Drucksache - 1653/IV  

 
 
Betreff: Gärtnern in Mitte - für und mit den Bürgerinnen und Bürgern
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der SPDBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:1. Matischok-Yesilcimen Fraktion der Piraten Freitag
2. Körper
 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
   Beteiligt:Piratenfraktion
   Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
16.10.2014 
33.öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin vertagt   
20.11.2014 
34.öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin überwiesen   
Soziale Stadt, QM, Verkehr und Grünflächen Vorberatung
03.12.2014 
34. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziale Stadt, QM, Verkehr und Grünflächen      
Bildung, Kultur und Umweltschutz Vorberatung
14.01.2015 
36. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bildung, Kultur und Umweltschutz ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
22.01.2015 
36. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
05.09.2019 
29. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin (mit LIVESTREAM) vertagt   
19.09.2019 
30. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin (mit LIVESTREAM) mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Antrag vom 07.10.2014
2. BE BiKuUm vom 16.01.2015
3. Beschluss vom 22.01.2015
4. VzK vertagt vom 07.08.2019
5. VzK SB vom 10.09.2019

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

 

(Text siehe Rückseite)


Bezirksamt Mitte von Berlin26.06.2019

Weiterbildung, Kultur, Umwelt, Natur, Straßen und Grünflächen           33500

 

 

BezirksverordnetenversammlungDrucksache Nr.: 1653/IV

Mitte von Berlin


Vorlage - zur Kenntnisnahme-

Gärtnern in Mitte - für und mit den Bürgerinnen und Bürgern

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

Die Bezirksverordnetenversammlung hat auf ihrer Sitzung am 22.01.2015 beschlossen, folgendes Ersuchen an das Bezirksamt zu richten (Drucksache Nr. 1653/IV):

 

Das Bezirksamt wird ersucht, ein Konzept zu entwickeln, das ehrenamtliche Engagement in der Pflege von Grünflächen durch Bürgerinnen und Bürger in Mitte zu fördern und auszuweiten.

 

Hierzu sind Flächen verschiedener Größe zu ermitteln, die für die Pflege durch Ehrenamtliche geeignet sind. Es soll geprüft werden, mit welchen Akteuren verschiedene Konzepte (Bürgergärten, Pflegebeete, interkulturelle Gärten, etc.) ermöglicht werden können. Es sollen Verträge vorbereitet werden, die den unterschiedlichen Größenordnungen von ehrenamtlichem Engagement (von der Baumscheibe bis zum Bürgergarten) Rechnung tragen.

Das Konzept ist als Entwurf im Ausschuss für Soziale Stadt, Quartiersmanagement, Verkehr und Grünflächen bis Ende 2014 vorzustellen und auf Basis der Diskussion bis 30.03.2015 vorzulegen.

 

Das Bezirksamt hat am 02.07.2019 beschlossen, der Bezirksverordnetenver-sammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen.

 

 

Urbane Gärten - Das Konzept

 

Die Gärten in den Städten tun Gutes - auf vielen Ebenen. Aus ökologischer Sicht dienen sie der Verwertung organischer Abfälle, sie reichern die Luft mit Feuchtigkeit an und fangen Regenwasser auf, das sonst ungenutzt in die Kanalisation fließen würde. Große, zusammenhängende, grüne Dachflächen können sogar das Stadtklima positiv beeinflussen und extreme Temperaturen ausgleichen. Auch Insekten und andere Stadtbewohner*innen haben etwas von den Gärten, da der Anbau von lokalen Nahrungsmitteln zum Erhalt von Sortenvielfalt und Biodiversität beiträgt.

 

 

Aus sozialpolitischer Sicht beleben insbesondere gemeinschaftlich genutzte Gärten den öffentlichen Raum und schaffen neue Orte der Begegnung und des Austauschs. Nachbarn lernen sich beim gemeinsamen Buddeln kennen, Menschen verschiedener Kulturkreise tauschen gärtnerisches Wissen und Erfahrungen aus.

 

Im besten Falle wachsen mit den Blumen und Pflanzen die Gemeinschaften, neue Impulse für Kulturen der Teilhabe werden gegeben. Stadtteile gewinnen durch das zivilgesellschaftliche Engagement an Lebensqualität, indem sie miteinander in Verbindung treten und ihren Kiez verschönern. Nebenbei und auch gezielt entstehen praktische Lernorte für Kinder und Jugendliche. Die Bespielung ungenutzter Flächen ist zudem eine aktive Auseinandersetzung und Einmischung in die Gestaltung der Stadt.

 

Die wichtigsten Begriffe in der Diskussion:

 

1. Der Begriff „ungenutzte Fläche“


Das können Flächen sein, die keiner spezifischen Nutzung zugeordnet sind, also z.B. nicht-begrünte Hinterhöfe, Uferböschungen, Mittelstreifen, Straßenbegleitgrün etc.

Bei genauerem Hinsehen, haben diese Flächen allerdings alle eine Aufgabe. Gerade vermeintlich ungenutzte Flächen sind wichtig für Bienen, Insekten und Vögel. Denen ist es gleichgültig, ob sie ihre Nahrung in „schöner“ Umgebung finden, wichtig, sie ist überhaupt da. Damit haben diese Flächen einen Nutzen und selbst der Hinterhof ist für das Klima einer Hausanlage notwendig.

 

2. Der schöne Garten


Schöne Gärten sind herrlich, aber für Bienen, Vögel und Insekten sehen sie anders aus als für den Spaziergänger. Hier muss durch die Umwelt– und Naturschutz-verbände ein Verständnis für das Verhältnis von Natur, Pflege und Natürlichkeit geschaffen werden, um Engagement z.B. in der Nachbarschaft tatsächlich im Sinne der Unterstützung von urbaner Natur wirksam werden zu lassen.

 

 

3. „Jedermannsrecht“


Innerhalb der Verdichtungsräume übernehmen die öffentlichen Grünflächen eine wichtige Funktion für die Erholung der Bevölkerung. Grünanlagen sollen entsprechend den unterschiedlichen Erholungsbedürfnissen der Bevölkerung verschiedenen Anforderungen hinsichtlich der Erreichbarkeit, Größe, Ausstattung und Gestaltung erfüllen. Besonders wichtig ist die Erholung. Öffentliche Grünanlagen dienen dem Gemeingebrauch und damit der breiten Schicht der Nutzer*innen. Das heißt im Umkehrschluss: die Gestaltung darf niemanden ausschließen. Wir bemühen uns die Grünflächen und Parks barrierefrei zu gestalten. Dort wo privates Engagement in öffentlichen Grünanlagen wirkt, muss das Ziel sein, jede und jeden in die Grünanlagen zu locken, um Liebe und Achtsamkeit gegenüber Flora und Fauna entstehen zu lassen. Abgrenzungen stehen dem entgegen, Öffnungen und Vermittlung (kleine Lehrpfade) unterstützen dieses Ziel.

 

Der Gesetzgeber hat an vielen Stellen dem Schutzbedürfnis und dem Gemeingebrauch Rechnung getragen:

Öffentliche Grün- und Erholungsanlagen im Sinne des Gesetzes zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen (Grünanlagengesetz – GrünanlG) vom 24. November 1997 (GVBl. S. 612) geändert durch Art. XLVIII des Gesetzes vom 16. Juli 2001 (GVBl. S. 260), § 27 Abs. 2 des Gesetzes vom 16. September 2004 (GVBl. S. 391) und § 15 Abs. 1 des Gesetzes vom 29. September 2004 (GVBl. S. 424) sind gärtnerisch gestaltete Anlagen, Spielplätze, Freiflächen, waldähnliche oder naturnahe Flächen, Plätze und Wege, die entweder der Erholung der Bevölkerung dienen oder für das Stadtbild oder die Umwelt von Bedeutung sind.

 

 

Erfahrungen zum Thema

 

Es gab bereits Versuche, das Gärtnern in die konzeptionelle Gestaltung von Grünanlagen einzubeziehen, unter der Maßgabe, dass die Flächen weiterhin öffentlich zugänglich sind und so der Zweckbestimmung des Grünanlagen Gesetzes  genügen. Diese Ansätze müssen als gescheitert betrachtet werden. Im „Moabiter Stadtgarten“ sind die Flächen für das „Urban Gardening“, die Flächen mit dem schlechtesten Erhaltungszustand. Hierzu wurden auch Befragungen durchgeführt, warum die Flächen nicht angenommen werden.

 

Im Ergebnis haben die ehemaligen Nutzer mitgeteilt, dass die bewirtschafteten Flächen, durch den öffentlichen Zugang von nicht gärtnernden Parkbesuchern abgeerntet werden. Als ein weiterer Grund wird auch Vandalismus ins Feld geführt.

 

Daraus schließen wir nicht, dass gärtnerisches Engagement in der Stadt und dem Grundsatz des Gemeingebrauchs öffentlicher Grünanalagen unvereinbar ist. Aber diese Erfahrung gibt Hinweise auf die notwendigen Rahmenbedingungen.

 

In der Regel sind nur Flächen für eine breite „Urban Gardening“ Nutzung geeignet, die ständig und über Jahre betreut werden und nachts abgeschlossen werden können.

 

 

Fazit
 

Ein Entzug von öffentlicher Fläche soll vermieden werden. Ein solcher Entzug von öffentlich nutzbarem Freiraum für gärtnerische Nutzung eines eingeschränkten Nutzerkreises ist nicht mit den Zielen des Bezirksamtes (keine Verringerung von öffentlichem Freiraum) und den gesetzlichen Vorgaben zu vereinbaren. In weiten Teilen des Bezirkes besteht eine erhebliche Unterversorgung mit versorgungs-relevantem Freiraum.

 

Weiteres Vorgehen

 

Es gibt Flächen, auch im privaten Raum, die gepflegt werden, für die sich benachbarte Gruppen verantwortlich fühlen könnten, ließe man sie. Wir halten es für besser, nicht an dem raren öffentlichen Grün zu knapsen, sondern die Pflege und ökologische Betreuung von Flächen zu unterstützen, die nicht dem Status nach öffentliche Grünanlagen sind.

 

Wir werden daher eine Anlaufstelle für interessierte Menschen, Gruppen, Nachbarschaften einrichten, die eine solche Fläche (eine Brache, ein vernach-lässigter Streifen im Hof, ungepflegte Abschnitte an Verkehrswegen etc.) identifizieren und bearbeiten möchten. Manchmal geht es auch nur darum einen Apfelbaum zu pflanzen.

 

Wir werden ihnen helfen zu klären, wie der Rechtsstatus der „gefundenen“ Fläche ist und welche Art von gärtnerischer Arbeit möglich und sinnvoll ist. Wir werden klären, ob die Gruppen eine Form von Verbindlichkeit für die Pflege der Pflanzen bieten kann. Denn auch der zitierte Apfelbaum will nach Standort sorgfältig ausgewählt werden und muss u.U. beschnitten werden.

 

Außerdem wird der Bezirk ein Netzwerk der Stadtgärtner*innen aufbauen und unterstützen. Es ist wichtig, dass die Erfahrungen ausgetauscht werden können. Im optimalen Fall könnten sich sogar Vertretungsstrukturen bilden und das urbane Gärtnern stabilisieren.

 

Wir werden die BVV über den Ausschuss über den Fortgang dieser Aufbauarbeit informieren.

 

A)    Rechtsgrundlage

§ 13. i.V.m. § 36 BezVG

B)    Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung 

  1. Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

keine

  1. Personalwirtschaftliche Auswirkungen:

keine

 

Berlin, den 02.07.2019

 

 

 

 

 

 

Bezirksbürgermeister von DasselBezirksstadträtin Weißler

 
 

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