Auszug - Neukölln knallhart - Strategien zur Bekämpfung von Delinquenz - Ansätze und Projekte der Jugendgerichtshilfe - Clearingrunden der Hauptschulen - Vorstellung der Steuerungsrunde Jugendkriminalität - Vorstellung des Jour Fixe der Polizei  

 
 
33. öffentliche Sitzung des Jugendhilfeausschusses
TOP: Ö 3
Gremium: Jugendhilfeausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 02.04.2009 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:40 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Rathaus Neukölln, Çigli-Zimmer, 1. Etage, Raum A104
Ort: Karl-Marx-Straße 83, 12040 Berlin
 
Beschluss

Herr Weylandt, Leiter der Jugendgerichtshilfe (JGH), gibt Auskunft zu dem Thema „Ansätze und Projekte der Jugendgerichtshilfe“

Herr Weylandt, Leiter der Jugendgerichtshilfe (JGH), gibt Auskunft zu dem Thema „Ansätze und Projekte der Jugendgerichtshilfe“. In der JGH wird eine Verfahrensstatistik geführt, welche die Anklagen und Einstellungsbeschlüsse erfasst. Hierbei wird nur das Hauptdelikt erfasst, bei zum Teil mehreren in einer Anklageschrift zusammengefassten Delikten. Es handelt sich hierbei jedoch um keine Urteilsstatistik. Es ergeben sich daraus fast unveränderte Zahlen bei den Verfahren: Im Jahr 2007 – 3.531 Verfahren, 2008 – 3.570 Verfahren. Die JGH arbeitet eng mit dem Nachbarschaftsheim Neukölln, mit Stattknast, der Warthe 60 und dem SToP-Projekt zusammen. Diese Projekte bieten betreute Freizeitarbeiten, soziale Gruppenarbeit, Beratungen, Einzelgespräche und auch verschiedene Seminare zur Intervention (z. B. Antigewalttraining mit ausgebildeten Trainern) an.

 

Wie bereits der Presse zu entnehmen war, wurde die Polizeiliche Kriminalitätsstatistik (PKS) für das Jahr 2008 durch den Polizeipräsidenten vorgestellt. Demnach befindet sich die Jugendkriminalität auf dem niedrigsten Stand seit 1991, im Vergleich zu 2007 gab es 4,5 % weniger Tatverdächtige und eine Abnahme von Körperverletzungen und Sachbeschädigungen an Schulen, jedoch einen leichten Anstieg von Diebstählen. Ebenfalls gab es eine Abnahme der Jugendgruppengewalt von mind. 20 %.

 

Rund 44 % der Tatverdächtigen besitzen einen Migrationshintergrund. Jedoch ist eine Steigerung der Delinquenz von jungen Frauen von etwa 28 % zu beobachten. Ebenfalls ist ein Anstieg rechtsradikaler Gewalttaten in den östlichen Bezirken zu verzeichnen. Für Neukölln können keine konkrete Daten veröffentlicht werden, da es keine offiziellen Quellen hierfür gibt. Jedoch korrespondieren die Zahlen im Allgemeinen mit den Daten der PKS. Es ist ein Rückgang bei Raubtaten und der Jugendgruppengewalt zwischen 20 % - 25 % zu verzeichnen; die stärkste Beruhigung gibt es in der Region Süd. Die Mehrfach- und Intensivtäter verlegen sich zunehmend auf Wohnungseinbrüche, bandenmäßig organisierte Diebstähle aus Gewerbebetrieben sowie Kontoüberweisungsbetrügereien. Als Faktoren für den Kriminalitätsrückgang sieht Herr Weylandt den demographischen Wandel, die verbesserten polizeilichen Strategien, die Intensivtäterkonzeption bei der Polizei und Staatsanwaltschaft (TOE), bessere Netzwerke der verschiedenen Institutionen, bessere Präventionsarbeit sowie die schnellere und konsequentere Reaktion der Beteiligten. Auch wenn momentan ein Rückgang der Kriminalität zu erwarten ist, sieht Herr Weylandt eine Zunahme der Kriminalität in den Brennpunktkiezen des Bezirks.

 

Frau Thurley stimmt dieser Aussage zu, da es sich hierbei um ein weit verbreitetes Problem der Erziehungsfähigkeit der Eltern und Familien handelt. Die Steigerung von Mädchengewalt kann auch Frau Heinemann beobachten. Zwar gibt es die ehemaligen „Gangstermädchen“ nicht mehr, jedoch ist zu erkennen, dass die Mädchen immer aggressiver werden und aus belanglosen Gründen anfangen zu pöbeln. Frau Knörr fragt an, ob es eine Statistik seitens der JGH über die Rückfälligkeit der betreuten Jugendlichen gibt. Dies wird von Herrn Weylandt als auch von Frau Dr. Gallus-Jetter verneint. Dies wäre zwar sehr wünschenswert, jedoch gibt es keine Möglichkeit der Erfassung, so wie es auch keine wissenschaftliche Statistik darüber gibt, welche Maßnahme für welchen Typ Jugendlichen richtig ist. Frau Pohl würde es begrüßen, wenn das SToP-Projekt als neuestes Projekt in diesem Bereich eine Statistik hierüber erfassen würde, um so auch die Arbeit der Projekte besser beleuchten zu können. Frau Dr. Gallus-Jetter gibt zu bedenken, dass das SToP-Projekt erst in 11/2008 begonnen hat und eine erste Prognose in der nächsten Zeit präsentiert wird. Frau Vonnekold sieht die Hauptaufgabe des Jugendamtes darin, die Familien frühzeitig zu unterstützen, um den Kindern rechtzeitig Perspektiven aufzuzeigen, bevor sie auf die schiefe Bahn geraten. Jedoch sind hierfür finanzielle Mittel für die verschiedensten Erziehungssysteme notwendig.

 

Frau Dr. Gallus-Jetter stellt die „Clearingrunde der Hauptschulen“ vor. Diese Runde basiert auf einem Rundschreiben (Schul- und Jugend Nr. 1/2006) der SenBWF (damals noch Sen BJS), mit dem die Zusammenarbeit der Bereiche Jugend und Schule verbessert werden sollte. Die erste gemeinsame Sitzung der Hauptschulleitungen, Vertretern des Jugendamtes (Jugendamtsdirektorin und Jugendgerichtshilfe), der Schulaufsicht, der Schulpsychologie und der Polizei war am 31.10.2006 und findet seitdem bis zu 6 x jährlich statt. Ziel dieser Sitzungen ist, die weitere Vorgehensweise der Beschulung bei einzelnen Schülern zu beraten. Hierbei erfolgen Absprachen über Wechsel des behandelten Schülers auf eine andere Neuköllner Schule sowie in diesem Zusammenhang die Beleuchtung des familiären Hintergrundes. Die abgebende Schule verpflichtet sich jedoch ebenfalls zur Aufnahme eines anderen Schülers. Die Zusammenarbeit der verschiedenen Bereiche (Schulleitung, Schulaufsicht, Jugendamt) hat sich im Laufe der Zeit positiv entwickelt und eine Weiterführung ist von allen Seiten ausdrücklich gewünscht.

 

Die Vorstellung der „Steuerungsrunde Jugendkriminalität“ und „Jour Fixe der Polizei“ erfolgt durch Frau Vonnekold. Die Steuerungsrunde existierte bereits bei ihrem Amtsantritt im Herbst 2006 und setzte sich aus Teilnehmern der Direktion 5 der Polizei und den Jugendämtern Neukölln und Friedrichshain-Kreuzberg zusammen. Entstanden war diese Runde ursprünglich zur Thematik „1. Mai“. Nachdem sich das Jugendamt Friedrichshain-Kreuzberg an einer weiteren Teilnahme an dieser Runde nicht interessiert zeigte, wurde seitens des Jugendamtes Neukölln eine übergreifendere Zusammensetzung geplant und umgesetzt. Inzwischen nehmen neben dem Jugendamt und der Direktion 5 auch der Neuköllner Migrationsbeauftragte, Vertreter der Abt. Bildung, Schule, Kultur und Sport, der Schulaufsicht von SenBWF, der Staatsanwaltschaft, des Familiengerichtes Tempelhof-Kreuzberg und zwei Jugendrichter des Amtsgerichtes Tiergarten teil. Ziel dieser Runde ist die Vernetzung der verschiedensten Institutionen, um einen reibungslosen Informationsfluss zu gewährleisten.

 

Seit einem Jahr wird eine gemeinsamen Kooperationsvereinbarung und Geschäftsordnung entwickelt, was jedoch auf Grund der Berücksichtigung der verschiedensten datenschutzrechtlichen Bestimmungen der unterschiedlichen Bereiche sehr zeitaufwendig ist. Ein weiteres Ziel ist die Erstellung eines „Verfahrenslaufzettels“, aus welchem sich für jede an der Runde teilnehmende Institution Informations- und Handlungswege aufzeigen lassen. Diese Steuerungsrunde ist bisher einmalig in Berlin und wird von allen Beteiligten als wichtige Vernetzungsquelle angesehen.

 

Herr Rühlmann fragt an, ob die Entsendung eines Vertreters des JobCenters nicht sinnvoll wäre. So könne bei Bedarf auch gleich ein Rückgriff auf Kürzung von Geldleistungen abgestimmt werden, wenn z. B. Eltern ihre Kinder nicht in die Schule schicken. Frau Vonnekold stimmt zu, dass vorrangig die Eltern in der Pflicht sind, ihren Erziehungsaufgaben nachzukommen, weshalb in der Steuerungsrunde auch Jugendamt und Familiengericht vertreten sind, bittet aber unbedingt zu bedenken, dass bei jedem Verwaltungshandeln die Rechtstaatlichkeit gewahrt bleiben muss. Das JobCenter erbringt Sozialleistungen, die von der Bedürftigkeit der Betroffenen abhängt, aber nicht von ihrem Wohlverhalten in anderen Rechtskreisen. Frau Dr. Gallus-Jetter weist in diesem Zusammenhang auch auf die datenschutzrechtlichen Bedenken hin.

 

Des Weiteren gibt es zwischen dem Jugendamt und der Polizei eine weitere Kooperation - den Jour Fixe. Daran nimmt neben dem Jugendamt der Neuköllner Migrationsbeauftragte, Vertreter der Direktion 5 sowie der Abschnitte der Direktion 5 (Bereich Neukölln) teil. Diese Runde dient dem Austausch aktueller Probleme/Geschehnisse in Neukölln. Hier wird auf dem kurzen Dienstweg nach schnellen Lösungen gesucht. Der Jour Fixe tagt ca. alle zwei Monate.

 

Insgesamt pflegt das Bezirksamt eine enge, unverkrampfte und produktive Zusammenarbeit mit der Polizei.

 

 


 
 

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