Auszug - Vorstellung des Heimathafens Neukölln durch die Geschäftsführerin Frau Huder im Saalbau Neukölln, Kultur- und Veranstaltungs GmbH  

 
 
37. öffentliche Sitzung des Wirtschaftsausschusses
TOP: Ö 1
Gremium: Wirtschaftsausschuss Beschlussart: erledigt
Datum: Di, 05.10.2010 Status: öffentlich
Zeit: 17:00 - 19:35 Anlass: ordentliche Sitzung
Raum: Saalbau Neukölln, Kultur- und Veranstaltungs GmbH
Ort: Karl-Marx-Straße 141, 12043 Berlin
 
Beschluss

Der Vorsitzende Herr Mahlo eröffnet die 37

Der Vorsitzende Herr Mahlo eröffnet die 37. Sitzung des Wirtschaftsausschusses, begrüßt alle Anwesenden und stellt fest, dass die Einladung allen Ausschussmitgliedern rechtzeitig zugegangen ist und Änderungswünsche zur Tagesordnung nicht bestehen.

 

Herr Mahlo bedankt sich bei Frau Huder, der Geschäftsführerin der Kultur- und Veranstaltungs GmbH im Saalbau Neukölln, für die Einladung, in ihren Räumen tagen zu dürfen.

 

 

Der Heimathafen Neukölln besteht aus 10 Frauen, die seit dem 1. April 2009 ein traditionsreiches Theater aus dem Jahr 1876, den Saalbau Neukölln, im Bezirk Neukölln betreiben. Am 18. April 2009 gab es die erste Vorstellung – „Arabboy“. Der Erfolg dieses Stücks sorgte für sehr viel Öffentlichkeit und Renommee in der gesamten Stadt.

 

Die Verantwortlichkeiten unter den 10 Frauen sind klar aufgeteilt zwischen Organisation, Pressearbeit, Management und künstlerischem Bereich.

 

Der Betreiber des ehemaligen Saalbaus ist die Saalbau Neukölln Kultur und Veranstaltungs GmbH, der Name des Theaters Heimathafen Neukölln.

Die GmbH hat drei Gesellschafter, die Geschäftführerin Carolin Huder und die beiden Finanziers Hans-Georg Oelmann und Bernd Schultz.

 

Das künstlerische Team des Heimathafens ist als Heimathafen Neukölln e.V. organisiert und für die künstlerischen Inhalte der Eigenproduktionen, die Beschaffung finanzieller Förderungen und für deren Realisation zuständig.

 

Der Heimathafen ist ein rein privatwirtschaftlich betriebenes Haus und finanziert sich ausschließlich über die Einnahmen durch den Ticketverkauf und die Vermietung der Räumlichkeiten. Das Startkapital und eventuelle Fehlbeträge wurden von den beiden Mitgesellschaftern zur Verfügung gestellt.

 

Es gibt zwei wichtige Standbeine: einerseits die Eigenproduktionen wie z. B. „Arabboy“ und andererseits die Vermietung der Räumlichkeiten an Private, Veranstalter oder Künstler für deren Produktionen und Konzerte.

 

Das Konzept lautet: „Berlin hat wieder Volkstheater“. Der Saal des Saalbaus wird nun wieder seiner ursprünglichen Nutzung zugeführt. Volkstheater wird verstanden als „alles was das Volk interessiert und Spaß macht.“ Dabei ist der Anspruch an die Qualität der Produktionen und Veranstaltungen hoch. Es gibt kein Spartenprogramm: Von Oper über Konzerte bis zum Boxkampf findet hier im Saalbau alles statt.

 

Der Heimathafen selber produziert regelmäßig als Eigenproduktionen modernes Volkstheater wie z. B. die Uraufführung des Neuköllner Romans Arabboy, die Geschichte eines arabisch-stämmigen Jugendlichen, der in Neukölln inmitten von Kriminalität und Gewalt aufwächst.

 

Inzwischen legendär sind die Rixdorfer Perlen. Sie singen und „berlinern“ sich mit bekannten Gassenhauern und frechen Dialogen in die Herzen der Berliner und Berlin-Besucher, bei NK Taxi Driver wird ein Taxi-Fahrer bei seiner nächtlichen Reise durch den Bezirk begleitet und die Zuschauer erleben dabei echte Neuköllner Geschichten.

 

Das Heimathafen-Neukölln-Team besteht aus freien Mitarbeitern, Ehrenamtlichen, Praktikanten und Mitarbeitern, die durch Arbeitsförderprogramme des JobCenters finanziert werden.

 

Die Kultur- und Veranstaltungs GmbH im Saalbau Neukölln hat einen Pachtvertrag mit dem Bezirksamt Neukölln abgeschlossen. Bestandteil des Vertrages ist eine Nutzungsvereinbarung mit dem Kulturamt. Diese Nutzungsvereinbarung verursacht erhebliche Probleme nicht nur in der Zusammenarbeit mit dem Kulturamt, sondern ist inzwischen ein wirtschaftlicher Faktor den die Kultur- und Veranstaltungs GmbH im Saalbau Neukölln in dieser Form und in diesem Umfang nicht weiter tragen kann.

 

Frau Huder erläutert konkret folgende Probleme:

·       Laut Pacht- bzw. Nutzungsvertrag §1 Absatz 3 müssen wir dem Bezirksamt/Kulturamt den Saal für eine vereinbarte Anzahl Termine kostenlos zur Verfügung stellen. Das Kulturamt darf konkret 100 Termine im Jahr belegen. Diese sind lt. Vertrag festgelegte Tages- und Abendtermine. Bisher hat das Kulturamt doppelt so viele Abendtermine belegt wie vereinbart wurden. Allein im Monat Juli wurden 29 Veranstaltungen vom Kulturamt geplant und belegt. Das bedeutet, dass der Heimathafen keine Möglichkeiten der eigenen Planung und Vergabe von Veranstaltungen und damit keinerlei Einnahmen hat. Die Termine des Kulturamtes erzeugen dem Heimathafen zusätzlich extreme Mehrarbeit und kosten, als in der Vereinbarung geplant. Sodass schlussendlich nicht nur keine Einnahmen selber generiert werden können, sondern noch zusätzliche Kosten entstehen, die vom Kulturamt auch nicht erstattet werden.

 

·       Personal & Produktionsplanung

Nutzungsvertrag: Wir stellen dem Kulturamt technisches Personal aus dem 2. und 3. Arbeitsmarkt zur Verfügung, weiteres fachkundiges Personal stellt das Kulturamt selber.

Realität: Unser kompletter Stab an Mitarbeitern auch die Freien, die wir bezahlen, sind in die Planung eingebunden bzw. es wird auch erwartet, dass diese die oft aufwendige Produktionsplanung mit den Nutzern besprechen, vorbereiten, aufbauen, bedienen und wieder abbauen. Oft müssen wir auch noch technisches Personal dazubuchen. Das geht weit über die vereinbarte „kostenlose Nutzung der Räume“ hinaus. Wir bekommen lediglich den Ansprechpartner und müssen die komplette Planung, die z. B. bei der Oper Spinnfaden außerordentlich aufwändig war, selber koordinieren.

Unsere Forderung: Die Vorbereitung, Planung und Organisation der Termine des Kulturamts müssen vom Kulturamt getätigt werden. Unseren Mitarbeitern muss ein kompletter Produktionsplan mit allen Zeiten, technischen und baulichen Anforderungen und Ansprechpartnern mindestens zwei Wochen vor der Veranstaltung vorliegen. Den Produktionsaufbau muss ein externer Bühnenmeister planen und koordinieren. Von unserer Seite stehen lediglich die Räume, die Technik und die Techniker über das Kulturnetzwerk zur Verfügung. Der Auf- und Abbau muss innerhalb der vereinbarten Zeit abgeschlossen und die Räume wieder in ihrem ursprünglichen Zustand versetzt werden.

 

·       Bestuhlung & Bühne

Nutzungsvertrag: Die Bühne und der Zuschauerraum werden veranstaltungsgerecht hergerichtet.

Realität: Herr Assis von den Grundschultheatertagen verlangt die alte Tribüne. Da diese im Aufbau sehr aufwändig ist und zudem keinen TÜV mehr hat, finden wir (nach langen Diskussionen!!) einen Kompromiss. Es werden Podeste im Saal aufgestellt, um die hinteren Plätze zu erhöhen. Die vorhandenen Podeste sind allerdings gerade im Garten aufgebaut, da dort eine Sommerbühne bespielt wird. Außerdem muss die Bühne seitlich erweitert werden – dafür wurden weitere Podeste benötigt.

Da Herr Assis und das Kulturamt aber auf die Bestuhlungs-Podeste bestehen, wird vereinbart, dass diese auf Kosten des Kulturamts dazu gemietet werden. Später verweigert das Kulturamt die Zahlung dieser Rechnung, da die Podeste ja prinzipiell (im Garten als Bühne) vorhanden waren und daher hätten dafür verwendet werden müssen.

Unser Standpunkt: Da bei uns oft Kindertheater gespielt wird, und diese immer mit der Bestuhlung wie wir sie jetzt haben zufrieden sind, können wir hier also von einer veranstaltungsgerechten Bestuhlung laut Vereinbarung sprechen. Wenn die durch das Kulturamt vermittelten Nutzer damit nicht einverstanden sind, müssen sie für die gewünschte Änderung selber aufkommen und sich auch darum kümmern, dass das in dem zur Verfügung gestellten Zeitraum geschieht.

 

·       Betriebserlaubnis

Bei Übernahme des Saales mussten wir folgende Mängel feststellen:

es lag keine gültige Betriebserlaubnis für den Saal vor

·           es fehlten die Materialprüfungszeugnisse für alle szenischen Einrichtungen wie z. B. den Schutzvorhang, den Spielvorhang, die komplette Bestuhlung usw.

·           die ausgehängten Flucht- und Rettungswegepläne im Backstagebereich waren falsch

·           diverse Türschlösser an den Rettungswegen waren/sind defekt

 

Zur Erlangung einer Betriebserlaubnis mussten alle die o. g. Mängel beseitigt bzw. die Daten neu erarbeitet werden. Die komplette neue Beantragung der Betriebserlaubnis, die Erstellung der Pläne und die Neuerstellung aller Daten hat für uns eine enorme Mehrarbeit bedeutet. Dass dieses gerade in der sowieso sehr stressigen Anfangszeit als akute Notwendigkeit hinzugekommen ist, lässt sich finanziell natürlich nicht beziffern, hat uns aber viel Zeit und Nerven gekostet. 

 

·       Lüftung:

Seit vielen Monaten haben wir Probleme mit der Lüftung/Kühlung:

Lautstärke: ab 22 Uhr liegt die Lärmbelastung für die Anwohner über 7 Dezibel über dem erlaubten Richtwert, d. h., ab 22 Uhr dürfen wir die Lüftung nicht mehr betreiben. Die Lüftung ist aber für den Betrieb des Theaters sicherheitsrelevant, d. h. wir sind gesetzlich dazu verpflichtet, diese anzuhaben bis alle Gäste aus dem Saal sind – sind aber auch gesetzlich dazu verpflichtet, aus Lärmschutzgründen ab 22 Uhr die Lüftung auszuschalten.

Für uns hat das zwei schwerwiegende Folgen:

·       unsere Kunden, die den Saal mieten, erwarten eine funktionierende Lüftung und weigern sich, wenn diese nicht funktioniert, den vollen Mietpreis zu bezahlen

·       Wir dürften also eigentlich den Saal so nach 22 Uhr gar nicht mehr betreiben und befinden uns täglich in einer juristischen Ausnahmesituation und sind im Zweifelsfalle haftbar.

·       Auf Grund der veralteten Technik hat der sehr hohe Energieverbrauch eine entsprechende Auswirkung auf die Betriebskosten.

 

Frau Huder erklärt, dass sie am Standort Neukölln trotz dieser massiven Probleme gern sind und sich hier auf Dauer etablieren und niederlassen wollen.

 

Aus diesem Grund hat die Kultur- und Veranstaltungs GmbH im Saalbau Neukölln einen Antrag bei der Lotto Stiftung Berlin gestellt. Dieser Antrag wurde in Höhe von 420.000 € netto für technische und bauliche Investitionen bewilligt. Laut des Bewilligungsbescheides der Lotto Stiftung Berlin muss die Saalbau Neukölln GmbH, um den Bescheid wirksam werden zu lassen, einen Pachtvertrag für den Saalbau mit einer Laufzeit von 10 Jahren ab jetzt vorlegen.

 

Dies nimmt nun die Saalbau Neukölln GmbH zum Anlass um einen neuen, geänderten und für sie faireren Pachtvertrag mit dem Bezirksamt zu verhandeln. Aus den oben geschilderten Gründen wird die GmbH den derzeit bestehenden Vertrag, und hier insbesondere den Nutzungsvertrag nicht verlängern.

 

Nach anregender Diskussion und vielen Einzelfragen an Frau Huder erläutert Herr Bezirksbürgermeister Buschkowsky, dass er erst gestern durch Frau Huder während eines gemeinsamen Gesprächs von den Problemen Kenntnis erhalten hat.

 

Bereits heute hat er in der Sitzung des BA darüber berichtet. Das Bezirksamts-Kollegium ist sich einig, den Standort Heimathafen im Saalbau nicht zu gefährden und hat folgendes Vorgehen beschlossen:

1.     juristische Prüfung des Vertrages

2.     neue Vertragsverhandlungen mit dem Heimathafen mit den klaren Aussagen

a.     dass es eine eindeutige Reduzierung der Überlassungszeiten an den Bezirk geben wird und

b.       durch den Heimathafen erbrachte Dienstleistungen bezahlt werden.

c.     Im Bezirksamt werden sowohl die für Kultur zuständige Stadträtin Frau Giffey als auch der für FM zuständige Stadtrat Herr Buschkowsky die Vertragsverhandlungen bestimmend führen.

 

Der Vorsitzende und Frau Schoenthal stellen fest, dass alle Ausschussmitglieder daran interessiert sind, dass der Heimathafen am Standort Saalbau bleibt. Frau Schoenthal empfiehlt eine entsprechende Beschlussempfehlung aus dem Ausschuss in die morgen tagende BVV zu bringen.

 

Nach eingehender Diskussion beschließt der Ausschuss einstimmig folgende Beschlussempfehlung:

 

„Die BVV unterstützt das Bezirksamt in seinen Bemühungen den Heimathafen im Saalbau Neuköln zu erhalten.“

 

Der Vorsitzende erklärt, dass er die dringliche Beschlussempfehlung am nächsten Morgen abgibt, damit diese im Ältestenrat und in der BVV behandelt werden kann.

 

Abschließend erläutert Herr BzBm Buschkowsky, dass die Privatisierung des Saalbaus Neukölln eine Sparvorgabe aus dem letzten Doppelhaushalt war. Ziel war es sowohl die Betriebskosten als auch die damaligen Personalkosten einzusparen und schlussendlich durch die Verpachtung des Saalbaus auch Mittel für den Haushalt des Bezirkes zu erwirtschaften. Dieses Ziel ist noch nicht erreicht. Sicherlich ist ein Vertrag, der dem Pächter die Erwirtschaftung der Kosten ermöglicht eine zwingende Voraussetzung. Diese wird nun durch den neu zu verhandelnden Vertrag geschaffen. Aber klar ist, dass kurzfristig natürlich die Betriebskosten durch die Pächterin zu erbringen sind und es auch in einer absehbaren Zeit zu Pachtzahlungen kommen muss.

 

 

Beschlossene geänderte Fassung im Wirtschaftsausschuss 38. Sitzung:

 

„Herr Biedermann fragt Herrn Buschkowsky: "Was tut das Bezirksamt um diese Art Verträge in Zukunft zu verhindern?"

Herr Buschkowsky erläutert, dass der Vorgang beweist, dass man solche Dinge nicht von Dienststellen machen lässt, die, wie diese Nutzungsvereinbarung des Kulturamtes beweist, in der Materie nicht zu Hause sind. Die Serviceeinheit Facility Management, die im Bezirksamt Neukölln sämtliche bezirkseigene Liegenschaften bewirtschaftet und betreut, hatte zum damaligen Zeitpunkt durch die zuständige Abteilung BiSchulKu die klare Vorgabe sich bei der Ausgestaltung der Nutzungsvereinbarung (Abt BiSchulKu/Heimathafen) herauszuhalten. Solche Vorgaben sind nun, durch eine erfolgte Zuständigkeitsänderung, nicht mehr möglich. Verträge und Vereinbarungen werden künftig durch die SE FM erarbeitet und geschlossen. Da in diesem Bereich der nötige Sach- und Fachverstand vorhanden ist, ist davon auszugehen, dass diese Mängel bei Verträgen und Vereinbarungen künftig ausgeschlossen sind.“

 


 
 

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