Auszug - Vorstellung der Arbeit des Vereins Al-Huleh e.V. zum Thema "Integrationsarbeit und Geflüchtete"   

 
 
5. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Integration
TOP: Ö 3
Gremium: Ausschuss für Integration Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 16.05.2017 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 18:50 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Wohltätigkeitsverein Al-Huleh e.V
Ort: Weisestraße 23, 12049 Berlin
 
Beschluss

Die Referentin Betül Genc, Kulturwissenschaftlerin und im Verein zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, umreißt zunächst die Geschichte des Vereins

Die Referentin Betül Genc, Kulturwissenschaftlerin und im Verein zuständig für die Öffentlichkeitsarbeit, umreißt zunächst die Geschichte des Vereins. Dieser sei Mitte der 1990er Jahre von palästinensischen Geflüchteten mit dem Ziel der besseren Vernetzung gegründet worden. Seither habe er sich zu einer wichtigen Institution entwickelt. Der Schwerpunkt liege in der Beratung und Deeskalationsunterstützung bei akuten Familienkrisen, sowie der kostenlosen Sozialberatung. Dabei stelle die arabische Community als Zielgruppe einen besonderen Fokus der Arbeit des Vereins dar. Es entspreche aber dem Selbstverständnis des Vereins, dass dessen Angebote allen Neuköllnern offen stehen. Dies machten auch die vielfältigen Projekte von Al-Huleh deutlich. Frau Genc berichtet von der vom Verein organisierten Ferienbetreuung für Schulkinder, Nähprojekten u.a. Dabei stehe immer die tatsächliche Teilhabe der Menschen, insbesondere auch der seit 2015 in Neukölln lebenden Geflüchteten an der Gesellschaft im Vordergrund.

 

Ausgehend von den aktuell vom Verein beobachteten Entwicklungen in der Sonnenallee, hatten dessen Mitglieder die Idee für ein mögliches neues Projekt mit dem Arbeitstitel „Sonnenallee 2017-2018“. Frau Genc führt aus, dass ein Präventionsprojekt geplant ist, das bevorstehenden neuen Konflikten entgegen wirken soll. Zunehmend erreichten den Verein Berichte über das anwachsende Konfliktpotential auf der arabisch geprägten Geschäftsstraße. So entstünden vermehrt Konflikte zwischen neuzugezogenen Geflüchteten und den „alteingesessenen“ Bewohnern und Unternehmern der Sonnenallee. Auch die Eröffnung neuer syrischer Geschäfte führe zu Konflikten.

Die langjährige Erfahrung des Vereins in der Arbeit mit arabischen Großfamilien im Bezirk habe gezeigt, dass Konflikte zwischen diesen oftmals bereits aufgrund vermeintlicher Kleinigkeiten zur Eskalation führen können, da sich zahlreiche Familienmitglieder einmischten. Bei solchen Konflikten sei das Sammeln von Informationen im Vorfeld entscheidend, um einer Eskalation rechtzeitig entgegen zu wirken. Zur Streitschlichtung greife der Verein auf die Expertise und die guten Kontakte seiner Familienberater zurück. Aufgrund des vermeintlich erhöhten Konfliktpotentials entlang der Sonnenallee, sieht der Verein dringenden Handlungsbedarf. Deshalb ist angedacht so genannte „Läufer“ auf der Sonnenallee einzusetzen, die Informationen über sich anbahnende Konflikte unter den Bewohnern sammeln und an die Familienberater weitergeben. Diese könnten dann gezielt in die Familien gehen und Streits schlichten, noch bevor diese eskalierten.

 

Die Vorsitzende bedankt sich bei Frau Genc für die Vorstellung und beginnt die Abarbeitung der Rednerliste.

Herr Atashgahi fragt, wie sich die Tätigkeit der Streitschlichter von der der sog. „Friedensrichter“ unterscheiden soll.

Frau Schoenthal hält fest, dass entscheidende konzeptionelle Fragen ungeklärt blieben. So müsse geklärt werden, welche Art der Qualifizierung die „Läufer“ für ihren Einsatz benötigten, wer diese Qualifizierung durchführen könnte und wie die Finanzierung des Projekts gestaltet sein könnte.

Herr Abed hält fest, dass er die Schlichtung vor Schiedsgerichten grundsätzlich begrüßt. Auch überzeuge ihn der Einsatz von „Läufern“, die als Streetworker agieren könnten, da er grundsätzlich den zusätzlichen Einsatz von Sozialarbeitern einem zusätzlichen Einsatz der Polizei vorziehe.

Frau Gloeden appelliert daran, die Gefährdung der sich die „Läufer“ durch ihre Tätigkeit aussetzten nicht zu unterschätzen. Wie diese geschützt werden könnten, sei unklar. Ihrer Kenntnis nach bestehen in der Sonnenallee große Spannungen zwischen zwei arabischen Familienclans.

Frau Manteuffel stellt die Frage, inwiefern das Projekt zur Integration in das deutsche Rechtssystem beitrage. Sie sehe die Verknüpfung nicht, befürchte stattdessen die ausschließliche Unterstützung eines parallelen Regelsystems. Es solle bei einem solchen Projekt aber um die Vermittlung eines Bewusstseins für die geltenden Gesetze gehen.

Herr Szczepanski erinnert daran, dass es ähnliche Strukturen bereits im Rahmen des Quartiersmanagements gebe, wo geschulte Mediatoren zum Einsatz kämen, um nachbarschaftliche Konflikte zu schlichten. Eine solche Schulung sei aber sehr kostenintensiv. Zudem warnt er davor, die „Läufer“ verdeckt arbeiten zu lassen. Niemand dürfe das Gefühl haben, ausspioniert zu werden, denn das schaffe kein Vertrauen. Stattdessen müsse das Angebot offen kommuniziert werden.

Frau Zielisch stellt die Frage, welche Rolle die Scharia bei der vorgeschlagenen Streitschlichtung spielen solle.

Herr Kapitän stellt die Frage, wie derartige Konflikte in den Heimatländern der Betroffenen gelöst werden. Arabische Geschäftsleute müssten sich daran gewöhnen deutsche Gesetze zu akzeptieren. Viele lehnten diese Gesetze ab.

Herr Atashgahi stellt die Frage, wie die Kooperation mit den staatlichen Organen geregelt werden soll. Es bestehe doch durchaus eine Gefahr für die Kiezläufer bei der Ausübung einer solchen Tätigkeit.

Frau Hascelik schlägt vor, dass der Verein auf Grundlage des gewonnenen Inputs die Konzeption des Projekts weiter vorantreibt und insbesondere auch dessen Finanzierung klärt. Das Thema sei sehr relevant aber auch sehr sensibel, deshalb sollte die weitere Diskussion auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.

Frau Dr. Giffey stellt abschließend die Frage der Legitimation in den Vordergrund. Diese sei immer entscheidend, wenn Konfliktlots*innen zum Einsatz kämen. Das Bedürfnis des Vereins, den beobachteten Entwicklungen entgegenzusteuern, könne sie sehr gut nachvollziehen. Allerdings müsste zunächst der Rahmen für die angestrebte Tätigkeit des Vereins sowohl mit der Bezirklichen Verwaltung als auch der Polizei geklärt werden. Dabei sei es ausgeschlossen, dass verdeckt gearbeitet wird.

Frau Dr. Giffey informiert auch, dass sie auf Wunsch einiger Geschäftsleute aus der Sonnenallee im Juni an einem ersten Treffen teilnehmen werde. Die Wirtschaftsförderung wird das Gespräch moderieren. Dieses Gespräch wird sicherlich zur Klärung der Situation in der Sonnenallee beitragen.

 

Frau Genc bedankt sich für das Meinungsbild des Ausschusses. Der Verein werde die Anregungen aufgreifen und die Projektidee weiterentwickeln.

 

Frau Tanana stellt fest, dass die TOP 3 und 4 teilweise zusammengezogen wurden, da die Vorstellung des Präventionsprojekts bereits erfolgt ist.


 
 

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