Drucksache - 3178/V  

 
 
Betreff: War die Charlotte-Pfeffer-Schule kein Einzelfall - Wiederholter Verstoß gegen die Auflagen des Abgeordnetenhauses
Status:öffentlich  
 Ursprungaktuell
Initiator:Fraktion Bündnis 90/Die GrünenFraktion Bündnis 90/Die Grünen
Verfasser:Neugebauer, Siewer und die anderen Mitglieder der Fraktion Bü90/ Die Grünen 
Drucksache-Art:Große AnfrageGroße Anfrage
Beratungsfolge:
BVV Mitte von Berlin Entscheidung
17.06.2021 
50. Öffentliche Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Mitte von Berlin beantwortet   

Sachverhalt
Anlagen:
1. GA Grüne vom 08.06.2021
2. Mündliche Beantwortung vom 17.06.2021

Wir fragen das Bezirksamt:

 

  1. An wie vielen und welchen Schulen wurden zusätzlich zur Charlotte-Pfeffer-Schule Container angemietet ohne die vorherige Zustimmung des Hauptausschusses des Abgeordnetenhauses?

 

  1. Warum wurde die Auflage 2 des Haushaltsplans des Abgeordnetenhauses von Berlin für 18/19 und 20/21 wiederholt nicht eingehalten?

 

  1. Wie konnte diese Versäumnis des Bezirksamtes seit 2019 unentdeckt bleiben?

 

  1. Welche finanziellen Auswirkungen wird dies voraussichtlich für den Bezirk haben?

 

  1. Welche Konsequenzen wird das Bezirksamt aus diesen Fällen ziehen um eine weitere Wiederholung in Zukunft zu verhindern? 

 

 

Herr BzStR Spallek:

Sehr geehrte Herr Vorsteher, sehr geehrte Damen und Herren, sehr geehrte Frau Neugebauer und sehr geehrter Herr Siewer, ich beantworte Ihre Große Anfrage für das Bezirksamt wie folgt und diejenigen, die den Live-Ticker des Hauptausschusses im Abgeordnetenhaus verfolgen vom 09.06. oder anderen Medien, werden jetzt nicht überrascht sein, was ich Ihnen sage. Aber weil es offenbar noch nicht alle vernommen haben oder an dieser Stelle gesagt werden soll, mache ich das natürlich wie gewünscht. Zu erstens: Insgesamt wurden an drei weiteren Standorten Container für die Schaffung zusätzlicher, temporärer Klassenräume angemietet, bei denen die Einholung der Zustimmung des Hauptausschusses des Abgeordnetenhauses versäumt wurde. Das betrifft die Gustav-Falke-Grundschule in der Strelitzer Straße 42, die City-Grundschule in der Sebastianstraße 57 und die Anna-Lindt-Grundschule in der Guineastraße 17. Zu zweitens: Die damals nicht erfolgte Einholung der Zustimmung des Hauptausschusses des Abgeordnetenhauses ist offenbar auf Unkenntnis der beteiligten Stellen und Führungskräfte auf die Anlage bzw. Auflage zwei zurückzuführen zum jeweiligen Haushaltsgesetz. Zu drittens: Aufgrund einer bezirksinternen versäumten Einbindung der SE Finanzen wurde dieses Versäumnis erst nach Abschluss der Metverträge festgestellt. Die Mietverträge sind für due Anna-Lindt-Grundschule im Jahr 2018 und für die beiden anderen Schulen in 2019 geschlossen. Und das Versäumnis wurde festgestellt als die Finanzierung der Mietkosten nicht mehr aus Bau- und Erhaltungsmitteln vorgenommen werden konnte, da gab es ja eine Änderung in der Haushaltssystematik und gemeinsam mit der SE Finanzen alternative Finanzierungsmöglichkeiten gesucht wurden. Da hatte die SE PersFin extra darauf hingewiesen, dass es hier dieses Versäumnis gab. Zu viertens: Der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses hat in seiner Sitzung am 03.03. dieses Jahres die Anmietvorlage der Charlotte-Pfeffer-Schule diskutiert und beschlossen. Aufgrund der Missachtung der Vorgaben wurde eine sogenannte Strafzahlung in Höhe von 50.000,-€ beschlossen. Das hatte bereits gegenüber der BVV informiert. Auf seiner Sitzung vom 09.06., also letzte Woche, hat der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses beschlossen im Rahmen der sogenannten Sprecherrunde zu erörtern, ob eine weitere Strafzahlung verfügt werden soll. Warum am 09.06., weil ich dort die Vorlage, rote Nummer 3592/V, vorgestellt habe, wo es um die nachträgliche Genehmigung der Anmietung der drei vorgenannten Container ging, die im Übrigen auch vorgenommen und bestätigt wurde, wenn auch nicht nachträglich, aber ab dem jetzigen Zeitpunkt fort-  und vorlaufend. Eine abschließende Aussage zu den finanziellen Auswirkungen kann momentan noch nicht getroffen werden, da einerseits das Votum der Sprecherrunde mir nicht bekannt ist und auf der anderen Seite eine Entscheidung der Senatsverwaltung für Finanzen noch nicht bekannt ist, wie diese Strafzahlung beglichen werden soll. Es gibt derzeit zwei Optionen. Auch da hatte ich bereits, ich glaube das war im März oder April, drauf hingewiesen. Das eine ist der Nachweis der Strafzahlung bei der zentralveranschlagten, pauschalen Minderausgabe unter Kapitel 45 Titel 97203 oder aber ein Abzug der Strafzahlung im Rahmen der Basiskorrektur 2021. Nach jetzigem Kenntnisstand bevorzugt die Senatsfinanzverwaltung die erste Option. Zu Ihrer fünften Frage: Die zum damaligen Zeitpunkt mit dieser Aufgabe betrauten Mitarbeitenden sind mittlerweile nichtmehr im Bezirksamt Mitte tätig. Um zukünftig die erforderlichen Verfahren und Beteiligungen einzuhalten, wurden die Abläufe und das erforderliche Verfahren mit den beteiligten Stellen thematisiert. Zukünftig sollen neue Arbeitshilfen die Prüfungsschritte abbilden, damit die Einhaltung aller erforderlichen Schritte gewährleistet werden kann. Die zuständigen und verantwortlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden entsprechend sensibilisiert und erforderliche Arbeitshilfen wurden etabliert. So wurde die Anmietungsvorlage zur Anmietung der Container der Heinrich-von-Stephan-Schule, die wir ja im Rahmen einer Einwohneranfrage zu Beginn der Sitzung thematisiert haben, regelkonform eingereicht und am 26. Mai dieses Jahres vom Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses beschlossen. Danke sehr.“

 

Frau BV Neugebauer:

Ich muss sagen, ich bin ein bisschen unzufrieden mit der Gesamtsituation und um ehrlich zu sein auch mit der Antwort. Wir haben hier jetzt inzwischen vier Schulstandorte, wo wir das Problem haben und das ist auch nicht das erste Mal, dass in diesem Amt fundamentale Sachen, die zu dieser Aufgabe des Stadtrats gehören, nicht funktionieren. Wir hatten das mit den BPUs bei der Investitionsplanung und wir haben es jetzt wieder mit der Anmeldung bei SenFin. Und ich frage mich auch, wie es sein kann, wenn wir eine Projektgruppe für die Schulnetzplanung haben, die zu dem Zeitpunkt getagt hat, an der die SenFin mit beteiligt ist, dass Sachen nicht rechtzeitig kommuniziert werden. Und ja ich habe diese Anfrage gestellt und habe da auch sehr grundlegende Fragen gestellt. Das liegt aber daran, dass ich diese Anfrage vor dem Schulausschuss und vor dem Hauptausschuss gestellt habe, weil ich sie tatsächlich vor der Frist für Anfragen einreichen musste und ich nur wusste, dass es dort ein Problem geben wird, aber nicht in welchem Ausmaß. Deswegen waren die Fragen sehr grundlegend und ich werde an der Stelle jetzt nochmal nachziehen, weil ich habe mir natürlich nach dem Hinweis im Schulausschuss, dass die Sachen auch online einsehbar sind, also die Sitzung des Hauptausschusses, natürlich auch dort Ihren Beitrag und die Hauptausschusssitzung angeschaut. Deswegen meine Frage konkreter, da die Finanzierung der Container rückwirkend nicht genehmigt wurde, ist meine erste Frage, wird es da zu finanziellen Konsequenzen kommen und damit meine ich explizit nicht die Strafzahlung, sondern ich meine das Geld, was bei den über 20.000,-€ pro Netto Kaltmiete, pro Standort an Miete im Monat anfällt, die nicht gedeckt sind durch die Bauerhaltungskosten aus denen Sie es vorher finanziert haben. Das ist meine Frage und dann möchte ich darauf hinweisen und das haben Sie im Schulausschuss gesagt, dass es wahrscheinlich nur und wenn überhaupt nur an einem Standort zur Strafe kommt und Sie wissen noch gar nicht, ob es eine Strafe geben wird. Aber im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses wurde das von mehreren Fraktionen missbilligt, diese Art und Weise damit umzugehen. Und ich finde auch nicht korrekt hier an der Stelle dieses Fehlmanagement auf einzelne Mitarbeiter abzuschieben, die krank waren, die im Urlaub waren, was auch immer, weil es ist Ihre Aufgabe als Stadtrat auch dafür zu sorgen, dass Ihr Amt funktioniert. Deswegen möchte ich auch an der Stelle nochmal hinweisen, dass die Tatsache, dass wir vielleicht für alle drei Sachen, die einzeln bestraft werden können, nur eine Strafzahlung haben, keine Leistung ist. Es ist keine Leistung einen Massenrabatt auf Versäumnisse zu bekommen. Dann bei mir die nächste Frage, wir haben das mit der Finanzierung schon gehabt: Welche Maßnahmen werden im Amt jetzt getroffen, damit in Runden, wie z.B. der Projektrunde für den Schulnetzplan und anderes, solche Versäumnisse nicht nochmal vorkommen, weil Sie haben gesagt, das war ein Multiplikationsfehler im Abgeordnetenhaus. Sie haben einen Grundfehler gemacht und der hat sich weiter gerechnet in die anderen Projekte. Also was machen Sie, um derartige Grundfehler nächstes Mal früher zu entdecken und sie nicht seit 2019 länger ins Land ziehen zu lassen.“

 

Herr BzStR Spallek:

Sehr geehrter Herr Vorsteher, sehr geehrte Frau Neugebauer, ich freue mich schon auf die August-Sitzung und noch mehr auf die September-Sitzung, wo wir offenbar eine weitere Steigerung in der Emotionalität reziprok zur Entfernung zum Alltag haben werden. Gehen Sie damit gelassen um, so wie ich es auch versuche. Ich freue mich, dass Sie das Protokoll gelesen haben und daraus nur ansatzweise zitieren, weil selbstverständlich waren die Fraktionen nicht darüber erfreut, dass es neben dem Anmietvorgang bei der Charlotte-Pfeffer noch weitere gab. Da müssen Sie aber auch vollständig zitieren und sagen, dass in der März-Sitzung ich es damals nicht ausschließen konnte, weil wir die Prüfung noch gar nicht abgeschlossen hatten. Und es war ja Auftrag des Hauptausschusses nachzuforschen, was ich zum damaligen Zeitpunkt ja schon initiiert hatte, ob und inwieweit wir hier weitere solche Vorgänge zu beklagen haben. Es war ja auch die Diskussion im Abgeordnetenhaus, wenn Sie jetzt von Fehlerfortpflanzung oder Multiplikation reden, wenn wir aufgrund der Feststellung, dass wir hier ein Versäumnis hatten, schauen inwieweit wir weitere haben und die dann transparent, nachvollziehbar, vollumfänglich darstellen, es unsere Aufgabe ist, das nicht immer leichtfällt und ich mich eher gefreut hätte, wenn wir festgestellt hätten, dass es ein Einzelfall gewesen wäre. Aber wir kommen ja nicht drum herum zu sagen, dass im Jahr 2018/2019 zwei Mal diese Fehler erneut geschehen sind, Multiplikation/ Fehlerfortpflanzung, also derselbe Fehler in einer sonst gleichen Art. Dann ist das leider so. Ich weiß nicht, wo Sie das hier haben, weil Sie offenbar ein Protokoll gelesen haben, wo die Kollegin Remlinger, war das glaube ich, behauptet habe, es seien kranke Mitarbeiter gewesen. Also ich habe sowas nie behauptet. Im Übrigen gehe ich davon aus, dass die Mitarbeitenden nicht krank waren oder im Urlaub, sondern sie haben versucht der Situation der dringend benötigten Schulplätze etwas entgegenzusetzen, hatten Unkenntnis darüber, dass der Auflagenbeschluss zwei zu beachten ist. Davon gehe ich aus. Ich gehe nicht davon aus, dass sie bewusst dagegen verstoßen haben, sondern in bester Absicht auch teilweise mit Ausschreibungsverfahren hier entsprechende Partner oder Firmen zu binden, die diese Containeranlagen für uns errichtet haben. Das hat nichts mit krank sein zu tun und ich finde es auch ein bisschen schräg, wenn Sie solch einen Zungenschlag reinbringen und den vielleicht auch unreflektiert übernehmen aus welchem Grund auch immer. Ich hatte das vorhin bei der Heinrich-von-Stephan zum Teil erwähnt voraus die Finanzierungen erfolgen sollen oder erfolgt sind. Also das Thema Bauunterhaltung hatte ich angesprochen. Ich hatte auch das 100-Millionen-Programm angesprochen. Wir sind auch, das müssten die zwei sein, ich weiß, ob wir darüber hinaus an anderer Stelle nicht verbrauchte Mittel dann gegebenenfalls einsetzen müssten. Zur Frage der Versäumnisse, wie wir damit umgehen wollen. Also ich könnte das jetzt abkürzen und sagen, ich verweise auf meine Antwort zu Frage fünf oder aber ich könnte jetzt nochmal vorlesen. Herr Vorsteher möchten Sie, dass ich nochmal auf die Frage antworte und erläutere, dass wir, um zukünftig die erforderlichen Verfahren und Beteiligungen einzuhalten, die Abläufe und das erforderliche Verfahren mit beteiligten Stellen thematisiert haben, dass wir Arbeitshilfen etabliert haben, die die Prüfschritte einhalten, damit auch die Einhaltung aller erforderlichen Schritte gewährleistet werden soll und ich könnte auch noch weiter wiedergeben, was ich gerade schon gesagt habe. Sie haben allerdings, Frau Neugebauer, das finde ich in der Tat einen spannenden Punkt, darauf habe ich aber ad hoc auch keine Antwort. Wenn Sie die AG Schulnetzplanung oder irgendeine andere benennen, wo wir ja interdisziplinär, fachämterübergreifend tagen, also Schulamt, Stadtentwicklung, Finanzen, Schulaufsicht, warum das dann, obwohl wir solch eine Runde durchführen, dort nicht thematisiert oder drauf hingewiesen wurde. Das ist in der Tat spannend. Vielleicht weil alle Beteiligten davon ausgehen, dass jeder und jede in der Lage ist ihre Arbeit so durchzuführen, dass sie regelkonform erfolgt, dass sie auch nach den Vorgaben des Haushaltsrechtes durchgeführt werden und das offenbar auch bei den anderen nicht im Rahmen des Vorstellbaren war das hier einige den Auflagenbeschluss des Hauptausschusses zwei zum Haushaltgesetz nicht beachtet oder nicht berücksichtigt haben.

 

 
 

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