Auszug - Staatsangehörigkeitsthemen und Prozesse - Einbürgerungsverfahren und Terminvergabe - Verlust der Staatsangehörigkeit gem. § 17 i. V. m. § 28 StAG   

 
 
digitale Sitzung des Ausschusses für Bürgerdienste und Geschäftsordnung
TOP: Ö 2.3
Gremium: Ausschuss für Bürgerdienste und Geschäftsordnung Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 05.04.2022 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:15 - 18:21 Anlass: reguläre Ausschusssitzung
 
Wortprotokoll

Die Stadträtin leitet in die Thematik ein und beantwortet gemeinsam mit dem Gruppenleiter im Bereich Einbürgerungen daraus entstehende Fragen der Ausschussmitglieder:

Die Fragestellung, mit dem das Thema angemeldet wurde, war mit der Vergabe von Terminen für Einbürgerungsverfahren verknüpft. Vor dem Pandemiesystem war eine Terminvergabe nur online möglich, wobei 12 Termine pro Sprechtag buchbar waren. Mit Eintritt der Pandemie wurde die Terminvergabe so umgestellt, dass erstmal keine Termine vergeben wurden. Das traf aber nur am Anfang 2020 zu. Allen Interessent*innen wurden die notwendigen Informationen und Dokumente postalisch übermittelt. Der Antrag konnte ebenfalls postalisch gestellt werden. Die Antragszahlen sind dadurch jedoch sehr stark gestiegen. Hinzu kam das Problem, dass erst nachtglich beim Termin festgestellt wurde, dass Dokumente fehlten. Der postalische Versand der Unterlagen beschleunigte das Verfahren also bei der Bereitstellung Informationen und Dokumenten, hinderte dann aber das Verfahren, weil der direkte Beratungstermin im Vergleich die Vollständigkeit der Anträge sicherstellt. Deshalb wurden baldmöglichst wieder Beratungsgespräche vergeben, zunächst an diejenigen, die die bereits Unterlagen erhalten haben. Die Umstellung bzw. der Prozess führte dazu, dass ein Großteil der Termine für 2022 bereits vergeben wurde.

Seit 2022 ist die Terminvergabe wieder online möglich. Da aber die meisten Termine für 2022 bereits vergeben sind, sind über das Online-Vergabetermin nur 3 zusätzliche Termine freigeschaltet. Hierfür wurden die Termine pro Sprechtag auf 15 erhöht. Die Bearbeitungszeiten sind durchschnittlich sehr hoch, insbesondere in Pankow. Gerade in Pankow fand ein besonderer Anstieg an Anfragen statt. Gleichzeitig ist das Standesamt Pankow personell besonders unterbesetzt. Im Fachbereich Staatsbürgerschaften gibt es derzeit 6 Stellen, davon sind derzeit zwar 5 besetzt, aber:

    1 Person ist im Erprobungseinsatz, d.h. sie kann nicht angerechnet werden - wurde umgesetzt, weil der Einsatz in ursprünglicher Stelle nicht funktioniert hat,

    1 weitere Kolleg*in ist längerfristig erkrankt,

    1 weitere Person hat aus dem Sozialamt gewechselt und wird jetzt wieder im Sozialamt für die AslybLG im Kontext des Ukraine-Krieges eingesetzte, da sie sich mit der entsprechenden Software auskennt (OPEN/PROSOZ),

    2 Personen sind neu und noch in der Einarbeitung sind, (die Einarbeitung wird durch die ehemalige Gruppenleiterin über einen Werkvertrag für Wissenstransfer geleistet) und

    1 Stelle ist unbesetzt. Auch wenn eine Person auf das Auswahlverfahren ausgewählt werden konnte, droht dahingehend ein Klageverfahren in der Stellenbesetzung, so dass die ausgewählte Person ggf. abspringt, weil das Klageverfahren zu lange dauert.

Insgesamt sind also 3 Mitarbeitende faktisch im Standesamt tätig, die 2.100 Anträge bearbeiten.

Eine weitere Problematik ist, dass es sich bei Einbürgerungen um ein spezielles Sachgebiet handelt, bei dem ebenso spezielle Kenntnisse notwendig sind. Die Einarbeitung dauert 1 - 1,5 Jahre.

Grundsätzlich sind die Laufwege der notwendigen Dokumente für Einbürgerungen bereits sehr lang, so dass die Verfahren in der Regel und auch bei ausreichenden Kapazitäten im Verhältnis mit anderen Verfahren lange Zeit in Anspruch nehmen.

Nach derzeitigem Stand ist die Situation so gestellt, dass, solange die personelle Unterbesetzung anhält, keine zusätzliche Termine vergeben werden können und sich die Bearbeitungszeit nicht signifikant verringert. Die Situation besteht nicht sein gestern, auch wenn die Presseberichterstattung insbesondere im letzten Jahr zugenommen hat. Der Blick auf Versäumnisse der letzten Jahre helfe der aktuellen Situation allerdings nicht.

sungsversuche sind zwiespältig. Die Landesebene möchte Einbürgerungen zentralisieren, d.h. auf Landesebene ziehen. Es wurden schon mögliche Termine genannt: Anfang 2023. Der Bezirk muss in jedem Fall mit der Situation umgehen, da auch befürchtet werden muss, dass Mitarbeitende bei der bestehenden Arbeitslast wegfallen. Ein erhöhtes Beschwerdeaufkommen, parlamentarische Anfragen, Presseanfragen bis hin zu Untätigkeitsklagen sind kaum zu vermeiden. Eine gleichsam denkbar ungünstige Situation, um Personal zu akquirieren.

Es wurde vereinbart, dass für die Übergangsphase zur Zentralisierung befristete Stellen geschaffen werden können bspw. und zumindest für die Anlage der Akten. Eine weitere Möglichkeit wäre, das zusätzliche Personal im Bereich Zweckentfremdung befristet auszuleihen, auch wenn im Bereich Zweckentfremdung eine hohe politische Priorität besteht. Dies könnte zumindest einen Übergang schaffen. Zuvorderst sollen Stellenreste genutzt werden. Darüber hinaus wird die Fachgebietsleitung Standesamt, Mark Elstermann, mit 2 Mitarbeitenden aus dem Bürgeramt bei der Antragsanlage unterstützen, um kurzfristig für die kommenden 2 Wochen agieren zu können. Es ist eine Situation bei der auch relativ schnell etwas passieren muss.

Alles Weitere muss geklärt werden, wobei dies auch davon abhängig sein wird, wie die Landesebene sich festlegt und wie der Zeitplan zur Zentralisierung wäre. Zunächst muss man wieder ins Arbeiten kommen, auch um die Mitarbeitenden zu schützen.

Seitens der Ausschussmitglieder werden folgende Fragen zum Sachverhalt gestellt und beantwortet:

    Ob die Situation bei Einbürgerungen in den Ämtern anderer Bezirke ebenso dramatisch ist, wie in Pankow bzgl. hoher Anfragen und ob man aus den anderen Ämtern Unterstützung anfordern könnte?

Die Stadträtin führt aus, dass man die anderen Ämter noch nicht gefragt habe. Das wäre zwar ein Weg, aber die Bereitschaft ist erfahrungsgemäß niedrig. In Pankow ist die Situation am drängendsten, was jedoch nicht bedeutet, dass der Andrang in anderen Bezirken gering ist. Auch in anderen Bezirken dauert die Einbürgerung mindesten 1 Jahr. Trotz allem kann man versuchen, Unterstützung bei anderen Bezirken anzufordern. Darüber hinaus gäbe es noch die Option Personal bei Zeitarbeitsfirmen zu akquirieren, was jedoch auch aufgrund der Kosten nicht ideal wäre.

Der Gruppenleiter für Einbürgerungen ergänzt, dass eine Unterstützung anderer Bezirke ausgeschlossen sei. Der Senat für Inneres und die Gruppenleitungen aller Bezirke sehen ein grundlegendes, bezirksübergreifendes Problem in den Ämtern: hohe Krankenstände, viel Personal bewirbt sich weg, weil Sachbearbeitende auf E9 gruppiert sind bei gleichzeitig zu hohem Arbeitspensum. Viele Kolleg*innen aus den anderen Bezirken möchten, wenn dann, in den eigenen Bezirken bleiben.

    Sind Fälle bekannt bei denen es zum Verlust der Staatsangehörigkeit gekommen ist?

Die Stadträtin führt aus, dass dies in der Praxis nur Personen treffen kann, die eine doppelte Staatsangehörigkeit besitzen. Das Grundgesetz verbietet den Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit, wenn die Person dadurch staatenlos würde. Es gibt nur wenige Personen, auf die das zuträfe. Der Anwendungsfall ist also sehr gering. Denkbar wäre darüber hinaus nur eine Person, die drei Staatsangehörigkeiten hat. Bisher also nicht praxisrelevant und auch in dieser Konstellation auch eher nicht zu erwarten. Der aktuell denkbare Praxisfall wären Menschen, die bspw. die ukrainische Staatsangehörigkeit haben, denn die Ukraine lässt keine doppelte Staatsbürgerschaft zu, hpts. wegen Russland: man soll nicht beide haben können.

Der Gruppenleiter für Einbürgerungen ergänzt: auch nach deutschem Recht sei es nicht die Regel, dass beim Einbürgerungsverfahren die mehrfache Staatsangehörigkeit genehmigt wird, d.h. dass nicht nur ukrainische Staatsangehörige ihre aufgeben müssten, um die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen zu können. Die einzige Personengruppe, die die ukrainische und deutsche besitzen könne, wären Kinder, die hier geboren wurden und bei dem ein Elternteil deutsch und das andere ukrainisch ist.

    Das Thema wurde im Kontext einer Beschwerde aufgeworfen: eine Person hatte sich um einen Termin zur Eröffnung des Einbürgerungsverfahrens in Pankow bemüht, bislang aber keinen Termin erhalten. Nun laufe der Aufenthaltstitel demnächst aus, da dieser an das Studium gebunden sein, das beendet wird. Wie wird mit derart akuten Fällen umgegangen?

Die Stadträtin antwortet, dass der Aufenthaltstitel in jedem Fall verlängert werden sollte bzw. ein entsprechender Antrag gestellt werden muss. In den meisten Fällen sollte dies möglich sein. Allerdings können Aufenthaltstitel zu Studienzwecken nicht ohne Weiteres eine Einbürgerung bzw. Verlängerung des Aufenthaltstitels begründen. Trotzdem müsse Pankow insbesondere in diesen Fällen schneller werden. Eine Einbürgerung innerhalb eines Monats ist jedoch auch bei idealen Voraussetzungen unrealistisch. Bestenfalls wäre ein Verfahren unter einem Jahr anzustreben.

Der Gruppenleiter für Einbürgerungen ergänzt: der konkrete Fall wäre von den aktuellen Engpässen und begrenzten Terminvergaben getrennt zu betrachten, denn der Aufenthaltstitel muss in einem regulären Einbürgerungsverfahren durchweg gültig sein. Das Auslaufen eines Aufenthaltstitels ist keine automatische Begründung für eine Einbürgerung.


 
 

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