Auszug - Bericht zur aktuellen Situation in Buch   

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Kinder- und Jugendhilfeausschusses
TOP: Ö 6
Gremium: Kinder- und Jugendhilfeausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 29.02.2024 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:15 - 19:15 Anlass: reguläre Ausschusssitzung
Raum: Haus 7, BVV-Saal
Ort: Bezirksamt Pankow von Berlin, 10405 Berlin, Fröbelstraße 17
 
Wortprotokoll

Frau Rublack, Frau Wirsig, Herr Krause und Herr Keßler berichten über die aktuelle Situation junger Menschen in Buch. Die jungen Menschen seien bspw. hungrig. Die mobile Jugendarbeit habe immer etwas zu essen dabei. Essen, das zu Angeboten in Buch mitgebracht würde, würde den Jugendarbeitern quasi aus der Handgerissen, egal was es sei, weil es offenbar nicht genug Essen gebe. Die jungen Menschen fühlten sich des Weiteren weit draußen. Die jungen Menschen fühlten sich unsicher und bewaffneten sich mit Pfefferspray, Messern, Schlagwaffen. Allerdings nicht nur, weil die jungen Menschen einschlägige Erfahrungen machten, sondern auch, weil es den jungen Menschen von Erwachsenen so vorgelebt werde, dass man sich schützen müsse das Vorliegen handfester Bedrohungen dahingestellt. Die Unsicherheit bestehe nicht nur im öffentlichen Raum, sondern auch zu Hause. In vielen Wohnungen stehe der typische Baseballschläger, weil die Angst bestehe, dass jemand hereinkommen und die Wohnung in Anspruch nehmen könnte. Trotz der geringen Größe des Ortsteils gibt es sehr viele Kinderschutzfälle. Im Ortsteil gibt es die höchste Rate an Kinderschutzmeldungen im gesamten Stadtbezirk. In ca. 10% der Haushalte seien Hilfen zur Erziehung installiert. Der Ortsteil habe die höchsten Fallzahlen bei der stationären Unterbringung. Täglich gingen 5-10 Kinderschutzmeldungen ein. 50 % generierten sich aus den Unterkünften und von Familien mit Migrationshintergrund, die relativ frisch an Wohnraum gekommen sind. Viele Kolleginnen in Buch seien fast schon am Ende. Kitas meldeten sich, freie Träger, auch die JFE Würfel, und alle sagten, sie wüssten nicht mehr weiter, Kinder könnten nicht richtig sprechen, sie nnten nicht spielen, sie hätten Hunger. Kolleg*innen sagten: „Wir bewahren die Kinder nur noch auf, weil sie verlernt haben, Kind zu sein“. Deshalb wurde der erste Buchgipfel am 30.08.2023 abgehalten, auf den es große Resonanz gab. Alle Fachkräfte, die vor Ort tätig sind, wollten sich treffen und vernetzen. Als Ergebnis gründeten sich 3 AGs: A) Kita und Schulkinder, B) Familienarbeit, C) Jugendliche. Es gibt viele einkommensschwache Familien, die von Transferleistungen leben. Die Situation in Buch wird wegen der sozialen Zusammensetzung wahrscheinlich noch länger akut bleiben, weil die Menschen nicht wegziehen können. Es sei „10 nach 12“r Buch und die dort lebenden Jugendlichen und Familien. Ein Projekt, das erwogen werde, sei ein Bürger-/Nachbarschaftsrat. Außerdem könnte man sog. Schlüsselpersonen finden und benennen, die bei Problemen einzelner vor Ort ansprechbar sind und sich kümmern sollen. Weitere Projekte könnten ein Elterncafé und Kiezinfluencer sein. Im Rahmen der fallunspezifischen Arbeit setzt der Träger KJHV für 7000€ ein Projekt um. Frau Franke ergänzt zum Bucher Bürgerhaus, dass es dort zwischen den verschiedenen Akteuren, zu denen auch Akteure der Jugendarbeit zählen, bereits eine gute Vernetzung gebe. Seit Jahren werde eine gute Zusammenarbeit geprobt. Nun besteht der große Wunsch, die Arbeit zu verbessern und noch mehr Menschen zu erreichen. Das Bucher Bürgerhaus müsse als Anlaufstelle für alle Menschen im Sozialraum bekannter werden, um die Menschen unterstützen zu können. Dazu könnten folgende Maßnahmen umgesetzt werden: Öffnung des Bucher Bürgerhauses in den Randzeiten, Bespielung des Vorplatzes, Organisation und Strukturierung des Bürgerhauses durch einen Träger. Wichtig sei eine zuverlässige Öffnung des Hauses im Erdgeschoss, vormittags, nachmittags und in den Abendstunden. Es sei sinnvoll, ein Gremium für gemeinsame Konzepterstellung zu schaffen sowie das Haus mit einem unabhängigen Träger zu organisieren, gemeinsam mit den Fachkräften vor Ort.

Frau Rublack bemerkt zuletzt, dass der RSD Nord zwei zusätzliche Stellen brauche, außerdem zusätzliche Mittel wegen des Bevölkerungszuwachses durch Flüchtlingsunterkünfte dort. An vier Schwerpunktkitas brauche man je einen Sozialarbeiter. Außerdem müsse es ein multiprofessionelles Team geben, das den Übergang vom Kindergarten in die Schule mit verschiedenen Experten begleitet. Herr Keßler ergänzt, dass es ein Netzwerk in Buch mit zwei Säulen gebe. Er fordert außerdem, dass ein Angebot wie die Mädchenarbeit im Würfel regelfinanziert wird. Des Weiteren solle es einen Topf für Honorarmittel geben und die Arbeit in den Gemeinschaftsunterkünften solle in den Statistiken anerkannt werden. 

Auf Nachfrage:

Sind die vom Integrationsfond finanzierten Projekte am Buchgipfel beteiligt? Wie ist die Position des Bezirksamts zur Öffnung des Erdgeschosses des Bucher Bürgerhaus für ein Erlebniscafé? Kann die HoWoGe die Arbeit des Jugendamts in Buch unterstützen? Sie sei sehr kooperativ.

Frau Rublack sagt, es sei schwierig, die Integrationsträger in den Buchgipfel mit einzubeziehen, weil es zu viel Betreiberwechsel bei den Unterkünften und beim BENN-Programm gebe. Das Kennenlernen und die Einarbeitung würden deshalb immer wieder von vorn beginnen müssen. Die Kooperativität der HoWoGe ist bekannt. 

Herr Anders führt aus, dass ein neues Angebot im Erdgeschoss des Bucher Bürgerhauses vor dem Hintergrund, dass das alte Angebot nicht wirtschaftlich war, schwierig zu realisieren sei, weil man so nicht leicht einen Betreiber finde. Außerdem wisse er nicht, welche anderen Planungen es im BA für die Fläche gebe. 

Herr Keßler betont, dass Frau Rublack und das ganze Team intensiv an der Vorbereitung und Ausrichtung des Buchgipfels gearbeitet hätten. Sie selbst und das Team hätten viele Stunden in die Vorbereitung gesteckt, Frau Rublack sei eine Schlüsselperson.

Herr BVO Bohla bittet darum, dass die Vortragenden ihre Forderungen nochmal zusammenfassen und an den Ausschuss senden. 

Wird in Buch bereits mit den Family Guides und den Stadtteilmüttern zusammengearbeitet? Es werden mehr Stadtteilmüttern gefordert. Die Ungleichverteilung der Stadtteilmütter in Berlin angesichts des Bedarfs in Pankow wird kritisiert. Inwiefern setzt sich das Bezirksamt dafür ein, dass mehr Stadtteilmütter zur Verfügung gestellt werden?

Rechtskreis- und ämterübergreifende Zusammenarbeit sei erforderlich, um das Bevölkerungswachstum in Buch zu gestalten. Mit überschaubaren Maßnahmen sei im Kiez viel zu erreichen. Herr BVO Cersovsky möchte sich dafür stark machen, dass der Ausschuss das unterstützt. 

Das Problem mit den Stadtteilmüttern und den Fachkräften sei die abgelegene Lage Buchs, die Fachkräfte abschrecke. Das Bezirksamt unterstützt die gerechtere Verteilung der Stadtteilmütter in Berlin auf Bezirksbürgermeister- und Stadtratsebene. 

Wie viele Kinder gehen beim Übergang von der Kita an die Schule verloren (werden nicht eingeschult)? Wie viele Kinder werden als nicht-beschulbar eingestuft? 

Genaue Zahlen können nicht genannt werden. Auffällig ist aber, dass viele problematische Kinder in die Schulen geschickt werden, ohne dass die Schulen darauf vorbereitet werden. Es brauche eine Erfahrungsübermittlung vom Kindergarten an die Schulen. Jetzt wird sich mit Schulersatzmaßnahmen beholfen, die das Problem aber nicht lösen, sondern nur separieren. Es gebe Schüler, die in der 1. Klasse nach einer Woche suspendiert werden. Es müsse rechtzeitig identifiziert werden, welche Kinder nicht schulfähig seien und besondere Begleitung benötigten. In jeder Klasse seien von 25 Kindern 10 Kinder extrem auffällig. Schulen versuchten, diese Kinder aus dem Regelunterricht herauszulösen, um den anderen Kindern Schulalltag zu ermöglichen.

Der Vorsitzende Herr BVO Schlüter erinnert daran, dass im Juni das Thema Schule im Ausschuss aufgerufen wird. Er dankt den Vortragenden für die Präsentation und bittet darum, dass die Forderungen nachgereicht werden.


 
 

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