (deutschlandweit): Zusammenstellung von               Paketen, die nur als Ganzes eingekauft werden können.

?             gezielte Vorschläge

 

Bezv. Hotait stellt fest, dass er erstmals vom Angebot hört und fragt wie Bibliotheksnutzer und Nutzerinnen sowie Vereine angesprochen wurden und welche Strategien es diesbezüglich gibt. Hierzu führt Frau Schmidt aus, dass im Vorfeld von Frau Ducke - Migrations- und Integrationsbeauftragte - eine Liste der Verbände erstellt wurde, die alle angeschrieben und eingeladen wurden. In 2-3 Sitzungen wurde das Projekt vorgestellt und um Mitarbeit gebeten.

Es besteht eine Kooperation mit der Volkshochschule (VHS): alle Kurse "Deutsch als Fremdsprache" nehmen an einer Führung teil. 2012 wurden 14 Führungen durchgeführt. Dies verstärkt die Mundpropaganda.

Frau Mühlhoff weist darauf hin, dass es mit den bisherigen drei großen Veranstaltungen für Erwachsene keine guten Erfahrungen gab. So investierte 2011 der Freundeskreis der Stadtbibliothek Spandau e. V. Euro 1.000,00 in eine große Veranstaltung, an der 30 Besucherinnen und Besucher teilnahmen. Eine Veranstaltung in 2012 musste wegen Teilnehmermangel kurzfristig abgesagt werden. In 2013 wird nach Wegen gesucht, Anregungen werden dankbar aufgenommen.

 

Die Nachfrage des Bezv. Hotait beantwortet Frau Rhein dahingehend, dass die enge Kooperation mit Schulen und Kitas ein Schwerpunkt der Arbeit der Kinder und Jugendbibliothek ist:

?             täglich besuchen 2-3 Schulklassen und Kitagruppen die Bibliothek. Heute kam z. B.               eine Schulklasse in der 11 Sprachen gesprochen wurden.

?             es gibt ein Veranstaltungsprogramm für Schulklassen und

?             1-2 Veranstaltungen mit Eltern.

?             die Bildungswelle versucht immer wieder Elternarbeit auf die Beine zu stellen.

?             es besteht eine Kooperation mit LesArt: Buch im Zentrum/Sprach- und Leseförderung.

Die Kommunikation steht an erster Stelle. Die Stadtteilbibliotheken laden Schulklassen aus den Einzugsgebieten ein, denn es ist für Eltern nicht selbstverständlich, mit ihren Kindern durch die Stadt zu fahren.

LesArt führte ein Projekt mit Grimms Märchen - wie sie in der Türkei erzählt werden, durch, an dem sich 3 Schulklassen beteiligten. Hier docken andere Projekte an.

Veranstaltungen mit Eltern werden auch gemeinsam mit der Schule durchgeführt, z. B. der Schule am Brandwerder.

Frau Schmidt ergänzt, dass offene Veranstaltungen schwierig sind und schlecht besucht werden. Die Schulklassen werden aber auch von Eltern begleitet. Im Bereich der Veranstaltungsarbeit arbeitet die Bibliothek mit dem Berliner Zentrum für Kinder- und Jugendliteratur "LesArt" zusammen.

2013 war ein Schwerpunkt für 3. + 4. Klassen die Übersetzung ausgewählter Schriftsteller.

Mit der Kita Brauereihof besteht eine besondere Kooperation:

?             es wurde eine kleine Kita-interne Bibliothek eingerichtet.

?             Bilderbuchkino wird durchgeführt.

?             der Buchbestand wird jährlich zusammengestellt.

 

Dem Kompliment des Bezv. Kessling schließen sich alle Anwesenden an, seine Frage nach Verbindungen ins Ausland beantwortet Frau Rhein wie folgt: Mit der Biblio Zentral Ankara, gibt es zwar keine interkulturelle Zusammenarbeit. Der heutige Direktor war früher Lehrer in Spandau, anlässlich einer Reise kam es kürzlich zu Kontakten. Vom Goethe-Institut in Mailand gab es kürzlich eine Einladung.

Fr. Schmidt ergänzt, dass immer wieder Delegationen anderer Länder die Bibliothek besuchen, es besteht jedoch kein aktiver Austausch.

 

Bezv. Hotait fragt nach den Lesekenntnissen, da Kinder die Sprache zwar kennen, aber nicht lesen können. Es gibt nur wenige Sprachschulen. Können Räumlichkeiten für Sprachkurse 1x wöchentlich angeboten werden?

Hierzu erklärt Frau Schmidt, dass Sprachunterricht und Alphabetisierungskurse nicht zum Kerngebiet der Bibliothek aber der VHS gehören.

Es gibt aber Kinderbücher für die Allerkleinsten und zweisprachige Kinderbücher, mit denen sich die Begleitpersonen in der Bibliothek mit den Kindern beschäftigen können. Über räumliche Kapazitäten für Sprachkurse kann auf Anfrage Auskunft gegeben werden. In der Kinder- und Jugendbibliothek treffen sich regelmäßig eigenständige Nachhilfegruppen.

Frau Rhein ergänzt, dass Kinder durchweg sagen, dass sie zum arabisch lernen in die Moschee gehen. Sie ermuntert, dazu auch die Bibliothek zu nutzen, es ist ein guter Ort zum Lernen.

 

Bezv. Öner erklärt, dass der Bezirk vor 25 Jahren weiter war. Damals gab es 1x wöchentlich Türkisch-Unterricht in Schulen. Er fragt nach der Möglichkeit mehrsprachiger Codierungen der Medien auch in der PC-Recherche. Dies wird von Frau Rhein verneint.

Bezv. Schunke weist daraufhin, dass es technisch kein Problem sei, einen PC entsprechend einzurichten.

 

Bezv. Öner wünscht eine Informationsoffensive, um die gute Arbeit zu kommunizieren. Die Multilingualität und Selbstethnisierungstendenzen der Ursprungskultur erfolgt sprachlich nur noch per Fernsehen. Zur Frage, ob es neben türkische auch kurdische Bücher gibt antwortet Frau Schmidt, dass Hinbun, (Buch-)Spenden zugesagt hat, die bisher noch nicht eingetroffen sind. Frau Rhein ergänzt, dass es Veränderungen gibt so führt der Orientverlag einen Tag des Verlages durch.

Kompetenz: Fachkompetenz Schule

Mi - Fr.:              ½-Stundentakt Kita

Di:                             längere Termine Bilderbuchkino

 

Zur Frage von Herrn Yildirim (MIB), ob es eine Kooperation mit der Tüdesb-Schule gibt und ob Bücher von Fetullah Güllen im Bestand sind, führt Frau Rhein aus, dass keine kontinuierliche Zusammenarbeit besteht, aber Schulklassen mal zu Lesungen kommen. Am Interkulti Tag wurde der Film "Kiezläufer" vorgeführt.

Herr Yildirim (MIB) bietet die Übersetzung von Programmen an und regt eine Veranstaltung mit Yüksel Ertan zu Ahmed Arpat - Türkischer Märchenerzähler und Grafiker, Berlin an.

 

Auf Anfrage des Vorsitzenden stimmt der Ausschuss dem Rederecht für Herrn Jovic zu.

Herr Jovic (Gast/MIB) weist darauf hin, das aus dem ehemaligen Jugoslawien drei Völker mit drei Sprachen hervorgegangen sind. In Spandau leben mit 8.500 Serbinnen und Serben mehr als arabisch sprachige Migranten und Migrantinnen. Von den räumlichen Möglichkeiten habe er heute erst erfahren, für die Durchführung einer Ausstellung würden von einer Galerie Euro 1.500,00 verlangt werden.

Der Anteil von 25 % bezieht sich nur auf Migranten und Migrantinnen mit einem ausländischen Pass. Frau Schmidt erklärt hierzu, dass die Angaben sich auf die offizielle Statistik beziehen.

 

Zur Nachfrage des Bezv. Öner erläutert Frau Schmidt, dass es ein schwieriges Thema sei und grundsätzlich keine religiösen Bücher in Sprachen geführt werden, die nicht geprüft werden können. Alle diesbezüglichen Bestände sind durch Lektorate geprüft. Neu ist, dass bei Anfragen zu DVDs darauf zu achten ist, dass keine Dschihad verherrlichenden Inhalte befördert werden.

 

Die Nachfrage des Bgd. Krylik beantwortet Frau Schmidt mit der Feststellung, dass alle Spenden, auch die von Hinbun, als Spende gekennzeichnet werden.

 

Bezv. Höhne stellt die Frage in den Raum, ob die Familienbibliotheken in der Heerstraße Nord und dem Falkenhagener Feld über das Quartiersmanagement weiter hergerichtet werden können. Angesichts der Fülle von Veranstaltungen, der Elternarbeit, der Kooperation mit Kitas und Schulen und dem Angebot auch für bildungsferne Menschen, mit und ohne Deutschkenntnissen, regt sie eine Presseinformation des Vorsitzenden über die heutige Ausschusssitzung an. Nach Einspruch von Bezv. der CDU stellt der Vorsitzende fest, dass zum Vorschlag einer Pressinformation des Vorsitzenden kein Einvernehmen besteht.

 

Die Frage von Herrn Yildirim (MIB) nach der Berücksichtigung einzelner Vorschläge wird bejaht. Frau Rhein erklärt, dass bei einem Kauf für eine Grundschulbibliothek die Kinder einbezogen werden: Für einen festgelegten Etat dürfen die Kindern die Bücher aussuchen.

 

Bezv. Hotait fragt, ob eine Fortsetzung des Projektes geplant ist. Hierzu führt Frau Schmidt aus, dass es Ziel ist, die interkulturelle Bibliotheksarbeit in die laufende Arbeit zu implementieren und im Rahmen des Bibliotheksetats fremdsprachige Bücher zu kaufen. Sie weist darauf hin, dass in Schulklassen zum Teil bereits über 50 % der Schülerinnen und Schüler einen Migrationshintergrund haben.

 

Die Mitglieder des Ausschusses stimmen dem Vorschlag des Vorsitzenden zu, vor der Besichtigung zunächst den Tagesordnungspunkt Verschiedenes zu behandeln.


 
 

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