Auszug - Vorstellung „Neuköllner Modell“/Hr. Groth u. Hr. Biedermann - neue Handhabung von Bauanträgen mit Planungsrecht -   

 
 
38. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Stadtentwicklung und Wohnen
TOP: Ö 4
Gremium: Ausschuss für Stadtentwicklung und Wohnen Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 19.05.2020 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:00 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Rathaus Neukölln, BVV-Saal, 2. Etage, Raum A202
Ort: Karl-Marx-Straße 83, 12040 Berlin
 
Beschluss


Die Vorsitzende leitet den Tagesordnungspunkt unter Hinweis auf die Pressemitteilung des Bezirksamtes ein. Als Ausschussmitglied sieht sie nicht nur Vorteile in dem Modell, sondern insbesondere im Hinblick wie hoch verdichtet werden soll auch ein Spannungsfeld. Sie übergibt das Wort an Herrn BzStR Biedermann, der sich freut, das Neuköllner Modell heute im Ausschuss vorstellen zu können.

 

Dem vorangegangen sind in Zusammenarbeit mit einem beauftragten Rechtsanwaltsbüro lange und intensive inhaltliche Vorbereitungen zur Entwicklung des Neuköllner Modells für kiezverträglichen Wohnungsbau. Herr BzStR Biedermann erläutert das Modell unterstützt durch eine Präsentation, welche dem Ausschuss zur Verfügung gestellt wird. Kurz skizziert Folgendes:

 

  • Ausgangslage (dichte Besiedlung, Mangel an sozialer Infrastruktur, zusätzliche Wohnbebauung oft nur kleinteilig - z.B. Baulücken, Innenhöfe - möglich, regelhaft Baurecht, kein Erfordernis für B-Plan-Verfahren, Gründe für Bauvorhaben)
  • Eingriffsmöglichkeit (Berliner Modell der kooperativen Baulandentwicklung) greift nicht, wenn bereits Baurecht besteht
  • Grundlagen für das Neuköllner Modell (bestehendes Baurecht, Befreiungen von Festlegungen im B-Plan - z.B. GFZ, GRZ - wodurch gemäß § 31 Abs. 2 BauGB Eingriffsmöglichkeiten bestehen, Anwendung nur auf Vorhaben mit mehr als 1.000 m2 über Rechtsanspruch hinausgehende Geschossfläche)
  • Befreiungen (eröffnen städtebauliche Ermessensgesichtspunkte für ausreichende Zahl an Kita- bzw. Grundschulplätzen, Schaffung preisgünstigen Wohnraums)

 

Herr BzStR Biedermann erläutert dem Ausschuss das Modell i.d.Z. an einem plastischen Beispiel und zeigt damit auf, was damit an preis- und belegungsgebundenen Wohnraum bzw. an Kitaplätzen (alternativ Sicherung vorhandener Einrichtungen) bzw. Grundschulplätzen geschaffen werden kann. Durch das Neuköllner Modell ist zusammengefasst eine Erhöhung des Angebots an bezahlbarem Wohnraum (Schätzungen gehen von 700 Wohneinheiten aus), eine Stärkung der Akzeptanz von Nachverdichtungsprojekten sowie eine Dämpfung der Entwicklung der Bodenpreise möglich.

 

Die Vorsitzende bedankt sich für die Vorstellung des Modells und bittet die Ausschussmitglieder um Redebeiträge. Herr Laumann begrüßt das Modell aufgrund des erheblichen Bedarfs an bezahlbarem Wohnraum ausdrücklich. Herr Wittke fragt, wie viel Dachausbau mit dem Modell möglich sei. Herr BzStR Biedermann geht davon aus, dass aufgrund der Abgrenzung ab 1.000 m2 Geschossfläche, das Modell bei Dachgeschossausbau nicht zum Tragen kommt. Auf die Nachfrage von Herrn Wittke zum vorhandenen Potenzial für Dachgeschossausbauten in Neukölln, kann Herr BzStR Biedermann ad hoc keine Zahlen nennen und können mit dem Protokoll nachgeliefert werden. Herr Groth verweist in diesem Zusammenhang auf die Wohnungsbaupotenzialstudie für den Bezirk Neukölln, welche im Internet veröffentlicht ist und Aussagen zu den Verdichtungspotenzialen durch Dachgeschossausbau und Aufstockung trifft (https://www.berlin.de/ba-neukoelln/politik-und-verwaltung/aemter/stadtentwicklungsamt/stadtplanung/wohnen/artikel.280175.php).

 

Herr Scharmberg begrüßt das Modell grundsätzlich, er gibt jedoch auch zu bedenken, dass nicht zu sehr verdichtet wird. Herr Groth betont an dieser Stelle zur Vermeidung von Missverständnissen, dass bei allen in diesem Zusammenhang stehenden Bauvorhaben natürlich die städtebauliche Prüfung und Beachtung des Planungsrechts vorausgeht, um Nutzungskonflikte zu vermeiden. Herr Biedermann ergänzt, dass durch das Neuköllner Modell keine höhere Verdichtung genehmigt wird als bisher, sondern diese an zusätzliche Bedingungen geknüpft wird. Herr Scharmberg bedankt sich für die wichtige Klarstellung.

 

Für Frau Fuhrmann sind bisher erteilte Baugenehmigungen nicht optimal an die Gegebenheiten gekoppelt. Sie wünsche sich hier eine mehr städtebauliche Betrachtungsweise und spricht beispielhaft ein Bauvorhaben mit einem siebenstöckigen Gebäude neben einer denkmalgeschützten Halle in der Delbrückstraße an, welches sie für nicht angemessen hält. Herr Groth führt hierzu aus, dass mit dem Bauherrn vorher gesprochen und das Projekt im Rahmen des geltenden Baurechts abgestimmt wurde. Man könne im Hinblick auf die Angemessenheit natürlich unterschiedlicher Auffassung sein, gleichwohl ist eine der maßgeblichen Aufgaben seines Amtes die Schaffung von Wohnraum. Wenn auf der einen Seite so wenig Versiegelung wie möglich verlangt wird, müsse auf der anderen Seite dann in die Höhe geplant werden. Dieses Spannungsfeld hat aber mit dem hier gerade vorgestellten Neuköllner Modell für kiezverträglichen Wohnungsbau nichts zu tun. Bisher wurden Befreiungen bei derartigen Bauvorhaben an keine Bedingungen geknüpft. Dies ist - wie gerade vorgestellt - neu und soll künftig zum Einsatz kommen. Konfliktfälle können jederzeit gern im Ausschuss erörtert werden.

 

Durch Herrn Schenk wird das Modell zwar ebenfalls begrüßt, zusätzlich müsse aber auch der Ausbau von Dachgeschossen vorangetrieben/erleichtert werden, um eine weitere Versiegelung von Flächen zu minimieren. Herr Groth erklärt darauf, dass das Modell die bisherige Praxis ergänzt. Maßgeblich waren hier bisher die Leitlinien für die planungsrechtliche Beurteilung bei Dachgeschossausbauten. Diese müssen insgesamt 16 Leitlinien einhalten, wovon zwei nominelle Werte sind (GFZ und BFF), die nicht überschritten werden dürfen (GFZ) bzw. erreicht werden müssen (BFF). Das Wesen dieser Leitlinien ist es, die Verdichtung da zu begrenzen, wo sie sowohl städtebaulich als auch für die Bewohner*innen nicht mehr verträglich ist. Bei Dachgeschossausbauten besteht zudem oftmals die Problematik der Umsetzung erforderlicher Rettungswege als auch beim landesweiten Ziel, die Straßenbäume zu erhalten.

 

Frau Fuhrmann erfragt i.d.Z. die GFZ-Obergrenze. Der normale Gebäudebestand in Nord-Neukölln überschreitet nach ihrer Einschätzung oftmals bereits eine GFZ von über 3,0. Die Obergrenze liegt nach Aussage von Herrn Groth gemäß Baunutzungsplan eigentlich bei 1,2 bzw. 1,5, welche sich durch genehmigte Befreiungen nach den Leitlinien auf 3,5 bzw. 3,75 erhöhen kann.

 

Herr Mahlo argumentiert, dass bei Dachgeschossen die Fläche/Räume bereits vorhanden sind. Dies wird zwar durch Herrn Groth bejaht, gleichwohl soll die äußere Erscheinungsform der Häuser z.B. aus der Gründerzeit durch den Ausbau nicht verändert werden.

 

Herr Wittke möchte abschließend wissen, was mit Souterrainwohnungen sei. Die Bauordnung Berlin setzt Mindestanforderungen, was baurechtlich gegeben sein muss, damit eine Nutzung als Wohnraum möglich ist. Räume im Souterrain erfüllen oftmals nicht die Mindestanforderungen hinsichtlich Raumhöhe und Belichtung, wie Herr Groth erklärt. In der Praxis komme ein Umbau daher auch nicht vor.

 

Da keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, wird der Tagesordnungspunkt geschlossen.


 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
BVV Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Sitzungsteilnehmer Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen

BVV-Büro Neukölln

Zimmer: A 201

Verkehrsanbindungen

Sprechzeiten

Montag bis Donnerstag
nach Vereinbarung

an Sitzungstagen des Ältestenrats
geschlossen

an Tagen der BVV-Sitzungen
geschlossen