Drucksache - 2852/XX-01  

 
 
Betreff: Solarfähre
Status:öffentlichBezüglich:
2852/XX
 Ursprungaktuell
Initiator:Bezirksamt - Abt. Bauen, Bildung und Kultur 
Verfasser:Bezirksamt - Abt. Bauen, Bildung und Kultur 
Drucksache-Art: Vorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf Kenntnisnahme
12.01.2022 
4 . öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Reinickendorf mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlage/n

Sachverhalt:

Sachverhalt:

 

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

In der Erledigung des Beschlusses der Bezirksverordnetenversammlung vom 17.03.2021                 - Drucksache Nr. 2852/XX -:

 

„Dem Bezirksamt wird empfohlen, sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass eine dauerhafte solargetriebene Fährverbindung zwischen der Greenwich-Promenade und der Altstadt-Spandau, mit Zwischenhalt am Strandbad-Tegel (nach Eröffnung), eingerichtet wird.“

 

und des Beschlusses der Bezirksverordnetenversammlung vom 17.03.2021                                     - Drucksache Nr. 2872/XX -:

 

„Dem Bezirksamt wird empfohlen, sich bei den zuständigen Stellen dafür einzusetzen, dass zwischen Tegel und Spandau eine Solarfähre als Verkehrsverbindung eingesetzt wird. Zusätzlich könnte das Strandbad Tegel ab 2021 eine weitere Haltestelle sein.“

 

wird gem. § 13 BezVG berichtet:

 

Das Bezirksamt ist den Empfehlungen der Bezirksverordnetenversammlung gefolgt und hat die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK) und die an der Greenwichpromenade ankernden Reedereien um Stellungnahme gebeten.

 

Folgende Antwort seitens der BVG liegt vor:

 

„[…] Wir bieten gemäß [Nahverkehrsplan] NVP Fährverbindungen dort an, wo es über Land einen erheblichen Umweg bedeutet und es zu einer sehr großen Fahrzeitverlängerung gegenüber dem Landweg kommt.

Der Hauptstart und –zielort unserer Fahrgäste ist in diesem Fall die Fußgängerzone Alt-Tegel sowie die Einkaufsstraße Gorkistraße, wo sich die Geschäfte, Cafés und Restaurants befinden.

Ein Fußweg zur Anlegestelle von ca. zehn Minuten muss zur Fahrzeit der Fähre dazu gerechnet werden, was den vermeintlichen Fahrzeitvorteil über den Wasserweg wieder zunichtemacht.

 

Dichter an Alt-Tegel lässt es sich mit Schiffen nicht anlegen, da an den Gewässern bereits bauliche Maßnahmen im Bereich Seeterrassen erfolgten. Das Hauptzentrum Alt-Tegel ist per Bus direkt erreichbar, mit der Fähre jedoch nicht. Somit auch ist ein direkter Umstieg zu anderen BVG-Verkehrsmitteln nicht möglich und die Benutzung der Fähre außerhalb von Ausflügen somit wenig attraktiv. Diese Verbindung hätte demnach vornehmlichen Ausflugscharakter, denn wir schätzen den Anteil der Pendler nach unseren Unterlagen als eher gering ein.

Konkurrenz zu den Ausflugsfahrten der privaten Reedereien, was die BVG gemäß der Vorgaben des AT [Aufgabenträgers SenUVK] zu vermeiden hat.

Der NVP erklärt, dass Fähren „zu einer besseren Abdeckung wesentlicher Mobilitätsbedürfnisse bei[tragen müssen].“ (Seite 337) In diesem Fall ist das wesentliche Mobilitätsbedürfnis: die Überwindung der Distanz Tegel – Spandau jedoch sehr gut durch die vorhandenen ÖPNV-Achsen abgedeckt. Nicht betrachtet wurde hier von uns die Situation auf der Spandauer Seite, die als ebenfalls nicht unkompliziert einzuschätzen ist, sowie die nötige Beachtung der Barrierefreiheit und der Ausbau der Angestellten. […]“

 

Der zuständige Staatssekretär der SenUVK teilt dem Bezirksamt Folgendes mit:

 

„[…] Die von Ihnen vorgeschlagene Fahrzeit –als wesentlicher Kern der Attraktivität Ihres  Vorschlags – ist vor dem Hintergrund der geltenden und einzuhaltenden Vorgaben grundsätzlich nicht erreichbar. Die zulässigen Höchstgeschwindigkeiten gemäß Binnenschifffahrtsstraßen-Ordnung (BinSchStrO) für die Havel-Oder-Wasserstraße, zu der die vorgeschlagene Strecke gehören würde, beträgt für die eigentliche Havel nördlich von Spandau maximal 10 km/h, auf zur Bundeswasserstraße gehörenden Seen sind 12 km/h zulässig (https://www.elwis.de/DE/Schifffahrtsrecht/Binnenschifffahrtsrecht/BinSchStrO/Zweiter-Teil/Kapitel-23/23-04/23-04-node.html). Aus dem Vergleich zur Wannseefähre mit analogen Regelungen ergibt sich für die dortige knapp vier Kilometer Streckenlänge eine Fahrtzeit von etwa 20 Minuten, was in etwa einer Geschwindigkeit von 12 km/h entspricht. Die aus der gewünschten Fahrzeit errechneten und gewünschten 21 km/h aus dem Antrag der BVV sind nicht zulässig. Zwischen Tegel und Spandau gibt es zudem einige relativ schmale Abschnitte zwischen den diversen Inseln, dort sind nur 10 km/h zulässig.

 

Damit wären für die ca. 7,2 km eine realistische Fahrzeit von schätzungsweise zwischen 35 und 40 Minuten anzusetzen, mit dem Zeitverlust durch die zusätzliche Bedienung des Strandbades Tegel sogar noch mehr.

 

Aus hiesiger Erkenntnis läge zudem die wohl einzige geeignete Anlegestelle nördlich der Altstadt Spandau am Wröhmännerpark, was entweder weite Fußwege oder ein nochmaliges Umsteigen in den dort in der Nähe haltenden Bus erfordern würde. Gerade die Lage der Schiffsanleger und die zusätzlich vom Start- bzw. zum Zielort zu bewältigenden Wege führen zu einer deutlich unattraktiveren Gesamtreisezeit und zusätzlichen Umsteigezwängen, da der Großteil der potenziellen Nutzer nicht in unmittelbarer Nähe zum Schiffsanleger wohnt und der Schiffsanleger am Ende der Linie in den seltensten Fällen das Ziel sein dürfte. Daher haben insbesondere straßengebundene öffentliche Verkehre mit einer Vielzahl an Haltestellen entlang des Linienweges deutliche Vorteile, da sie sich nicht wie bei dem von Ihnen vorgeschlagenen Schiffsverkehr auf sehr wenige Haltepunkte beschränken, sondern sehr viel weitergehende Verknüpfungen ermöglichen und unterschiedlichste private und öffentliche Ziele direkt anfahren.

 

Darüber hinaus wäre aufgrund der in Alt-Tegel sehr weiten Zugangswege bis zu den Anlegern an der Greenwichpromenade eine Einbindung in das übrige ÖPNV-Netz nicht gegeben. Der ebenfalls in Ihrem Schreiben übersandten Argumentation der BVG schließe ich mich an, sie wäre folglich noch um den Aspekt zu ergänzen, dass eine Fährverbindung keinen Reisezeitvorteil bietet und nur unzureichend in das übrige ÖPNV-Netz integriert werden kann. Gegen die alle zehn Minuten bestehende Verbindung mit einmaligem Umsteigen (U6/X33) wäre die Fähre damit nicht konkurrenzfähig. […]“

 

Seitens der an der Greenwichpromenade ankernden Reedereien liegt dem Bezirksamt eine abgestimmte Antwort vor:

 

„[…] Sie merkten eine Höchstgeschwindigkeit von 21 km/h an. Auf dem Tegeler See besteht eine Höchstgeschwindigkeit von 9 km/h, die ebenfalls auf der Havel im Bereich Großer Wall gültig ist.

Ca. 3,5 km Fahrstrecke auf der Havel zu Tal (in Richtung Spandau) werden mit 12 km/h gestattet.

 

Die einzelnen Reedereien, die einen fahrplanmäßigen Linien- bzw. Ausflugsverkehr durchführen, beantragen jedes Jahr beim Wasser- und Schifffahrtsamt dafür Ausnahmegenehmigungen für die jeweiligen Streckenabschnitte zur Erhöhung der Geschwindigkeit. Diesem wird aber nur in geringem Maße stattgegeben. Um einmal das Verhältnis zu verdeutlichen, erhält man diese Ausnahmegenehmigungen hauptsächlich für seenartige Erweiterungen, bei denen 12 km/h erlaubt sind, die dann eine Erlaubnis für 15 km/h vorsehen. Diese erhalten wir im Bereich der Oberhavel lediglich für die Oder-Havel-Wasserstraße vom ehemaligen Kraftwerk Oberhavel bis auf den Nieder-Neuendorfer See. Für den gesamten Tegeler See erhält man keine Ausnahme erteilt, sodass über eine Strecke von ca. 4,5 Kilometer eine Höchstgeschwindigkeit von 9 km/h zu beachten ist. Dass es für den Tegeler See keine Sondergenehmigung gibt, ist begründet durch die Engstelle Scharfenberg sowie durch die Ufernähe der sieben Inseln.

 

Nach den bestehenden Vorschriften dauert demzufolge die Fahrt von Tegel nach Spandau ohne Zwischenstopp ca. 50 Minuten. Realistisch wären 60 Minuten mit Anlegemanöver am Strandbad Tegel und in Spandau, dann befindet man sich aber erst am Hafenplatz in Spandau am Wröhmännerpark. Wenn man bis zur Altstadt Spandau möchte, muss man noch die Schleuse Spandau passieren, sodass bis zum Spandau/Lindenufer noch einmal 25 Minuten hinzuzurechnen sind, dafür können 10 Minuten abgezogen werden für das entfallende Anlegen am Wröhmännerpark.

 

Die von Ihnen angesprochenen Solarfähren, die bereits im Bezirk Treptow-Köpenick unterwegs sind z.B. die F12 von Wendenschloss nach Grünau haben eine Fahrstrecke von ca. 260 m und die F22 von Schmöckwitz nach Krampenburg ca. 650 m ebenfalls nur in eine Richtung betrachtet und sind mit einer Geschwindigkeit von ca. 6,5 km/h im Einsatz und deren maximale Geschwindigkeit beträgt ca. 9 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit für den Dauereinsatz bedeutet aber, dass der Solarstrom nicht ausreicht und die Fähren zwischendurch an die Steckdose müssen, was aufgrund der Kürze der Fahrstrecke dort kein Problem ist. Im Übrigen befördern diese Schiffe maximal 49 Personen (F12) und 35 (F22).

 

Zu unserer Flotte gehört seit letztem Jahr ein Solarkatamaran für ca. 120 Passagiere, der mit 10 km/h fährt und dessen maximale Geschwindigkeit 16 km/h beträgt. Bei Ausnutzung der Höchstgeschwindigkeit ist der Betrieb nicht ohne regelmäßige Zuladung zwischendurch möglich.

 

Des Weiteren müssen Fahrgäste erst einmal den Fußweg ca. 600 m vom U-Bahnhof Tegel zur Greenwichpromenade auf sich nehmen, in der Altstadt Spandau ist der zusätzlich erforderliche Fußweg erheblich kürzer und am Wröhmännerpark ist dieser auch weiter.

 

Die von Ihnen angesprochene schlechte ÖPNV-Verbindung von Tegel nach Spandau können wir nicht nachvollziehen. Laut BVG-App und aus eigenen Erfahrungen ist die schnellste Verbindung von Tegel nach Spandau mit nur einem Umstieg möglich, mit der U6 zwei Stationen bis U Holzhauser Straße und dann mit dem Schnellbus X33 bis S+U Rathaus Spandau – Fahrtdauer 35 Minuten. Dieser Bus verkehrt im Berufsverkehr mindestens alle zehn Minuten, die U-Bahn alle 5. Ein BVG-Bus hat ein Fassungsvermögen für ca. 100 Personen (Doppeldeckbus oder Schubgelenkbus).

 

Damit auch das nun wieder eröffnete Strandbad Tegel wieder verkehrstechnisch angebunden wird, ist es aus unserer Sicht unerlässlich wenigstens zu den Sommerferien mit einer extra BVG-Autobuslinie ab U Alt-Tegel zu bedienen oder die vorhandene Autobuslinie 222 eine Schleife über das Strandbad Tegel fahren zu lassen. In Wannsee fährt während der Sommerferien eine extra eingerichtete Omnibuslinie 312 vom S Nikolassee zum Strandbad Wannsee.

 

Im Übrigen hat die Stern und Kreisschiffahrt schon seit geraumer Zeit und zwar schon ein paar Jahre vor der Schließung des Standbades während ihrer Oberhavelseenrundfahrten die Möglichkeit angeboten, Besucher des Strandbades und auch nach der Schließung für Besucher des nahegelegenen Arbeiterstrandes bis zu unserem Anleger Tegelort/Lindenbaum zu befördern. Die Fahrt dorthin dauert ca. 20 Minuten und von dort läuft man ca. 8 Minuten zum Strandbad. Der Fahrpreis für Erwachsene richtete sich immer nach dem ÖPNV-Tarif AB – z. Zt. € 3,00.

Natürlich ist das nicht mit einem ÖPNV-Ticket möglich, aber wir haben uns mit dem Fahrpreis für diesen kurzen Streckenabschnitt immer daran orientiert.

Derzeit sind die Abfahrtszeiten von Di – So 13:00 + 15:45 Uhr und zusätzlich Sa/So 10:30 Uhr ab Tegel/Greenwichpromenade.

Diese Möglichkeit haben [Vertreter] aus unserem Hause […] mit dem damaligen Bezirksstadtrat […] vereinbart und ist unsererseits nicht widerrufen worden.

 

Für die Überlegung einer Fährverbindung zwischen Tegel und Spandau benötigt man mindestens drei bis vier Fahrzeuge. Für diese lange Fahrstrecke im Längsverkehr sind größere Schiffe erforderlich, die eine nautische Besatzung mit zwei Personen voraussetzen. Die bereits angesprochenen in Treptow-Köpenick eingesetzten kleineren Solarfähren im Querverkehr bedingen auch durch die geringen, zulässigen Passagierzahlen (35 Passagiere auf längerer Strecke) nur einen nautischen Mitarbeiter. Ein wirtschaftlicher Betrieb ist aus unseren Erfahrungen nicht realisierbar und muss defizitär sein. Die Realisierung würde erhebliche Subventionen nicht nur für den Bau der Schiffe, sondern auch für deren Betrieb voraussetzen. Der Betrieb während der Winterzeit ist bedingt durch mangelnde Sonnenenergie ebenfalls kritisch und man muss ja auch mit Eisgang rechnen. Scheinbar ist die gesamte Problematik auch den Berliner Verkehrsbetrieben bewusst.

 

Sollte es zu solch einer Fährverbindung einmal kommen, die im ÖPNV eingebunden ist oder dass ein subventionierter Fährbetrieb durchgeführt wird, dann lohnt es sich für die drei noch in Tegel ansässigen Reedereien auch nicht mehr, einen Teil der bisher noch angebotenen Ausflugsverkehre aufrecht zu erhalten. Zwei Saisons mit einer geschlossenen Schleuse Plötzensee, eine Saison mit einer geschlossenen Schleuse Spandau, beides aufgrund von Personalmangel und eine weitere Saison mit einer defekten Schleuse Spandau und nachdem diese Probleme nun endlich gelöst und fast beseitigt wurden, haben wir im unmittelbaren Anschluss die Problematik der Pandemie und das nun schon im zweiten Jahr.

 

Wir hoffen, dass wir Ihnen aus Sicht der Branche einen Überblick zu der Problematik der Einrichtung einer Fährverbindung geben konnten. […]“

 

Wir bitten, die Drucksachen Nr. 2852/XX und 2872/XX damit als erledigt zu betrachten.

 

 

 

Frank Balzer       Katrin Schultze-Berndt

Bezirksbürgermeister      Bezirksstadträtin

 

Anlage/n:

 

Stammbaum:
2852/XX   Solarfähre   BVV-Büro   Empfehlung per Dringlichkeit
2852/XX-01   Solarfähre   Bezirksamt - Abt. Bauen, Bildung und Kultur   Vorlage zur Kenntnisnahme
 
 

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