Drucksache - VIII-1452  

 
 
Betreff: Abschied nehmen zulassen! - Trauerfeiern bei Sozialbestattungen ermöglichen!
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:LinksfraktionBezirksamt
   
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme § 13 BezVG /SB
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin
24.03.2021 
40. ordentliche digitale Tagung der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin überwiesen   
Ausschuss für Schule, Sport und Gesundheit federführender Ausschuss
28.04.2021 
Digitale Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Schule, Sport und Gesundheit vertagt   
19.05.2021 
Digitale Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Schule, Sport und Gesundheit mit Änderungen im Ausschuss beschlossen     
Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin
16.06.2021 
42. ordentliche digitale Tagung der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin
29.09.2021 
44. ordentliche Tagung der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlagen:
Antrag Linke 40. BVV am 24.03.2021
Beschlussempfehlung SchuSpG 42. BVV am 16.06.21
VzK§13BezVG BA, SB 44. BVV am 29.09.2021

siehe Anlage


Bezirksamt Pankow von Berlin

.09.2021

An die
Bezirksverordnetenversammlung

In Erledigung der Drucksache-Nr.:
VIII- 1452/2021

Vorlage zur Kenntnisnahme für die Bezirksverordnetenversammlung gemäß § 13 BezVG

Schlussbericht

Abschied nehmen lassen! - Trauerfeiern bei Sozialbestattungen ermöglichen!

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

In Erledigung des in der 42. Sitzung am 16.06.2021 beschlossenen Ersuchens der Bezirksverordnetenversammlung Drucksache Nr.: VIII-1452/2021

Das Bezirksamt Pankow wird ersucht, in Zusammenarbeit mit Religionsgemeinschaften- und Sozialverbänden bei sogenannten Sozialbestattungen nach § 74 SGB XII und nach § 16 Absatz 3 Bestattungsgesetz Trauerfeiern unentgeltlich anzubieten und sich auf allen zuständigen Ebenen dafür einzusetzen.“

wird gemäß § 13 Bezirksverwaltungsgesetz berichtet:

Das Ersuchen bezieht sich auf 2 verschiedene Rechtskreise, die sich auch in unterschiedlichen Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten im Bezirksamt befinden. Es ist zu unterscheiden zwischen Sozialbestattungen und ordnungsbehördlichen Bestattungen.

Bei Sozialbestattungen werden die erforderlichen Kosten einer Bestattung vom Träger der Sozialhilfe übernommen, soweit den hierzu Verpflichteten nicht zugemutet werden kann, die Kosten zu tragen (§ 74 SGB XII). Die zur Kostentragung verpflichteten Personen sollen durch die Übernahme der Kosten in die Lage versetzt werden, eine schlichte aber würdevolle Bestattung der verstorbenen Person in Erfüllung der Bestattungspflicht in Auftrag zu geben oder im Übrigen zu bezahlen, weil der Nachlass oder andere durch den Tod zugeflossene Mittel nicht ausreichen und ihnen selbst die Kostentragung nicht oder nicht in voller Höhe zuzumuten ist. Die Pauschale für Bestattungskosten nach § 74 SGB XII wurde mit Rundschreiben Soz. Nr. 04/2021 vom 01.02.2021 auf 1.570 € (ohne Friedhofsgebühren und Krematoriumskosten) festgesetzt. Dies schließt die Trauerfeier (Vortrag der Trauerrede und musikalische Begleitung an der Orgel) mit ein.

Die öffentlich-rechtliche Bestattungspflicht ist in § 16 BestattG Berlin und den Ausführungsvorschriften über ordnungsbehördliche Bestattungen nach § 16 Abs. 3 des Bestattungsgesetzes (AV-Ord-Bestattung) geregelt. Grundsätzlich ist die bestattungspflichtige Person nach § 16 BestattG von der bestattungskostenpflichtigen Person im Sinne des § 74 SGB XII zu trennen. Bestattungspflichtige nach den Bestattungsgesetzen können aber gleichzeitig Kostenpflichtige sein.

Bei ordnungsbehördlichen Bestattungen haben die Bezirksämter auf Kosten des Bestattungspflichtigen für die Bestattung einer Leiche zu sorgen, wenn Bestattungspflichtige nach § 16 Abs. 1 des Bestattungsgesetzes nicht vorhanden oder nicht zu ermitteln sind oder sie ihrer Pflicht nicht oder nicht rechtzeitig nachkommen und kein anderer die Bestattung veranlasst (§ 16 Abs. 3 des Bestattungsgesetzes) und der Sterbeort im Land Berlin liegt. Bestattungspflichtige sind folgende Personen (vgl. § 16 Abs. 1 des Bestattungsgesetzes):

-       der Ehegatte oder der Lebenspartner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft,

-       die volljährigen Kinder,

-       die Eltern,

-       die volljährigen Geschwister,

-       die volljährigen Enkelkinder,

-       die Großeltern.

Da aus Gründen des Gesundheitsschutzes und der Pietät eine zeitnahe Bestattung erforderlich ist, sind die Ermittlungen der Bestattungspflichtigen nur in dem Umfang durchzuführen, in dem diese eine konkrete Aussicht auf Erfolg versprechen. Bei erfolgreicher Ermittlung sind die Bestattungspflichtigen auf ihre Bestattungspflicht nach § 16 Abs. 1 des Bestattungsgesetzes einschließlich der möglichen Kostenfolge des § 16 Abs. 3 des Bestattungsgesetzes und auf die Möglichkeit einer Antragstellung auf Kostenübernahme durch den Sozialhilfeträger nach § 74 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch hinzuweisen sowie unter angemessener Fristsetzung aufzufordern, die Bestattung zu veranlassen. Ein Zeitraum von sieben Tagen wird in der Regel als angemessene Frist angesehen, unabhängig davon, ob eine Kostenübernahme des Trägers der Sozialhilfe infrage kommt. Haben die Ermittlungen des Bezirksamtes nach Absatz 1 keinen Erfolg oder kommen die benachrichtigten Bestattungspflichtigen ihrer Bestattungspflicht nicht innerhalb der gesetzlichen Frist nach und sorgt auch kein anderer für die Bestattung, so hat das Bezirksamt die Bestattung zu veranlassen und ein Bestattungsunternehmen mit der Durchführung der Bestattung zu beauftragen. Das Bezirksamt legt die Bestattungsart (Erd- oder Feuerbestattung) nach pflichtgemäßem Ermessen und nach Maßgabe folgender Grundsätze fest:

-       schriftliche Willensäerungen des Verstorbenen sind zu berücksichtigen,

-       Willenserklärungen von Angehörigen können berücksichtigt werden,

-       religiöse oder weltanschauliche Gründe in der Person des Verstorbenen, die einer Feuerbestattung entgegenstehen, sind zu berücksichtigen,

-       Leichen, deren Identität nicht bekannt ist, dürfen nicht feuerbestattet werden.

Die Erteilung des Bestattungsauftrages auf der Grundlage des § 16 Abs. 3 des Bestattungsgesetzes begründet einen Erstattungsanspruch des Bezirksamtes gegenüber dem Bestattungspflichtigen, der diesem gegenüber durch Verwaltungsakt geltend zu machen ist.

hrend Sozialbestattungen durch Bestattungspflichtige beauftragt werden, erfolgt die Beauftragung für ordnungsbehördliche Bestattungen durch das Gesundheitsamt. Gerade im Bereich der ordnungsbehördlichen Bestattungen finden oft keine Trauerfeiern in Gegenwart von Angehörigen oder sonst der verstorbenen Person nahestehenden Personen statt.

Aus diesem Grund besteht vielfach der Wunsch, für diesen Personenkreis gesonderte Trauerfeiern durchzuführen. Das Thema wurde bereits im Jahr 2019 durch den Evangelischen Kirchenkreis Nordost an das Bezirksamt Pankow herangetragen. Das Bezirksamt hat deshalb entsprechende Gespräche mit dem Kirchenkreis in der Absicht geführt, für anonym Bestattete den Rahmen für eine würdige Trauerfeier zu finden.

Im Hinblick auf die Umsetzung wurden deshalb durch das Bezirksamt bereits sich ergebene Fragen identifiziert. Das Bezirksamt hat sich dazu schon den Berliner Datenschutzbeauftragten gewandt. Dieser sieht den postmortalen Persönlichkeitsschutz nicht unerheblich berührt. So sei von den Verstorbenen oft nicht bekannt, ob und wenn ja welcher Religionsgemeinschaft sie angehört hätten. Die Religionszugehörigkeit und religiös-weltanschauliche Überzeugung eines Menschen gehöre zum Kern des Persönlichkeitsrechts und bedürfe insoweit eines postmortalen Schutzes. Daher könne nicht ausgeschlossen werden, dass durch die Übermittlung der Daten an eine Religionsgemeinschaft sogar gegen den Willen der Betroffenen eine Andacht durchgeführt werde. Darüber hinaus äert die Berliner Datenschutzbeauftragte, dass die Regelung des § 203 Strafgesetzbuch (StGB) der Übermittlung der Namen der verstorbenen Personen entgegenstehe, denn die handelnden Personen im Gesundheitsamt unterlägen der ärztlichen Schweigepflicht. Diese Pflicht zur Geheimhaltung gelte gemäß § 203 Abs. 5 StGB wiederum ausdrücklich über den Tod der betroffenen Person hinaus. Einer Übermittlung der Daten von Verstorbenen an Religionsgemeinschaften und Sozialverbände stünden damit durchgreifende rechtliche Bedenken entgegen.

Die Frage wurde deshalb auch im Kreis der bezirklichen Datenschutzbeauftragten thematisiert. Anders als die Berliner Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit haben diese keine Einwände gegen die Weitergabe der Daten der Betroffenen an Religionsgemeinschaften und Sozialverbände. Der Schutz der Menschenwürde gem. Art. 1 GG gelte nach herrschender Meinung auch für das Andenken Verstorbener. Dieser allgemeine Achtungsanspruch werde jedoch durch eine Trauerfeier mit öffentlicher Namensverlesung nicht verletzt. Dem Bezirksamt ist auch bekannt, dass in verschiedenen Bezirken derartige Trauerfeiern bereits durchgeführt wurden.

Aufgrund der Covid-19-Pandemie konnten die Gespräche mit dem Kirchenkreis nach 2019 vorerst nicht fortgesetzt werden. Zumal auch die Klärung der datenschutzrechtlichen Fragen eine gewisse Zeit in Anspruch genommen hat. Aktuell ist aufgrund der anhaltenden Arbeitsüberlastung des Gesundheitsamtes durch die Bewältigung der Covid-19-Pandemie eine Organisation derartiger Trauerfeiern durch das Bezirksamt nicht möglich. Auch der Fachbereich Ordnungsbehördliche Bestattung ist von der Überlastungssituation stark betroffen. Sobald ein Ende der aktuellen Pandemiesituation absehbar ist, plant das Bezirksamt, trotz der o.g. datenschutzrechtlichen Bedenken gegen eine Herausgabe der Namen der Verstorbenen, wieder auf den Evangelischen Kirchenkreis Nordost zuzugehen. Der Kirchenkreis hat sein Interesse bekundet, in Zusammenarbeit mit anderen Kirchengemeinden und Sozialverbänden die Durchführung einer Trauerfeier auch in Pankow zu organisieren. Eigene personelle oder finanzielle Ressourcen stehen dem Bezirksamt dafür nicht zur Verfügung.

Wir bitten, die Drucksache als erledigt zu betrachten.

Haushaltsmäßige Auswirkungen

Derzeit Nicht bezifferbar

Gleichstellungs- und gleichbehandlungsrelevante Auswirkungen

keine

Auswirkungen auf die nachhaltige Entwicklung

keine

Kinder- und Familienverträglichkeit

Entfällt

ren Benn
Bezirksbürgermeister
 

Dr. Torsten Kühne
Bezirksstadtrat für Schule, Sport,
Facility Management und Gesundheit

 

 

 
 

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