Auszug - Bauvorhaben Friedhöfe an der Hermannstraße (INFEK) Herr Pfarrer Gahlbeck, Evangelischer Friedhofsverband Berlin Stadtmitte  

 
 
17. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Umwelt- und Naturschutz
TOP: Ö 3
Gremium: Ausschuss für Umwelt- und Naturschutz Beschlussart: erledigt
Datum: Do, 24.01.2019 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:50 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Amt für Umwelt- und Naturschutz
Ort: Gradestraße 36, 12347 Berlin
 
Beschluss


Herr Preissler von der Firma Stattbau und Herr Gahlbeck stellen mit Hilfe einer Power Point Präsentation die vom Ev. Friedhofsverband geplanten Bauvorhaben auf den Friedhöfen an der Herrmannstraße vor. Er erläutert die unterschiedlichen Flächen und deren vorgesehene Nutzung sowie die einzelnen Bauvorhaben. Die Entwicklung der Grünflächen erfolgt in Zusammenarbeit mit den Prinzessinnengärten. Auch die Rollheimer-Siedlung an der Okerstraße muss längerfristig weichen. Herr Pfarrer Gahlbeck ergänzt die Ausführungen und weist darauf hin, dass das Konzept auf Anforderung des Bezirksamts Neukölln und in Abstimmung mit diesem entwickelt wurde.

 

Im Anschluss an die Präsentation entfaltet sich eine ebenso komplexe wie kontroverse Diskussion mit vielen unterschiedlichen Beiträgen pro und kontra diese Planung. Einige Punkte, die zur Sprache kommen, sind:

 

-          Herr Blesing führt aus, dass Ausgangspunkt all dieser Planungen die finanziellen Schwierigkeiten sind, die die Unterhaltung der Friedhofsflächen dem Ev. Friedhofsverband bei sinkender Anzahl von Bestattungen und damit auch sinkenden Einnahmen bereitet. Bei den Bestattungsgebühren besteht eine erhebliche Diskrepanz zwischen den kirchlichen und den öffentlichen/kommunalen Friedhöfen. Die Kirchen arbeiten seiner Ansicht nach mit Dumpingpreisen gegenüber den Kommunen, so dass sich auch aus ihrer eigenen Preisgestaltung geringere Einnahmen für sie ergeben als sie erzielen könnten.

-          Es wird Verständnis geäußert für die finanziellen Probleme des Ev. Friedhofsverbandes. Gleichwohl geben einige Teilnehmende grundsätzlich zu bedenken, dass die Friedhofsflächen entlang der Hermannstraße von großem Wert für den Bezirk sind in Bezug auf den Bedarf an Grüner Infrastruktur. Sie sind nicht nur Erholungsflächen und Ruheoasen in einem schon lange hoch verdichteten Bezirk, auf dem zudem weiterer Zuzugsdruck lastet und in dem an diversen Stellen trotz der bereits hohen Einwohnerdichte weiterhin erheblicher Wohnungsbau stattfindet. Sondern sie sind auch wichtig zur Versickerung von Regenwasser vor Ort. Damit sind sie auch binnenklimatisch wirksame Flächen (Kühlung durch Verdunstung) sowie auch Baustein für die Extremwetterresilienz des Bezirks.

-          Sie sind durch ihre alten Baumbestände und weit über hundertjährige bauliche Eingriffsfreiheit von hohem Wert für die biologische und biotopische Vielfalt in der Stadt, namentlich der Innenstadt.

-          Herr Machatzi führte aus, dass diese Friedhöfe letzte Restbestände innerstädtischen Grüns sind, das sich allein aufgrund der bisherigen Nutzung als Bestattungsflächen im Zuge einer massiven Ausdehnung und Verdichtung Berlins in den letzten 150 Jahren bis heute erhalten konnte. Sie sind insofern „letztes Tafelsilber“ der Grünen Infrastruktur Nordneuköllns und nicht etwa Freiflächenmasse, die kompromisshaft im Rahmen des Nutzungskonfliktes ´Wohnen – Grüne Infrastruktur` aufgeteilt werden könnte.

-          Herr Bezirksstadtrat Eberenz bemängelt, dass im  IFEK drei Varianten der Bebauung aufgeführt werden (Micro, Medium und Maxi), in der Vorstellung durch Herrn Preißler aber nicht erklärt wurde, welche Variante zum Tragen kommen soll. Dies wäre aber allein schon deswegen relevant, weil, selbst wenn nur ein Viertel der Friedhofsflächen bebaut und versiegelt würde, die  Biotope im Ganzen schwer beeinträchtigt würden.

Bemängelt wird, dass offenbar bei der Berechnung „verbleibender Grünfläche nach Bebauung“ die Fläche des Anita-Berber Parks mit einbezogen wurde. Diese wurde jedoch als Ausgleichsfläche für den Autobahnbau (Verlängerung der A 100) vom Bund angekauft und kann somit nicht mehr Gegenstand weiterer „Verrechnung“ sein. Schon jetzt liegt die Versorgung der Nordneuköllner Bevölkerung mit nur 4,1 qm wohnortnaher Grünfläche pro Einwohner deutlich unter dem Wert 6 qm, der zum Erhalt urbaner Lebensqualität als notwendig erscheint. Und wegen weiteren Zuzugs und intensiver Bautätigkeit im Bereich Nordneukölln wird dieser Versorgungsgrad ohnehin unvermeidlich weiter fallen.

Gerade im Rahmen einer weitsichtigen Stadtplanung ist es jetzt daher umso wichtiger, die Friedhofsflächen zu erhalten. Denn nach einer Randbebauung des Tempelhofer Feldes werden sie gänzlich innerhalb von Kiezen liegen, die dann auch umso mehr integrierter Grüner Infrastruktur bedürften. Würden die Friedhofsflächen dagegen jetzt überplant und bebaut werden, wären sie als Flächen für spätere integrierte Grüne Kiezinfrastruktur unwiderruflich verloren.

-          Herr Eberenz wirft ferner die Frage auf, ob es dem Ev. Friedhofsverband nur darum geht, Kosten für die Flächenunterhaltung zu eliminieren, oder nicht etwa doch auch darum, finanziellen Gewinn zu erzielen, der sich natürlich aus der Umwidmung der Flächen zu bebaubaren Flächen und anschließender Bebauung in gewiss nicht unerheblichem Maße ergäbe. Sofern es dem Ev. Friedhofsverband wirklich nur darum geht, sich der Kosten für die Flächenunterhaltung zu entledigen, sind andere Wege als der bisher eingeschlagene denkbar. Gespräche darüber werden von BzStR Eberenz angeboten.

-          Herr Szczepanski weist darauf hin, dass zum IFEK ein Beschluss des Bezirksamts vorliegt.

-          Im Rahmen  der Diskussion wird auch auf den Beschluss des Sachverständigenbeirates für Naturschutz und Landschaftspflege zur „Umnutzung von Friedhofsflächen in Berlin“  hingewiesen, in dem insbesondere für die Friedhofsflächen „die Erarbeitung eines gesamtstädtischen landschaftsplanerischen Konzeptes“ gefordert wird.

 

Dieser Beschluss wird dem Protokoll als Anlage beigefügt.

Die Power Point Präsentation ist dem Protokoll ebenfalls als Anhang beigefügt.


 
 

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