Auszug - Informationen über die Aktivitäten der Guttempler und Aussprache  

 
 
27. öffentliche Sitzung des Sozialausschusses
TOP: Ö 2
Gremium: Sozialausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 17.02.2009 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:00 Anlass: ordentliche Sitzung
 
Beschluss

Anlässlich dieses Tagesordnungspunktes übergibt Frau Schoenthal das Wort Herrn Thulcke, dem Geschäftsführer der Guttempler

Anlässlich dieses Tagesordnungspunktes übergibt Frau Schoenthal das Wort Herrn Thulcke, dem Geschäftsführer der Guttempler.

 

Herr Thulcke berichtet über die Philosophie und Arbeitsweise der Guttempler.

Der Guttemplerverband Berlin-Brandenburg ist schon seit etwa 100 Jahren in Neukölln beheimatet und hat nach dem Umzug aus der Wederstraße seinen Hauptsitz nunmehr im ehemaligen Abwasser-Pumpwerk von Rixdorf. Der Verband hat ca. 1000 ehrenamtlich tätige Mitglieder und zwei fest angestellte Mitarbeiter/innen. Darüber hinaus sind 3 MAE-Kräfte im Guttemplerhaus beschäftigt.

 

Philosophie: Die Guttempler bieten Menschen alkoholfreie Begegnungsmöglichkeiten, Weiterbildung und Freizeitgestaltung, durch die sie wieder Sinn und Spaß am Leben entdecken. Die Guttempler informieren über die Auswirkungen des Konsums von Alkohol und anderen Drogen. In den Gemeinschaften können neu gewonnene Erlebnisse und Erfahrungen vertieft werden. Durch die alkoholfreie Lebensgestaltung kann sich jeder neue Ziele setzen, Talente und Fähigkeiten neu- oder wiederentdecken. Dies stärkt das Selbstbewusstsein und die Motivation, sich in die Gemeinschaft einzubringen, Verantwortung zu übernehmen. Neue Freundschaften bilden sich.

 

Arbeitsweise: Es gibt im Hauptsitz eine Cafeteria und eine Beratungsstelle, die von freiwilligen ehrenamtlichen Suchtgefährdetenhelfer/innen betreut wird. Die Gesprächsangebote in der Beratungsstelle sind vertraulich, unverbindlich und kostenlos. Die Cafeteria bietet alkoholfreie Getränke und Speisen à la Hausmannskost an. Die Preise für den Mittagstisch bewegen sich bei 3,- bis 4 ,- €. Im Guttemplerhaus ist jeder willkommen. Die Cafeteria wird häufig auch von Senioren/innen genutzt. Es kommt auch vor, dass der Mittagstisch nach Hause geliefert wird, wenn Senioren aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage sind die Cafeteria aufzusuchen (sog. praktizierte Altenbetreuung).

 

Von Montag bis Freitag treffen sich jeweils ein bis zwei Selbsthilfegruppen. Menschen mit Alkohol- oder anderen Suchtproblemen wie auch ihre Partner, Eltern, Kinder können die Gesprächsgruppen besuchen. Hier wird offen und vertrauensvoll miteinander geredet. Alle Teilnehmenden können in das Gespräch einbringen, was sie gerade bedrückt, wo sie Schwierigkeiten haben oder was sie besonders erfreut. Andererseits ist niemand gezwungen zu reden, wenn er oder sie es nicht möchte.

 

Darüber hinaus gibt es noch sog. Vorgruppen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass Hilfesuchende eine längere Anlaufzeit benötigen, bis sie bereit sind, sich zu öffnen. Die Vorgruppen sind deutlich kleiner und bieten damit eine besonders vertrauliche Atmosphäre, die dem Betroffenen helfen, über sein (Sucht-)Problem zu sprechen.

 

Außerdem beraten die Guttempler regelmäßig in Neuköllner Schulen und in den beiden Jugendclubs Neudecker Weg und Wutzkyallee.

 

Frau Pohl fragt nach, wie sich die Guttempler finanzieren und ob in der Einrichtung auch Psychologen bzw. Therapeuten tätig sind. Frau Hall-Freiwald stellt fest, dass die Guttempler im Bezirk sehr gut verwurzelt sind und möchte deshalb wissen, ob die Guttempler kostendeckend arbeiten können?

 

Die Guttempler erhalten vom Bezirksamt einen festen Zuschuss und die Mitglieder zahlen einen Beitrag in Höhe von 8,- €. Alle Mitglieder bringen sich ehrenamtlich ein. So werden z.B. auch anstehende Reparaturen nach Möglichkeit selbst vorgenommen. Aufgrund einer getroffenen Vereinbarung zwischen „Stadt und Land“ und dem Bezirksamt muss keine Miete gezahlt werden, jedoch kommen die Guttempler für den Unterhalt des Gebäudes auf.

 

Eine professionelle therapeutische Betreuung wird bei den Guttemplern nicht angeboten. Die Philosophie der Guttempler basiert auf dem Gedanken der Hilfe durch Selbsthilfe, demzufolge arbeiten die Guttempler in Selbsthilfegruppen. Es gibt jedoch ein gut ausgebautes Netzwerk und wenn der Bedarf besteht, können die Guttempler auch an professionelle Therapieeinrichtungen vermitteln.

 

Herr Szczepanski erkundigt sich, wie gut die Seminarangebote von bezirklichen Institutionen angenommen werden?

 

Dieses Angebot wurde bisher insbesondere von den Schulen und Jugendeinrichtungen gut genutzt. Da jedoch der Kollege, der die Seminare bisher betreut hat, vor kurzem verstorben ist, wird dieser Bereich zurzeit neu organisiert. Mitte diesen Jahres sollen dann wieder Seminare für Schulen und Jugendclubs angeboten werden.

 

In diesem Zusammenhang berichtet Frau Daubitz, dass sie einen Gesprächskreis für junge Erwachsene mit Suchtproblemen gegründet hat, der sich jeden Samstag von 18.00 bis 20.00 Uhr im Guttemplerhaus trifft. Mit dieser Gruppe sollen insbesondere Jugendliche mit Mehrfachabhängigkeiten angesprochen werden.

 

Frau Pohl fragt nach, welche Personengruppen die Guttempler aufsuchen?

 

Männer und Frauen jeden Alters nutzen die Einrichtung der Guttempler gleichermaßen. Menschen mit Alkohol- oder anderen Suchtproblemen und auch deren Angehörige. Die Cafeteria dient häufig als der Ort der ersten Kontaktaufnahme. Die MAE-Kräfte sprechen z. B. die Besucher an und fragen nach ihrem Befinden. Häufig sind mehrere Anläufe notwendig, bis der Gast bereit ist, sein Problem anzusprechen. Allerdings suchen nur sehr wenige Menschen mit Migrationshintergrund diese Einrichtung auf.

 

Auf Nachfrage wie mit sog. „Führerscheinaspiranten“ umgegangen wird, erklärt Herr Thulcke, dass grundsätzlich jeder willkommen ist. In Gesprächen wird versucht, ein Bewusstsein beim Betroffenen für sein Suchtproblem als Ursache für seinen Führerscheinverlust zu entwickeln.

 

Frau Dr. Stelz möchte wissen, wie die Guttempler damit umgehen, wenn sich im Beratungsgespräch herausstellt, dass professionelle Unterstützung notwendig ist.

 

Herr Thulcke stellt klar, dass die Guttempler genau wissen, wo Ihre Grenzen sind. Wenn psychische Erkrankungen festgestellt bzw. vermutet werden, werden diese Betroffenen selbstverständlich an therapeutische Einrichtungen weitervermittelt. Es existiert eine gute Zusammenarbeit zwischen Therapeuten und den Selbsthilfegruppen.

 

Fr. Lanske fragt, inwiefern auch Angehörige von Suchtabhängigen betreut werden.

Herr Thulcke erklärt, dass auch die Angehörigen in den Selbsthilfegruppen willkommen sind und zusätzlich sich einmal in der Woche eine Angehörigengruppe trifft.

 

Herr Sütterlin erkundigt sich nach der Nachhaltigkeit insbesondere bei jungen Menschen.

 

Es wird klargestellt, dass Rückfälle zur Suchtkrankheit gehören und auf dem Weg in die Abstinenz passieren können und gerade auch bei jungen Menschen keine Seltenheit sind. Jedoch wird keiner ausgegrenzt, jeder darf in die Gemeinschaft zurückkehren und wird dort aufgefangen. Die Erfahrung zeigt, dass die meisten nach einem Rückschlag wiederkommen.

 

Frau Schoenthal bedankt sich bei Herrn Thulcke, Frau und Herrn Daubitz für die ausführlichen Informationen und beendet diesen Tagesordnungspunkt.

 


 
 

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