Drucksache - 0434/III  

 
 
Betreff: Spandauer Vorstadt, Rosenthaler Vorstadt: Wohnen schützen! Entwicklung sichern!
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der FDPFraktion der FDP
Verfasser:Pawlowski 
Drucksache-Art:AntragBeschluss
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
20.09.2007 
9. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin in der BVV zurückgezogen   

Sachverhalt
Anlagen:
1. Antrag vom 11.09.2007
2. Beschluss vom 21.09.2007

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

Die Bezirksverordnetenversammlung möge beschließen:

 

 

Die von der Verwaltung in den Bebauungsplänen: I-B5e, I-B5b, I-B5a, I-B5t und I-B5m vorgeschlagene Lösung, die grundsätzlich zulässige Nutzungsart Schank- und Speisewirtschaft im allgemeinen Wohngebiet und von kleinen Vergnügungsstätten im Mischgebiet nur ausnahmsweise zuzulassen, wird abgelehnt. In allgemeinen Wohngebieten sollten daher Restaurants, Cafes, Weinstuben usw. grundsätzlich und nicht nur ausnahmsweise im Einzelfall zulässig sein; Vergnügungsstätten im Sinne von § 6 Abs. 1 BauNVO sollten grundsätzlich zulässig sein. Die o. g. Bebauungspläne sind entsprechend zu ändern.

 

Begründung:

 

Die von der Verwaltung hierzu vorgetragenen Gründe halten einer Überprüfung nicht stand.

 

Die Verwaltung begründet ihren Vorschlag insbesondere damit, dass es durch die Vielzahl an gastronomischen Einrichtungen zu Nutzungskonflikten kommt, vor allem durch Geräuschbelästigungen im Schankvorgarten, Geräuschbelästigungen innerhalb und außerhalb der Gaststätte und die (nächtliche) Müllentsorgung. Bei den hier aufgeführten Problemen handelt es sich durchweg um Vorfälle, die mittels des vorhandenen Polizei- und Ordnungsrecht und des Gaststätten- und Gewerberechts gelöst werden können.

 

Nach den geltenden lärmschutzrechtlichen Vorschriften sind Gastronomen gehalten, die Nachtruhe einzuhalten. Dies gilt auch für die nächtliche Müllentsorgung. Zur Not kann hier eine Ordnungsverfügung erlassen werden, die dem Gastronomen aufgibt, den Müll vor 22 Uhr bzw. nach 6 Uhr zu entsorgen.

Der Betrieb von Schankvorgärten ist grundsätzlich nur bis 22.00 Uhr (Beginn der Nachtruhe) gestattet. Sofern darüber hinaus der Betrieb solcher Schankvorgärten beabsichtigt ist, bedarf es hierzu einer speziellen Erlaubnis gemäß § 10 Abs. 2 LImSchG, welche nur erteilt werden darf, soweit schutzwürdige Belange Dritter angesichts der örtlichen Gegebenheiten nicht erheblich beeinträchtigt werden.

Mittels der TA Lärm kann sichergestellt werden, dass die Gastronomiebetriebe die notwendigen schallschutztechnischen Maßnahmen veranlassen, um Anwohner nicht zu stören.

 

Wesentliches Ziel des Bebauungsplanverfahrens ist der Erhalt der prägenden ausgewogenen Nutzungsmischung von Wohnnutzung und der kleinteiligen Mischung von gewerblichen Nutzungen, kulturellen und touristischen Angeboten, Schank- und Speisewirtschaften sowie Vergnügungsstätten. Die Bewältigung etwaig damit einhergehender Konflikte ist – wie aufgezeigt - zuvorderst eine Frage des Verwaltungsvollzuges. Zur Not muss der Ordnungsdienst personell entsprechend aufgestockt werden. Das Bauplanungsrecht ist aber kein Mittel, um etwaige Defizite im Verwaltungsvollzug dadurch auszugleichen, dass grundsätzlich zulässige Nutzungsarten nur noch ausnahmsweise zulässig sein sollen.

 

Darüber hinaus hat die Verwaltung mit § 15 BauNVO ein geeignetes Mittel zur Hand, um im Einzelfall regulierend einzugreifen. Schank- und Speisewirtschaften und kleine Vergnügungsstätten sind danach im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

So kann die Verwaltung im Einzelfall dann regulierend eingreifen, wenn in dem Baugebiet von mehreren dort allgemein zulässigen Anlagen eine dergestalt dominiert, dass die übrigen Anlagen zahlenmäßig nicht mehr in der Weise vertreten sind, wie es der Eigenart des Baugebiets eigentlich entsprechen würde (zur Häufung von Vergnügungsstätten in Mischgebieten siehe BVerwG, U. v. 21. 2. 1986 - 4 C 31.83 -, NVwZ 1986, 643 = BauR 1986, 417) Allerdings hat die Beurteilung, ob das neu hinzutretende Vorhaben nach der Anzahl der bereits vorhandenen Anlagen der Eigenart des Baugebiets widerspricht, allein nach städtebaulichen Gesichtspunkten zu erfolgen; die Häufung insbesondere von allgemein zulässigen Anlagen darf nicht zu einer mittelbaren Bedürfnisprüfung führen (Fickert/Fieseler, Kommentar zur BauNVO, § 15 Rn 10).

 

Auch greift die Begründung der Verwaltung für die nur ausnahmsweise Zulässigkeit bei Vergnügungsstätten nicht. Nicht kerngebietstypisch sind solche Vergnügungsstätten, die nach Zweckbestimmung oder Umfang nicht in Kerngebieten untergebracht werden müssen. Typische Fälle sind kleinere Anlagen, die einem begrenzten Stadtteil oder Stadtviertel dienen (BVerwGE 68, 207, BVerwG, U. v. 20. 8. 1992 - 4 C 57.89 -, NVwZ-RR 1993, 66). Ob ein konkretes Vorhaben eine kerngebietstypische Vergnügungsstätte ist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab; erforderlich ist eine Subsumtion auf der Grundlage der Einschätzung der tatsächlichen örtlichen Situation (BVerwG, U. v. 20. 8. 1992 - 4 C 54.89 -, NVwZ-RR 1993, 65). Insofern kann z. B. das Erreichen des Schwellenwerts von 80 m² Grundfläche für eine Musikgaststätte (Urteil OVG Berlin)  einen Anhaltspunkt für die Einordnung als schon kerngebietstypisch geben.

 

Von einer solchen kleinen Vergnügungsstätte gehen keine größeren Störungen (wie z.B. Zu- und Abgangsverkehr) aus, wie von einer (zulässigen) gleich großen Schank- und Speisewirtschaft. Wie oben bereits dargelegt, gelten für diese kleinen Vergnügungsstätten dieselben rechtlichen Vorschriften, so dass bei Einhaltung der einschlägigen Vorschriften auch von solchen baulichen Anlagen keine Lärmbelästigungen für die Anwohner

 

 
 

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