Auszug - Vorstellung des Bauvorhabens Mariendorfer Weg/Emmauskirchhof-West  

 
 
14. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung
TOP: Ö 2
Gremium: Ausschuss für Stadtentwicklung Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 18.04.2023 Status: öffentlich
Zeit: 17:06 - 19:09 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Rathaus Neukölln, BVV-Saal, 2. Etage, Raum A202
Ort: Karl-Marx-Straße 83, 12040 Berlin
 
Beschluss


Der Vorsitzende leitet den Tagesordnungspunkt kurz ein und schlägt vor, dass zunächst die BUWOG als Vorhabenträger das Bauvorhaben vorstellt und sich anschließend die Verwaltung dazu äußern wird. Anschließend könne die Diskussion (inklusive Position der anwesenden Initiative) geführt werden. Der Ausschuss äußert keine Einwände.

 

Das Wort erhält Herr Mahler von der BUWOG, der das Unternehmen und einige Referenzprojekte eingangs kurz vorstellt. Das Vorhaben, um welches es hier heute geht, ist der 2. Bauabschnitt des Projektes Neukölln: Neumarien. Durch die gezeigte Präsentation veranschaulicht er die vorgesehenen Baufelder. Geplant sind demnach neun Wohngebäude mit etwa 650 Wohnungen (1- bis 5-Zimmer-Wohnungen), davon rund 370 Eigentumswohnungen, mindestens 200 geförderte und rund 80 freifinanzierte Mietwohnungen. Laut Berliner Forsten ist das Areal kein Wald. Das Bauvorhaben sieht vor: Erhalt historischer Wegeführung, bestmöglicher Erhalt geschützter (gesunder) Bäume und entsprechende Ausrichtung der Kubatur, Wiederherstellung des Gartendenkmals, öffentlich zugängliche Durchwegungen und keine Gated Community. Insgesamt werden etwa 30 % der Fläche bebaut und 70 % als Grün- und Außenanlagen gestaltet. Alle Häuser erhalten Gründächer, Regenwasser kann vollständig versickern und der Grünausgleich erfolgt zu 100 % im Bezirk. Herr Mahler geht anschließend auf die erwartete Erwerber*innen- bzw. Mieter*innenstruktur ein und fasst abschließend die wesentlichen Informationen kurz zusammen (u.a. noch Hinweis auf die bereits realisierte Kita mit 80 Plätzen, 4,4 Mio. Euro für Schaffung von Schulplätzen und Schaffung von ca. 1.300 Fahrradabstellplätzen).

 

Weitere Einzelheiten können der Präsentation entnommen werden, die über die Aus-schusswebseite des Stadtentwicklungsamtes zur Verfügung steht.

 

Der Vorsitzende bedankt sich für die Vorstellung des Bauvorhabens und bittet nun die Verwaltung um eine Einschätzung. Herr BzStR Biedermann begrüßt die heutige Debatte ausdrücklich und auch das große Engagement der Initiative, was sich in der Vielzahl der heutigen Gäste widerspiegelt. Die Festsetzung eines Bebauungsplans ist originäre Aufgabe der BVV. Ein Baustopp, wie auf der vorausgegangenen Kundgebung vor dem Rathaus gefordert, ist indes gar nicht möglich, da noch gar kein Baurecht besteht und mithin auch nicht gebaut wird. Viele Fragen müssen nun im schwierigen Spagat zwischen der Schaffung dringend benötigten Wohnraums und Erhalt von Stadtnatur neu gestellt werden. Ein einfaches Richtig oder Falsch wird es für ihn nicht geben, umso wichtiger wird die Gestaltung des weiteren Prozesses sein.

 

Herr Teschner-Steinhardt äußert aus umwelt- und naturschutzfachlicher Sicht Bedenken gegen ein Bauvorhaben in dieser Größenordnung, welches nur mit entsprechenden Ausgleichen umsetzbar ist, den er bisher noch für mangelhaft erachtet. Trotz aller Schutzmaßnahmen kann bei einem solchen Bauvorhaben der Verlust von weiteren Bäumen zudem nicht ausgeschlossen werden. Für ihn sollte auch die Stellung der Baukörper und die Gebäudehöhe überdacht werden. Herr Wiedermann ergänzt aus naturschutzrechtlicher Sicht. Der dortige Baumbestand hat stadtklimatisch eine hohen Wert. Es liegen darüber hinaus Nachweise zu mittlerweile dort etwa 25 beheimateten, verschiedenen Tierarten vor.

 

Herr Groth erhält nun das Wort und beleuchtet das Bebauungsplanverfahren aus der städtebaulichen Perspektive. Er gibt den Anwesenden hierzu einen Überblick zum bisherigen Verfahrensablauf. Kurz skizziert folgendes:

 

Einleitung XIV-286 (Planungsziel: Grünflächensicherung) Juni 1991

Aufgabe Krankenhausnutzung durch Vivantes 2005

Verkauf Krankenhausgelände (Überlegungen zur Nutzung der westlichen Friedhofsfläche schon vorhanden) 2007

Beschluss des Friedhofsentwicklungsplans durch SenStadt, der für den westlichen Bereich des Emmauskirchhofs Umnutzung für Sonstige Nutzungen darstellt 2006

Einleitung XIV-286a (Planinhaltsänderung und Geltungsbereichsteilung)  September 2011 (für WA 1-8)

FNP-Änderung – Einleitungsbeschluss November 2011

Für die im Geltungsbereich gelegenen Flächen des ehemaligen Friedhofs wurde die Schließung des Friedhofs bekannt gegeben Mai 2012

Verkauf Friedhofsteilfläche 2013

Geltungsbereichserweiterung (Erschließung) Januar 2013

Frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung Februar 2013

Wohnungsbaupotenzialstudie des Bezirks: 368 WE (Friedhof) + 225 WE (straßenbegleitend) Geschosswohnungsbau September 2013

FNP-Änderung – Veröffentlichung im Amtsblatt Oktober 2013

Aufhebung der friedhofsrechtlichen Widmung September 2014

Geltungsbereichsverschiebung (Erschließung) September 2015

Geltungsbereichserweiterung (WA 9)  November 2016 (heutiger Geltungsbereich)

BUWOG Übernahme  Dezember 2016 / Januar 2017

Frühzeitige Behördenbeteiligung (Stand: 2017) April / Mai 2017

1. Infoveranstaltung Investor  Oktober 2017

2. Infoveranstaltung Investor + Stadtteilspaziergang Juni 2018

Behördenbeteiligung (Stand: 2018) September / Oktober 2018

Infoveranstaltung durch FEIN Gebietskoordination (LPG) „Neue Wohnungen am Mariendorfer Weg“ März 2019

Einstellung Verfahren XIV-286b April 2021

Überarbeitung Ausgleichsmaßnahmen Juli 2021 - November 2022; externe Ausgleichmaßnahmen:               Friedhof (Gartendenkmal), Mollnerweg und Rudower Höhe

 

Aktueller Planungstand wäre nun die öffentliche Auslegung / Öffentlichkeitsbeteiligung. Da es sich um ein Gartendenkmal handelt, ist die Untere Denkmalschutzbehörde für die Fällgenehmigungen zuständig; dies erfolgt im Austausch mit dem Umwelt- und Naturschutzamt. Für das Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung sowie der weiteren Verpflichtungen inkl. naturschutzrechtlichem Ausgleich, liegt ein ausformulierter Vertrag vor.

 

Frau Jahke bedankt sich für die Erläuterungen zum Verfahrensablauf und bittet um Erläuterung, weshalb das Umwelt- und Naturschutzamt den Ausgleich als mangelhaft bezeichnet. Herr Teschner-Steinhardt muss seine dahingehende Aussage revidieren, da ihn urlaubsbedingt noch nicht alle Informationen erreicht hatten. Herr Groth führt ergänzend dazu aus, dass trotz der Optimierung der Planung innerhalb des Geltungsbereichs für die biotischen und abiotischen Schutzgüter des Naturhaushalts und für die Schutzgüter Landschaftsbild und Erholung in der Eingriffsbilanz vor Ort ein Defizit verbleibt, das durch externe Maßnahmen vollständig im Bezirk Neukölln kompensiert wird.

Durch Maßnahmen auf dem Friedhof Emmauskirchhof, der naturnahen Gehölzpflanzung am Mollnerweg und die Baumpflanzungen auf der Rudower Höhe kann der Kompensationsbedarf aus der Eingriffsregelung vollständig ausgeglichen werden. Es verbleibt somit kein Defizit. Alle internen und externen Maßnahmen werden durch einen städtebaulichen Vertrag abgesichert.

 

Frau Jahke erkundigt sich nach der Geschossanzahl. Herr Mahler von der BUWOG führt aus, dass im 1. Bauabschnitt am Mariendorf Weg sechsgeschossige Wohngebäude entstanden sind. Hier sollen nun fünfgeschossige Wohngebäude entstehen, im Baufeld 3 und 4 jeweils dreigeschossige Wohngebäude.

Frau König von die Initiative “Emmauswald bleibt” erfragt die Pläne für die vorgesehenen Tiefgaragen. Herr Mahler beziffert die Zahl der Kfz-Stellplätze auf etwa 200, in den Tiefgeschossen werden zudem die Kellerräume für die Wohnungen und auch die Hausanschlussräume untergebracht.

 

Herr Bodelschwingh erhält das Wort. Die Dramatik auf dem Wohnungsmarkt ist der Initiative bewusst. Zugleich stehen auf der gegenüberliegenden Seite Wohnungen leer, die zu 18 bis 24 Euro nettokalt/m2 vermietet werden sollen. Jede zu diesen Konditionen vermietete Wohnung treibt den Mietspiegel weiter nach oben. Für die Initiative ist Wohnungsbau auch anders möglich. Er hat hierzu ein Hand-Out vorbereitet, was verteilt wird. Auch die Klimakrise muss bedacht werden und dieses seit Jahren sich selbst überlassene Ökosystem erhalten bleiben. Er bezeichnet die Ausgleichsmaßnahmen als Mist und formuliert an Politik und Verwaltung folgende Forderungen:

BVV soll gegen die Bebauung stimmen bzw. Stopp des Bebauungsplanverfahrens

Machbarkeitsstudie zu Wohnungsbaupotenzialen

Schaffung von Rahmenbedingungen für eine sozialökologische Nutzung

 

Er schließt seinen Redebeitrag mit dem Hinweis, dass auch schon mit Stiftungen über den Erwerb des Areals gesprochen wurde. Weitere Einzelheiten können dem Handout entnommen werden, das über die Ausschusswebseite des Stadtentwicklungsamtes zur Verfügung steht.

 

Frau Aßmann bedankt sich bei der Initiative und möchte von der BUWOG wissen, wo die belegungsgebundenen Wohnungen konkret entstehen sollen. Sie nimmt i.d.Z. erste Anmerkungen zum Antrag und TOP 3 vor und regt einen Initiativantrag aus den Reihen des Ausschusses an (Festsetzung als Grünfläche). Frau Jahke dankt der Initiative für ihr Engagement und auch der Verwaltung für die Informationen zum bisherigen Verfahren. Sie plädiert für eine Kompromissfindung, um einerseits dringend benötigten Wohnraum schaffen zu können und anderseits auch so viel wie möglich Stadtnatur zu erhalten. Die Beschlusskompetenz liegt letztlich dann bei der BVV. Auch Herr Stiermann dankt der Initiative. Für ihn ist nicht weiter vorstellbar, das eine Bebauung in der bisherigen Planung umsetzbar ist. Auch er plädiert dafür, Optionen auszuloten und Lösungen zu finden. Den Stiftungsansatz findet er interessant und er sollte weiterverfolgt werden.

 

Herr Schubert, Geschäftsführer der Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz e.V., teilt mit, dass sich der Verein im Rahmen der Beteiligung gegen eine Bebauung ausgesprochen habe. Er appelliert an die Politik, den Bebauungsplan so nicht weiterzuverfolgen bzw. das Areal als Grünfläche festzusetzen.

 

Herr Mahler respektiert selbstverständlich die Beschlusskompetenz der BVV. In Abstimmung mit dem Bezirk ist nach Einschätzung der BUWOG hier ein guter Kompromiss für die Bebauung bei gleichzeitigem Grünerhalt gefunden worden. Zur Frage von Frau Aßmann teilt er mit, dass die belegungsgebundenen Wohnungen im Baufeld 1 und 9 entstehen sollen.

 

Herr Frankl möchte wissen, welche m2-Preise die BUWOG dort bisher verlangt und künftig dort erwartet. Zudem spricht er einen Bericht zu Jahresbeginn an, wonach die Vonovia alle Vorhaben in diesem Jahr auf Eis lege. Eine Kompromissfindung, wie von der SPD angeregt, sieht er nicht. Kein Mensch brauche teure Eigentumswohnungen. Er bittet zudem um ein Votum zum eingebrachten Initiativantrag.

 

Für Frau Küchler von der Seniorenvertretung Neukölln stellt sich die Situation gänzlich anders dar als 2011. Die Zerstörung des Baumbestandes ist für sie nicht hinnehmbar, auf das dortige Biotop könne nicht verzichtet werden.

 

Herr Oegel dankt der Initiative und auch der BUWOG. Seine Fraktion habe die Bebauung bereits in der letzten Wahlperiode kritisch gesehen. Er spricht sich dafür aus, dort keine Bebauung vorzunehmen, bevor nicht alle anderen Potenziale ausgeschöpft sind, so z.B. auf bisher eingeschossig genutzten Supermarktarealen. Den Grünausgleich in Rudow begrüßt er zwar grundsätzlich, jedoch habe Nordneukölln nichts davon. Den Initiativantrag der Linken hält er so für nicht zustimmungsfähig. Er regt an, diesen in Ruhe zu begründen und regulär in die BVV einzubringen.

 

Herr Mahler geht auf die Fragen von Herrn Frankl ein. In der Tat sind demnach alle Vorhaben für dieses Jahr ausgesetzt, in 2024 soll es weitergehen, so auch hier. Die Kauf- und Mietpreise werden letztlich vom Baubeginn abhängen. Eine Aussage ist dazu heute und hier nicht möglich.

 

Der Vorsitzende fasst kurz zusammen und schlägt vor, den Initiativantrag der Linken und TOP 3 mit zu behandeln. Der Ausschuss äußert keine Einwände. Zum Abschluss übergibt er das Wort noch einmal an Herrn BzStR Biedermann.

 

Dieser dankt für das gegenseitige Zuhören hier heute im Ausschuss und möchte kurz auf einige angesprochene Punkte eingehen. Bezüglich der von Herrn Oegel angesprochenen Potenzialflächen verweist er auf unzählige Gesprächsrunden mit Supermarktbetreiber*innen. Leider gestalten sich die meisten dieser Projekte, gerade mit den Supermarkt-Ketten aus sehr zäh. Eine Ausnahme bildet das Projekt eines Einzel-Kaufmanns in Buckow. Auch beim Ausbau von Dachgeschossen trifft Realität auf Wunschdenken. Bei den bestehenden Baustoffpreisen lässt sich hier kein kostengünstiger Wohnraum errichten. Zurück zum ehemaligen Friedhof – der hier heute diskutierte Bereich ist für Wohnbebauung vorgesehen. Um die Stadtnatur zu erhalten, wurde das Bebauungsplanverfahren für das mittlere Areal des Friedhofs, auf dem ursprünglich auch Wohnungsbau entstehen sollte (B-Plan XIV-286b) auch eingestellt. Er warnt hier vor Schnellschüssen (Festsetzung als Grünanlage), begrüßt aber ausdrücklich die heutige als auch die weitere Debatte in der Sache und betont die Wichtigkeit dieser für den weiteren Prozess.


 
 

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