Auszug - Öffentliche ExpertInnenanhörung zur Kooperation zwischen Jugendarbeit und Schule in Pankow / 165‘ Die Anhörung wird von Frau Doris Wietfeld (Streit Entknoten, Büro für Mediation und Interkulturelle Kommunikation) moderiert. ReferentInnen: • Marina Koch-Wohsmann aus der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft, • Elvira Kriebel vom Paritätischen Wohlfahrtsverband und • Dr. Mike Seckinger vom Deutschen Jugendinstitut. Nach den Vorträgen stehen die ExpertInnen den Mitgliedern des Ausschusses sowie den Bezirksverordneten für Fragen zur Verfügung.   

 
 
öffentliche Sitzung des Ausschusses für Finanzen, Personal und Immobilien und des Kinder- und Jugendhilfeausschusses
TOP: Ö 2
Gremien: Ausschuss für Finanzen, Personal und Immobilien, Kinder- und Jugendhilfeausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 06.12.2012 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 20:00 Anlass: reguläre Ausschusssitzung
Raum: Haus 7, BVV-Saal
Ort: Bezirksamt Pankow von Berlin, 10405 Berlin, Fröbelstraße 17
 
Wortprotokoll
Abstimmungsergebnis

Herr Wischnewski-Ruschin dankt zunächst dem Jugendamt für die Vorbereitung der heutigen Anhörung und bei der KJFE Königstadt für die Technik

 

Herr Wischnewski-Ruschin dankt zunächst dem Jugendamt für die Vorbereitung der heutigen Anhörung und bei der KJFE Königstadt für die Technik. Er führt kurz in die Thematik ein, stellt die eingeladenen Referentinnen und Referenten vor und übergibt die Sitzungsleitung an Frau Wietfeldt.

 

(Hinweis: für die konkreten Vorträge im Konkreten wird auf die Anlagen zum Protokoll verwiesen.)

 

Herr Dr. Seckinger trägt vor. Den Schwerpunkt legt Herr Dr. Seckinger auf die Zusammenarbeit der offenen Jugendarbeit mit dem Bereich Schule. Er verweist darauf, dass die Jugendverbandsarbeit und der Bereich Schule ein eigenes spannendes Thema ist. Die Frage des Problemkreises Jugendarbeit an Schule lässt sich auch nicht abstrakt beantworten und ist letztendlich eine politische und eine fachliche Entscheidung. Sehr wichtig ist die Klarheit hinsichtlich der Aufgaben und Aufträge in der Zusammenarbeit, insbesondere auch hinsichtlich der Weisungsrechte und der Personalplanung. Diese Klarheit muss von Anfang an diskutiert werden und ist für eine gewinnbringende Zusammenarbeit unbedingt herzustellen. Bezüglich Mustervereinbarungen führt Herr Dr. Seckinger aus, dass diese wichtig sind, aber nicht nur in einer, sondern in unterschiedlichen Formen erarbeitet werden sollten. Ein guter Ansatz für die Entwicklung der Zusammenarbeit der Bereiche sind gemeinsame Fortbildungen.

Auf Nachfrage zu nationalen oder internationalen Pilotprojekten meint Herr Dr. Seckinger, dass man immer die konkreten Verhältnisse vor Ort kennen muss und diese Anhörung nicht auf Beispiele organisiert wurde.

 

Frau Koch-Wohsmann trägt vor, auch zum Rahmenkonzept. In Pankow besteht seit 2007 die Struktur mit einer eigenen Personalstelle. Frau Koch-Wohsmann konzentriert sich bei ihrem Vortrag auf fünf Punkte - Grundsteine in Berlin, gesamtstädtische Entwicklungsperspektiven, Ableitungen für die Jugendämter, Gelingensbedingungen und konkrete Unterstützungsstrukturen im Bezirk und auf der Ebene der Senatsverwaltung.

Grundsteine: In allen Bezirken ist eine Vielzahl von Kooperationen vorhanden. Ziel ist ein ganzheitliches Bildungsangebot. Im Bezirk Pankow liegt bereits auch die bezirkliche Rahmenkonzeption vor. Auch andere Bereiche, zum Beispiel die kulturelle Bildung sollten in die Entwicklung einbezogen werden und sind mitzudenken. Ziel sei es, ressortübergreifend zu arbeiten und im Bezirk ganz konkret Bestand und Bedarf zu verknüpfen, um die Bildungschancen zu verbessern. In der Vergangenheit gab es bisher viele Projekte, in die viel Geld geflossen ist, allerdings bisher mit wenig Erfolgen. Eine sozial-räumliche Betrachtung ist notwendig. Die Mittel sind abgestimmt einzusetzen. Hier kann die regionale Schul-und Jugendhilfeplanung als Grundlage dienen. Erforderlich ist ein Zusammenrücken der Bereiche. Die Angebote sind mit dem Fokus auf Kinder und Jugendliche abzustimmen. Als positives Beispiel kann das Landesprogramm Jugendarbeit an Schulen benannt werden. Die Schule ist der zentrale Lebens-und Lernort. Eine enge Vernetzung sollte Standard werden.

Gesamtstädtische Entwicklungen: Zunehmende Bedeutung bekommt das Thema Inklusion. Es sind Bildungsnetzwerke zu entwickeln, weg von Einzelprojekten, hin zu vernetzten Strukturen. Das erfordere auch multifunktionales Personal und eine gemeinsame Planung, insbesondere mit dem Bereich soziale Stadtentwicklung. Hier müssen auch die Verwaltungen auf Landesebene zusammenrücken. Auch der Bereich des Ganztages ist mitzubetrachten. Das erfordere einen dialogischen Prozess. Wichtig sei es auch, dass die Jugendarbeit als Teil von Bildungsnetzwerken verstanden wird und nicht nur als Mittel zum Auffangen von sozialer Benachteiligung. Es bedarf eines erweiterten Bildungskonzeptes und einer Erweiterung der Kompetenzen der Jugendarbeit.

Gelingensbedingungen: Hier sind insbesondere zu nennen, ein gemeinsames Bildungsverständnis, Kooperationsvereinbarungen, klare Ansprechpartner, Bestand und Bedarf.

Unterstützungsstrukturen: Zur Unterstützung bedarf es der Bereitstellung von Mitteln für den Bereich der Jugendarbeit, das erfordert auch maßgeblich den politischen Willen im Bezirk. Im März 2013 wird es in Berlin zum dritten Male eine gemeinsame Fachtagung geben. Kontinuierliche Zusammenarbeit, Fachsteuerung zur Qualitätssicherung und gemeinsame Fortbildungen gehören ebenfalls zu den Unterstützungsleistungen.

 

Frau Kriebel trägt vor und zwar mit dem Schwerpunkt auf bisherige Erfahrungen in der Praxis. Bisher gab es viele einzelne Projekte. Problematisch waren dabei Engpässe in der Finanzierung bei den Trägern und die unterfinanzierte Jugendarbeit in Berlin. Kritisch sei anzumerken, dass die Schüler-Klubs bisher nicht ausreichend in die Bezirke eingebunden worden sind, auch mit der Kooperationsvereinbarung Jugend - Schule als ersten Schritt sei dies nur bedingt gelungen. Aus Sicht der Träger ist es wichtig Antworten auf die Fragen, was geht und was geht nicht, zu bekommen. Hier sind die Chancen und die Grenze heraus zu arbeiten. Das Selbstverständnis der Träger ist wichtig. In der Praxis gibt es positive Entwicklungen insbesondere im Bereich der Grundschulen. Ein Problem ist die Freiwilligkeit, diese kann aber nicht absolut gesehen werden, eine „andere“ Freiwilligkeit gehört mit zu den Rahmenbedingungen. Auch wurden bisher wesentliche Zielgruppen nicht durch die Jugendfreizeiteinrichtungen erreicht. Hier ist eine weitere Diskussionen über Zielgruppen erforderlich. Das ist eine Frage der Steuerung vor Ort. Zielgruppen und Angebote sind zu untersuchen. Der Ganztag ist zu betrachten, es werde auch weiterhin ein Bedarf an offener Jugendarbeit in Sozialraum bestehen. Die Träger sollten von der Schule erwarten, dass sie bei Entscheidungen einbezogen werden. Das bedeutet für die Träger, dass sie sich einbringen müssen und dies auch einfordern sollten. Dafür sei ein starkes steuerndes Jugendamt erforderlich. Innerhalb des Jugendamtes bedarf es einer Definition, was im Rahmen möglich ist; dazu muss der Rahmen bestimmt werden und es muss überprüft werden, ob das dann auch funktioniert. Weiterhin ist es notwendig, die Qualität weiterzuentwickeln, hierfür ist es erforderlich, auch einen längeren Zeitraum zu betrachten. Für die Kooperationen müssen die Bezirke die Personalstelle absichern. Auch ein Rückzug aus der Kooperation muss möglich sein, wenn die Zusammenarbeit nicht funktioniert.

 

Herr Schrecker fragt nach, welche Motivation hinter der Kooperation steckt, auch hinsichtlich wirtschaftlicher Aspekte.

Herr Petring meint, dass es wichtig sei, zu besprechen, ob es um Jugendarbeit und Schule oder um Jugendhilfe und Schule geht. Er weist daraufhin, dass die finanziellen Mittel für Schule auf der Senatsebene vergeben werde und die Mittel für Jugendarbeit auf der Bezirksebene.

Herr Sablotny meint, dass die informelle Bildung nicht vernachlässigt werden darf. Hier gibt es eine gemeinsame Verantwortung des Bereichs Jugendarbeit und des Bereichs Schule für eine solche „wilde“ Bildung. Jugendarbeit an Schulen kann nicht nur als Bereicherung der formellen Bildung verstanden werden. Er fragte dazu die Referentinnen und Referenten nach Erfahrungen.

Herr Wischnewski-Ruschin fragt Frau Koch-Wohsmann nach dem Thema Inklusion und ob eine so große Aufgabe mit den zur Verfügung stehenden Mittel leistbar sei.

 

Frau Koch-Wohsmann betont in ihrer Antwort nochmals, dass bisher zu viele einzelne Projekte ohne gute Ergebnisse finanziert wurden und es einer abgestimmten Bildungsplanung bedarf. Ohne zusätzliche Mittel gehe Inklusion nicht. Hier ist die Verstärkung der Ressourcen zu diskutieren.

 

Frau Kriebel fordert eine kritische Diskussion zum Thema Freiwilligkeit ein. Dies sei insbesondere innerhalb der Jugendhilfe weiter zu diskutieren. Ein weiteres Arbeitsfeld sind die vorhandenen Ressourcen. Diese Diskussion ist nicht nur Aufgabe der Schule und der Träger der Jugendhilfe, sondern auch des Jugendamtes und des Jugendhilfeausschusses. Die Inklusion befindet sich in Berlin erst am Anfang. Nordrhein-Westfalen ist an dieser Stelle schon weiter. An Schulen muss auch die sozialpädagogische Kompetenz der Jugendhilfe als Chance mitgedacht werden.

 

Frau Zürn-Kasztantowicz stellt dar, wie bisher versucht wurde, die Kooperationen auf die Bahn zu bringen. Die Realitäten seien aber so wie sie sind, insbesondere hinsichtlich des Personals im Schulbereich, wie auch im Jugendbereich. Ziel sollte eine ganzheitliche Entwicklung sein. Dafür sollten die unterschiedlichen Professionen zusammengeführt werden. Sie fragt nach, ob es möglich sei, positive Beispiele vorzustellen, da eine Analyse am konkreten Beispiel sehr hilfreich sei.

Herr Schrecker fragt nach, wer die Finanzierung der Jugendarbeit in den Schulen übernimmt.

Frau Keil erinnert an das Thema der Anhörung, nämlich die Jugendarbeit. Sie fragt, welche Beispiele für Kooperation es andernorts gibt, insbesondere Beispiele für Kooperation außerhalb der Schule.

 

Herr Dr. Seckinger merkt in seiner Antwort an, dass diese Anhörung nicht als Beispielanalyse organisiert wurde, ansonsten hätte er sich anders vorbereitet. In der Zusammenarbeit von Jugendarbeit und Schule ist von einem Bündel unterschiedlicher Motivationen auszugehen. Er sieht zum Beispiel ein inhaltliches Bildungsproblem. Er gehe von einem ganzheitlichen Menschenbild aus, das heißt, erforderlich ist auch eine ganzheitliche Bildung. Oftmals nehmen aber freie Träger jede Kooperation an („Kooperation absolut“), um insbesondere neue Zielgruppen zu erschließen. Dieses Bündel muss gewichtet werden, um erfolgreiche Kooperation zu organisieren. Die Frage, was will man eigentlich, ist sehr wichtig. Ganz entscheidend ist es dabei, von welchem Bildungsbegriff man ausgeht. Kein Bildungsbegriff sei verwerflich, aber es muss im Bezirk entschieden werden, welcher Bildungsbegriff die Grundlage für die Kooperation sein soll. Nur wenn das definiert wird, kann aus seiner Sicht Erfolg eintreten. Herr Dr. Seckinger meint, dass der Bezirk hier noch viel Arbeit vor sich habe.

Frau Kriebel führt als Praxisbeispiel die Kooperationen in einem Förderzentrum mit einer Jugendfreizeiteinrichtung an. Hier gehen Gruppen regelmäßig in die Jugendfreizeiteinrichtung. Die Finanzierung erfolgt über die Schule. Dieses Projekt läuft zunächst für 18 Monate und wird dann überprüft werden.

 

Frau Zörbel (Schulleiterin an der Gustav-Eiffel-Schule) kritisiert die aus ihrer Sicht sehr einseitige Darstellung der Schule nur als Pflicht-und Zwangsverband. Als positives Beispiel nennt sie die Zusammenarbeit in dem Projekt „Berufe zum Ausprobieren“ für die siebte Klasse. Wichtig sei es auch, über das Bild des Jugendamtes nachzudenken, insbesondere bei den Eltern. Das Jugendamt wird überwiegend nur in seiner Zuständigkeit für Probleme gesehen. Ein besonderes Problem ist die Kurzfristigkeit der Finanzierung; für eine verlässliche Arbeit müsse sich das ändern. Am Beispiel der Schülerklubs stellt sie dar, dass aufgrund des Sparzwangs in Berlin auch weniger Geld für die Jugendarbeit zur Verfügung steht. Die Träger der Jugendarbeit sind aufgefordert, an die Schulen zu gehen.

 

Herr Dr. Seckinger führt aus, dass die Schulpflicht nun einmal besteht und das sei nicht negativ zu verstehen. Mit Zwangsverband sei der feste Klassenverband gemeint. Die Gesellschaft erwartet von Schule Leistungsnachweise und damit Selektion; das sei die zentrale Funktion der Schule. Die Jugendarbeit habe dies nicht und es ist auch nicht böse gemeint. Wichtig sei aber, diese Tatsache zu erkennen, weil es für ein erfolgreiches Zusammenwirken zentral wichtig ist.

 

 


Abstimmungsergebnis:

 

 

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Anlage Prot KJAH 06.12.12 (460 KB)    

 
 

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