Auszug - Führung über das Gelände durch das Grabungsbüro archaeofakt   

 
 
34. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bildung, Schule und Kultur
TOP: Ö 2
Gremium: Ausschuss für Bildung, Schule und Kultur Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 07.10.2014 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 18:48 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Ehemaliges Zwangsarbeiterlager Rudow/ Gelände Neubau der Clay-Oberschule
Ort: Neudecker Weg 14-22, 12355 Berlin
 
Beschluss

Die Ausschussmitglieder wurden durch die Archäologen Gregor Döhner und Dr

Die Ausschussmitglieder wurden durch die Archäologen Gregor Döhner und Dr. Kay-Uwe Uschmann auf dem Gelände begrüßt und mittels Führung mit den Zwischenergebnissen der archäologischen Prospektion auf dem Grundstück Neudecker Weg / Ecke August-Fröhlich-Straße vertraut gemacht:

 

Die archäologischen Grabungen der Firma Archaeofakt begannen am 20. August 2014 und verfolgten zunächst das Ziel, die ehemaligen Barackenstandorte des Zwangsarbeiterlagers, das zwischen 1941 und 1945 auf dem Gelände in Rudow existierte, zu lokalisieren und bodenarchäologische Funde aus diesem Zeitabschnitt zu sichern und zu dokumentieren. Zahlreiche Funde, die wertvolle Aufschlüsse über die Lebensbedingungen der Lagerinsassen/innen geben, konnten in der Zwischenzeit bereits geborgen werden. Weitere sind zu erwarten. Es gibt eine ungewöhnlich hohe Befunddichte in den ehemaligen Splitterschutzgräben des Lagers, da diese nach der Beräumung des Lagers 1945 mit Gebrauchsgegenständen aus dem Lager verfüllt wurden. Gefunden wurden u.a. Schüsseln, Tassen, Blechgeschirr, Flaschen, persönliche Gegenstände von den Lagerinsassen und eine Vielzahl zeit- und kontextspezifischer Funde, die Aussagen über die soziale Zusammensetzung des Lagers geben können sowie über die involvierten Firmen, in denen die Lagerinsassen beschäftigt waren. In den Jahren zwischen 1969 und 1970 wurden durch die Firma Eternit durchschnittlich 1,50 m Bodenschicht abgetragen, darauf ein ca. 60 cm steriler Sandboden verfüllt und mit Asphalt versiegelt. Dies führte dazu, dass bauliche Fundamentreste anderer Lagerbaracken bereits in dieser Zeit vernichtet wurden.

Im Laufe der Grabungen stellte sich heraus, dass das Gelände des ehemaligen Zwangsarbeiterlagers bereits früheres bronzezeitliches Siedlungsgebiet war (belegt durch Siedlungsgruben und Pfostenfunde) und auch in Römischer Kaiserzeit (100 bis 150 n. Ch.) als Siedlungsgebiet genutzt wurde (belegt durch Pfostengruben, Siedlungsgruben und Keramikfunde).

Die Verdachtsflächen im gesamten nördlichen Bereich des künftigen Baufeldes zur Köpenicker Straße hin sind durch das Landesdenkmalamt zum Bodendenkmal erklärt worden.

 

Das Landesdenkmalamt Berlin hat dem Bezirksamt Neukölln von Berlin mit Bescheid vom 26.09.2014 mitgeteilt, dass die archäologischen Befunde vor bauseitigen Eingriffen durch eine Ausgrabung zu dokumentieren und die Funde zu bergen sind. Die Reste des sich im südlichen Teil noch befindlichen Splitterschutzgrabens können nach Aussage des Landesdenkmalamtes während der geplanten Baumaßnahmen baubegleitend geborgen und dokumentiert werden.

Dies führt dazu, dass nach der Ausgrabung zu den Resten des Zwangsarbeiterlagers eine zweite Ausgrabung zu den neuen Befunden erfolgen muss. Die Ergebnisse der laufenden archäologischen Prospektion bedingen die archäologische Grabung auf dem nördlichen Areal des Geländes. Durch die bereits erfolgten Prospektionen konnte der Grabungsbereich deutlich eingeschränkt werden.

 

Ziel der Grabung soll es sein, das Gelände für den geplanten Schulneubau vorzubereiten und eine Freigabe durch das Landesdenkmalamt zu erreichen, um Unterbrechungen der Schulbauarbeiten im späteren Verlauf zu vermeiden.

 

Nach Einschätzung der Grabungsfirma beträgt der Leistungszeitraum für die zweite Grabung ca. 60 Arbeitstage und könnte direkt nach Erteilung des Auftrags beginnen. Das Grabungsareal beträgt 9.000 m². Diese Fläche muss komplett geöffnet werden, um die archäologischen Befunde zu dokumentieren. Dabei werden Asphalt- und Tragschicht aufgebrochen bzw. abgefahren und fachgerecht entsorgt.

 

Dies ist mit zusätzlichen Kosten verbunden, die der Bezirk Neukölln als Bauherr der Schule und damit Verursacher zu tragen hat. Der Bezirk ist zur Beauftragung dieser Grabungen durch das Landesdenkmalschutzgesetz verpflichtet.

 

Um den Bauablauf nicht zu beeinträchtigen, ist eine Beauftragung der zweiten archäologischen Grabung mit Mitteln aus dem Bezirkshaushalt im Jahr 2015 erforderlich.

 

Die Gesamtkosten für die beiden archäologischen Grabungen, die bauhistorische Dokumentation der ehemaligen Wirtschaftsbaracke des Zwangsarbeiterlagers und die entsprechende Baubetreuung werden sich voraussichtlich insgesamt auf einen Betrag in Höhe von 880.000 Euro belaufen, für den der Bezirk Neukölln aufkommen muss.

Nach derzeitigem Kenntnisstand werden die archäologischen Grabungen, wenn die Beauftragung im Jahr 2015 stattfindet, nicht zu einer Verzögerung beim Bauvorhaben führen. Die Verzögerung ist durch andere Faktoren bedingt.

 

Bezirksstadträtin Frau Dr. Franziska Giffey führte im Anschluss an die Besichtigung aus, dass sie am heutigen Tag im Rahmen der BA-Sitzung von der Hochbauamtsleitung ein Papier über die aktuelle Bauzeitenplanung zur neuen Clay-Schule erhalten habe, das den Ausschussmitgliedern zur Kenntnis gegeben wurde. Daraus geht hervor, dass sich der Baubeginn für die neue Clay-Schule auf das Jahr 2018 verschiebt und die Fertigstellung für Ende 2021/Anfang 2022 prognostiziert wird.

Frau Dr. Giffey erläuterte nochmals ausführlich die Verfahrensabläufe im Bauplanungsprozess. Die Grundstückssuche, die enormen Herausforderungen des geschichtsträchtigen Geländes, das Ausverhandeln der Finanzierungslücke mit dem Senat nach dem genehmigten Bedarfsprogramm für den nachhaltigen, energieoptimierten Schulneubau sowie die Ergebnisse der archäologischen Prospektion führten zu den Verzögerungen. Weitere Informationen werden in der BVV am 8.10.14 und in den kommenden Ausschusssitzungen folgen.

 

Nach Abschluss der Begehung stellte BD Herr Detlef Glücklich die Frage, ob die Planungen am Leonardo-da-Vinci-Gymnasium weiterhin im Zeitplan lägen. Bezirksstadträtin Dr. Franziska Giffey bejahte dies, erklärte aber, dass mutmaßlich Baukostensteigerungen von 5 Millionen Euro zu erwarten sind.


 
 

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