Auszug - Gibt es eine neue Friedhofskultur?  

 
 
10. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Naturschutz und Grünflächen
TOP: Ö 2
Gremium: Ausschuss für Naturschutz und Grünflächen Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 04.10.2007 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:18 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Rathaus Neukölln, Wetzlar-Zimmer, 2. Etage, Raum A203
Ort: Karl-Marx-Straße 83, 12040 Berlin
 
Beschluss

Einleitend weist Herr BzStR Blesing auf den Wandel der Friedhofskultur in Berlin - insbesondere nach der Wende – hin, wobei auch schon in der Zeit davor Tendenzen wie z

Einleitend weist Herr BzStR Blesing auf den Wandel der Friedhofskultur in Berlin - insbesondere nach der Wende – hin, wobei auch schon in der Zeit davor Tendenzen wie z.B. Überkapazitäten bei den Krematorien bei gleichzeitiger Entwicklung eines „Tourismus“ zu preisgünstigeren Krematorien anderenorts zu erkennen waren.

 

Herr Kurtz weist auf ein „Positionspapier des Deutschen Städtetages zur künftigen Struktur und Strategie im Friedhofs- und Bestattungswesen“ hin, welches als Anlage 5 diesem Protokoll beigefügt ist. Danach sind Friedhöfe insbesondere auch Orte für die Lebenden als Orte des Abschieds, der Totenruhe, der Trauerbewältigung, der Erinnerung und des Gedenkens, der Besinnung und der inneren Einkehr sowie der Ruhe und der Naherholung.

 

Friedhöfe sind nicht nur Beisetzungsorte, sondern haben auch kulturelle, soziale, wirtschaftliche, denkmalschützerische und grünpolitische Funktionen.

 

Die aktuelle Situation auf den Neuköllner Friedhöfen wird auch geprägt durch unterschiedliche Bestattungskulturen (Deutsch, Muslimisch, Historisch, Opfergräber). Nach der Fertigstellung der Moschee am Columbiadamm ist es auf dem dortigen Friedhof zu einer erheblichen Zunahme der muslimischen Bestattungen gekommen.

 

Auswirkungen auf die Bestattungskultur hatte ebenfalls die Streichung des Sterbegeldes im Jahr 2005, mit der Folge einer Zunahme von Feuerbestattungen und einem Anstieg des Anteils an anonymen Bestattungen.

 

Bereits im Jahr 2003 wurde eine neue Gebührenordnung für die städtischen Friedhöfe verabschiedet, ohne dass – wie bereits erwähnt - eine Anpassung für die kirchlichen Friedhöfe erfolgte, welche das Friedhofsgesetz eigentlich vorsieht. Ziel der Änderung der Gebührenordnung war die Steigerung der Anzahl der Erdbestattungen durch Senkung der entsprechenden Preise bei gleichzeitiger Verringerung der Urnenbestattungen durch Anhebung der Preise. Dieses Ziel wurde nicht erreicht, u.a. aufgrund der Abwanderung auf die kirchlichen Friedhöfe mit den erheblich geringeren Gebühren. Die Tabelle Anlage 6 zeigt die Entwicklung in Neukölln.

 

Bedingt durch die Sozial- und Bevölkerungsstruktur kommt es in Neukölln zunehmend zu Ordnungsbehördlichen Bestattungen, bei denen es keine Bestattungspflichtigen mehr gibt, und Sozialbestattungen. Bei letzteren bezahlt das Sozialamt nur ein Erdreihengrab, muslimische Angehörige  zahlen jedoch oft die Differenz zu einer Erdwahlgrabstelle, was zu einem erheblichen Mehraufwand in der Verwaltung führt.

 

Probleme für die Friedhofsverwaltung resultieren aus der Zunahme von Fällen, in denen die Bestattungskosten für die Verwaltung besonders schwierig und zeitaufwändig in langfristigen Ratenzahlungen erfolgen oder sogar überhaupt nicht bezahlt werden oder ein Bestattungsunternehmer mit dem Geld des Bestattungspflichtigen in den Konkurs geht. Vollstreckungsersuchen führen häufig zu keinem Ergebnis. Aus diesen Entwicklungen, die die Mitarbeiter der Friedhofsverwaltung zusätzlich belasten, resultieren Überlegungen, Bestattungen nur gegen Vorauskasse zu vollziehen. Der Ausschuss unterstützt diese Überlegungen.

 

Um zusätzliche Einnahmen zu erzielen, plant das NGA auf dem Friedhof Koppelweg für 2008 die Errichtung eines Kolumbariums (Mauer für Urnenbestattungen), da diese Bestattungsform öfters nachgefragt wird.

 

Zur Friedhofskultur gehört auch die Qualität der Pflege. Belastend wirken hier Strukturen aus der Vergangenheit wie z.B. ca. 12 km Hecken, die geschnitten werden müssten. Entsprechende Positionen sind Bestandteil der Pflegevergabe, aber es stellt sich jeweils die Frage der verfügbaren Mittel.

Erste Priorität hat die Durchführung der Bestattungen. Diese müssen bezahlt und hierfür andere Maßnahmen zurückgestellt werden. Eventuell führt dies dazu, dass an einigen Stellen Hecken gänzlich beseitigt werden, um Pflegekosten zu sparen. Dies ist nur ein Beispiel der zu erwartenden Auswirkungen.

 

Frau Gloeden weist darauf hin, dass die kirchlichen Friedhöfe auch wirtschaftlich orientiert arbeiten, aber besser aussehen.

 

Herr Kanert kann dies so nicht bestätigen, vielmehr ist das Erscheinungsbild im kirchlichen Bereich sehr differenziert je nach finanzieller Situation der Gemeinde, welche den Kirchhof betreibt. Während der Kirchhof der wohlhabenden Rudower Gemeinde am Ostburger Weg ein sehr gepflegtes Erscheinungsbild aufweist, zeigen sich z.B. auf den Kirchhöfen an der Hermannstraße erhebliche Pflegedefizite.

 

Herr Kanert verweist auch auf das Phänomen des sehr unterschiedlichen Pflegezustandes der einzelnen Gräber je nach Standort eines Friedhofes. Anders als in vielen ländlichen Gemeinden greift in Neukölln, besonders im innerstädtischen Bereich, keine soziale Kontrolle der Nutzungsberechtigten untereinander. Die Bereitschaft zur dauerhaften Pflege eines Grabes nimmt erkennbar ab.

 

 


 
 

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