Auszug - Neukölln knallhart - Strategien zur Bekämpfung von Delinquenz - Ansätze und Projekte der Jugendgerichtshilfe - Clearingrunden der Hauptschulen - Vorstellung der Steuerungsrunde Jugendkriminalität - Vorstellung des Jour Fixe der Polizei
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Herr Weylandt, Leiter der Jugendgerichtshilfe (JGH),
gibt Auskunft zu dem Thema „Ansätze und Projekte der
Jugendgerichtshilfe“. In der JGH wird eine Verfahrensstatistik geführt,
welche die Anklagen und Einstellungsbeschlüsse erfasst. Hierbei wird nur das
Hauptdelikt erfasst, bei zum Teil mehreren in einer Anklageschrift
zusammengefassten Delikten. Es handelt sich hierbei jedoch um keine
Urteilsstatistik. Es ergeben sich daraus fast unveränderte Zahlen bei den
Verfahren: Im Jahr 2007 – 3.531 Verfahren, 2008 – 3.570 Verfahren.
Die JGH arbeitet eng mit dem Nachbarschaftsheim Neukölln, mit Stattknast, der
Warthe 60 und dem SToP-Projekt zusammen. Diese Projekte bieten betreute
Freizeitarbeiten, soziale Gruppenarbeit, Beratungen, Einzelgespräche und auch
verschiedene Seminare zur Intervention (z. B. Antigewalttraining mit
ausgebildeten Trainern) an. Wie bereits der Presse zu entnehmen war, wurde die
Polizeiliche Kriminalitätsstatistik (PKS) für das Jahr 2008 durch den
Polizeipräsidenten vorgestellt. Demnach befindet sich die Jugendkriminalität
auf dem niedrigsten Stand seit 1991, im Vergleich zu 2007 gab es 4,5 % weniger
Tatverdächtige und eine Abnahme von Körperverletzungen und Sachbeschädigungen
an Schulen, jedoch einen leichten Anstieg von Diebstählen. Ebenfalls gab es
eine Abnahme der Jugendgruppengewalt von mind. 20 %. Rund 44 % der Tatverdächtigen besitzen einen
Migrationshintergrund. Jedoch ist eine Steigerung der Delinquenz von jungen
Frauen von etwa 28 % zu beobachten. Ebenfalls ist ein Anstieg rechtsradikaler
Gewalttaten in den östlichen Bezirken zu verzeichnen. Für Neukölln können keine
konkrete Daten veröffentlicht werden, da es keine offiziellen Quellen hierfür
gibt. Jedoch korrespondieren die Zahlen im Allgemeinen mit den Daten der PKS.
Es ist ein Rückgang bei Raubtaten und der Jugendgruppengewalt zwischen 20 % -
25 % zu verzeichnen; die stärkste Beruhigung gibt es in der Region Süd. Die
Mehrfach- und Intensivtäter verlegen sich zunehmend auf Wohnungseinbrüche,
bandenmäßig organisierte Diebstähle aus Gewerbebetrieben sowie Kontoüberweisungsbetrügereien.
Als Faktoren für den Kriminalitätsrückgang sieht Herr Weylandt den
demographischen Wandel, die verbesserten polizeilichen Strategien, die
Intensivtäterkonzeption bei der Polizei und Staatsanwaltschaft (TOE), bessere
Netzwerke der verschiedenen Institutionen, bessere Präventionsarbeit sowie die
schnellere und konsequentere Reaktion der Beteiligten. Auch wenn momentan ein
Rückgang der Kriminalität zu erwarten ist, sieht Herr Weylandt eine Zunahme der
Kriminalität in den Brennpunktkiezen des Bezirks. Frau Thurley stimmt dieser Aussage zu, da es sich
hierbei um ein weit verbreitetes Problem der Erziehungsfähigkeit der Eltern und
Familien handelt. Die Steigerung von Mädchengewalt kann auch Frau Heinemann
beobachten. Zwar gibt es die ehemaligen „Gangstermädchen“ nicht
mehr, jedoch ist zu erkennen, dass die Mädchen immer aggressiver werden und aus
belanglosen Gründen anfangen zu pöbeln. Frau Knörr fragt an, ob es eine
Statistik seitens der JGH über die Rückfälligkeit der betreuten Jugendlichen
gibt. Dies wird von Herrn Weylandt als auch von Frau Dr. Gallus-Jetter
verneint. Dies wäre zwar sehr wünschenswert, jedoch gibt es keine Möglichkeit
der Erfassung, so wie es auch keine wissenschaftliche Statistik darüber gibt,
welche Maßnahme für welchen Typ Jugendlichen richtig ist. Frau Pohl würde es
begrüßen, wenn das SToP-Projekt als neuestes Projekt in diesem Bereich eine
Statistik hierüber erfassen würde, um so auch die Arbeit der Projekte besser
beleuchten zu können. Frau Dr. Gallus-Jetter gibt zu bedenken, dass das
SToP-Projekt erst in 11/2008 begonnen hat und eine erste Prognose in der
nächsten Zeit präsentiert wird. Frau Vonnekold sieht die Hauptaufgabe des
Jugendamtes darin, die Familien frühzeitig zu unterstützen, um den Kindern
rechtzeitig Perspektiven aufzuzeigen, bevor sie auf die schiefe Bahn geraten.
Jedoch sind hierfür finanzielle Mittel für die verschiedensten
Erziehungssysteme notwendig. Frau Dr. Gallus-Jetter stellt die „Clearingrunde
der Hauptschulen“ vor. Diese Runde basiert auf einem Rundschreiben
(Schul- und Jugend Nr. 1/2006) der SenBWF (damals noch Sen BJS), mit dem die
Zusammenarbeit der Bereiche Jugend und Schule verbessert werden sollte. Die
erste gemeinsame Sitzung der Hauptschulleitungen, Vertretern des Jugendamtes
(Jugendamtsdirektorin und Jugendgerichtshilfe), der Schulaufsicht, der
Schulpsychologie und der Polizei war am 31.10.2006 und findet seitdem bis zu 6 x
jährlich statt. Ziel dieser Sitzungen ist, die weitere Vorgehensweise der
Beschulung bei einzelnen Schülern zu beraten. Hierbei erfolgen Absprachen über
Wechsel des behandelten Schülers auf eine andere Neuköllner Schule sowie in
diesem Zusammenhang die Beleuchtung des familiären Hintergrundes. Die abgebende
Schule verpflichtet sich jedoch ebenfalls zur Aufnahme eines anderen Schülers.
Die Zusammenarbeit der verschiedenen Bereiche (Schulleitung, Schulaufsicht,
Jugendamt) hat sich im Laufe der Zeit positiv entwickelt und eine Weiterführung
ist von allen Seiten ausdrücklich gewünscht. Die Vorstellung der „Steuerungsrunde
Jugendkriminalität“ und „Jour Fixe der Polizei“ erfolgt durch
Frau Vonnekold. Die Steuerungsrunde existierte bereits bei ihrem Amtsantritt im
Herbst 2006 und setzte sich aus Teilnehmern der Direktion 5 der Polizei und den
Jugendämtern Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg zusammen. Entstanden war
diese Runde ursprünglich zur Thematik „1. Mai“. Nachdem sich das
Jugendamt Friedrichshain-Kreuzberg an einer weiteren Teilnahme an dieser Runde
nicht interessiert zeigte, wurde seitens des Jugendamtes Neukölln eine
übergreifendere Zusammensetzung geplant und umgesetzt. Inzwischen nehmen neben
dem Jugendamt und der Direktion 5 auch der Neuköllner Migrationsbeauftragte,
Vertreter der Abt. Bildung, Schule, Kultur und Sport, der Schulaufsicht von
SenBWF, der Staatsanwaltschaft, des Familiengerichtes Tempelhof-Kreuzberg und
zwei Jugendrichter des Amtsgerichtes Tiergarten teil. Ziel dieser Runde ist die
Vernetzung der verschiedensten Institutionen, um einen reibungslosen
Informationsfluss zu gewährleisten. Seit einem Jahr wird eine gemeinsamen
Kooperationsvereinbarung und Geschäftsordnung entwickelt, was jedoch auf Grund
der Berücksichtigung der verschiedensten datenschutzrechtlichen Bestimmungen
der unterschiedlichen Bereiche sehr zeitaufwendig ist. Ein weiteres Ziel ist
die Erstellung eines „Verfahrenslaufzettels“, aus welchem sich für
jede an der Runde teilnehmende Institution Informations- und Handlungswege
aufzeigen lassen. Diese Steuerungsrunde ist bisher einmalig in Berlin und wird
von allen Beteiligten als wichtige Vernetzungsquelle angesehen. Herr Rühlmann fragt an, ob die Entsendung eines
Vertreters des JobCenters nicht sinnvoll wäre. So könne bei Bedarf auch gleich
ein Rückgriff auf Kürzung von Geldleistungen abgestimmt werden, wenn z. B.
Eltern ihre Kinder nicht in die Schule schicken. Frau Vonnekold stimmt zu, dass
vorrangig die Eltern in der Pflicht sind, ihren Erziehungsaufgaben
nachzukommen, weshalb in der Steuerungsrunde auch Jugendamt und Familiengericht
vertreten sind, bittet aber unbedingt zu bedenken, dass bei jedem
Verwaltungshandeln die Rechtstaatlichkeit gewahrt bleiben muss. Das JobCenter
erbringt Sozialleistungen, die von der Bedürftigkeit der Betroffenen abhängt,
aber nicht von ihrem Wohlverhalten in anderen Rechtskreisen. Frau Dr.
Gallus-Jetter weist in diesem Zusammenhang auch auf die datenschutzrechtlichen
Bedenken hin. Des Weiteren gibt es zwischen dem Jugendamt und der Polizei
eine weitere Kooperation - den Jour Fixe. Daran nimmt neben dem Jugendamt der
Neuköllner Migrationsbeauftragte, Vertreter der Direktion 5 sowie der
Abschnitte der Direktion 5 (Bereich Neukölln) teil. Diese Runde dient dem
Austausch aktueller Probleme/Geschehnisse in Neukölln. Hier wird auf dem kurzen
Dienstweg nach schnellen Lösungen gesucht. Der Jour Fixe tagt ca. alle zwei
Monate. Insgesamt pflegt das Bezirksamt eine enge,
unverkrampfte und produktive Zusammenarbeit mit der Polizei. |
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