Drucksache - 0233/IV  

 
 
Betreff: Naturnahe und nachhaltige Grünflächenpflege in Mitte
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der SPDBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Mahr Körper 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
22.03.2012 
6. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin überwiesen   
Soziale Stadt, QM, Verkehr und Grünflächen Entscheidung
25.04.2012 
7. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziale Stadt, QM, Verkehr und Grünflächen vertagt   
23.05.2012 
8. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziale Stadt, QM, Verkehr und Grünflächen vertagt   
13.06.2012 
9. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziale Stadt, QM, Verkehr und Grünflächen vertagt   
22.08.2012 
10. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziale Stadt, QM, Verkehr und Grünflächen vertagt   
19.09.2012 
11. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziale Stadt, QM, Verkehr und Grünflächen vertagt   
24.10.2012 
12. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziale Stadt, QM, Verkehr und Grünflächen vertagt   
21.11.2012 
13. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziale Stadt, QM, Verkehr und Grünflächen mit Änderungen im Ausschuss beschlossen   
Bildung, Kultur und Umweltschutz Entscheidung
12.12.2012 
14. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Bildung, Kultur und Umweltschutz mit Änderungen im Ausschuss beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
20.12.2012 
15. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
21.02.2013 
17. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin vertagt   
21.03.2013 
18. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Antrag vom 13.03.2012
2. BE Soziale Stadt vom 22.11.2012
3. BE vom 12.12.2012
4. Beschluss vom 20.12.2012
5. VzK vom 06.02.2013
7. Vzk vom 11.03.2013
8. in BVV vom 21.03.2013 abschließend z K genommen

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

 

(Text siehe Rückseite)

 


Bezirksamt Mitte von Berlin

Abt. Stadtentwicklung, Bauen, Wirtschaft und Ordnung

 

 

BezirksverordnetenversammlungDrucksache Nr.

Mitte von Berlin0233/IV

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Vorlage - zur Kenntnisnahme -

 

über

 

Naturnahe und nachhaltige Grünflächenpflege in Mitte

 

 

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 20.12.2012 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 0233/IV):

 

„Das Bezirksamt wird ersucht, ein interdisziplinäres Konzept zur Umstellung der Grün-flächenpflege auf naturnahe Grünpflege zu erarbeiten. Dieses Konzept soll den Nutzen für Erholung und Zerstreuung der Bevölkerung beachten und langfristig die Biodiversität und das Stadtklima positiv beeinflussen. Das ökologische Konzept soll die Maßnahmen und Investitionen, die zur Anlage und zum Erhalt einer naturnahen Grünflächenpflege auf den bezirklichen Grünflächen , dem Straßenbegleitgrün und den Brachen notwendig sind, auf-zeigen. Es sollen geeignete Flächen und Teilflächen (unter Beachtung sozialer und kultu-reller Flächennutzung und unter Wahrung der Verkehrssicherheit) bestimmt werden. Zur Erstellung des ökologischen Konzeptes soll die Zusammenarbeit mit einer Hochschule (bio-logisch-ökologische Fachrichtung) angestrebt werden.

Außerdem möge das Bezirksamt prüfen, inwieweit Drittmitteln heran gezogen werden können und wie Bürger für eine naturnahe Grünflächenpflege sensibilisiert werden können und wie man sie und weitere Akteure (NGO’s, BSR, Grün Berlin usw.) im falle einer Um-stellung auf extensive Bewirtschaftung, z.B. durch Pflegepatenschaften, aktiv mit einbe-ziehen kann.

Der BVV ist vierteljährlich ein Zwischenbericht vorzulegen.“

 

 

Das Bezirksamt hat am 29.01.2013 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen.

 

 

Ein Konzept zur Umstellung der Grünflächenpflege auf naturnahe Grünpflege würde voraus-setzen, dass die mit der Extensivierung verfolgten Ziele eindeutig definiert sind.

Solche Ziele könnten die Verbesserung der bioklimatologischen Ausgleichsfunktionen, die Reduzierung von Schadgasen und -stäuben, die Lärmminderung oder die Erhöhung der Biodiversität im Sinne von Arten- und  Biotopschutz sein, um nur einige wenige Zielrichtun-gen zu benennen.

Welche Flächen geeignet sind, hängt wiederum von der Zielstellung und den jeweiligen Standortfaktoren (Boden, Wasser, Klima) ab. So lässt sich aus einem nährstoffreichen Spül-saum kein Sandtrockenrasen entwickeln und aus einer Hochstaudenflur kein Salzwedel-rasen. Vogelnähr- und Nistgehölze an Hauptverkehrsstraßen verbessern nur bedingt die „Biotopstruktur“.

Bei allen möglichen Ansätzen und künftigen Zielstellungen gilt gerade für die inner-städtischen Grünflächen der anthropozentrische Grundsatz:

Öffentliche Grün- und Erholungsanlagen im Sinne des Gesetzes sind gärtnerisch gestal-tete Anlagen, die der Erholung der Bevölkerung dienen.

Die vielfältige Nutzbarkeit der Freiflächen für den gestressten Großstädter steht also im Zentrum der Pflegeplanung. Die Extensivierung der Pflege hat einschneidende Auswir-kungen auf die Nutzbarkeit der öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen.

Die vieljährigen Erfahrungen der Grünflächenämter in Berlin und Deutschland zeigt, dass eine Extensivierung von Freiflächen nur dann gelingt, wenn sie mit der Freiflächennutzung kompatibel ist. Für den Bezirk Mitte, mit dem ständig wachsenden Nutzerdruck und dem steil ansteigenden Strom der Touristen, sind Zweifel am Gelingen angebracht.

 

Attraktive Grünflächen haben in den Städten einen bedeutenden Einfluss auf die Lebens-qualität. Der steigende Wunsch nach naturnahen Flächen mit hohem Erlebniswert einer-seits, Sparmaßnahmen der öffentlichen Hand andererseits und der beschriebene Nutzungs-druck verlangen nach differenzierten Konzepten für die Grünflächengestaltung und deren Pflege.

Als unentbehrliches Rüstzeug für die Gärtner zeigen genaue Pflegepläne für jeden Park die verschiedenen Intensitäten des Unterhalts auf. Theorie- und Praxiskurse für das Personal vor Ort vermitteln zudem das nötige Fachwissen und die Motivation für die Umsetzung.

Solche Parkpflegewerke sind für das Tiefbau- und Landschaftsplanungsamt Mitte die Basis für eine substanzerhaltende ressourcenschonende Pflegeentwicklungsplanung.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang die Information der Bevölkerung, damit diese die Maß-nahmen versteht und mitträgt.

Mit jeder Änderung der Pflege ergeben sich Änderungen für die Bürger.

Gerade mit der Extensivierung der Pflege bleiben diese Änderungen nicht nur optisch, son-dern wirken sich substantiell auf die Nutzbarkeit der Freiflächen aus.

 

Folgende hypothetische Entwicklung zeichnet sich ab:

 

Die betroffenen Flächen werden in einem überschaubaren Zeitraum ein anderes Artenspek-trum aufweisen. Das bedeutet, dass an die Stelle der Gräser andere Pflanzen treten. Dies führt zu einem veränderten Artenspektrum. Insgesamt wird sich in Folge der Sukzession eine verhältnismäßig hohe Vegetation mit möglichen Höhen von ca. 60-80 cm entwickeln. Es ist auch damit zu rechnen, dass Pflanzen, wie z.B. Disteln, Brennnesseln und Ampfer, auch bestandsbildend auftreten. Sobald dieses Entwicklungsstadium eingetreten ist, ist eine Rückführung in den Zustand eines Rasens durch bloße Umstellung der Pflege nicht mehr möglich. Sollte irgendwann eine Umwandlung wieder vorgesehen sein, so ist dies nur durch die Neuherstellung des Rasens mit entsprechend hohem Mitteleinsatz möglich.

Die betroffenen öffentlichen Grünflächen werden nicht mehr in der gewohnten Form zu nutzen sein. Die Möglichkeiten zum Spielen, das heißt insbesondere Ballspiele, wie z.B. Federball, Volleyball, Wurfspiele, gehen verloren. Die Aufenthaltsqualität der betroffenen Flächen geht ebenfalls deutlich zurück, das Sonnenbaden oder Picknicken wird sicherlich nur noch in eingeschränkter Form möglich bzw. attraktiv sein, nicht zuletzt, weil sich mit dem Langgras auch ein erhöhter Insektenbestand einstellen wird.

Von den Flächen wird zudem ein deutlich erhöhter Samenflug ausgehen, der insbesondere bei den Anliegern zu Beschwerden führen kann und höhere Pflegeaufwände auf den intensiv genutzten Flächen verursacht. Auch die Tatsache, dass das Laub nicht mehr beseitigt wird, wird bei den Anwohnern zu Beschwerden führen.

Darüber hinaus sind visuelle Beeinträchtigungen zu erwarten, die das Stadtbild beeinträch-tigen. In diesem Zusammenhang ist anzuführen, dass sich in den Flächen, die extensiv unterhalten werden, achtlos weggeworfener Müll ansammelt. Bei größeren Müllmengen,

z.B. volle Mülltüten oder größere Gegenstände, ist davon auszugehen, dass die Beseiti-gung im Rahmen der allgemeinen Abfallbeseitigung in den Anlagen erfolgt. Die kleineren Mengen, wie einzelne kleine Gegenstände, werden sich auf den Flächen ansammeln, eine Beseitigung ist nicht möglich.


Gerade in Mitte ist dies nicht nur auf den Grünanlagen mit hauptstädtischer Funktion

und den Grünanlagen mit gesamtstädtischer Freizeit- und Erholungsfunktion nicht vermittelbar. Viele Grünanlagen im Regierungsviertel und in zentraler Lage werden durch Touristen und den Bürgern der Stadt so stark genutzt (übernutzt), dass nur eine intensive Pflege und Bewirtschaftung gewährleistet werden muss, damit eine Nutzung zur Freizeit-gestaltung weiterhin möglich ist. Zudem sind alle Grünanlagen im Parlaments- und Regierungsviertel durch Gestaltungswettbewerbe geplant und gebaut. Die damit einher-gehenden Urheberrechte schließen eine Umgestaltung aus.

 

Die Umstellung von intensiver zu extensiver Pflege bedarf weiterhin der technischen Umstellung des vorhandenen Maschinenparks.

Als Beispiel: die Mahd einer Langgraswiese ist nicht mit Kurzrasenflächenmähern möglich ist. Aus ökologischer Sicht ist es deshalb sinnvoll, ein Wiesenbord oder eine Brachfläche fachgerecht zu mähen. Besonders schonend für Kleinlebewesen, wie Bienen, Raupen und Heuschrecken, ist es, wenn das Grüngut mit einem Messerbalkenmäher geschnitten und abtransportiert wird, statt es mit einem Schlegelmäher, der viele Kleinlebewesen zerstört, nur zu mulchen. Dies setzt allerdings entsprechend Kompostierungsmöglichkeiten (Flächen) des anfallenden Grünguts mit entsprechender Kompostiertechnik und in Fragen der Kom-postierung ausreichendes geschultes Fachpersonal voraus.

Bei dem Einsatz von Messerbalkenmähern muss eine Fläche von Unrat vorher gereinigt werden. Dies wiederum erfordert erheblichen Personaleinsatz.

 

Für die Umstellung der Pflege schätzt der Fachbereich Grünflächen des Tiefbau- und Land-schaftsplanungsamtes die Kosten der Neubeschaffung im ersten Schritt auf einen Betrag von ca. 2 Mio. €. Bei der derzeitigen Haushaltslage und der Streichung aller investiven Neubeschaffungen im Tiefbau- und Landschaftsplanungsamt erscheint auch dies außerordentlich unrealistisch.

Weiterhin würden dem Bezirksamt gerade in den Aufwandsklassen I und II im Rahmen der Budgetierung bei extensiver Bewirtschaftung erhebliche Einnahmeverluste entstehen, da die Vorgaben der Pflege nicht mehr erfüllt werden.

 

Eine Erarbeitung eines Konzeptes ist nicht durch die Mitarbeiter/Innen des Tiefbau- und Landschaftsplanungsamtes als Konsequenz des jahrelangen Personalabbaus möglich.

Eine sich daraus ergebende Vergabe für die Konzepterstellung ist nicht aus dem Etat der stark gekürzten Grünunterhaltung finanzierbar.

 

 

 

Rechtsgrundlage:§ 13 i.V.m. § 36 BezVG

 

 

Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung:

 

a)                 Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:keine

 

b) Personalwirtschaftliche Auswirkungen:keine

 

 

Berlin,             

 

 

 

Dr. Hanke          Carsten Spallek

BezirksbürgermeisterBezirksstadtrat für Stadtentwicklung,      Bauen, Wirtschaft und Ordnung

 

 
 

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