Drucksache - 0765/XVIII
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Die
Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen: Bestürzt über die Ankündigung, Radio
Multikulti werde zum Jahresende 2008 eingestellt, appelliert die BVV Neukölln
eindringlich an den Rundfunkrat des RBB, dieses einmalige Programm zu erhalten.
Radio Multikulti ist kein Nischenprogramm, sondern ein öffentlicher Spiegel der
Lebensverhältnisse in unserer Stadt und dem Land Brandenburg, die von Vielfalt
und dem Reichtum kultureller Unterschiede charakterisiert sind. Radio Multikulti leistet mit seinem
Programm in 21 verschiedenen Sprachen wertvolle Beiträge für die Integration
von MigrantInnen in unserer Region. Die vielfältigen Informationen zu Politik
und Alltagsleben, Kultur und Gesellschaft tragen insbesondere durch ihren
starken Bezug auf die lokalen Ereignisse, insbesondere in der Stadt Berlin, zur
aktiven Teilhabe am gesellschaftlichen Leben bei und verbessern damit die
kommunikativen Grundvoraussetzungen für ein gelingendes Zusammenleben. Radio
Multikulti lebt von der geglückten Verbindung zwischen Lokalem und Globalem,
daher kann es von einem überregionalen Programm im Stile von „Funkhaus
Europa" des WDR keinesfalls ersetzt werden. Zugleich stellt Radio Multikulti seit
Jahren eine wichtige Ergänzung zu den anderen Öffentlichkeiten dar, die
MigrantInnen aus ihren Herkunftsländern nutzen. Allein für die etwa 30.000
arabisch sprechenden Menschen aus 20 verschiedenen Ländern, die in Berlin und
Brandenburg leben, bietet Radio Multikulti eine Informationsalternative zu den
per Satellit ausgestrahlten Sendern ihrer Herkunftsländer. In den türkischen
Programmen von Radio Multikulti wird selbstverständlich auch über heikle Themen
wie die Kurdenfrage oder die Armenienthematik berichtet. Wo gibt es heute, nach
den jugoslawischen Bürgerkriegen, eine so einzigartige Sendung wie „Most",
die das Serbische, das Kroatische und das Bosnische mischt? Mit seinem Mix aus regionaler und
„Welt-" Musik sendet Radio Multikulti ein einmaliges Musikprogramm.
Mit der Schließung des Senders verliert auch eine äußerst lebendige kulturelle
Szene eine wichtige öffentliche Unterstützung. Wir erinnern daran, dass Radio
Multikulti 1994 auch als Antwort auf die Welle rassistischer Anschläge in
Mölln, Solingen, Rostock und Hoyerswerda ins Leben gerufen wurde. Es jetzt zu
schließen, setzt ein völlig falsches Zeichen, wo wir gegenwärtig nach dem
Bericht des Verfassungsschutzes eine erneute Zunahme rechtsextremistischer und
rassistischer Straftaten erleben. Zudem hat sich Radio Multikulti in den
letzten 14 Jahren zu einer einzigartigen Kompetenzquelle für die anvisierte
Weiterentwicklung aller öffentlich-rechtlichen Medien hin zu mehr Vielfalt und
interkultureller Kompetenz professionalisiert, die auf dem letzten
Integrationsgipfel völlig zu Recht versprochen wurde. Aber für einen Teil der
heute 30 fest angestellten und 200 freien MitarbeiterInnen bedeutet eine
Schließung, dass sogar ihr Aufenthaltsstatus prekär wird, denn vom Einkommen
aus der Arbeit für Radio Multikulti hängt auch ihre Aufenthaltserlaubnis ab. Radio Multikulti erfüllt den
Programmauftrag der Öffentlich-Rechtlichen in exemplarischer und
unverzichtbarer Weise, weil es zur Integration und zur Wertschätzung
kultureller Vielfalt beiträgt. Dies erfahren wir gerade in unserem Bezirk
besonders deutlich. Eine Schließung torpediert die langjährigen Bemühungen des
Bezirks um Integration und ein Zusammenleben in gegenseitiger Anerkennung. Die BVV
Neukölln fordert den Erhalt von Radio Multikulti und verstärkte Bemühungen um
einen Länderausgleich der Gebührenanteile, der dies ermöglicht. |
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