Drucksache - 0612/VI  

 
 
Betreff: Erstellung eines dringlichen Wohnberechtigungsscheins bei drohender Wohnungslosigkeit

Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die GrünenBezirksamt Mitte von Berlin
Verfasser:Massalme, Sisauri, Luca und die übrigen Mitglieder der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN 
Drucksache-Art:AntragVorlage zur Kenntnisnahme
   Beteiligt:Fraktion DIE LINKE
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
17.11.2022 
13. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin      
Ausschuss für Soziales, Arbeit, Bürgerdienste und Wohnen Entscheidung
06.12.2022 
10. öffentliche Sitzung des Ausschusses für Soziales und Bürgerdienste ohne Änderungen im Ausschuss beschlossen   
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
15.12.2022 
14. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin      
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
30.03.2023 
17. öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin      

Sachverhalt
Anlagen:
1. Antrag Grüne vom 08.11.2022
2. BE SozBüDWohn vom 06.12.2022
3. Beschluss vom 15.12.2022
4. VzB SB vom 21.03.2023

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

(Text siehe Rückseite)


Bezirksamt Mitte von Berlin Datum: 15.02.2023

Soziales und Bürgerdienste Tel.: 33900

 

Bezirksverordnetenversammlung Drucksache Nr.:  0612/VI

Mitte von Berlin


Vorlage -zur Kenntnisnahme-

 

über

Erstellung eines dringlichen Wohnberechtigungsscheins bei drohender Wohnungslosigkeit

 

Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen:

 

Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 15.12.2022 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 0612/VI):

 

Das Bezirksamt wird ersucht,

bei akut drohender Wohnungslosigkeit unverzüglich einen Wohnberechtigungsschein zu erteilen, wenn zur Abwendung der drohenden Obdachlosigkeit ein bestehendes Wohnungsangebot vorhanden ist, welches das Vorliegen eines Wohnberechtigungscheins erfordert (vgl. 1756/V). Bei der Erteilung eines WBS aus Dringlichkeitsgründen ist das Ende der Räumungsfrist des zu räumenden Wohnobjektes zu berücksichtigen. Zur Vermeidung der Obdachlosigkeit bei Wohnungsverlust ist dabei das Bezirksamt verpflichtet, die Familien in Notunterkünften vorübergehend unterzubringen. Auf die Belange von schutzbedürftigen Personengruppen, wie zum Beispiel alleinstehende Frauen (mit Kindern), Personen mit Beeinträchtigungen, Senior*innen sowie Menschen, die ohnehin einen erschwerten Zugang zum bereits angespannten Wohnungsmarkt haben, ist dabei besonders zu achten.

 

Das Bezirksamt hat am 21 .02.2023  beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung dazu Nachfolgendes als Schlussbericht zur Kenntnis zu bringen:

 

Ein Wohnberechtigungsschein ist gem. § 27 Abs. 3 des Wohnraumförderungsgesetzes (WoFG) zu erteilen, wenn vom Wohnungssuchenden und seinen Haushaltsangehörigen die Einkommensgrenze nach § 9 Abs. 2 eingehalten wird. Antragsberechtigt sind nach

§ 27 Absatz 2 Satz 2 WoFG Wohnungssuchende, die sich nicht nur vorübergehend im Geltungsbereich dieses Gesetzes aufhalten und die rechtlich und tatsächlich in der Lage sind, für sich und ihre Haushaltsangehörigen nach § 18 WoFG auf längere Dauer einen Wohnsitz als Mittelpunkt der Lebensbeziehungen zu begründen und dabei einen selbstständigen Haushalt zu führen.

 

Hat ein Land nach § 9 Abs. 3 eine Abweichung von der Einkommensgrenze festgelegt, ist der Wohnberechtigungsschein unter Zugrundelegung dieser abweichenden Einkommensgrenze zu erteilen. Berlin hat von dieser Regelung Gebrauch gemacht.

 

r die Erteilung eines WBS gibt es in Berlin mehrere Einkommensgrenzen. Für den Bezug fast aller Sozialwohnungen im Land Berlin ist ein WBS erforderlich, für dessen Erlangung die Einhaltung der um 40% erhöhten Bundes-Einkommensgrenze notwendig ist.

 

r andere, mit einkommensorientierten Zuschüssen geförderte neue Sozialwohnungen, muss eine um 60% über den Bundes- Einkommensgrenzen liegende Einkommensgrenze für die entsprechende WBS-Gewährung eingehalten werden.

 

Ein kleinerer Teil der fertiggestellten Sozialwohnungen kann auch mit einem Einkommen bezogen werden, das die Einkommensgrenzen aus § 9 Absatz 2 WoFG um bis zu 80 % überschreitet.

 

Der Begriff „Dringlichkeit“ ist eine ältere Bezeichnung für den „besonderen Wohnbedarf“.

Ein besonderer Wohnbedarf kann für Personen bewilligt werden, die auf eine vorrangige Wohnraumversorgung angewiesen sind, wenn sie seit mindestens einem Jahr in Berlin mit Hauptwohnsitz gemeldet sind.

 

Sozialbauwohnungen, die für einen besonderen Personenkreis reserviert sind, dürfen nur von Wohnungssuchenden bezogen werden, die im Besitz eines WBS mit „besonderem Wohnbedarf“ sind. Dieses sind Personen, die wegen eines besonderen Wohnbedarfs auf eine vorrangige Wohnungsversorgung angewiesen sind. Dazu zählen u.a.

 

 Alleinerziehende, Familien und Lebensgemeinschaften mit Kind/ Kindern

 - in räumlich unzureichenden Wohnverhältnissen oder

 - ohne eigene Wohnung oder

 - bei erheblichen Mietsteigerungen der bisherigen Wohnung

 

Unzureichende Wohnverhältnisse liegen - unbeschadet weitergehender Regelungen in Gesetzen und Verordnungen - vor, wenn in der Regel nicht mindestens zur Verfügung stehen:

 

r zwei Personen   ein Wohnraum

r drei Personen   zwei Wohnräume

r vier und fünf Personen  drei Wohnräume

r sechs Personen und mehr  vier Wohnräume;

 

 Personen mit nachgewiesener Schwerbehinderung (Grad der Behinderung von 50 und darüber), die in Wohnverhältnissen leben, die aufgrund der anerkannten Leiden objektiv ungeeignet sind;

 

 Personen, die in Einrichtungen der sozialen Wohnhilfe oder sonstigen Behelfsunterkünften untergebracht sind (z.B. Frauenhäusern, Zufluchtswohnungen) oder vergleichbaren Unterkünften des Jugend-, Frauen- und Sozialwesens leben;

 

 Ältere Personen, die das 65. Lebensjahr überschritten haben und eine unterbelegte Mietwohnung aufgeben (Anzahl der Zimmer größer als Anzahl der Haushaltsangehörigen);

 

 Personen, die unverschuldet ihre Mietwohnung räumen müssen (z.B. aufgrund eines bauordnungsrechtlichen Benutzungsverbots oder mit Beendigung des Dienst- bzw. Arbeitsverhältnisses);

 

 Leistungsempfangende nach SGB II und SGB XII (Grundsicherung bei Arbeitssuche, im Alter oder bei Erwerbsminderung), die vom JobCenter/Sozialamt eine konkrete Aufforderung zum Umzug in eine "angemessene Wohnung" erhalten haben;

 

 umungspflichtige Wohnungsinhaber.

 

r die Zuordnung zur Berechtigungsgruppe der räumungspflichtigen Wohnungsinhaber sind folgende Merkmale maßgebend:

 

in der Regel die Vorlage eines gerichtlichen Räumungstitels oder ein bau- oder wohnungsaufsichtsrechtliches Benutzungsverbot oder ein Mietverhältnis, das wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet, sofern dieses mindestens ein Jahr bestanden hat oder ein Hauswart-Dienstvertrag, sofern dieser wegen Erreichens der Altersgrenze oder aus gesundheitlichen Gründen gekündigt worden ist oder Hinterbliebene von Dienst- oder Werkwohnungsinhabern, die zur Aufgabe der Wohnung verpflichtet sind oder getrenntlebende Ehepaare mit Kindern, sofern nach der Stellungnahme des Jugendamtes ein Verbleiben des Wohnungssuchenden mit den im Wohnberechtigungsschein zu berücksichtigenden Kindern in der ehelichen Wohnung unzumutbar ist oder es sich um eine Wohnung handelt, die aufgrund ihrer Zweckbestimmung dem anderen Ehegatten zusteht (Dienst-, Werkwohnung).

 

Grundsätzlich kann ein besonderer Wohnbedarf nicht anerkannt werden, wenn der Wohnungssuchende seine Notlage durch sein persönliches Fehlverhalten herbeigeführt hat.

 

Bereits seit Jahren ist es im Bezirksamt Mitte von Berlin gängige Verwaltungspraxis, dass Anträge von Antragstellenden, denen ein konkretes Vermietungsangebot vorliegt, vorgezogen werden, damit ihnen dieser Wohnraum nicht verloren geht. Dies erfolgt für alle Antragstellenden, unabhängig davon ob Wohnungslosigkeit droht. Dabei wird darauf geachtet, zu welchem Zeitpunkt der WBS benötigt wird. Bei Vollständigkeit des Antrages wird der WBS, falls notwendig, sofort erstellt und kann ggf. vom Antragstellenden noch am gleichen Tag im Wohnungsamt abgeholt werden.

 

Aus Sicht des Sozialamtes ist zu ergänzen, dass die Soziale Wohnhilfe selbst keine Wohnungen vergeben kann, sie berät und unterstützt aber in Wohnungsnotfällen bereits im Vorfeld des Wohnungsverlustes. Das dafür zuständige Präventionsteam der Aufsuchenden Sozialarbeit wird entweder von den Amtsgerichten Mitte / Wedding im Rahmen der Mitteilung in Zivilsachen bei einer Mietklage bzw. durch die Meldungen über einen Räumungstermin der Gerichtsvollzieher*innen (in beiden Fällen aufgrund von Mietschulden) informiert oder die Betroffenen wenden sich bei einer Wohnungsnotlage selbst an das Amt für Soziales.

Im Fall einer Räumungsmitteilung wird direkt ein unangekündigter Hausbesuch durchgeführt, bei einer Mietklage wird ein Hausbesuch schriftlich angendigt. Teilweise werden die Betroffenen angetroffen oder melden sich auf die Anschreiben, sodass eine Beratung mit dem Ziel des Wohnraumerhalts per Telefon, E-Mail oder in Präsenz stattfinden kann.

Auch wenn kein Wohnungserhalt möglich ist, stellt die Kontaktaufnahme durch Hausbesuche des Präventionsteams eine gute Möglichkeit dar, die Betroffenen zu erreichen und diese zur weiteren Beratung hinsichtlich der „Not“-Unterbringung und der Wohnungssuche zum Innendienst der Sozialen Wohnhilfe weiterzuleiten.

 

Bei der Suche nach einer geeigneten „Not“-Unterkunft werden je nach Platzverfügbarkeit die individuellen Bedürfnisse einer Person oder einer Personengruppe nach Möglichkeit berücksichtigt. Ein Rechtsanspruch darauf besteht jedoch nicht.

 

Es gibt im Bezirk Mitte mehrere Unterbringungseinrichtungen, die auf spezifische Personengruppen ausgerichtet sind.

Wegen der besonderen Schutzwürdigkeit der speziellen Unterbringungseinrichtungen werden diese nur zahlenmäßig angegeben, nicht aber namentlich erwähnt.

 

Personengruppe

Anzahl der Plätze

Familien (in Gewerbewohnungen)

308

Familien

100

Familien und Alleinerziehende

22

Familien oder alleinerziehende Frauen

143

Frauen mit Kindern

33

Frauen mit/ohne Kinder

31

Frauen mit psychischer Beeinträchtigung

44

Menschen mit seelischer, körperlicher Beeinträchtigung

44

Entwöhnungseinrichtung mit Betreuung

4

Einrichtung nach der Entwöhnung (nur cleane Personen, kein Alkohol, keine Drogen)

32

Geflüchtete

1072

Sinti und Roma (wird erweitert)

4

gesamt

1.837

 

Die Aufzählung erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit.

Verschiedene Unterbringungseinrichtungen sind oftmals in der Lage, sich spontan auf spezielle Bedarfe einzurichten, ohne diese in ihrer Beschreibung explizit aufgeführt zu haben.

Die angegebenen Plätze sind verteilt auf Einrichtungen der BUL, nicht vertragsgebundene Einrichtungen (z.B. Hostels), Kooperationseinrichtungen des Bezirks und LAF-Einrichtungen.

Darunter befindet sich eine Vielzahl von Unterkünften, die bereits einen wohnungsähnlichen Charakter aufweisen. Beim Vorliegen besonderer Umstände, beispielsweise Familien mit kranken Kindern, wird im Rahmen eines Amtshilfeersuchens versucht, in Unterkünfte des LAF zu vermitteln, da diese oft wohnungsähnlich sind.

Neben den Bemühungen, Personen menschenwürdig und bedarfsgerecht unterzubringen, unterstützt die Soziale Wohnhilfe auch bei der Suche nach und der Vermittlung von mietvertraglich gesichertem Wohnraum.

Auch das Geschützte Marktsegment ermöglicht eine Vermittlung in Wohnungen, ist aber an bestimmte Zugangsvoraussetzungen geknüpft und setzt eine positive sozialpädagogische Prognose voraus, die von der Sozialen Wohnhilfe bestätigt werden muss.

 

A)    Rechtsgrundlage

§ 13 i.V. mit § 36 BezVG

B)    Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung 

Auswirkungen auf Einnahmen und Ausgaben:

 

keine

  1. Personalwirtschaftliche Auswirkungen:

keine

 

C)    Auswirkungen auf den Klimaschutz

 

Die BA-Vorlage hat voraussichtlich keine Auswirkungen auf den Klimaschutz.

Bei der BA-Vorlage handelt es sich um eine Vorlage rein berichtenden Charakters.

 

 

 

Berlin, den     21.02.2023

 

 

 

 

 

 

Bezirksstadtrat Spallek  Bezirksbürgermeisterin Remlinger 

 

 
 

Legende

Ausschuss Tagesordnung Drucksache
BVV Aktenmappe Drucksachenlebenslauf
Fraktion Niederschrift Beschlüsse
Sitzungsteilnehmer Auszug Realisierung
   Anwesenheit Kleine Anfragen