Drucksache - 3300/V  

 
 
Betreff: Wer lässt Zeltlager im Tiergarten zu?
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion der CDUFraktion der CDU
Verfasser:Leuschner 
Drucksache-Art:Mündliche AnfrageMündliche Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
19.08.2021 
51. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin (mit LIVESTREAM) ----- FORTSETZUNG FOLGT AM 26.08.2021 beantwortet   

Sachverhalt
Anlagen:
1. MA CDU vom 17.08.2021
2. Mündliche Beantwortung vom 19.08.2021

Ich frage das Bezirksamt:

 

  1. Wer hat das Zeltlager von „Extinction Rebellion“ im Tiergarten genehmigt und auf welcher Rechtsgrundlage ist dies erfolgt?

 

  1. Falls das Zeltlager nicht genehmigt war und ist, welche Schritte das BA unternommen, um dieses räumen zu lassen und wieso ist dies bisher nicht geschehen?

 

BzStaRin Frau Weißler antwortet: Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrter Herr Leuschner, sehr geehrte Damen und Herren. Ich mache darauf aufmerksam, dass ich in meiner Antwort eine Reihe von Gesetzesstellen zitiere. Ich werde diese im Wesentlichen zusammenfassen, weil sie zu lang sind. Wenn Sie die genauen Nachweise haben möchten, dann sagen Sie kurz dem Büro Bescheid und dann kriegen Sie die natürlich übermittelt. Um das gleich anzufügen, es gibt keine Voraussetzungen unter denen das Campieren mit Zelten in öffentlich gewidmeten Grün- und Erholungsanlagen, und dann auch noch hier speziell im Gartendenkmal Großer Tiergarten, erlaubt oder geduldet wird. Das zunächst als aller erster Basissatz. Denn nach dem Gesetz zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung der Grün- und Erholungsanlagen, muss eine Nutzung immer im Rahmen dieses Absatzes 1 stattfinden, also dem Erholungszweck dienen und alles andere muss genehmigt werden. Also einfach ein Zelt aufschlagen geht nicht. Die Genehmigung kann allerdings erteilt werden, wenn das überwiegende öffentliche Interesse dies erfordert und die Folgebeseitigung gesichert ist. Dies ist in 100 % der aufgestellten Zelte nicht der Fall. Die Zelte der Extinction Rebellion waren bei der Polizeipräsidentin in Berlin, hier bei der zuständigen Landespolizeidirektion, der Versammlungsbehörde als politische Demonstration angemeldet. Das Bezirksamt war in der Tat informiert und in einem Kooperationsgespch über die Flächennutzung und den Standort ebenfalls informiert. Nach geltender Rechtsprechung sind Zeltlager als Ausdruck und Inhalt einer Demonstration zu dulden. Wenn die Polizei feststellt, dass die Zelte keinen Demonstrationscharakter aufweisen oder keinerlei politischen Äerungen tätig werden, dann wird durch den zuständigen Polizeiabschnitt die Räumung veranlasst. Sie erinnern sich vielleicht an letztes Jahr, da hatten wir ein großes klimasensibles Zeltlager gegenüber der Reichstagswiese, da waren eine Menge Buden und Stände oder was auch immer, das war uns absolut nicht recht, da waren wir sehr unglücklich, da hatten wir auch dagegen geklagt und genau aus diesem Grund waren wir auch in der zweiten Instanz unterlegen, weil nach der Rechtsprechung, die sich durchgesetzt hat, dies ein Bestandteil der Demonstration war und deswegen zu dulden war. Das war jetzt bei der Aktion im Monbijoupark nicht der Fall. Deswegen hat die Polizei auch geräumt.

 

  1. Wie bewertet das BA die Folgen des Campierens im Tiergarten für Flora und Fauna,

 

  1. mit welchen Kosten für die Wiederherstellung des Ursprungszustandes ist zu rechnen und
  2. werden die „Camper“, bzw. Extinction Rebellion diese Kosten in Rechnung gestellt?

 

BzStaRin Frau Weißler antwortet: Die Folgen für Flora und Fauna sind bisher noch nicht absehbar. Sie können sich vielleicht noch an die reizenden Zeiten der Love-Parade erinnern, da hast du vieles auch erst Monate später gesehen. Es kommt dabei vor allem auf die Dauer und die Intensität der jeweiligen Nutzung an. Schäden an der Vegetationsfläche sind erfahrungsgemäß unvermeidbar, alleine durch die Dichte der Nutzung und es ist mit Schäden an der Rasenfläche zu rechnen. Inwieweit auch die Strauch- und Baumbestände Schäden davontragen muss abgewartet werden. Wir wissen von der Polizei, dass sie Hängematten oder irgendwelche Körbe aus den Bäumen runtergeholt haben. Das kann einem Baum gar nicht guttun. Das Straßen- und Grünflächenamt wird die Nutzung natürlich im Rahmen seiner Möglichkeiten beobachten und versuchen das Schlimmste zu verhindern. Nutzungshinweise zum schonenden Umgang mit öffentlichen Grünanlagen wurden den Versammlungsanmeldern übrigens vor ab übergeben. Wir sind also in Kontakt getreten und haben gesagt, bitte, das tut ihr nicht. Nach Auskunft des wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages, und jetzt komme ich zu der Haftungsfrage, das hat der wissenschaftliche Dienst eben zur Haftung für Schäden bei angemeldeten Demonstrationen ausgeführt, dass eine summarische Recherche zu dem Problem zu folgenden Erkenntnissen geführt hat: Demonstrationsschäden, rechtlich unproblematisch ist die Haftung von Demonstrationsteilnehmern, die selbst eine Körperverletzung oder Sachbeschädigung begangen haben, da diese nach Paragraph usw. für die entstandenen Schäden haften. Zitat Ende. Also da weiß man, wer hat was gemacht, wer hat was kaputt gemacht, die haften dafür. Ansonsten wird es schon etwas schwieriger, wenn sozusagen einige aus einer Demonstration Schäden verursachen, dann haften dann auch die anderen, die diese Schäden nicht selbst verursacht haben, in dem Sinne, dass sie sozusagen Beihilfe geleistet haben, weil sie quasi das Umfeld gebildet haben, aus dem heraus diese Schäden entstehen konnten. Auch das ist in der Rechtsprechung unterschiedlich gewertet worden und da muss ich jetzt noch mal einen Satz zitieren: Eine Teilnahme an der Demonstration führt nur zum Tatvorwurf oder Beihilfevorwurf, sofern ein bewusstes Zusammenwirken mit anderen zu Gewaltaktivitäten vorliegt, zum Beispiel Anfeuern oder ähnliches. Zitat Ende. Man kann sich jetzt schon vorstellen, wie kompliziert das ist, dies überhaupt festzustellen. Insofern muss ich leider sagen, dass die Haftungsfragen auch bei Demonstrationen und den Schäden in unseren Parks nicht einfacher zu klären sind, wieufig andere Haftungsfragen. Es gibt aber auch in diesem Fall wieder Ausnahmen und da werde ich abschließend noch ein Zitat vortragen: Zu beachten ist allerdings, dass einige Veranstaltungsformen von den Veranstaltungshaftpflichtversicherungen ausgeschlossen sind. Dazu zählen insbesondere Demonstrationen, Motorsport-Veranstaltungen und politische Veranstaltungen. Bei diesen Veranstaltungen sind das Eskalationsrisiko und damit auch das Risiko von Beschädigungen und Verletzungen überdurchschnittlich hoch. Das heißt also, obwohl sie im Einzelfall wahrscheinlich nicht nachweisen können, wer hat was gemacht, in dem Moment, wo sie daran teilnehmen, müssen sich als Teilnehmer darüber bewusst sein, dass sie ein relativ hohes Risiko tragen, weil sozusagen der Veranstaltungstyp schon als besonders verdächtig gilt. So ist derzeit die Rechtslage. Was können wir jetzt als Straßen- und Grünflächenamt damit anfangen, ganz schwierig, wir müssten schon jemanden auf frischer Tat ertappen, sonst wird es nichts werden oder es sste quasi im Vorfeld durch Feststellungen der Versammlungsbehörde geregelt sein, das ist in diesem Fall ja auch geschehen, in dem eben der Monbijoupark geräumt wurde mit dem was da aufgebaut war und man da quasi klar gesagt hat, dass das nicht geht. An anderer Stelle, wo wir darüber geredet haben und wo wir uns verständigt haben, da geht das eben im Rahmen des neuen Versammlungsgesetzes und im Rahmen der Rechtsprechung. So ist die Lage. Für uns nicht immer schön, aber sie entspricht eben der Rechtsprechung und den geltenden Gesetzen.

 

Herr Leuschner sehr geehrter Herr Vorsteher sehr geehrte Damen und Herren sehr geehrte Frau Weißler. Vielen Dank für die Beantwortung. Ihr Hinweis auf die Haftung beziehungsweise die Tatsache dieses Urteils ist natürliche höchst unbefriedigend und ich finde dieses Urteil auch falsch, insbesondere im Hinblick auf ein Gartendenkmal. Wenn dieses dortige Campieren stattfindet, welche Maßstäbe oder beziehungsweise welche Kriterien werden eigentlich angelegt, ob ein solches campieren nun politisch oder nicht politisch beziehungsweise ob es geduldet oder nicht geduldet werden kann? Welcher Kriterienkatalog existiert dafür? Sie haben gesagt, dass die Polizei das entscheidet, aber die muss ja auch nach irgendwelchen Maßstäben handeln. Welche sind dies? Viele Leute von denen haben auch ein verbotenes Bad in der Spree genommen. Kann dies geahndet werden? Es ist es nicht nur so, dass die Leute sich selbst gefährdet haben, sondern das ist auch ein Eingriff in den dortigen Schiffsverkehr. Man bringt die Schiffsführer unnötig in Gefahr, wenn die Leute plötzlich im Wasser schwimmen, wo das nicht sein darf. Frau Weißler, wie können solche Verbote oder solche Vergehen seitens der Behörden geahndet werden? Danke.

 

BzStaRin Frau Weißler antwortet: Ich habe schon versucht einen Hinweis zu geben, wie der Kriterienkatalog aussieht. Wir haben im letzten Jahr die Situation gehabt, südlich vom Bundeskanzleramt, dass da ein großes Camp war. Das haben wir natürlich sofort beklagt und in erster Instanz auch gewonnen, aber in zweiter Instanz verloren. Diese zweite Instanz ist das, was im Moment auch gültig ist und damals auf dem Niveau gängige Rechtsprechung durch ganz Deutschland hindurch und seit Februar ist das auch in dem novellierten Versammlungsgesetz, was uns nicht glücklicher macht. Nämlich, wenn die politische Demonstration quasi aus diversen Modulen besteht, also politisches Theater, politisches Kindermalen, politisches Patchwork, auf jeden Fall, wenn das alles Module sind, die zu der Darstellungsform dieser Demonstrationen gehören, dann können sie stattfinden und zwar wo immer sie das wünschen. Deswegen haben wir in zweiter Instanz verloren und das Camp fand statt. Ich fürchte, es gibt da keine starren Kriterien.  Deswegen muss man das Ganze weiterhin auskämpfen, ob etwas dazugehört oder nicht. Die Polizei hat auf jeden Fall ihre Grenze gezogen in Bezug auf den Monbijoupark. Da war nichts dergleichen, da gab es keine Workshops zur Klimakrise, da gab es keine Podiumsveranstaltung auf der Wiese, da gab es nichts, sondern da gab es lediglich Aufenthalt, da haben sie gesagt, das ist nicht politisch und deswegen räumen wir euch und sie sind auch der Auffassung, dass sie sich da durchsetzen können und dass das nicht vom Gericht kassiert wird. Ich glaube, das wird auch gar nicht versucht von Extinction Rebellion. Das Baden in der Spree ist glaube ich grundsätzlich verboten. Das ist eine Bundeswasserstraße. Da kann ich jetzt nur mit gesundem Menschenverstand antworten, wenn sie jemanden dabei erwischen, dann sollten Sie eine Anzeige erstatten, wie es halt so ist im Leben. Wenn er sonst darin rum paddelt und wieder rausgeht und keiner sagt was, dann war es das wahrscheinlich. Auf jeden Fall ist das ein individuelles Verhalten und keine politische Demonstration. Sowas kann ich mir echt nicht vorstellen. Ich wüsste jetzt nicht, was daran gezeigt werden sollte, aber gut, man weiß es nicht.

 

Herr Torno (Einzelverordneter): Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrtes Bezirksamt, liebe CDU Fraktion. Wenn das nächste Mal wieder Kirchenvereine durch Mitte ziehen und dann im Tiergarten hausieren, dann werde ich das aufmerksam verfolgen, ob Sie da ebenfalls eine Mündliche Anfrage stellen. Frau Weißler, eine Frage, wenn ich es jetzt richtig verstanden habe, dann war das teilweise erlaubt worden, dass dort die Gruppierung Extinction Rebellion im Tiergarten zelten durften. Jetzt stelle ich mir die Frage, mit den sanitären Einrichtungen, von der Toilette angefangen bis hin zur Körperpflege, das stelle ich mir dann schon ein bisschen, um es vorsichtig auszudrücken, unangemessen vor. Wenn ich dann als Bürger dieser Stadt durch den Tiergarten laufe und es ist mir jetzt auch egal welche Gruppierung dort zeltet für einen bestimmten Zeitraum, wie stellt das Bezirksamt sichern, dass nicht hinter jedem Baum diese menschlichen Fäkalien abgesondert werden? Vielen Dank.

 

BzStaRin Frau Weißler antwortet: Es wurde mir direkt vom Chef des Straßen- und Grünflächenamtes versichert, der ist dorthin gefahren mit dem Fahrrad und hat sich persönlich davon überzeugt, dass das alles seine Ordnung hat. Ich weiß nicht, wie das mit dem Duschen aussieht, das ist eher persönliches Vergnügen, aber sie haben offenbar eine ausreichende Menge pfiffiger Kompostklos, also es werden nicht die Büsche bemüht. Das kann man wohl so sagen.

 

 

 

 

 

 

 

 
 

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