Auszug - Werkstätten für Menschen mit Behinderung  

 
 
Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Senioren
TOP: Ö 3
Gremium: Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Senioren Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 02.12.2014 Status: öffentlich
Zeit: 17:15 - 19:25 Anlass: reguläre Ausschusssitzung
Raum: Haus 6, Raum 227
Ort: Bezirksamt Pankow von Berlin, 10405 Berlin, Fröbelstraße 17
 
Wortprotokoll

Als 1

 

Als 1. Gast des Ausschusses berichtet  Frau Bermann von den Nordberliner Werkstätten und gibt das folgende Papier zu Protokoll.

 

Angebot der Werkstatt für Menschen mit Behinderung ( WfbM) heute:

 

-          der Begriff „Werkstatt“ ist im Sinne einer konzeptionellen Grundidee zu verstehen

 

-          sie stellen das umfänglichste Arbeitsangebot für Menschen mit Behinderung bereit  und haben sich zum Regelangebot für Menschen mit Behinderung entwickelt

 

-          verwirklichen den Rechtsanspruch auf Arbeit- bieten dauerhafte Teilhabe am Arbeitsleben

 

-          primär besteht ein Rehabilitationsauftrag!; sind Dienstleister in der Begleitung von   Menschen mit Behinderung ins Arbeitsleben

-          Werkstätten sind gekennzeichnet durch:

      die Umsetzung der regionalen Versorgungsverpflichtung

      das personenzentrierte Arbeiten
- schaffen förderlicher Arbeitsbedingungen (Kernaufgaben: Arbeitsorganisation, Arbeitsplatzgestaltung, Assistenzleistung)
- finden angemessene Tätigkeit für Jeden (Alleinstellungsmerkmal!)
- Orientierung am Bedürfnis des Menschen

      Qualifizierungsangebote
- Recht auf Bildung (berufliche Bildung, Erweiterung von Handlungs- und Sozialkompetenz)
- Raum für Persönlichkeitsentwicklung

      Befähigung zur Arbeit

 

      Vorbreitung und Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt

 

-          sind ein Ort der Ruhe und Planbarkeit, bieten Sicherheit

 

-          Wunsch- und Wahlrecht seitens der Menschen mit Behinderung, der gesetzlichen und pädagogischen Betreuer wird verwirklicht

 

-          Recht auf Mitbestimmung wird umgesetzt (Werkstattrat)

 

-          Arbeitsplätze werden durch die unternehmerische Tätigkeit generiert (in Industrie, Handwerk, Dienstleistung, Eigenprodukte), WfbM befindet sich im Wirtschaftskreislauf

 

 

UN- Behindertenrechtskonvention

 

-          gleiches Recht auf Arbeit und die Möglichkeit durch Arbeit den Lebensunterhalt zu verdienen!

 

-          der allgemeine Arbeitsmarkt zeigt sich in der Regel den Menschen mit Behinderung   gegenüber wenig aufgeschlossen:

 

      Einfacharbeit steht anteilig immer weniger zur Verfügung (strukturelle Veränderung des Arbeitsmarktes)

 

      Zunehmend wird nach beruflicher Qualifikation selektiert

 

      die vorhandenen Beschäftigungsformen erwarten ein hohes Maß an Flexibilität, Wechselbereitschaft und Durchsetzungsvermögen

 

-          zu klärende Fragestellungen:  Beschäftigungsgarantie, Budgetassistenz, renten- und  steuerrechtliche Fragen, Erbringung von Pflege- und Fahrdienstleistungen

 

-          Was tun Werkstätten für Menschen mit Behinderung im Sinne der Behindertenrechtskonvention?

 

Vorbereitung und Vermittlung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt über Betriebspraktika,

Außenarbeitsplätze (Einzelarbeitsplätze, ausgelagerte Gruppen)

Begleitung am Arbeitsplatz

betreiben Integrationsunternehmen (Betriebe des allg. Arbeitsmarktes)

unterstützte Beschäftigung in Kooperation mit Integrationsfachdiensten

 

-          perspektivisch müssen sich WfbM

      auch weiterhin der sozialstaatlichen Verantwortung stellen ( individueller Rechtsanspruch)

      Angebotsvielfalt erweitern

      Durchlässigkeit erhöhen/ Durchlässigkeit wird zunehmend ein Prüfmerkmal!

 

Aktuelle Probleme der WfbM:

 

-          wirtschaftliche Nachfrage zu den üblichen Marktbedingungen ( Preis, Termintreue, Qualität, Flexibilität) wirkt direkt in die Fertigung hinein und steht der bestehenden Sondersituation z.T. entgegen

 

 

unternehmerische Tätigkeit

 

 

langfristige Beschäftigungssicherung

 

berufliche
Rehabilitation

 

-          zunehmende Zahl von Menschen mit Behinderung zeigt komplexe Behinderungsbilder verbunden mit einem zunehmenden Bedarf an Pflege und intensiver, pädagogischer Anleitung und Betreuung

-          sehr geringes Interesse an Zusammenarbeit seitens der Schulen

-          geringer Anteil der Menschen mit Behinderung bringt die erforderlichen Fähigkeiten für den   Einsatz auf dem allg. Arbeitsmarkt mit
Firmen nehmen Praktikanten – die Einstellung aus wirtschaftlichen Gründen oft nicht möglich.

 

Als 2. Gast berichtet Herr Tiesler von den „Delphin Werkstätten“:

 

Zur Inklusion ist die ganze Gesellschaft noch nicht bereit.

Das Ziel dieser Inklusion, alle Menschen mit Behinderungen  auf den 1. Arbeitsmarkt zu vermitteln, ist so lange nicht möglich, wie keine entsprechenden Arbeitsplätze zur Verfügung stehen.

Deshalb wurden ja lange Instrumente entwickelt für Werkstätten eigenen speziellen Arbeitsplätze.

Sonderarbeitsstätten sind weiterhin wichtig, da auf dem 1.Arbeitsmarkt solche noch nicht entwickelt wurden und nicht zur Verfügung stehen.

Jetzt besteht ein breites Netz solcher Sonderarbeitsstätten und er warnt davor, dieses unter dem Ziel der Inklusion  abzuschaffen ohne bereits entsprechende Bedingungen in der „normalen „ Arbeitswelt“ entwickelt zu haben.

 

Herr Treberius von der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen

übergibt den Ausschussmitgliedern eine Karte der Standorte von Werkstätte in Berlin.

 

Er macht darauf aufmerksam, dass bei der Inklusion nicht nur auf den 1. Arbeitsmarkt orientiert werden kann, es sehr schwache Menschen mit Behinderungen gibt, die an der Grenzen zur Förderung sind, die nicht vergessen werden dürfen.

1 % Vermittlung schwirrt im Raum. Erst wenn alles andere ausgeschlossen ist,  kommen diese Menschen in die Werkstätten, d.h. die nicht auf dem Sprung in  den 1. Arbeitsmarkt sind.

Selbstverständlich sind die Werkstätten ein Instrument zum Lernen und Erproben, Sprung nach draußen.

Aber diejenigen, die es nicht schaffen – Schwerbehinderte Menschen brauchen weiterhin die  Werkstätten.

 

Fragen aus dem Ausschuss:

Wie weit spielt bei Einstellungen der Kündigungsschutz eine Rolle?

Problem besteht tatsächlich, weil, wenn der Arbeitnehmer  z.B. krank geschrieben, kann die Firma nicht kündigen und ist deshalb oft nicht zu einer Einstellung bereit. Mittelständische Unternehmen sind besonders betroffen bzw.  auch bei wenigen Beschäftigten. Die gesellschaftlichen Bedingungen sind noch nicht vorhanden, um diese Hemmnisse zu kompensieren.

Mitbestimmung in den Werkstätten: Arbeitnehmer ähnliches Rechtsverhältnis. Gibt Mitwirkungsordnung – Werkstatträte.

Das AGG bezieht sich auf Personal.

Betriebsverfassungsgesetz findet bisher keine Anwendung auf Maßnahmeteilnehmer, da wird sich etwas ändern.

Wird der Mindestlohn gezahlt?

In den  Werkstätten wird ein Entgelt bezahlt, d.h., dass die TN noch andere Leistungen erhalten. Zusammen ungefähr das, was auf Arbeitsmarkt gezahlt würde. Vorteil, dass Sicherheit des Arbeitsplatzes in den Werkstätten garantiert ist. Damit aber Grenzen in vollständiger Gleichstellung.

 

Stand in Berlin:

In Berliner Werkstätten arbeiten 8000 Beschäftigte bei 18 Trägern, unterschiedlich zwischen  60 und 1500 Personen.

 

35 bis 40 Std. Anwesenheit, aber nicht reine AZ, soziokulturelle Angebote, soziopsychologische Angebote.

Gutes Betreuungsangebot, Arbeitsbereiche unterschiedlich

Aufgabe: berufliche Rehabilitation.

 

 

Inwieweit Markt- und Konkurrenzfähigkeit?

Alles kalkuliert, 3 Behinderte = wie 1 AN, nur die Tätigkeiten, die möglich sind. Leistung muss erbracht werden gegenüber Firmen.

 

Konkurrenz untereinander? - Eher ein Miteinander, online-Plattform, Abstimmungen bei Aufträgen. Keine Dumpingangebote, der Beschäftigte muss seine Kosten erarbeiten.

 

Frau Zürn-Kasztantowicz: Begrifflichkeiten, Menschen in Werkstätten sind in der Regel nichterwerbsfähig, es wird Tagesstruktur angeboten.

Mindestlohn auch so zu sehen. Bekommen Eingliederungshilfen. Einrichtung der Arbeitsplätze sehr differenziert und aufwendig, jeder Mensch ist für sich zu betrachten. Es kann nicht jeder auf 1. AM.

Auch Inklusion muss differenziert betrachtet werden.

 


 
 

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