Auszug - Planungen Bauvorhaben auf Trasse NME wie Rudower Bhf, Buckower Bhf - Meinungsbildung Fraktionen  

 
 
46. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen
TOP: Ö 4
Gremium: Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 16.02.2021 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:30 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Videositzung
Ort:
 
Beschluss


Die Vorsitzende leitet den mehrfach vertagten Tagesordnungspunkt ein und bittet die Verwaltung, das Vorhaben zunächst noch einmal kurz zusammenzufassen.

Herr Groth erläutert dazu eingangs, dass es sich bei beiden Flächen um ehemalige Bahnhofsflächen handelt, welche zwischenzeitlich durch die NME verkauft wurden. Beide Flächen sollen im Rahmen von Bebauungsplanverfahren entwickelt werden, damit dort Wohngebäude entstehen können. Abstimmungen mit den Erwerber*innen sind durch das Stadtentwicklungsamt seit längerer Zeit erfolgt und haben in beiden Fällen zu grundsätzlichen Konzepten geführt, welche aus städtebaulicher Sicht die Grundlage für den Start der Bebauungsplanverfahren bilden könnten. Da es sich speziell im Fall des Bahnhofs Rudow um eine erhebliche städtebauliche Veränderung handelt, hat das Bezirksamt im vergangenen Jahr zunächst (vor Einbringung einer Beschlussvorlage in das Bezirksamt) um ein Votum des Ausschusses gebeten. Um dieses Votum geht es jetzt.

Die Flächen des ehemaligen Bahnhof Rudow sind, wie Herr Groth weiter erläutert, im Flächennutzungsplan (FNP) als planfestgestellte Eisenbahnfläche und angrenzend als Grünflächen dargestellt. Im Moment besteht somit kein Planungsrecht, um Wohnungen zu errichten, weshalb die Durchführung eines Bebauungsplanverfahrens erforderlich wird. In Rudow sind mehrere Gewerbetreibende ansässig, zum Teil schon seit sehr langer Zeit. Insgesamt handelt es sich um 15 Parzellen, die an Gewerbetreibende mit unterschiedlicher Mietdauer vermietet / verpachtet sind. Das Konzept sieht hier eine mehrgeschossige, aufgelockerte Bebauung mit einer Durchwegung an der ehemaligen Trasse von West nach Ost vor. Durch das Bebauungsplanverfahren kommt das Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung zur Anwendung, d.h. ein Mindestanteil von 30 % der Geschossfläche muss für geförderten Wohnraum zur Verfügung gestellt werden. Dazu ist der durch das Vorhaben erzeugte Bedarf an sozialer Infrastruktur (Schulplätze, Kita) zu schaffen bzw. zu finanzieren. Über die weitere Aufteilung (Anteil Miet- bzw. Eigentumswohnungen) liegen der Verwaltung noch keine Informationen vor. Über die 30 % hinaus kann die Verwaltung auch keine vertraglichen Regelungen schließen. Der Umgang mit den Gewerbetreibenden ist ähnlich zu sehen. Aus planungsrechtlicher Sicht bestehen im Rahmen des Verfahrens keine Möglichkeiten vertragliche Regelungen aufzunehmen. Dies wäre nur auf privatrechtlichen Wege möglich. Die BVV muss abschließend über den Bebauungsplan entscheiden, bevor er in Kraft treten kann. Zuvor kann die Verwaltung sicherlich einen Sachstand zum Umgang mit den Gewerbetreibenden einholen. Sollte dieser für die BVV nicht tragbar sein, besteht für sie insofern natürlich dann auch die Möglichkeit, den Bebauungsplan nicht zu beschließen.

Herr BzStR Biedermann fügt ergänzend an, dass zusätzlich zum Bebauungsplanverfahren auch eine Änderung des FNP notwendig wird, da es sich bislang um Eisenbahnflächen handelt. Beim Bebauungsplanverfahren wird durch das Bezirksamt kein beschleunigtes Verfahren angestrebt. Zusammenfassend bestärkt er die Ausführungen von Herrn Groth. Es ist die Aufgabe der Verwaltung, potenzielle Wohnungsbauflächen zu identifizieren. Ihm war es daher auch wichtig, dass das Vorhaben bereits jetzt im Ausschuss vorgestellt wird.

Die Vorsitzende bittet um Redebeiträge aus dem Ausschuss.

Herr Scharmberg bedankt sich zunächst für die Darstellung der Sachlage durch Herrn Groth. Für die SPD-Fraktion bringt er die Enttäuschung zum bisherigen Umgang mit den zum Teil jahrzehntelang dort ansässigen Pächter*innen gegenüber Herrn Dr. Britze von der NME zum Ausdruck. Er hofft, dass trotz dieses Missgeschicks tragfähige Lösungen für die Gewerbetreibenden gefunden werden. Herr Dr. Britze bezeichnet dies nicht als Missgeschick. Es ist der allgemeinen Entwicklung geschuldet, dass die Bahnhofsflächen als solche keine Zukunft haben. Investoren haben die NME angesprochen, was dort zukünftig denkbar wäre. Für die weitere Planung gibt es hier heute die Möglichkeit zum Austausch und zur Klärung der Frage, ob das Vorhaben gewollt ist.

Frau Fuhrmann wendet sich mit mehreren Fragen an Herrn Dr. Britze bzw. die Verwaltung. Sie möchten wissen, ob die Flächen bereits durch den Investor erworben wurden und i.d.Z. ob es eine Rücktrittsklausel gibt, wenn kein Bebauungsplan zustande kommt. Sie vermutet zudem, dass es ein Vorkaufsrecht durch das Land gibt und fragt, ob es ein Angebot durch das Land gegeben habe. Darüber hinaus möchte sie wissen, ob privates Gewerbemietrecht durch einen Bebauungsplan gebrochen wird. Herr Dr. Britze führt dazu aus, dass der Vertrag schwebend unwirksam ist und nur zum Tragen kommt, wenn der Bezirk sich dafür entscheidet, dass es dort Wohnbebauung geben wird. Das angesprochene Rücktrittsrecht bestätigt er damit. Der Investor übernimmt selbstverständlich die bestehenden Mietverträge, wie sie sind. Für die Gewerbetreibenden ergeben sich dadurch erstmal keine Änderungen. Nachfragen bzw. Angebote seitens des Landes Berlins hat es nicht gegeben. Herr Groth führt kurz aus, dass es ein Vorkaufsrecht für diese Flächen nicht gibt. Bei den Mietverträgen handelt es sich, wie bereits erläutert, um zivilrechtliche Angelegenheiten, die im Bebauungsplanverfahren nicht geregelt werden können. Allerdings spielen natürlich die Belange der gewerblichen Nutzer*innen in der Abwägung der Inhalte des Bebauungsplans schon eine Rolle und fließen in das Verfahren mit ein. Welches Gewicht sie am Ende haben werden, muss der Abwägung aller Belange überlassen werden. Herr Scharmberg erklärt, dass die SPD-Fraktion beschlossen hat, einer Bebauung nicht im Wege zu stehen.

Herr Laumann fasst die Einstellung der Fraktion der Grünen zu den Planungen mit einem „ja aber“ zusammen. Das Wichtigste ist, dass die Projektentwickler*innen um Herrn Tchoban aufgrund diverser Zusagen jetzt erstmal liefern müssen und es für die Gewerbetreibenden eine Zukunftsperspektive geben wird. Auf Landesebene wird dem Wohnungsbau eine sehr hohe Priorität eingeräumt, den Bezirken dabei aber vorgeworfen, bei der Schaffung von Baurecht zu versagen. Er freut sich daher, dass Herr Schenk die Schwierigkeiten bei diesem Bauvorhaben mehr sieht als seine Parteikolleg*innen auf Landesebene. Abschließend möchte er von den Investoren wissen, was mit den Gewerbetreibenden passieren wird, die nur noch kurze Laufzeiten in ihren Mietverträgen haben. Herr Wewer ergänzt, dass die Fraktion der Grünen die Investoren hinsichtlich des Versprechens, für die Gewerbetreibenden für alternative Standorte zu sorgen, bei Wort nehmen wird. Auch er bringt daher die Irritation zum Umgang mit den Gewerbetreibenden zum Ausdruck, gerade auch im Hinblick auf den aktuellen Brandbrief. Die Grünen werden daher im weiteren Verfahren sehr genau hinschauen.

Frau Jahke bekräftigt die Aussage von Herrn Scharmberg und ergänzt, dass sich die SPD-Fraktion hierbei auf die Zusagen der Investoren verlässt, für die Gewerbetreibenden zu sorgen. Wenn es am Ende zu keinen zufriedenstellenden Lösungen kommt, wird die SPD dem Bebauungsplan dann nicht zustimmen können.

Herr Schenk teilt für die CDU-Fraktion mit, dass das Vorhaben skeptisch betrachtet wird. Als erstes möchte die CDU wissen, dass die Gewerbetreibenden gesichert sind und es eine Zukunft, ggf. durch Ersatzflächen, für sie gibt. Herr BzStR Biedermann habe diesbezüglich zugesagt, sich hierfür einzusetzen. Bevor der Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens zugestimmt wird, möchte die CDU die Lösung sehen. Wenn diese für alle Gewerbetreibenden zufriedenstellend ausfällt, steht auch die CDU einem Bebauungsplan nicht im Weg. An Herr Laumann gerichtet, beklagt Herr Schenk das Versagen des Berliner Senats auf ganzer Linie beim Thema Wohnungsbau und dem Versuch, sich mit Enteignungen, Vorkaufsrecht etc. zu behelfen. Dies wird auf Dauer nicht funktionieren. Die Stadt als auch der Bezirk haben einen erheblichen Zuzug erlebt. Im Gegensatz zu den Grünen möchte die CDU keine Bebauung von Friedhofsflächen und keine Vertreibung von Gewerbetreibenden, solange es diverse Industriebrachen gibt. Es gibt viele Möglichkeiten zu bauen. Daher ist die von Herrn Laumann kritisierte Aussage „Bauen, Bauen, Bauen“ von der CDU auf Landesebene völlig richtig, bedeutet zugleich aber nicht, dass dies auf Teufel komm raus zu geschehen habe.

Herr Wittke fordert für die FDP eine Absicherung der dortigen Gewerbetreibenden. Der Ausschuss hat das Schreiben der betroffenen Gewerbe erhalten. Aus diesem ergibt sich in einer Passage auch die Überlegung der Gewerbetreibenden, das Grundstück selbst zu kaufen. Er sieht diesbezüglich durchaus Möglichkeiten, die Gewerbetreibenden dahingehend durch das Land zu unterstützen, falls keine Ersatzgrundstücke gefunden werden. Kern bleibt für ihn jedoch die Bahntrasse. Die Aufgabe der Bahntrasse ist für die FDP nicht der richtige Weg, insbesondere vor dem Hintergrund der Schwierigkeiten, Verkehrsinfrastruktur zu bauen. Bei Beibehaltung der Trasse und Absicherung der Gewerbetreibenden würde die FDP einem Bebauungsplan zustimmen, unter den gegebenen Umständen nicht. Frau Fuhrmann schließt sich mit Verweis auf ihren Antrag (siehe TOP 5) im Wesentlichen Herrn Wittke an. Der Wert der Trasse lässt sich nicht mit einer Wohnbebauung aufrechnen. Ihr fehlt zudem die Vorstellungskraft, wo im Süden Neuköllns für die Gewerbetreibenden passende Ersatzflächen angeboten werden können.

Für Herrn Babilon von der AfD-Neukölln stehen sich hier verschiedene, berechtigte Interessen gegenüber. Vorrang hat für seine Fraktion nach Abwägung dennoch der Wohnungsbau, so dass sich seine Fraktion für eine Bebauung ausspricht.

Herr Kontschieder nimmt Bezug auf die Trassenfreihaltung und bittet zu bedenken, genau auf die Karte zu schauen. Für ihn besteht in östlicher Richtung eine große Schnittmenge mit der parallel verlaufenden U7. Angesichts des in den nächsten Jahrzehnten geplanten Ausbaus des ÖPNVs macht die Freihaltung der Trasse für ihn verkehrspolitisch keinen Sinn. Die Ertüchtigung der Trasse wäre zudem mit immensen Kosten verbunden. Die SPD spricht sich daher wie dargelegt für die Förderung von Wohnungsbau aus. Er kritisiert i.d.Z. die CDU, welche lediglich sagt, wo überall nicht gebaut werden kann, allerdings nicht sagt, wo gebaut (bis auf Industriebrachflächen) werden kann. Er fragt sich, wo sich in Neukölln diese Flächen befinden. Wenn die CDU Flächen im Bezirk freihalten möchte, möge sie bitte im Gegenzug auch Flächen identifizieren, die für Wohnungsbau geeignet sind.

Die Vorsitzende gibt Herrn Rutten vom ansässigen Pflanzenfachmarkt das Wort, der für den Erhalt der lokalen Gewerbe in Rudow plädiert. Er selbst benötigt als Ersatzfläche etwa 5.000 m2. Diese in Rudow zu finden, gestaltet sich äußerst schwierig. Herr Scharmberg bestätigt die Sorge von Herrn Rutten aufgrund der benötigten Grundstücksgröße. Den Antrag der CDU (TOP 6) hält er für Populismus.

Herr Tchoban erhält das Wort und übergibt an Herrn Wiedemann. Dieser bedankt sich zunächst für die Möglichkeit, an der heutigen Diskussion teilnehmen zu können. Er bestätigt eingangs die Möglichkeit, vom Vertrag zurücktreten zu können, wenn es zu keinem Aufstellungsbeschluss kommen sollte. Aber auch unabhängig davon besteht die Möglichkeit, die Flächen jederzeit zu kaufen. Er geht dann auf den Brief der Gewerbetreibenden ein. Er bzw. sein Team müssen hier gegen bestehendes Misstrauen ankämpfen und werden dies auch weiterhin tun. Er bedauert, dass er den Brief nicht bekommen hat und würde auf diesen auch gern antworten. Ihm ist die Verantwortung für die Gewerbetreibenden bewusst und auch, dass es schwer ist, zunächst Vertrauen aufzubauen. Es war daher wichtig, mit der bezirklichen Wirtschaftsberatung sprechen zu können sowie mit Bezirksbürgermeister Hikel als auch Herrn BzStR Biedermann, um diesen Prozess gemeinsam zu begleiten. Auch das Gespräch mit den Gewerbetreibenden soll wieder gesucht werden. Es besteht das Versprechen, für alle dort Ansässigen etwas zu tun. Alle Mietverträge bestehen definitiv so weiter, wie sie vereinbart wurden. Wenn hier für die Zukunft keine tragfähigen Lösungen gefunden werden, hat die BVV noch immer die Möglichkeit, das Projekt zu stoppen. Dies ist natürlich nicht im Sinne der Investoren, da sie bei diesem Projekt auch mit großen Geldbeträgen in Vorleistung gehen. Auch ihm sind daher zufriedenstellende Lösungen wichtig. Die Mietverträge gelten, viele laufen bis 2030, zwei sogar deutlich darüber hinaus. Die Hälfte der Verträge läuft jedoch nur noch weniger als ein Jahr. Sobald es einen Aufstellungsbeschluss gibt, werden diese Mietverträge bis zum Beginn bauvorbereitender Maßnahmen verlängert. Herr Wiedemann zeigt in diesem Zusammenhang Verständnis für die Situation der Gewerbetreibenden, versichert aber zugleich, jedem mit dem vorhandenen Know-How als Projektentwickler bei den Ersatzstandorten zu helfen - auch für den Pflanzenmarkt. Er rechnet mit einem Zeitraum bis zu zwei Jahren, der hierfür benötigt wird. Aber er betont auch, dass es dafür zur Absicherung der eigenen Aktivitäten / des eigenen Mitteleinsatzes eines Aufstellungsbeschlusses bedarf. Herr Wiedemann bittet abschließend alle Beteiligten um Vertrauen für das Bauvorhaben.

Frau Jahke bedankt sich für die Aussagen und bittet, verbunden mit der Hoffnung, dass für alle Gewerbetreibende eine Lösung gefunden wird, diese Aussagen so im Protokoll zu vermerken.

Frau Fuhrmann spricht sich abschließend gegen eine Bebauung aus, da keine ausreichenden, bezahlbaren Alternativstandorte zur Verfügung stehen und die Trassennutzung aufgegeben werden soll. Für die Fraktion der Linken lehnt sie das Bauprojekt ab.

In ihrer Funktion als Vorsitzende fasst sie die Redebeiträge aus den Fraktionen tendenziell als zustimmend, aber mit bestehenden Bedenken zusammen. Herr Wewer bittet die Vorsitzende aufgrund der Wichtigkeit der Entscheidung, das Votum der Mitglieder einzeln abzufragen. Die Vorsitzende kommt der Bitte nach. Im Ergebnis spricht sich der Ausschuss mehrheitlich für die Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens aus. Herr Groth bedankt sich für das Votum.


 
 

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