Drucksache - VIII-1248  

 
 
Betreff: Weiteres Verfahren zum Bebauungsplan 3-18 „Wilhelmsruher Tor“
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der CDU und Fraktion der SPDBezirksamt
   
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme § 13 BezVG /SB
   Beteiligt:Linksfraktion
Beratungsfolge:
Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin
30.09.2020 
35. ordentliche Tagung der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin
20.01.2021 
38. ordentliche Tagung der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin (per Livstream zu verfolgen unter: https://www.youtube.com/channel/UCt4uaISaAWcRCzrsocY2LrQ) mit Zwischenbericht zur Kenntnis genommen   
Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin
01.09.2021 
43. ordentliche Tagung der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin mit Zwischenbericht zur Kenntnis genommen   
Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin
24.01.2024 
20. ordentliche Tagung der Bezirksverordnetenversammlung Pankow von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen     

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlagen:
Antrag Fraktionen CDU und SPD 35. BVV am 30.09.2020
2. Ausfertigung Antrag Fraktionen CDU, SPD und Linke 35. BVV am 30.09.2020
VzK§13BezVG BA, ZB 38. BVV am 20.01.2021
VzK§13BezVG BA, ZB 43. BVV am 01.09.2021
VzK §13 BezVG/SB BA 20.BVV am 24.01.2024

Siehe Anlage


Bezirksamt Pankow von Berlin

.2024

An die
Bezirksverordnetenversammlung

in Erledigung der
Drucksache-Nr.: VIII-1248

Vorlage zur Kenntnisnahme
r die Bezirksverordnetenversammlung gemäß § 13 BezVG

Schlussbericht

Weiteres Verfahren zum Bebauungsplan 3-18Wilhelmsruher Tor“

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

In Erledigung des in der 35. Sitzung am 30.09.2020 angenommenen Ersuchens der Bezirksverordnetenversammlung Drucksache Nr.: VIII-1248

Das Bezirksamt Pankow von Berlin wird ersucht, sämtliche technischen und rechtlichen Möglichkeiten auszuschöpfen um die mit Drucksache VII-0989 „Aufstellung des Bebauungsplans 3- 18 für die Grundstücke Tollerstraße 1 4, die westlich der Straße 78 gelegenen Grundstücke und das Gelände der Kleingartenanlage „Am Bahnhof Wilhelmsruh“, die Grundstücke Kopenhagener Straße 82 und 96, das Flurstück 29 der Flur 145 sowie ein Abschnitt der Tollerstraße im Bezirk Pankow, Ortsteile Wilhelmsruh und Niederschönhausen“ formulierten Ziele der Entwicklung eines allgemeinen Wohngebiets umzusetzen.

Dazu wird das Bezirksamt beauftragt:

- eine Nachqualifizierung des Immissionsgutachtens bis Ende 2020 zu veranlassen und in diesem Zusammenhang auch Strömungsmessungen durchzuführen,

- eine Auflistung von möglichen aktiven und passiven Maßnahmen zum Immissionsschutz „Gerüche“ zu erstellen und zu prüfen, welche davon umgesetzt werden können bzw. perspektivisch mit welcher Wirkung umsetzbar sind (z.B. Darlegung der Kontingentierung der Geruchsimmissionen und der Effekte/ Auswirkungen für die geplante Wohnbebauung),

- in Abstimmung mit dem Bezirksamt Reinickendorf, SenUVK und dem LaGetSi eine Prüfung der verhaltensbedingten Emissionsursachen zu veranlassen (z.B. offene Tore der Gießerei, Ereignisse / Produktionsabläufe die zu außerplanmäßigen/ nicht gefilterten Immissionen führen, um damit die Voraussetzungen zu schaffen für

- Gespräche zur Emissionsreduzierung mit den Industriebetrieben (BAGR - Schmelz- und Gießanlage, MPS ll-Mechanisch-Physikalische-Stabilisierung, Kaffee- und Kakaorösterei etc.) zu führen,

- die Unterlagen und Gutachten, die SenUVK im Rahmen der emissionsschutzrechtlichen Genehmigung (Anlagenbeschreibungen, Betriebszustände, Abgasreinigungstechnik etc.) zu sichten und zu bewerten,

- anlassabhängige unangekündigte Überwachungen (aufgrund von Beschwerden) und Prüfung der Abluftreinigungsanlagen der Emittenten durch SenUVK zu veranlassen.

Das Bezirksamt wird zudem ersucht, bis zum 30. Oktober 2020 darzulegen, welche Auflagen und Festsetzungen im Rahmen des Bebauungsplanverfahrens gemacht werden können, um vor Immissionen zu schützen und um Emissionen zu reduzieren.

Der BVV ist fortlaufend über die Aktivitäten des Bezirksamtes und deren Ergebnisse im Ausschuss für Stadtentwicklung und Grünanlagen zu berichten. Bis zum Vorliegen eines anderslautenden Beschlusses der BVV stellt das Bezirksamt sämtliche Aktivitäten ein, die die Änderung des Aufstellungsbeschlusses in der Zielformulierung bedingen.“

wird gemäß § 13 Bezirksverwaltungsgesetz berichtet:

Die grundsätzlichen Möglichkeiten eines Umganges mit Geruchsimmissionen im Geltungsbereich eines Bebauungsplans sowie passive Maßnahmen zum Immissionsschutz wurden bereits mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen, Referat II C, erörtert. Die Ergebnisse sind im 1. Zwischenbericht aufgeführt.

Wie im 2. Zwischenbericht dargelegt, hat die zuständige Senatsverwaltung für Mobilität, Verkehr, Klimaschutz und Umwelt (SenMVKU) aufgrund anhaltender Beschwerden aus den Wohngebieten eine Rastermessung zur Beurteilung von Geruchsimmissionen im Bereich Wilhelmsruh sowie im Bezirk Reinickendorf durchführen lassen. Diese wurde abgeschlossen und liegt mit Bericht vom 15.11.2022 vor. Im Messzeitraum vom 14.06.202130.05.2022 wurde mittels Rasterbegehungen die Gesamtbelastung an Geruchsimmissionen (Geruchsstundenhäufigkeiten) für die o. g. Gebiete ermittelt. Diese wurden vorab in sog. Rasterflächen eingeteilt.

Im Ergebnis der Rastermessung wurde in drei Rasterflächen nordöstlich (Wilhelmsruh) sowie in drei Rasterflächen südlich der S-Bahnlinie (Reinickendorf) der Immissionswert für Wohngebiete überschritten. Als Beurteilungsgrundlage von Geruchsimmissionen findet hier Anhang 7 der TA Luft (Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft vom 18.08.2021) Anwendung. Hierbei handelt es sich um die 2021 in die TA Luft übernommene Geruchsimmissions-Richtlinie (GIRL).

Die TA Luft ist in einem Verfahren nach § 48 BImSchG erlassen worden und gilt damit als normkonkretisierende Verwaltungsvorschrift zur Durchführung des BImSchG.

Sie entfaltet somit — anders als die GIRL (Geruchsimmissions-Richtlinie) zuvor — eine rechtliche Bindungswirkung gegenüber der Verwaltung und den Behörden. Ihre Anwendung ist in Genehmigungsverfahren verpflichtend. In der Bauleitplanung wird sie als fachliche Grundlage im Rahmen der planerischen Abwägung herangezogen.

Für Wohn- und Mischgebiete gilt ein Immissionswert von 0,1. Das heißt, dass an bis zu 10 % der Jahresstunden eine Geruchswahrnehmung stattfinden kann und dies im Sinne des BImSchG als zumutbar gilt. Durch die Schaffung neuen Planungsrechts ist der Abwägungsspielraum bei der Beurteilung der Erheblichkeit von Immissionen geringer als bei der Überplanung von Gemengelagen. Die absolute Grenze, die auch im Rahmen der Abwägung in der Bauleitplanung nicht überschritten werden darf, stellt die Unzumutbarkeit der Einwirkungen dar, die in der Regel mit den Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse gleichgesetzt wird.

Der Geltungsbereich des eingeleiteten Bebauungsplanverfahrens 3-18 „Wilhelmsruher Tor“ liegt in einer Rasterfläche, in der der Immissionswert für Wohngebiete nach aktueller Rastermessung eingehalten wird (0,07). In direkter Nachbarschaft liegen Flächen, in denen der Immissionswert für Wohnen deutlich überschritten wird (0,16). Das für den Geltungsbereich des künftigen Bebauungsplan 3-18 erstellte Geruchsgutachten aus dem Jahr 2019 (ERGO Umweltinstitut GmbH) kam bereits zum Ergebnis, dass aufgrund der deutlichen Überschreitung des Immissionswertes (0,22) im Geltungsbereich des Bebauungsplans 3-18 Wilhelmsruher Tor“ Wohnen in großen Teilen nicht zulässig sein würde, da gesunde Wohnverhältnisse nicht gewahrt werden könnten. Das Bebauungsplanverfahren 3-18 ruht seitdem.

Daraufhin wurde 2021 im Rahmen einer Machbarkeitsstudie der Wirtschaftsförderung die Möglichkeiten für die Entwicklung eines nicht emittierenden Gewerbestandorts geprüft. Dabei ging das Untersuchungsgebiet über den Geltungsbereich des B-Plans 3-18 hinaus und umfasste auch die Flächen westlich der Kopenhagener Straße zwischen dem S-Bahnhof Wilhelmsruh und der Fontanestraße. Die gliche Entwicklung von Wohnungsbau nördlich der Straße 33/Tollerstraße (im Geltungsbereich des Bebauungsplans 3-18) wurde weiter berücksichtigt, da hier aufgrund der Entfernung zu den emittierenden Betrieben eine weniger starke Geruchsbelastung festgestellt worden war.

Die Ergebnisse der aktuellen Geruchsrastermessung (MBBM, 2022) erfordern eine Diskussion zur Weiterführung des Bebauungsplanverfahrens 3-18Wilhelmsruher Tor“. Auch Grundstückseigentümer fragen an, welche Perspektive für die Weiterführung des Bebauungsplanverfahrens besteht. Es gilt zu diskutieren, welche Festsetzungen im Geltungsbereich des Bebauungsplans 3-18 verantwortungsvoll und rechtssicher möglich sind.

Die Entscheidung über das Planungsziel dabei allein vom aktuellen Ergebnis der Geruchsrastermessung abhängig zu machen, erscheint zu kurz gegriffen. Zwar sei nun formal die Festsetzung eines Wohn- oder Mischgebietes nach Aussage der SenMVKU wie auch des bezirklichen Umwelt- und Naturschutzamtes möglich, das Ergebnis der neuesten Rastermessung könnte jedoch zu einem späteren Zeitpunkt wieder überschritten werden.

gliche Gründe für Abweichungen können laut Gutachterbüro sowie SenMVKU unterschiedliche Windverhältnisse, Temperaturen oder die Anlagenbetriebsweise sein, Faktoren, auf die kein Einfluss besteht. Damit fehlt eine langfristig belastbare Aussage in Bezug auf die Erheblichkeit von Geruchsimmissionen, die schon einmal das Bebauungsplanverfahren zum Stillstand gebracht hatten.

Die Wohngebiete in Wilhelmsruh und das Industriegebiet in Reinickendorf haben sich bedingt durch die ehemalige Mauer und den Bahndamm historisch entwickelt und sind heute durch die Parallelität der Nutzungen charakterisiert. Diese Nutzungskonkurrenz bildet auch der FNP Berlin seit den 1990er Jahren ab. Im StEP Wirtschaft 2023 ist das Industriegebiet Flottenstraße als Fläche für den produktionsgeprägten Bereich dargestellt, die industrielle Nutzung dieser Flächen ist zu sichern. Eine Standortalternative für das Industriegebiet scheidet insofern aus.

Die nach Bundes-Immissionsschutzgesetz genehmigungsbedürftigen Anlagen liegen in Zuständigkeit der SenMVKU, die für die Genehmigung und Überwachung verantwortlich sind. Die nach dem Stand der Technik gegebenen Möglichkeiten zur Vermeidung schädlicher Umwelteinwirkungen sind nach aktuellem Kenntnisstand ausgeschöpft. Auf die künftige Entwicklung des Industriegebietes Flottenstraße besteht seitens des Bezirks Pankow keine direkte Einflussnahme.

Bei Fortführung der Planung als Wohnungsbaustandort würde das B-Plangebiet 3-18 „Wilhelmsruher Tor“ als Neuplanung eine heranrückende Wohnbebauung zum Industriegebiet Flottenstraße darstellen. Belästigungen durch Geruchsimmissionen bzw. entsprechende Beschwerden sind zu erwarten. Das zeigen laut SenMVKU die bisherigen Beschwerden aus Gebieten, die die Immissionswerte offenkundig einhalten. Auch Klagen der Anlagenbetreiber sind nicht ausgeschlossen, da sich die rechtlichen Rahmenbedingungen, unter denen der emittierende Betrieb arbeiten muss, durch das Hinzutreten der Wohnbebauung gegenüber der vorher gegebenen Lage verschlechtern könnten. Das wäre dann der Fall, wenn der Betrieb mit nachträglichen Auflagen rechnen muss. Dies kann nicht mit Sicherheit ausgeschlossen werden.

Hinzu kommt, dass die Versorgung mit Grundschulplätzen im Bereich Wilhelmsruh defizitär ist. Die in dieser Bezirksregion vorhandenen und zur Versorgung der künftigen Bevölkerung in Frage kommenden Grundschulen laufen nach Aussagen des Schul- und Sportamtes bereits heute über ihre Kapazitäten hinaus.

Weitere Grundschulstandorte in dieser Bezirksregion sind derzeit nicht in Planung. Zum jetzigen Zeitpunkt ist mit einer entsprechenden Umsetzung auch langfristig nicht zu rechnen. Damit stehen dem Planungsziel der Entwicklung eines Wohnquartieres verschiedene Hemmnisse entgegen.

Es kann nicht dauerhaft ausgeschlossen werden, dass erhebliche Belästigungen durch Geruchsimmissionen wieder auftreten und durch neue Messungen dokumentiert werden. Dies zeigen die aktuell ermittelten Geruchsstundenhäufigkeiten aus den an den Geltungsbereich des Bebauungsplans 3-18 angrenzenden Rasterflächen sowie das 2019 erstellte Geruchsgutachten der ERGO Umweltinstitut GmbH. Aufgrund der dann ggf. nicht zu wahrenden gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse bestünde die Notwendigkeit, das Bebauungsplanverfahren abermals einzustellen oder die Planungsziele anzupassen.

Auch die Schulversorgung muss perspektivisch sichergestellt sein und ist wesentliche Voraussetzung für die Durchführbarkeit eines Bebauungsplanverfahrens unter Anwendung des Berliner Modells der kooperativen Baulandentwicklung bzw. für eine geordnete städtebauliche Entwicklung überhaupt.

Die Umsetzung des in der Machbarkeitsstudie der Wirtschaftsförderung vorgeschlagenen Konzepts (2021) erscheint vor dem Hintergrund der genannten Faktoren geeignet, die bereits heute bestehenden Nutzungskonflikte abzumildern sowie einen modernen
ro-/Dienstleistungs- und Gewerbestandort zu etablieren, der die vorhandenen Strukturen angemessen ernzt. Durch die Ergänzung von Wohnungsbau im nordöstlichen Bereich würde die soziale Infrastruktur im Vergleich zu einem reinen Wohnungsbaustandort zwar deutlich weniger belastet werden, mittelfristige sungen müssten aber auch hier gefunden werden.

Das Stadtentwicklungsamt Pankow von Berlin spricht sichr die Fortführung des Bebauungsplanverfahrens mit geändertem Planungsziel Eingeschränktes Gewerbegebiet“ aus, welches das vorhandene wie auch neu hinzukommende Wohnen nicht wesentlich stört.

In der Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung, Bebauungspläne und Genehmigungen am 13.09.2023 wurde der aktuelle Sachstand sowie die geplante Änderung des Planungsziels vorgestellt. Eine abschließende Meinungsbildung des Ausschusses in Bezug auf die künftigen Planungsziele steht derzeit noch aus.

Haushaltsmäßige Auswirkungen

keine

Gleichstellungs- und gleichbehandlungsrelevante Auswirkungen

keine

Auswirkungen auf die nachhaltige Entwicklung

keine

Kinder- und Familienverträglichkeit

Entfällt

Manuela Anders-Granitzki
Stellv. Bezirksbürgermeisterin

Cornelius Bechtler
Bezirksstadtratr Stadtentwicklung und
rgerdienste

 

 
 

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