Auszug - Gespräch mit dem Geschäftsführer Herrn Detlef Wilkens zum Thema: Förderung von betrieblichen Investitionsvorhaben am Beispiel der Diessner GmbH
Der Vorsitzende Herr Mahlo eröffnet die 11. Sitzung des Wirtschaftsausschusses und stellt fest, dass die Einladung allen Ausschussmitgliedern rechtzeitig zugegangen ist und Änderungswünsche zur Tagesordnung nicht bestehen. Herr Wilkens legt zunächst die Historie des
Unternehmens dar. 1949 Gründung der Diessner und
Co. KG Lack- und Farbenfabrik in Berlin Neukölln; vorwiegend Produktion von
Lacken. 1958 Start der Produktion von
Dispersionsfarben 1967 Umzug des Unternehmens von
Rudow nach Britz 1973 Start des Markterfolgs mit
der Dispersionsfarbe Diesco-73 1987 Markterfolg mit
lösungsmittelfreien Produkten 1990 Vorreiter für dekorative
Produkte 1997 Eröffnung des 1.
Masterclubstudios in München zur Vermarktung dekorativer Produkte 2000 Eingliederung als
eigenständiges Unternehmen in die Sakret GmbH Heute verfügt das
Unternehmen über eigene Forschungs- und Entwicklungslabors, eine geprüfte
Anwendungstechnik sowie zahlreiche Qualitäts- und Sicherungssysteme. Der
Exportanteil an der Produktion von 13 000 Jahrestonnen in über 20 Ländern rund
um den Globus umfasst 11 %. Die Diessner GmbH hat zur Zeit 59 Mitarbeiter,
davon 8 Mitarbeiter im Außendienst. Zwei weitere Außendienstmitarbeiter sind in
Planung. Das Unternehmen ist Lieferant sämtlicher pastöser Produkte für Sakret
und führend in der kreativen Wandgestaltung. Der Vertrieb erfolgt Händlertreu,
d.h. in zweistufiger Distribution. In Anbetracht dessen, dass
die Produkte der Diessner GmbH noch in herkömmlicher Machart hergestellt
werden, stand das Unternehmen vor der Entscheidung, ob eine fortschrittlichere
Produktionsanlage errichtet werden soll. Da eine modernisierte Produktion eine
wesentliche Vorraussetzung für das Bestehen am Markt ist, wurde Anfang 2006 die
grundsätzliche Entscheidung zur Modernisierung getroffen. Neben dem Berliner
Firmengelände wurden noch 2 weitere Standorte in Thüringen und Niedersachsen in
Erwägung gezogen. In dieser Phase hat die
Wirtschaftsförderung der Diessner GmbH einen vom Bezirksamt finanzierten
Unternehmensberater zur Seite gestellt mit dem Ergebnis, dass sich das
Untenehmen zur Standortsicherung in Neukölln entschieden hat. Mit Unterstützung
des Beraters wurde ein Businessplan erstellt und der Antrag auf GA-Mittel im
Juli 2006 eingereicht. Die positive Förderentscheidung der IBB fiel im Dezember
2006. Das Modernisierungsvorhaben hat ein Investitionsvolumen von 5,5 Mio.
Euro. Die neue Produktionshalle wird voraussichtlich im April 2008 fertig
gestellt sein. Unter der Maßgabe guter Umsätze sind im Anschluss hieran ab 2009
noch weitere Investitionen in die Abfülltechnik in Höhe von 4 Mio. Euro
vorgesehen. Die Umsatzplanung bis 2010 beläuft sich auf 28 Mio. Euro und die
Produktion soll bis 2010 auf 25 000 Jahrestonnen gesteigert, also nahezu
verdoppelt werden. Durch die Investition wird
die Anzahl der Arbeitsplätze zunächst eher sinken als steigen. Perspektivisch
erscheint aber angesichts des geplanten Produktionsvolumen eine Erhöhung der
Arbeitsplatzzahl wahrscheinlich. Im Ergebnis der Fördermittelzusage wird die
Anzahl der Auszubildenden erhöht. Neben dem bisherigen Auszubildenden zum
Industriekaufmann sollen ab 2008 noch zwei weitere Auszubildende für die
Bereiche Labor und Produktion eingestellt werden. Herr Niebuhr von der am
Förderprozess beteiligten Investitionsbank Berlin (IBB) erläutert, dass die IBB
die zentrale Förderbank des Landes Berlin ist. Der Aufgabenschwerpunkt der IBB
liegt in der Förderung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU). KMU werden
unterschieden zwischen -
Kleinstunternehmen,
die weniger als 10 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz bis zu 2 Mio. Euro haben, -
Kleine
Unternehmen, die weniger als 50 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz bis zu 10
Mio. Euro haben sowie -
Mittlere
Unternehmen, die weniger als 250 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz bis zu 50
Mio. Euro haben. Die IBB bietet eine breite Palette von Förderangeboten,
die speziell auf den Bedarf dieser Unternehmen zugeschnitten ist. Durch ihre
Kooperation mit anderen Finanzierungsinstituten und aufgrund der engen
Zusammenarbeit im Rahmen des Berliner Standortmanagements können optimale
Finanzierungswege erreicht werden. Bei einigen Programmen der IBB wird gleichzeitig eine Bürgschaft der BBB
Bürgschaftsbank Berlin-Brandenburg mit beantragt. Die der Marktneutralität
verpflichtete IBB arbeitet im Rahmen der Antragstellung und bei Konsortialfinanzierungen
auch mit vielen Geschäftsbanken am Standort Berlin zusammen. Zahlreiche
Programme der IBB können direkt über die Hausbanken der Kunden und damit bei
den ihnen vertrauten Beratern beantragt werden. Seit 2006 hat die IBB ihr
Programmangebot entsprechend den jeweiligen Unternehmenszyklen Gründung,
Wachstum und Stabilisierung in den drei Produktfamilien Berlin INTRO, Berlin
INVEST und Berlin INTAKT gebündelt. Bei dem für die Investition der
Diessner GmbH zum Tragen gekommenen Produkt Berlin INVEST ist das
wichtigste Programm der „Berlin Kredit“. Das Programm basiert dabei
auf dem Unternehmerkredit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und wird
zusätzlich mit einer Zinssubvention von 0,2 % für kleine und mittlere
Unternehmen vergünstigt. Mit den Darlehen werden Investitionen und
Betriebsmittel finanziert. Auch ist hier eine Kombination mit einer Bürgschaft
der BBB möglich. Die Zinsfestschreibung erfolgt in der Regel für einen Zeitraum
von 6 bis 10 Jahren, im Ausnahmefall bis zu 20 Jahren. Auf Nachfrage bestätigt
Herr Niebuhr, dass die IBB hinsichtlich der KfW-Kredite anders verfährt als
dies bei den Berliner Geschäftsbanken für gewöhnlich der Fall ist. Während
diese gegenüber KfW-Krediten noch immer eine gewisse Zurückhaltung zeigen und
eher an der Vermittlung eigener Kreditprodukte interessiert sind, ist die IBB
ganz anders aufgestellt. Die hat in Berlin die KfW-Geschäfte übernommen und
verbilligt deren Kredite um 0,2 %. Auch gibt es für die IBB keine
Branchenausschlüsse. So gewährt sie z.B. auch Mikrokredite von bis zu 25.000
Euro an Unternehmen ohne Eigenkapital und Sicherheiten. Herr Buschkowsky erläutert,
dass die vorgestellte Maßnahme ein klassischer Fall ist, wie das Bezirksamt zur
Standortsicherung von Unternehmen beiträgt. Durch den vom Bezirksamt
finanzierten Berater ist es nicht nur gelungen das Unternehmen und damit auch
die Arbeitsplätze in Neukölln zu halten, sondern es konnten auch erfolgreich
Fördermittel akquiriert werden. Für gewöhnlich gelingt allein auf sich gestellten
Unternehmen solch eine sehr hohen bürokratischen Anforderungen entsprechende
Antragstellung kaum. Dank der Entscheidung der BVV zur Mittelbereitstellung ist
Neukölln im Übrigen der einzige Berliner Bezirk, der seinen Unternehmen
Wirtschaftsberater zur Seite stellt. In den letzten zwei Jahren waren es über
60 Unternehmen, bei denen eine externe Beratung aus den unterschiedlichsten
Gründen angezeigt war. Diese Prozesse vollziehen sich aus nachvollziehbaren
Gründen immer Stillen, sind aber im Sinne der Bestandspflege von großer
Bedeutung. Herr Niebuhr bestätigt, dass der Bezirk Neukölln in Bezug auf die
bezirkliche Wirtschaftsförderung Referenzcharakter hat und sich insbesondere
durch eine engagierte Netzwerkarbeit auszeichnet. Netzwerkpartner sind neben der
IBB insbesondere die Bundesanstalt für Arbeit, die ZAK der Senatsverwaltung für
Wirtschaft, die IHK und HWK sowie Organisationen wie Berlin Partner. Auch
werden im Bedarfsfall auf Kontakte zu Gründervereinen wie LOK-Enterprise oder
auch zum Türkisch- Deutschen Unternehmerverband zurückgegriffen. Herr Mahlo hebt das
Engagement des Bezirksamtes lobend hervor. Klein- und mittelständische
Unternehmen beschäftigen 70 % aller Arbeitnehmer und stellen 80 % aller
Ausbildungsplätze in Deutschland zur Verfügung. Insoweit ist es wichtig,
Unternehmen wie Diessner an Berlin zu binden. Auf seine Nachfrage erläutert
Herr Wilkens, dass die Förderung nach dem alten Rahmenplan erfolgt und somit
die Fördermittelzusage mit der Auflage verbunden ist, diesen Standort 5 Jahre erhalten
zu lassen. Nach dem neuen Förderrahmenplan beträgt diese Frist 8 Jahre. Im
Übrigen betont Herr Wilkens, dass die Entscheidung zur Standortsicherung nicht
ausschließlich aufgrund der Fördermittelzusage erfolgt ist. Weiteres Kriterium
war auch das hier vorhandene Know-how der Mitarbeiterschaft, das nicht so ohne
weiteres an einen anderen Standort hätte verlagert werden können. |
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