Drucksache - 2654/V
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Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen: (Text siehe Rückseite)
Jugend, Familie und Bürgerdienste Tel.: 23700 JugFamBüD L Bezirksverordnetenversammlung Drucksache Nr.: 2654/V Mitte von Berlin Vorlage -zur Kenntnisnahme- über Bescheinigungen für Bürger/-innen Wir bitten zur Kenntnis zu nehmen: Die Bezirksverordnetenversammlung hat in ihrer Sitzung am 05.11.2020 folgendes Ersuchen an das Bezirksamt beschlossen (Drucksache Nr. 2654/V):
Das Bezirksamt wird ersucht zu prüfen, wie und welche für die Bürger/-innen auszustellenden Bescheinigungen o.ä. auch in mehreren Sprachen bereitgestellt werden können. Zugleich ist auch aufzuzeigen, in welchem Rahmen zeitlich und EDV-technisch diese Umsetzung erfolgen kann.
Das Bezirksamt hat am 22.06.2021 beschlossen, der Bezirksverordnetenversammlung nach-folgenden Bericht als Schlussbericht zur Kenntnis zu geben.
Die Prüfung des Beschlusses durch das Bezirksamt Mitte von Berlin hat einige Zeit in Anspruch genommen. Geprüft wurde eine Mehrsprachigkeit für die Bescheinigungen im Amt für Bürgerdienste, im Gesundheitsamt und im Sozialamt. Für die Berliner Bürgerämter gilt die seit vielen Jahren bestehende berlinweite Zuständigkeit, die es den Bürger*innen dieser Stadt ermöglicht ein Bürgeramt nach Wahl aufzusuchen. Dies bedarf einer Vereinheitlichung der Angebote der Berliner Bürgerämter, sowohl bei den Dienstleistungen, als auch im Formularwesen und im Schriftverkehr. Daher nahm das Amt für Bürgerdienste den obigen Beschluss zum Anlass, die Einschätzung zum Bedarf nach einer Mehrsprachigkeit bei auszustellenden Bescheinigungen bei den Ämtern für Bürgerdienste der anderen Bezirke und im Steuerungsbereich für die Bürgerämter, der Monitoringstelle bei der Senatsverwaltung für Inneres und Sport einzuholen. Die hierzu am 29.04.2021 im Amt für Bürgerdienste eingegangene, auszugsweise Stellungnahme der Abteilung I (I A 24 – Melde-, Pass- und Personalausweisrecht) der Senatsverwaltung für Inneres und Sport, zuständig für Staats- und Verwaltungsrecht, lautet wie folgt:
„Zunächst möchte ich darauf hinweisen, dass sich der Beschluss der BVV Mitte seinem Wortlaut nach lediglich auf auszustellende Dokumente bezieht und nicht auf Formulare. Hierfür spricht auch das beigefügte Muster einer erweiterten Meldebescheinigung (das inhaltlich allerdings nicht den Vorgaben des § 18 BMG entspricht). Der Auftrag der BVV ist hingegen nicht auf melderechtliche Bescheinigungen beschränkt. Nur zu diesen kann ich im Folgenden Stellung nehmen.
Entsprechende Überlegungen, melderechtliche Dokumente mit Übersetzungen zu versehen, sind mir nicht bekannt. Mit Blick auf die aus der sog. EU-Apostillenverordnung seit dem Jahr 2018 erwachsenden Möglichkeit, ausgesuchten öffentlichen Urkunden ein mehrsprachiges Formular als Übersetzungshilfe beizufügen, erscheint dies auch nicht unmittelbar notwendig. Weiterführende Informationen zum Verfahren finden sich beim Bundesamt für Justiz. Unter den öffentlichen Urkunden, denen mehrsprachige Formulare als geeignete Übersetzungshilfe beigefügt werden können, befinden sich sowohl die einfache als auch die erweiterte Meldebescheinigung.“
In Anlehnung an die Stellungnahme von SenInnDS sieht das Amt für Bürgerdienste keinen dringenden Bedarf, den Bürger*innen Bescheinigungen o. ä. in mehreren Sprachen im Bürgeramt bereitzustellen.
Politisch wäre eine Mehrsprachigkeit von Bescheinigungen dennoch wünschenswert und angesichts der hohen Diversität der Bevölkerungsstruktur im Bezirk Mitte angemessen. Ein gelungenes Beispiel für ein solches Angebot im Bereich der Bürgerdienste bieten indes die in zehn Sprachen übersetzten Flyer zum Berlinpass, die als Vorbild auch für andere Dokumente des Bezirksamts dienen sollten.
Das Sozialamt antwortet hinsichtlich der Prüfung wie folgt:
Aufgrund der hohen Diversität im Bezirk ist es wichtig, dass es eine Sprache gibt, in der sich die hier lebenden Menschen schriftlich und mündlich verständigen können. In Deutschland ist auf der Ebene des Verfassungsrechts keine Amtssprache festgelegt, der Bund hat einfachgesetzlich Deutsch als Amtssprache für verschiedene Rechtsgebiete normiert. Dadurch werden Regional- und Minderheitensprachen nicht benachteiligt, sondern es ist ein Medium geschaffen, in dem sich Menschen unterschiedlicher Herkunft und Kulturen verständigen können, was für den Zusammenhalt in der Gesellschaft unerlässlich ist. Andere so genannte "Weltsprachen" (Englisch, Französisch, Spanisch, etc.) entfallen, weil sie nicht von allen Personengruppen beherrscht werden. Deutsch hat also die Funktion einer "Lingua Franca" der deutschen, multikulturellen Gesellschaft, ähnlich wie bspw. in Israel Hebräisch (als Verständigungsmittel zwischen allen Sprachgemeinschaften). Mit "Lingua Franca" ist sinngemäß eine natürliche Sprache gemeint, die als Sekundär- und Verkehrssprache zwischen Sprechern unterschiedlicher Sprachgemeinschaften verwendet wird. Auch die Landesarmutskonferenz scheint die Situation – am Beispiel der wohnungslosen Menschen (die oft einen Migrationshintergrund haben) – ähnlich zu sehen: „Aus unserer Sicht sind Sprachkurse Deutsch, die an niedrigschwellige Angebote der Wohnungslosenhilfe angebunden sind, äußerst wünschenswert.“ (siehe Anlage)
Aus Gründen der Praktikabilität ist es nachvollziehbar, offizielle Dokumente mehrsprachlich gestalten zu wollen. Aus Sicht des Sozialamtes sind nach Analyse der Staatsbürgerschaften der Klient:innen des Amtes insbesondere folgende Sprachen relevant:
Keine Aussagen können z.B. zu Kurdisch getroffen werden, da dies von Menschen unterschiedlicher Staatsbürgerschaften gesprochen wird, die mutmaßlich auch die jeweilige Amtssprache ihres Herkunftslandes beherrschen. Es dürfte hinreichend deutlich werden, dass das Prinzip der offiziellen Mehrsprachlichkeit aufgrund der Heterogenität der Bevölkerung entweder zu einem praktisch nicht zur realisierenden Aufwand führt, oder spezifische Diskriminierungen impliziert. Zudem sei auf das Problem negativer Segregation mit der Folge der Ausbildung und Verstetigung von Parallelgesellschaften hingewiesen, wenn diese Form der Mehrsprachlichkeit eine gemeinsame Verständigung der Klient:innen und der Mitarbeitenden eher erschwert als erleichtert. Sinnvoll ist es stattdessen, mehr Sprachmittler anzubieten und auf die konsequente Wahrnehmung von Sprachkursen für alle Anspruchsgruppen zu achten.
Das Gesundheitsamt bringt hinsichtlich der Prüfung folgendes zur Kenntnis:
Schriftliche Dokumente (Bescheide) sollten grundsätzlich in der Amtssprache Deutsch ausgestellt werden. Ausgenommen z.B. Bestätigungen fürs Ausland (Transport einer Leiche, Testergebnis eines Covid Tests für eine Reise ins Ausland). Darüber hinaus können reine Informationsschreiben (was wir bereits tun z.B. auf der Homepage) auch in anderer Sprache herausgegeben werden. Eine Möglichkeit des Dolmetschens (mündliche Auskünfte) werden auch bereits genutzt.
Darüber hinaus weist das Bezirksamt auf die im Herbst 2020 durchgeführte Mitarbeiter*innenbefragung zum Thema „Vielfalt“ hin, deren Ergebnisse für die Diskussion um eine bessere interkulturelle Repräsentation der Berliner Bevölkerung und Steigerung der Diversity in der öffentlichen Verwaltung genutzt werden können. In der Umfrage wurde u.a. der Anteil von Mitarbeitenden mit Migrationsgeschichte sowie die Sprachkompetenzen unter den Beschäftigten erfasst und mit der Fragestellung nach dem Einsatz dieser Kompetenzen in der Beratung verbunden. Der Fragebogen und die Ergebnisse der Studie können auf der Website des Bezirksamtes abgerufen werden ( https://www.berlin.de/ba-mitte/politik-und-verwaltung/beauftragte/integration/artikel.393124.php).
A) Rechtsgrundlage entfällt B) Auswirkungen auf den Haushaltsplan und die Finanzplanung
keine
keine Berlin, den 22.06.2021 Bezirksstadträtin Reiser |
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