Auszug - Besprechung über die "Therapeutische Betreuung in Pankower Schulen"  

 
 
öffentliche Sitzung des Ausschusses für Gesundheit, Arbeit und Soziales
TOP: Ö 4
Gremium: Ausschuss für Gesundheit, Arbeit und Soziales Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 23.06.2009 Status: öffentlich
Zeit: 19:30 - 21:35 Anlass: reguläre Ausschusssitzung
Raum: Haus 6, Raum 227
Ort: Bezirksamt Pankow von Berlin, 10405 Berlin, Fröbelstraße 17
 
Wortprotokoll

Der Vorsitzende nimmt Bezug auf die Beratung im Rahmen der letzten Ausschusssitzung, die im Bezirk zu zahlreichen Reaktionen g

Der Vorsitzende nimmt Bezug auf die Beratung im Rahmen der letzten Ausschusssitzung, die im Bezirk zu zahlreichen Reaktionen geführt habe, u.a. seitens vier Elternvertretungen und der Sportlerin Marianne Buggenhagen. Die Resonanz zeige sich auch an der Vielzahl der interessierten Gäste, die zur Fortsetzung der Beratung in den Ausschuss gekommen seien und die er herzlich begrüße.  

 

Auf Bitten des Ausschussvorsitzenden erläutert BzStRin Lioba Zürn-Kasztantowicz noch einmal die Hintergründe und die Rahmenbedingungen. Auch nach den jüngsten auf der Landesebene getroffenen Beschlüssen werde es bei Einsparvorgaben von ca. 6 Mio. Euro für den Bezirk bleiben, von denen 1,47 Mio. Euro ihren Bereich belasteten. In vielen Bereichen gebe es nichts mehr einzusparen und der Bezirk müsse Pflichtaufgaben erfüllen. Beispiele seien die Schulausstattung, der Bereich der Sozialhilfe oder der Kindergesundheitsdienst. Auch ein arbeitsfähiges Schulamt sei unverzichtbar. Sie habe deshalb lange um Vorschläge zur Untersetzung des Eckwertebeschlusses gerungen. Im Ergebnis habe sie die sozialen Projekte mit 330.000 Euro zur Disposition gestellt, die Gesundheitsprävention, Sucht- und Psychiatriekoordination um eine von vier Stellen gekürzt und weitere gut 400.000 Euro im Bereich Gesundheit  angeboten, dabei handele es sich um alle Krankengymnastinnen und eine Logopädin in den Schulen. Die restliche Summe müsse aus dem Schulbereich erbracht werden.

Im Rahmen der Beratung des Gesundheitsdienstgesetzes (GDG) habe man versucht zu definieren, welche Aufgaben des Gesundheitsamtes  zentralisiert bzw. privatisiert werden könne. Bereits davon betroffen gewesen seien: Die kommunale Suchtberatung, der Amts- und vertrauensärztliche Dienst, der Sozialmedizinische Dienst und die Beratungsstelle für sexuelle Gesundheit und AIDS, die alle nicht mehr in Pankow seien. Zur Sprache gekommen sei dabei vor sechs Jahren auch die therapeutische Betreuung an den Schulen. Die Aufzählung der Kernaufgaben in § 1 Abs. 3 umfasse in Nummer 2 Buchstabe f auch die ambulante therapeutische Versorgung behinderter und schwer behinderter Kinder und Jugendlicher insbesondere im Schulbereich, allerdings mit dem Zusatz „soweit diese nicht anders gewährleistet wird“.

Die Zahl der Therapeuten habe in Pankow und anderen Bezirken über die Jahre stetig abgenommen. Einen Einstellungskorridor zur Außeneinstellung von TherapeutInnen habe es noch nie gegeben, und auch in den nächsten Jahren sei dies nicht absehbar. Pankow habe derzeit noch elf TherapeutInnen, und bestimmte Bereiche würden bereits jetzt nicht mehr abgedeckt und von externen Therapeuten in den Schulen durchgeführt, wie z.B.. Logopädie und Ergotherapie. Mit Blick auf anstehende Altersabgänge und den Krankenstand in diesem Bereich werde sich die Lage weiter verschlechtern.

Deshalb habe man sich dazu entschlossen, die therapeutische Versorgung zur Disposition zu stellen, auch wenn es an deren Bedeutung keinen Zweifel gebe. Sie müsse jedoch schlicht auch aus ihren Ämtern Vorschläge machen und die Handlungsspielräume dafür seien wie geschildert sehr begrenzt.

 

Der Leiter des Gesundheitsamts, Dr. Peters, ergänzt, die Entscheidung über Angebote zur Entlastung des Haushalts müsse unter Berücksichtigung der Prioritäten im Gesundheitsamt getroffen werden. So dürfe etwa die Arbeitsfähigkeit des Hygiene- und Umweltgesundheitsdienstes oder im sozialpsychiatrischen Bereich nicht gefährdet werden. Die therapeutische Versorgung schwer behinderter Kinder und Jugendlicher könne jedoch auch anders gelöst werden. In anderen Ländern werde bereits jetzt auf niedergelassene Therapeuten zurückgegriffen, die auf Rezept tätigt würden. Zum Teil würden die Leistungen sogar in den Schulräumen erbracht. Im Ländervergleich sei die jetzige Situation in Berlin deshalb „luxuriös“, auch wenn die Anbindung an den Schulen natürlich wünschenswert sei. Es gehe darum, dies auch beim Rückgriff auf TherapeutInnen aus freien Praxen zu ermöglichen.

 

In der Folge verleihen zahlreiche Gäste dem Anliegen Nachdruck, die therapeutische Versorgung in der jetzigen Form zu erhalten. So zeigen u.a. Eltern- und Lehrkörpervertretungen aus der Marianne-Buggenhagen- und der Helene-Häusler-Schule sowie Therapeutinnen die mit einem Rückgriff auf niedergelassene TherapeutInnen verbundenen Nachteile und Probleme auf und fordern, den persönlichen Schicksalen hinter den Entscheidungen eine größere Rolle zuzumessen (zu Einzelheiten vgl. den als Tischvorlage an die Ausschussmitglieder verteilten und in der Ausschusssitzung vorgetragenen Vortrag einer an der Marianne-Buggenhagen-Schule tätigen Physiotherapeutin). Es fehle ein Konzept des Bezirksamts, wie der Ausgleich gestaltet und das Versorgungsniveau gehalten werden solle.

 

Im Mittelpunkt der folgenden Aussprache stehen weitere Schilderungen von Betroffenen und Nachfragen bzw. Anmerkungen von Ausschussmitgliedern zur Interpretation des GDG, der Praktikabilität von Alternativen (u.a. angesichts der Vielzahl der Krankenkassen und Restriktionen der Kassenärztlichen Vereinigungen, die der Leistungserbringung an Schulen durch niedergelassene TherapeutInnen entgegenstünden), den Vorstellungen des Bezirksamts für ein alternatives Angebot, das den gesetzlichen Vorgaben gerecht werde, und der Situation in anderen Berliner Bezirken und anderen Ländern. Eine Annäherung auf dem niedrigsten Niveau könne nicht das Ziel sein, gespart werden dürfe nicht an den schwächsten Gliedern der Gesellschaft und die Diskussion müsse im Ausschuss politisch geführt werden. Bei einer negativen Entscheidung, die in der BVV in namentlicher Abstimmung getroffen werden solle, könne im Übrigen auch das Konzept der Schulen und der Ganztagsschule in Frage gestellt werden, weil die Kinder zwischendurch Behandlungen benötigten. Mehrere Ausschussmitglieder weisen aber auch auf die in Pankow desolate Haushaltslage, die Schwierigkeiten bei der Untersetzung der Einsparvorgaben und die widerstreitenden Interessen hin: Wenn bei der therapeutischen Versorgung nicht gespart werde, treffe die Einsparung einen anderen Bereich.

 

BzStRin Lioba Zürn-Kasztantowicz stellt klar, das ihr bewusst sei, dass niedergelassene TherapeutInnen nicht genauso wie TherapeutInnen des Gesundheitsamts in die Arbeit in den Schulen eingebunden sein könnten, und der Leistungsumfang bei einer alternativen Organisation eingeschränkt werde. Andere Bezirke hätten nach Einsparungen in den letzten Jahren noch mehr oder weniger TherapeutInnen, aber allein in Pankow sei personell „das Ende der Fahnenstange“ erreicht. Sie habe die Schulleitungen darüber informiert, dass möglicherweise Entscheidungen getroffen und ein Konzept entwickelt werden müsse, und habe mit ihnen vereinbart, dass man sich gegenseitig auf dem Laufenden halte. Denkbar seien z.B. Kooperationen mit klinischen Physiotherapie-Bereichen und großen Praxen. Sie wolle aber alles dafür tun, dies nach Möglichkeit zu verhindern.

http://www.berlin.de/jobcenter/pankow/index.htmlDer Vorsitzende nimmt abschließend eine weitere Petition entgegen, die über das BVV-Büro an die Ausschussmitglieder und den Petitionsausschuss weitergeleitet werden soll und kündigt an, der Ausschuss werde das Thema im Rahmen der Haushaltsberatungen wieder aufgreifen.


 
 

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