Auszug - Informationsgespräch zur forensisch-psychiatrischen Ambulanz  

 
 
22. öffentliche Sitzung des Sozialausschusses gemeinsam mit dem Gesundheitsausschuss
TOP: Ö 1.1
Gremium: Sozialausschuss Beschlussart: zur Kenntnis genommen
Datum: Di, 08.03.2005 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:25 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: BVV-Saal Rathaus Reinickendorf (Zi. 337, Altbau),
Ort: Eichborndamm 215 (Eingang: Antonyplatz 1), 13437 Berlin
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Frau BzBm’in Wanjura geht in ihren Ausführungen auf die Berichterstattung zur Einrichtung der forensisch-psychiatrischen Ambulanz auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Tegel (JVA Tegel) ein, die ab 01

Frau BzBm’in Wanjura geht in ihren Ausführungen auf die Berichterstattung zur Einrichtung der forensisch-psychiatrischen Ambulanz auf dem Gelände der Justizvollzugsanstalt Tegel (JVA Tegel) ein, die ab 01.04.2005 ihre Arbeit aufnimmt. Sie legt ihre Ansicht zum Verfahren der Standortsuche dar und berichtet über das Veto des Bezirkes hinsichtlich der geplanten Einrichtung der Ambulanz auf dem Gelände der ehemaligen Karl-Bonhoeffer-Nevenklinik (KBoN). Des Weiteren spricht Frau BzBm’in Wanjura in diesem Zusammenhang das Ausschreibungsverfahren und die Suche nach einem freien Träger für die Ambulanz an. Anschließend geht sie auf die Überbelegung der JVA Tegel (zurzeit 1.683 Insassen) und die Institution des offenen Vollzuges ein. Frau BzBm’in Wanjura erklärt, dass der Bezirk Reinickendorf einen hohen Anteil an Reintegration leistet und bittet die Entscheidungsträger der Senatsverwaltungen für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz sowie für Justiz um eine erneute Überprüfung des Entschlusses hinsichtlich der Wahl des Standortes JVA Tegel.

 

Herr Käber bittet die Zuschauer, von Beifalls- bzw. Missfallensäußerungen Abstand zu nehmen und begrüßt anschließend den Staatssekretär für Justiz, Herrn Flügge, sowie den Leitenden Psychiatriekoordinator des Landes Berlin, Herrn Beuscher.

 

Herr H.-J. Schmidt führt aus, dass der Bezirk Reinickendorf bereits ein hohes Maß an Resozialisierung für ehemalige Straftäter leistet und spricht sich daher für eine andere Lage der forensisch-psychiatrischen Ambulanz bzw. für eine Aufsplittung des Standortes aus.

 

Herr Flügge äußert Verständnis für die Reaktionen der Menschen im Bezug auf die Einrichtung der Ambulanz. Er weist darauf hin, dass die Zahlen hinsichtlich der Sexualstrafdelikte seit den fünfziger Jahren rückläufig sind und der Bundestag im Jahr 1998 eine Novelle zum Strafgesetzbuch (StGB) zur Verschärfung der Gesetze zur Ahndung solcher Straftaten beschlossen hat. Er teilt des Weiteren mit, dass eine vorzeitige Strafentlassung nur mittels eines ausführlichen externen Gutachtens in Frage kommt. Die Zahlen der vorzeitigen Entlassungen sind zudem ebenfalls rückläufig. Zur Entwicklung von Therapiemaßnahmen wurde eine Arbeitsgemeinschaft (AG) gegründet, die eine Konzeption zur Nachbetreuung der Patienten entwickelt hat. Herr Flügge legt den Ausschussmitgliedern ausführlich das Verfahren der therapeutischen Betreuung für vorzeitig entlassene bzw. regulär entlassene Straftäter dar. Hinsichtlich der Standortsuche sei ein umfangreicher Schriftverkehr mit Frau BzBm’in Wanjura erfolgt, der die Entscheidung bezüglich des Standortes am 19.08.2004 zur Kenntnis gegeben wurde. Anschließend führt Herr Flügge aus, dass eine Aufteilung des Standortes aufgrund der geringen Größe nicht möglich sei, da in der Ambulanz nur sieben Mitarbeiter tätig sein sowie vierzig Patienten zur Therapie kommen werden. Bei der Entscheidung für einen Standort war zudem die Kostenfrage zu berücksichtigen. Der Vorteil des Standortes JVA Tegel liegt darin, dass der Bereich um eine Justizvollzugsanstalt herum durch die verstärkte Polizeipräsenz relativ ungefährlich ist. Es ist erwiesen, dass in diesem Gebiet die wenigsten Straftaten passieren. Des Weiteren befindet sich im Umfeld der JVA Tegel weder ein dicht besiedeltes Wohngebiet noch eine Kindertagesstätte oder eine Schule.

 

Herr Käber bittet erneut um Ruhe unter den Zuschauern.

 

Herr Flügge teilt weiterhin mit, dass sich die Personen, die die Angebote der forensisch-psychiatirschen Ambulanz in Anspruch nehmen, ohnehin in Freiheit befinden. Die Rückfallstatistiken sagen aus, dass 85 % der Sexualstraftäter, deren Taten bereits geahndet wurden, nicht mehr rückfällig werden. Ca. 50 % der Sexualstraftaten ereignen sich im nahen sozialen Umfeld. Die Besorgnisse der Bevölkerung im Zusammenhang mit der Eirichtung der Ambulanz werden sehr ernst genommen. Daher erklärt sich Herr Flügge bereit, bei Bedarf Diskussionen in Kindertagesstätten und Schulen anzubieten.

 

Anschließend berichtet Herr Beuscher über eine Fachtagung, auf der ebenfalls verdeutlicht wurde, dass die Zahl der Sexualstraftaten kontinuierlich sinkt. Die Verweildauer der Patienten des Maßregelvollzuges hat sich verlängert und vorzeitige Entlassungen erfolgen nur nach gründlicher Prüfung. Das von den Senatsverwaltungen für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz sowie für Justiz entwickelte Konzept zur verbesserten Betreuung von entlassenen Straftätern ist über die Berliner Grenzen hinaus anerkannt. In der Ausschreibung wurde die Kompetenz für einen eventuellen Träger sehr hoch angesetzt. Nachdem kein geeigneter Träger gefunden werden konnte, wird die Ambulanz von den Sozialen Diensten der Justiz geführt. Der Bezirk Reinickendorf wurde über das gesamte Verfahren im Psychiatriebeirat stets aktuell informiert. Herr Beuscher weist darauf hin, dass das oberste Ziel der Ambulanz die Verhinderung von Rückfällen ist. Dies soll durch die intensive therapeutische Begleitung und die hochkarätige Personalbesetzung der Einrichtung gewährleistet werden.

 

Herr Haberkorn äußert Zweifel an der Wahl des Standortes und führt dabei u. a. die Infrastruktur der Umgebung als Merkmal an. Des Weiteren schildert er seine Enttäuschung hinsichtlich der Entscheidungskriterien zur Standortwahl und spricht die von Herrn Flügge genannten Kostengesichtspunkte an. Anschließend geht er auf das Konzept und die Ausschreibung zur Ambulanz ein.

 

Frau Junker begrüßt die Schaffung der forensisch-psychiatrischen Ambulanz und sieht durch deren Einrichtung keine weiteren Belastungen auf den Bezirk zukommen.

 

Herr Steffel berichtet über massive Proteste der Tegeler Büger gegen die Einrichtung der Ambulanz auf dem Gelände der JVA Tegel und begründet dies.

 

Herr Käber äußert seine Ansicht zur Schaffung der Einrichtung am gewählten Standort und bittet alle Beteiligten um eine sachliche Diskussion.

 

Anschließend erfolgt eine ausführliche Diskussion aller Ausschussmitglieder.

 

Herr Flügge geht auf die Auflagen für vorzeitig entlassenen Straftäter ein und führt aus, dass regulär entlassenen Straftäter unter Führungsaufsicht stehen. Des Weiteren geht er auf die Pflichten der Senatsverwaltungen für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz sowie für Justiz bei der Standortwahl ein. Die Ergebnisse der Ambulanz werden von den Senatsverwaltungen überwacht.

 

Frau BzBm’in Wanjura berichtet über die erfolgreiche Reinickendorfer Gesundheitspolitik und geht in diesem Zusammenhang auf die Enthospitalisierung Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik ein. Weiterhin spricht sie sich dafür aus, die Stigmatisierung der Patienten der forensisch-psychiatrischen Ambulanz zu verhindern und fragt nach dem Betreuungskonzept für diesen Personenkreis.

 

Im Anschluss daran erfolgt eine erneute detaillierte Diskussion aller Ausschussmitglieder, in der weitere Nachfragen umfassend von Herrn Flügge und Herrn Beuscher beantwortet werden.

 

Frau Anthoff (Leitende Psychologin im Krankenhaus des Maßregelvollzugs) berichtet über ihre Mitarbeit in der Arbeitsgemeinschaft zur Entwicklung einer inhaltlichen Konzeption für die forensisch-psychiatrische Ambulanz und legt die Eckpunkte des Konzeptes ausführlich dar. Sie geht hierbei vergleichend auf ähnliche Einrichtungen im Bundesgebiet und die dort erzielten Erfolge ein. In der Einrichtung werden vier Ärzte und Psychologen, ein Leiter sowie vier Verwaltungskräfte tätig sein, die sich um insgesamt höchstens vierzig Patienten kümmern werden. Die Durchführung von Einzel- und gruppentherapeutischen Programmen ist beabsichtigt.

 

Nachfragen der Ausschussmitglieder beantwortet Frau Anthoff detailliert.

 

Frau Dr. Guth geht auf eine Bestandsaufnahme der sozialtherapeutischen Anstalt ein, die in den nächsten zwei Jahren die Entlassung von höchstens vierzig Patienten vorsieht.

 

Herr Flügge berichtet aufgrund von Nachfragen über die Kosten der forensisch-psychiatrischen Ambulanz, die sich auf ca. 450.000,00 € belaufen werden. Die Mittel werden durch Einsparungen aus dem Justizvollzug und dem Gesundheitsbereich der Sentasverwaltungen erbracht.

 

Herr Käber bedankt sich bei den Herren Flügge und Beuscher für die ausführlichen Darstellungen.

 

Anschließend unterbricht Herr Käber um 19.20 Uhr die Sitzung, um das weitere Verfahren mit den Fraktionsvertretern und der Referentin, Frau Lichtenberg, abzustimmen.

 

Herr Käber führt aus, dass die nächste Sitzung des Gesundheitsausschusses gemeinsam mit dem Sozialausschuss am 12.04.2005 stattfindet, damit die Tagesordnung der heutigen Sitzung abgearbeitet werden kann. Er entschuldigt sich im Namen aller Ausschussmitglieder bei Frau Lichtenberg, da der Tagesordnungspunkt, zu dem sie eingeladen wurde, nicht in der heutigen Sitzung aufgerufen werden konnte.

 


 


 

 
 

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