Auszug - Vorstellung des Quartiersmanagements  

 
 
2. Öffentliche Sitzung des Ausschusses für Verwaltung und Gleichstellung
TOP: Ö 2
Gremium: Ausschuss für Verwaltung und Gleichstellung Beschlussart: erledigt
Datum: Mo, 11.12.2006 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 18:45 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Rathaus Neukölln, Wetzlar-Zimmer, 2. Etage, Raum A203
Ort: Karl-Marx-Straße 83, 12040 Berlin
 
Beschluss

Quartiersmanagement (QM) kommt in Gebieten zum Einsatz, in denen ein überdurchschnittlich hoher Anteil von Arbeitslosigkeit, Armut, schwache soziale Strukturen, Segregation, hohe Fluktuationen sowie der Wegzug mittelständischer Bevölkerungsschichten zu v

Quartiersmanagement (QM) kommt in Gebieten zum Einsatz, in denen ein überdurchschnittlich hoher Anteil von Arbeitslosigkeit, Armut, schwache soziale Strukturen, Segregation, hohe Fluktuationen sowie der Wegzug mittelständischer Bevölkerungsschichten zu verzeichnen sind. Ziel von QM ist, das Sozialgefüge zu stabilisieren, Anonymität aufzulösen, soziale Kontrolle aufzubauen und eine Basis für das Engagement von interessierten Bewohnern zu schaffen. Die Menschen sollen die Fragen ihres Wohnumfeldes, der Situation des öffentlichen Raumes wie auch des Zusammenlebens im Quartier als ihre eigene Sache begreifen und dazu befähigt werden, das Gemeinwesen selbst zu organisieren.

 

                                                  9 der 33 Berliner QM-Gebiete liegen in Neukölln. 1999 wurden in Neukölln die QM-Gebiete High-Deck-Siedlung, Rollberg und Schillerpromenade eingerichtet. 2001 folgte das QM Reuterplatz und in 2005 sind die QM-Gebiete Richardplatz Süd, Körnerpark, Flughafenstraße, Gropiusstadt und Weiße Siedlung hinzugekommen. Hierbei wird unterschieden zwischen dem klassischen Quartiersmanagement sowie den Quartiersverfahren Intervention und Prävention. Bei Letzterem kommen keine Mittel für die baulich-stadträumliche Aufwertung der Gebiete zum Einsatz. Zu den klassischen Quartiersverfahren gehören die Schillerpromenade, Rollberg, High-Deck-Siedlung, Reuterkiez und Richardplatz Süd. Das QM Körnerpark unterliegt der Kategorie Intervention und die übrigen Gebiete wurden in die Kategorie Prävention eingestuft. Insgesamt leben ein Drittel der Neuköllnerinnen und Neuköllner in QM-Gebieten.

 

                                      Am QM-Verfahren Beteiligte sind neben den QM-Team vor Ort die Bewohner, Institutionen, Initiativen, Vereine und starke Partner wie Wohnungsbaugesellschaften, Kitas und Schulen. Finanzdienstleister war bislang die IBB. Nach einer Neuausschreibung wird diese Aufgabe ab 2007 auf die PSS (Programmservicestelle) übergehen. Administrativ werden die QM-Verfahren sowohl von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung als auch von den Bezirksämtern begleitet. Insgesamt ist das Verfahren im Laufe der Zeit immer mehr formalisiert und bürokratisiert worden, sodass von den ursprünglichen Gedankenansätzen, unbürokratisch auf kreative Ansätze von Bürgerinnen und Bürgern reagieren zu können, so gut wie gar nichts mehr übrig geblieben ist.

 

                                                  Die bezirkliche QM-Arbeit erstreckt sich auf die Koordination aller Beteiligten, die Mitwirkung an Handlungskonzepten, Prioritätenfestlegungen und Entscheidungsfindungsprozessen sowie auf die Projektarbeit bis hin zur Freigabe von Zahlungsabrufen, Zwischen- und Schlussverwendungsprüfungen. Breiten Raum nimmt auch die Abstimmung der Projekte mit den Fachabteilungen des Bezirksamtes ein. Eine enge Zusammenarbeit erfolgt insbesondere mit dem Stadtplanungsamt und der Abteilung Jugend. Während dem Bezirksamt Mitte für seine 7 QM-Quartiere 6,5 Stellen zur Verfügung stehen, sind es im Bezirksamt Neukölln nur 5 Stellen. Stellen, die der Bezirk im Übrigen aus eigener Kraft einrichten musste. Denn mit der Aufgabenabschichtung von der Senats- auf die Bezirksebene wurden entsprechende Ressourcen natürlich nicht verlagert.

 

                                                  Das Programm der Sozialen Stadt wird zu 50 % aus EU-Mitteln finanziert. Die Finanzierung der übrigen 50 % erfolgt zu 2/3 aus Bundesmitteln und zu 1/3 aus Landesmitteln. Da in 2007 eine neue EU-Förderperiode beginnt, werden die EU-Mittel nicht gleich zu Beginn des Jahres, sondern voraussichtlich erst ab April bzw. spätestens ab Juni bereit gestellt werden. Dies bedeutet aber nicht, dass die Quartiere keine Gelder haben. Denn ihnen stehen noch die Jahresscheiben aus früheren Programmjahren zur Verfügung.

 

Seit Installierung des QM sind nach Neukölln bislang 23 Mio. € geflossen. In 2005 waren es rund 3,2 Mio. € und in 2006 3,9 Mio. €. Bei diesen Beträgen handelt es sich um reine Projektmittel, d. h., die Gelder für die QM-Teams sind hierin nicht enthalten. Diese werden gesondert aus Landesmitteln finanziert. Für die Mieten der Vorort-Büros müssen die Bezirksämter aufkommen.

 

                                                  Im Rahmen der QM-Arbeit werden folgende strategische Ziele und Handlungsfelder abgedeckt.

 

-           Chancen auf dem Arbeitsmarkt, Beschäftigung und Ausbildung, Fort- und Weiterbildung und Qualifikation

             Bewerbungstraining an Schulen, Vermittlung von Lehrstellen und Praktika

-                                 Fort- und Weiterbildung

             Sprachkurse für Eltern und Kinder, PC-Kurse, Projekte an Schulen zur Qualifikation von Lehrern und Erziehern, Sprach- und Kulturmittler an Schulen

-                                 Integration, tolerantes Zusammenleben und Sozialgefüge

Neuköllner Stadtteilmütter, türkische und arabische Frauenfrühstücke, Nachbarschaftsmeditation

-                                 Partizipation der Bewohner und Akteure

             Quartiersbeiräte, Förderung von ehrenamtlichem Engagement, Kiezzeitungen, Stadtspaziergänge

-                                 Qualität des Wohn- und Lebensraums

Umgestaltung von öffentlichen Plätzen, Balkonwettbewerbe, Um- und Neubauten von Spielplätzen, Baumscheibenbepflanzungen

-                                 Soziale Infrastruktur

Spielplätze mit pädagogischer Betreuung, Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche, Bau von Jugendeinrichtungen

-                                 Stadtteilkultur

Stadtteilfeste für alle Bewohnergruppen, Sing- und Tanzgruppen

-                                 Gesundheitsniveau

Sport- und Bewegungsangebote in Kitas und Schulen, Projekte zur Verbesserung der Ernährungssituation für Kinder

-                                 Sicherheitsniveau/Sicherheitsempfinden

Stärkung der Zivilcourage für alle Bewohnergruppen, Kiezsprechstunden der Polizei, Selbstverteidigungs- und Selbstbehauptungskurse,

 

Insgesamt sind seit 1999 509 QM-Projekte in Neukölln durchgeführt worden. Mit Neuausrichtung des Programms Soziale Stadt sind die Projekte seit 2005 kleinteiliger geworden. Derzeit laufen in den Quartieren 198 Projekte. Die Schwerpunktsetzung Jugend und Integration hatten im Zeitraum 2002 bis 2006 202 Projekte. Insgesamt konnten im Rahmen der QM-Verfahren 9 neue Jugendstandorte in Neukölln für insgesamt 3 Mio. € geschaffen werden.

 

Modellcharakter haben zwei große QM-Projekte des Bezirksamtes. Mit dem “Mitmachzirkus” werden 6.000 Grundschülerinnen und Grundschüler erreicht. Die Kinder trainieren unter Anleitung von Artisten 5 Tage lang Jonglieren, Akrobatik und Clownerie und Tierdressur. Am Samstag präsentieren sie ihre erworbenen Fähigkeiten ihren Angehörigen im Rahmen einer Zirkusvorstellung. Hintergrund für die im Rahmen der Jubiläumsfeierlichkeiten von Schloß Britz erprobten Projektidee ist die sehr häufig zu verzeichnende Verkümmerung der motorischen Fähigkeiten bei Kindern.

 

Um Familien in abgeschotteten Lebenswelten und jene Eltern zu erreichen, deren Kinder keine vorschulische Einrichtung besuchen, wurde das bundesweit einmalige Projekt “Stadtteilmütter in Neukölln” entwickelt. Arbeitslose Mütter, vorrangig türkischer und arabischer Herkunft, werden in einem sechsmonatigen Qualifizierungskurs geschult. Dabei stehen 10 Themenschwerpunkte aus den Bereichen Erziehung, Bildung und Gesundheit sowie Gesprächsführungstechniken, Zeitmanagement und Computerkurse im Vordergrund. Darüber hinaus besuchen die Stadtteilmütter im Rahmen ihrer Ausbildung lokale Beratungsstellen und Vereine und hospitierten in Kindertagesstätten. Nach ihrer Ausbildung besuchen die Stadtteilmütter Familien ihrer eigenen Ethnien zu Hause und beraten sie in den genannten Themenfeldern. Hierbei wird insbesondere die Sensibilisierung für eine vorschulische Erziehung in Kitas angestrebt und für eine frühkindliche Förderung der deutschen Sprache geworben. Die elterlichen Kompetenzen werden in allen Fragen der Erziehung durch umfassende Informationen und Anregungen gestärkt. Jede Familie wird 10 mal besucht und erhält umfängliche Materialien von der Stadtteilmutter, die zur Auseinandersetzung mit dem eigenen Erziehungsverhalten motivieren und konkrete Hilfen im Bezirk aufzeigen. Mit dem Vertrauensvorschuss der identischen Kultur werden die Stadtteilmütter während der 10 Besuche in der Familie zu einer echten Vertrauensperson. Erfahrungen zeigen, dass die Kontakte auch im Anschluss an das förmliche Besuchsprogramm fast immer aufrechterhalten und auch außerhalb der Familien weitergepflegt werden.

 

Neben der Zielsetzung, Familien zu erreichen, die bislang mit dem hiesigen Bildungssystem noch nicht vertraut waren, ist die persönliche Weiterentwicklung der Frauen der zweite Aspekt des Projektes. Die arbeitslosen Frauen erhalten durch die Ausbildung zur Stadtteilmutter eine Qualifizierung und darüber hinaus eine entlohnte Beschäftigung. Mit dem Jobcenter konnte vereinbart werden, dass die Familienbesuche im Rahmen von ABM durchgeführt werden. Durch ihre Tätigkeit entwickeln die Frauen ein neues Selbstbewusstsein und wachsen in ihrer eigenen ethnischen Community in eine positive und ermutigende Vorbildfunktion hinein. Sie genießen hohes Ansehen und haben dabei auch Einfluss auf die Erziehung und Entwicklung der Kinder in den betroffenen Familien. Hinzu kommt, dass durch die Qualifizierung der Frauen auch soziale Kompetenzen geschöpft werden. Dies ist insofern von Bedeutung, als die Kompetenzen der Aufnahmegesellschaft in 15 Jahren nicht mehr ausreichen werden. Von daher ist es erforderlich, in der Migrantenszene selbst solche Befähigungen zu entwickeln und aufzubauen.

 

Nachdem das zunächst im QM-Schillerpromenade durchgeführte Projekt Ende 2005 evalutiert und als äußerst erfolgreich bewertet wurde, wurde das Projekt auf Beschluss der BVV nunmehr auf alle 9 Neuköllner QM-Gebiete übertragen. Ziel ist es, bis Ende 2008 mindestens 2000 Familien in 40.000 Stunden zu beraten. Geht man davon aus, dass es in jeder Familie 5 Kinder gibt, so werden hiermit 10.000 Kinder erreicht.

 

Das Stadtteilmütterprojekt wird aus Mitteln des Bezirkshaushaltes, des Programms Soziale Stadt und durch das Jobcenter finanziert. Mit den Kosten der AB-Maßnahmen betragen die Gesamtkosten bis 2008 rund 2 Mio. €


 
 

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