Drucksache - 0974/III  

 
 
Betreff: Zentraler Festplatz
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der SPDBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Neuhaus Matischok-Yeslicimen 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
16.10.2008 
19. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin ohne Änderungen in der BVV beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
19.02.2009 
23. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin mit Abschlussbericht zur Kenntnis genommen   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Antrag vom 07.10.2008
2. Beschluss vom 17.10.2008
3. Vorlage zur Kenntnisnahme vom 06.02.2009

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

(Text siehe Rückseite)


Bezirksamt Mitte von Berlin

Abt. Stadtentwicklung

 

 

Bezirksverordnetenversammlung                                                                        Drucksache Nr.:

Mitte von Berlin                                                                                                0974/III

 

Vorlage - zur Kenntnisnahme –

 

über

Zentraler Festplatz

 

Wir bitten, zur Kenntnis zu nehmen:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 16.10.2008 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 0974/III):

 

Das Bezirksamt wird ersucht, sich bei den zuständigen Stellen, insbesondere bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, für den Erhalt des Zentralen Festplatzes Berlin im Bezirk Mitte einzusetzen.

Zusammen mit dem Land Berlin als Eigentümer und der Berliner Festplatz Verwaltungs-gesellschaft, ist ein dauerhaftes Nutzungskonzept für das Gelände Kurt-Schumacher-Damm 207-245 zu entwickeln, das sowohl den Interessen der Nutzer des Zentralen Festplatzes Berlin als auch den Interessen des Bezirks Mitte gerecht wird.

 

 

Das Bezirksamt hat am 03.02.2009 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen.

 

Die Zuständigkeit für das Bebauungsplanverfahren mit der Bezeichnung III-231 liegt auf Grund der außergewöhnlichen stadtpolitischen Bedeutung bei der Senatsverwaltung für Stadtent-wicklung. Insbesondere aus Lärmschutz- aber auch verkehrlichen Gründen bzw. Problemen auf Grund der ungenügenden Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr konnte das Bebauungsplanverfahren bisher nicht zum Abschluss gebracht werden. Die Senatsverwaltung hat, auch gegenüber dem Betreiber, zugesagt, bis Ende März 2009 erneut zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen und mit welcher Zielrichtung das Bebauungsplanverfahren zur Fest-setzung gebracht werden kann.

 

Das Grundstück ist eigentumsrechtlich dem Liegenschaftsfonds zugeordnet. Für den Betreiber kommt ein Erwerb des Festplatzes erst dann in Frage, wenn die gewünschte Nutzung „Zentra-ler Festplatz“ planungsrechtlich dauerhaft zugeordnet ist.

 

Darüber hinaus wird auf folgende Problemlagen aufmerksam gemacht:

 

1. Kosten von Abtragungsvarianten des Westwalles

1.1 Abtragung des gesamten Westwalles – ca. 34.000 m³

 

Das Bezirksamt hatte auf die Drucksache Nr. II/67 geantwortet (Abschlussbericht vom 16.05.2002), dass eine Abtragung des gesamten westlichen Walles zwischen Autobahn und Festplatz sehr kostenintensiv ist, da es sich um ein Boden-Bauschuttgemisch handeln dürfte und mit Abfuhrkosten in Höhe von mindestens € 360.000,- (netto) zu rechnen sei. Das Umweltamt ging dabei von einem Gesamtvolumen von 34.000 m³ und einem Entsorgungspreis von derzeit 10,70 €/m³ für Bodenaufnahme und Entsorgung bei einem Material, das relativ geringe Belastungen aufweist, aus. Der westliche Wall wurde bisher - auf Grund der Steilheit - nur in seinen Randbereichen beprobt. Somit ist die stoffliche Zusammensetzung des Westwalles weitgehend ungeklärt. Weiterhin wurde ausgeführt, dass die möglichen Folgen einer Wallabtragung für tiefer liegende Bodenkontaminationen und das Grundwasser gegenwärtig nicht abzusehen wären.


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1.2 Abtragung der nördlichen 100 m des Westwalles – ca. 15.000 m³

 

Eine Abtragung, nur des nördlichen Teils des westlichen Walles, zwischen Autobahn und Festplatz, würde somit unter obig dargestellten Bedingungen Kosten in Höhe der Hälfte, d.h., von mindestens  180.000,- €(netto) ergeben.

 

1.3 Abtragung von Teilen des nördlichen Westwalles – ca. 7.000 m³

 

Das im Umweltamt am 23.04.2004 eingegangene Fax der „Wasser und Kulturbau Leegebruch GmbH“ vom 18.06.2003 zum Abbruch und der Entsorgung von Teilen des Erdwalles geht von einer Entsorgung von 7.000 m³ mit Kosten von mindestens 12,75 €/m³ (zzgl. MwSt.) aus. Somit ergäben sich für einen Teil des Walles jetzt mindestens (inkl. MwSt.), € 106 000,-. Sollte es sich bei dem abzufahrenden Material nicht um Boden, sondern um Bauschutt handeln, wären 22,75 €/m³ (zzgl. MwSt.) zu veranschlagen. Damit erhöhten sich die Kosten auf jetzt (inkl. MwSt), 190.000,- € für 7.000 m³ Wall. Von welchem Teil des Walles ausgegangen wird und ob die Materialabschätzung (7.000 m³) realistisch ist, kann auf Grund der vorliegenden Informationen nicht beurteilt werden.

 

 

1.4 Weitere Kosten:

 

1.4.1. Zu allen Varianten kommen noch Sondierungen zur Aufklärung der Zusammenset-zung des Walles/Teilwalles und dessen Belastung in Höhe von 15.000,- € bis 30.000,- €.

 

1.4.2. Bei einer Kubatur von 15.000 m³ (Teil des Walles) geht die Bauabfallüberwachungs-behörde, Sen GUV - II C 3 -) davon aus, dass zunächst 60 von 90 zu erstellenden Mischproben (aus jeweils 18 Einzelproben) analysiert werden sollen. Die Bauabfallüberwa-chungsbehörde geht somit nicht von einer in situ-Untersuchung aus, sondern von einer Deklarationsanalyse beim Abriss (unter Bildung einer größeren Anzahl von kleineren Hauf-werken (30 Stück) zu je 500 m³).

 

Mit Sen GUV - II C 3 ist vorab die Probenahme, die Bewertung der Abfälle und die Frage der Verwertung bzw. Entsorgung zu klären. Die von dort gestellten Forderungen sahen bisher wie folgt aus:

 

Bei 15.000 m³ und einer maximalen Haufwerksgröße von 500 m³ sind 30 Haufwerke zu beproben. Davon sind jeweils 3 Analyse-Proben zu entnehmen (per jeweils 18 gleichver-teilten Einzelproben). Von den 3 jeweils genommenen Analyseproben sind zunächst nur 2 einer Analyse zuzuführen. Sofern alle Haufwerke in sich homogen wären, sind also 60 Analysen erforderlich. Soll davon abgewichen werden, wäre ein von einem entsprechenden Ing.-Büro vorgeschlagener gleichwertiger Probenahmeplan erforderlich. Bei einer Tiefe von 10 m wäre z.B. jeweils der Abtrag eines separat im Rahmen des Abtrages beprobten Teilbereichs sinnvoll, bevor der nächste Teilbereich beprobt wird, der dann abgetragen wird. Durch Voruntersuchungen wäre die vermutete Schwankungsbreite der Schadstoffwerte zu ermitteln, um entsprechende Entsorgungswege vorbereiten zu können. Um Vorlage der beabsichtigten Probeentnahmekonzeption zur Abstimmung wird von dort gebeten. Für die Analyse von 60 Proben werden von mir zunächst etwa  8.000,- € veranschlagt.

 

Für das Frühjahr 2009 ist ein neues Merkblatt zur Probenahme durch Sen GUV - II C 3 - angekündigt. Höhere Kosten sind in diesem Zusammenhang nicht auszuschließen.

 

1.4.3. Mit dem Abtrag des Teilwalles ist es nicht getan. Der aufgerissene Teil des Restwalles wäre zu sichern und zu gestalten.

 

 

 


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2. Auswirkungen eines Wallabtrages auf die Lärmbelastung

 

2.1 Planungsrechtliche Probleme

 

Der Bebauungsplanentwurf III-231 für den zentralen Festplatz konnte bisher nicht festgesetzt werden, weil mehrere planungsrechtliche Grundvoraussetzungen für eine rechtsverbindliche Festsetzung weiterhin nicht vorliegen (Schallschutzproblematik für die in nördlicher Richtung befindliche Wohnsiedlung sowie für die nördlich und östlich gelegene Kleingartenanlage; Problematik der Verkehrsanbindung – fehlende aber im B-Plan dargestellte Brücke über den Hohenzollernkanal sowie die bekannte Stellplatzproblematik).

 

Das begonnene B-Planverfahren III-231 konnte weder im Bezirk Wedding (Mitte) noch bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, wegen der zu hohen Lärmeinwirkungen beim regulären häufigen Betrieb des Zentralen Festplatzes auf die zu nahen Anwohner im allgemeinen Wohngebiet und die angrenzenden Kleingärtner, abgeschlossen werden.

 

Planungsrechtlich befindet sich der Veranstaltungsort derzeit in einem rechtlich für derartige Zwecke nicht zulässigen so genannten Außenbereich (definiert als Wald, Wiese, Feldflur usw.) Der Zentrale Festplatz ist auf Grund der Lärmeinwirkungen zeitlich und inhaltlich nur sehr eingeschränkt nutzbar und erfordert für alle lärmintensiven Veranstaltungen jeweils die Erteilung von einzelnen Ausnahmezulassungen.

 

Für die vorgeschlagenen baulichen Veränderungen wären dementsprechend Baugenehmi-gungen in einem Außenbereich erforderlich. Ob diese Genehmigungen rechtlich erteilt werden können, ist höchst fragwürdig, denn Eingriffe in den Außenbereich sind nur für zulässige Bauvorhaben möglich. Aber darin besteht z. Zt. das Hauptproblem, denn - wie beschrieben - befindet sich der Festplatz im Außenbereich, in dem er dort eben nicht zulässig ist.

 

 

2.2 Einwirkender Straßenverkehrslärm

 

Unter Schallschutzbetrachtungen stellt außerdem die Abtragung des Walls zur Autobahn eine Verschlechterung dar. Er schützt den Zentralen Festplatz vor dem beträchtlichen Straßenverkehrslärm des Kurt-Schumacher-Dammes und des Stadtringes A 111.

 

Die Abtragung des Walls hätte zur Folge, dass sensiblere Veranstaltungen, wie Aus-stellungen (Tiere, Fahrzeuge), Messen, Verkaufsveranstaltungen (Camping, Bote, Bauma-schinen), Märkte (Öko, Wochen- und Flohmärkte), Konzerte usw. auf dem Zentralen Fest-platz nicht mehr oder nur noch eingeschränkt stattfinden könnten. Dieser zusätzlich einwir-kende Straßenverkehrslärm wird durch den meist vorherrschenden Westwind noch ausge-prägter.

 

2.3 Auswirkungen auf die angrenzende Wohnbebauung

 

Bei anderen Vergnügungsveranstaltungen wie Zirkus, Rummel und Volksfesten müsste man die Störwirkungen des Straßenverkehrslärms nach einem Wallabriss durch höhere einge-spielte Schallpegel auf dem Festplatz selbst „übertönen“, um verstanden und unterhalten zu werden. Dies wiederum führt zu höheren Lärmstörungen bei den Anwohnern der nördlich gelegenen Wohnbebauung in der Cite’ Joffre mit der Rue Gustave Courbet, die sich stadt-planerisch im allgemeinen Wohngebiet befindet.

 

Zur absehbaren Lärmbewältigung wurde im damaligen Bezirk Wedding beim begonnenen B-Planverfahren III-231 ein Schallgutachten (vom 31.10.1996) vom Büro ACCON Berlin (Hr. Dr. Donner erstellt.

 


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In diesem Gutachten wurden mehrere Varianten durchgerechnet, auch eine Variante mit zusätzlichen Schallschutzwänden auf den vorhandenen Wällen. Diese zusätzlichen Lärmschutzwände wären wegen der notwendigen Standsicherheit auf dem Lärm-schutzwällen (Windlasten) nur sehr aufwendig herzustellen und dadurch sehr teuer.

 

Die akustischen Ausbreitungsrechnungen ergaben, dass die zusätzlichen Lärmschutzwände von recht geringer Lärmdämm-Wirkung wären, da sie sich relativ weit von den eigentlichen Schallquellen entfernt befänden (geringe akustische Verschattungswirkung). Hinzu kommt, dass bei hohen Fahrgeschäften, mit hoch angeordneten Schallquellen wie Achterbahnen, Riesenräder und Falltürme, weder die Wälle noch die zusätzlichen Lärmschutzwände eine wirksame, den Schall dämmende Wirkung entfalten würden. Das gilt auch für die von den Schaustellern vorgeschlagene zusätzliche Erhöhung der vorhandenen Wälle durch eine Aufschüttung mit dem Material aus einer angedachten Wallabtragung im Eingangsbereich.

 

3. Naturschutzrechtliche Belange

3.1. Auswirkungen auf den Baumbestand

 

Die Naturschutzbehörde weist im Falle einer geplanten Beseitigung dieses Walls auf den dort befindlichen Baumbestand hin, der bei einer solchen Maßnahme zum Opfer fallen würde. Nach dem Naturschutzgesetz stellt die Beseitigung des Baumbestandes einen Eingriff in die Natur und Landschaft dar, der nur mit einer Ausgleichsmaßnahme durch-zuführen wäre. Insofern ist hier zu klären, wer diese Ausgleichsmaßnahmen zu erbringen hat.

 

3.2. Problematik der bisher hergestellten Ausgleichsflächen

Sowohl der Wall, der abgetragen wird, als auch der Ort, auf den dieses Material aufgetragen werden soll, sind hergestellte Ausgleichsflächen, welche in dem im Verfahren befindlichen B-Plan III-231 ausgewiesen sind.

 

 

Vor dem Hintergrund der aufgeführten Problemfelder ist eine Einflussnahme des Bezirkes auf die Umsetzbarkeit des Beschlusses nur begrenzt möglich.

Der Bezirk wird diese jedoch im Rahmen seiner Möglichkeiten weiter ausüben.

 

 

Rechtsgrundlage:  §13 i.V.m. §36 BezVG

 

 

Auswirkungen auf den Haushaltplan und die Finanzplanung:

 

a) Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:            Keine

b) Personalwirtschaftliche Ausgaben:                         Keine

 

 

Berlin, den 03.02.2009

 

Dr. Hanke                                                                    Gothe

Bezirksbürgermeister                                                      Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung

 

 

 
 

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